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Verwaltungsgericht Würzburg Urteil vom 25.10.2019 - W 10 K 19.367 - Zur Bedeutung des CDT-Wertes

VG Würzburg v. 25.10.2019: Zur Bedeutung des CDT-Wertes bei der Beurteilung von Alkoholabhängigkeit und Abstinenz




Das Verwaltungsgericht Würzburg (Urteil vom 25.10.2019 - W 10 K 19.367) hat entschieden:

   Bei bestimmten Laborparametern Ethylglukuronid (ETG), carbohydrate deficient Transferrin (CDT), GOT, GPT, gamma-GT sowie mittleres corpusculäres Erythrozytenvolumen (MCV) handelt sich es sich um solche, welche einen erhöhten Alkoholkonsum anzeigen können. Dabei ist zwar zu unterscheiden zwischen den Parametern CDT und ETG, welche spezifische Parameter für einen erhöhten Alkoholkonsum darstellen, und den übrigen Parametern, die zwar auf einen erhöhten Alkoholkonsum hindeuten, ihre Ursache jedoch auch in anderen Erkrankungen haben können. Fehlt es nämlich bei den letztgenannten Parametern an belastbaren Hinweisen auf eine andere Erkrankung, so bietet auch deren Erhöhung bei bestehender Alkoholabhängigkeit letztlich einen Hinweis für einen erhöhten Alkoholkonsum und damit eine fehlende Abstinenz.

Siehe auch
Der CDT-Blutwert - Carbohydratedeficient- Transferrin
und
Stichwörter zum Thema Alkohol

Tatbestand:


Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf seiner Erlaubnisse zur Führung der Berufsbezeichnungen „Masseur und medizinischer Bademeister“ sowie „Physiotherapeut“.

1. Dem am … … 1963 geborenen Kläger wurde mit Urkunde der Regierung von Schwaben vom 15. April 1988 mit Wirkung ab 1. April 1987 die Erlaubnis zur Ausübung einer Tätigkeit unter der Berufsbezeichnung „Masseur und medizinischer Bademeister“ erteilt. Mit Urkunde des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 26. August 1996 wurde ihm die Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung „Physiotherapeut“ erteilt.

2. Mit unanfechtbar gewordenem Bescheid der Regierung von ... vom 30. November 2015 wurden die Erlaubnisse wegen beruflicher Unzuverlässigkeit und gesundheitlicher Nichteignung zur Berufsausübung widerrufen und die entsprechenden Urkunden eingezogen. Begründet wurde der Widerruf mit der Unzuverlässigkeit des Klägers zur Berufsausübung sowie mit seiner gesundheitlichen Ungeeignetheit aufgrund seiner Alkoholsucht. Diese habe sich in mehreren alkoholbedingten Ausfallerscheinungen des Klägers in seiner Praxis sowie in drei Trunkenheitsfahrten im Zeitraum vom 23. April 2015 bis 25. September 2015 gezeigt.

Die Trunkenheitsfahrten am 23. April und 30. April 2015 hatten zu einer rechtskräftigen Verurteilung durch das Amtsgericht Obernburg am Main vom 19. November 2015 wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr in zwei tatmehrheitlichen Fällen, jeweils in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis in Tatmehrheit mit Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten auf Bewährung sowie einer Sperre der Fahrerlaubniserteilung bis zum 18. Mai 2017 geführt; die Strafe war dem Kläger mit Wirkung vom 22. November 2018 erlassen worden. Der weitere Sachverhalt, dass der Kläger am 25. September 2015 polizeilich angetroffen wurde, als er unter Alkoholeinfluss Fahrrad fuhr (Blutalkoholkonzentration 3,15 Promille), führte nicht zu einer strafrechtlichen Verurteilung.

3. Mit Bescheid der Regierung von Schwaben vom 19. Oktober 2017 wurde dem Kläger die Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung „Masseur und medizinischer Bademeister“ wieder erteilt (Ziffer 1 des Bescheides). Die Erlaubnis war mit folgenden Nebenbestimmungen verbunden (Ziffer 2 des Bescheides):

   „2.1. Für die Dauer von einem Kalenderjahr ab dem Zeitpunkt der Bekanntgabe des Bescheides haben Sie: 2.1.1. Weiterhin jeweils alle drei Monate (erstmalig zum 15. Januar 2018) regelmäßig Nachweise über die Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe für Alkoholabhängige bei der Regierung von Schwaben unaufgefordert vorzulegen. Die Nachweise müssen dabei mindestens den Namen der Einrichtung, an der die Gespräche stattgefunden haben, und die Anzahl der bisher wahrgenommenen Gesprächstermine enthalten. 2.1.2. Als Nachweis für eine anhaltende Abstinenz jeweils alle zwei Monate (erstmalig zum 15.12.2017) regelmäßig ein Blutbild mit folgenden Laborparametern zu bestimmen und bei der Regierung von Schwaben vorzulegen: Ethylglukuronid (ETG), carbohydrate deficient Transferrin (CDT), GOT, GPT, gamma-GT und Blutbild mit MCV (mittleres corpusculäres Erythrozytenvolumen). 2.1.3. Bis spätestens 1.11.2018 eine weitere fachärztliche Stellungnahme des behandelnden Facharztes für Psychiatrie mit mindestens folgendem Inhalt unaufgefordert bei der Regierung von Schwaben vorzulegen: Eine Beschreibung des weiteren Krankheitsverlaufs seit dem Jahr 2016 inklusive Prognose über deren voraussichtliche Entwicklung, wobei insbesondere Stellung zu nehmen ist, wie sich das Problembewusstsein, die Krankheitseinsicht, die Beziehungsgestaltung und die Selbstwertproblematik bei Ihnen zwischenzeitlich weiterentwickelt haben. Zusätzlich eine Bewertung Ihrer gesundheitlichen Befähigung zur selbständigen Berufsausübung als „Physiotherapeut“ und „Masseur und medizinischer Bademeister“. Außerdem eine Bewertung, ob aufgrund Ihres gegenwärtigen Gesundheitszustandes weiterhin eine Eigen- und Fremdgefährdung ausgeschlossen werden kann. 2.2. Die Erlaubniserteilung erfolgt unter dem Vorbehalt des Widerrufs.“

Des Weiteren wurde für die Nichterfüllung der Verpflichtungen aus den Nrn. 2.1.1., 2.1.2. oder 2.1.3. des Bescheides jeweils ein Zwangsgeld in Höhe von 100,00 EUR angedroht (Ziffer 3).

4. Mit Bescheid vom 9. November 2017 erteilte das Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg im Regierungspräsidium Stuttgart dem Kläger die Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung „Physiotherapeut“ wieder (Ziffer 1 des Bescheides). Der Wiedererteilungsbescheid enthielt in den Ziffern 2 bis 5 dieselben Nebenbestimmungen wie der vorgenannte Bescheid der Regierung von Schwaben. Unter Ziffer 6 des Bescheides wurde ausgeführt, dass die Erlaubniserteilung unter dem Vorbehalt des Widerrufs erfolge.




Der Hintergrund der Wiedererteilung der oben genannten Erlaubnisse war jeweils, dass der Kläger einen ärztlichen Entlassungsbericht der …-Klinik vorlegte, wonach er sich im Zeitraum vom 22. Juni bis 5. Oktober 2016 zu einer Entwöhnungstherapie in der oben genannten Klinik stationär aufgehalten hat. Die Entlassung erfolgte zur hausärztlichen Weiterbetreuung sowie zu regelmäßigen Abdomensonographiekontrollen. Des Weiteren reichte der Kläger für den Zeitraum November 2016 bis September 2017 als Nachweis seiner Alkoholabstinenz regelmäßig ärztliche Befundberichte mit einschlägigen Laborparametern ein. Vorgelegt worden war ferner eine Bescheinigung der Psychosozialen Beratungsstelle des Caritas-Verbands für den Landkreis M. e.V. vom 18. November 2016, wonach der Kläger regelmäßig an Gesprächen in der Beratungsstelle teilnahm. Vorgelegt wurde des Weiteren eine fachärztliche Stellungnahme eines Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie vom 20. September 2017, aus der hervorgeht, dass der Kläger sich bisher zwei Mal vorgestellt und angegeben habe, abstinent zu sein und zurzeit keine Beschwerden zu haben. Es sei nach zweimaliger Vorstellung schwer möglich, eine genauere Aussage oder Prognose über den Patienten abzugeben (Bl. 417 der Behördenakte).

5. In der Folgezeit reichte der Kläger zur Erfüllung der entsprechenden Auflagen Nachweise seiner Blutwerte vom 4. Juni 2018 (MCV 99 fl.) und 7. August 2018 (MCV 105 fl., gamma-GT 93 U/l, GOT 58 U/l) ein.

Mit Bescheid vom 27. August 2018 erklärte die Regierung von Schwaben, das unter Ziffer 3 ihres Bescheides vom 19. Oktober 2017 angedrohte Zwangsgeld für fällig, da der Kläger der unter Ziffer 2.1.1. des oben genannten Bescheides auferlegten Verpflichtung zur Vorlage regelmäßiger Nachweise über die Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe für Alkoholabhängige nicht nachgekommen sei. Für die Vorlage der genannten Bescheinigung wurde eine Nachfrist bis 17. September 2018 gesetzt.

Mit Bescheid vom 27. November 2018 erklärte die Regierung von Schwaben die unter Nr. 3 ihres Bescheides vom 19. Oktober 2017 angedrohten Zwangsgelder für fällig, nachdem der Kläger den unter Nr. 2.1.1., 2.1.2. und 2.1.3. des oben genannten Bescheides auferlegten Verpflichtungen nicht fristgerecht nachgekommen sei. Zur Vorlage eines aktuellen Nachweises über die Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe, eines aktuellen Blutbildes mit den geforderten Laborparametern sowie der fachärztlichen Stellungnahme wurde eine Nachfrist bis 15. Januar 2018 gesetzt.

Mit Schreiben vom 24. Januar 2019 teilte die Regierung von Schwaben der Regierung von ... mit, dass der Kläger die zuletzt zum 15. Oktober 2018 bzw. 1. November 2018 fälligen Nachweise trotz Nachforderung und Verhängung von Zwangsgeldern nicht vorgelegt habe. Seit Mitte November 2018 sei seitens des Klägers keinerlei Reaktion mehr erfolgt, auch die zuletzt verhängten Zwangsgelder seien nicht beglichen worden. Da damit die Zweifel an der gesundheitlichen Eignung zur Ausübung der betreffenden Berufe des Klägers nicht vollständig ausgeräumt seien, seien diese in der Folgezeit erneut kritisch zu hinterfragen, zumal sich in dem zuletzt vorgelegten Blutbild vom 13. August 2018 (Anmerkung: gemeint ist wohl das Blutbild vom 7.8.2018) erste Anhaltspunkte für einen erneuten regelmäßigen Alkoholkonsum ergeben hätten.

Mit Schreiben des Landesgesundheitsamtes Baden-Württemberg vom 4. Februar 2019 wurde der Kläger ebenfalls darauf hingewiesen, dass er zuletzt mit Datum vom 30. August 2018 eine Bescheinigung über die Teilnahme an der Selbsthilfegruppe sowie zuletzt mit Schreiben vom 20. August 2018 ein Blutbild mit den geforderten Laborparametern vorgelegt habe. Die mit Schreiben vom 9. November 2018 gesetzte Nachfrist bis 1. November 2018 zur Vorlage einer fachärztlichen Stellungnahme eines Facharztes für Psychiatrie sei ebenfalls nicht erfüllt worden. Dem Kläger wurde eine Nachfrist zur Vorlage der ausstehenden Unterlagen bis 20. Februar 2019 gesetzt.

6. Mit Schreiben vom 12. Februar 2019 hörte die Regierung von ... den Kläger zum beabsichtigten Widerruf der Erlaubnisse zum Führen der Berufsbezeichnungen an.

7. Am 21. Februar 2019 erhob die Staatsanwaltschaft Aschaffenburg Anklage gegen den Kläger wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr. Dem lag der Tatvorwurf zugrunde, dass der Kläger am 10. Januar 2019 ein Fahrzeug im Straßenverkehr geführt habe, obwohl er infolge vorangegangenen Alkoholkonsums fahruntüchtig gewesen sei. Eine am selben Tag entnommene Blutprobe habe eine Blutalkoholkonzentration von 2,76 Promille ergeben.

Diese Anklage führte zur rechtskräftigen Verurteilung durch das Amtsgericht Obernburg am Main vom 18. Juni 2019 zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Des Weiteren wurde dem Kläger die Fahrerlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen mit einer Wiedererteilungssperre von 13 Monaten entzogen und sein Führerschein eingezogen.

8. Mit Schreiben vom 6. März 2019 nahm der Kläger zum beabsichtigten Widerruf seiner Berufserlaubnisse Stellung. Er teilte mit, er nehme seit Mai 2016 regelmäßig an einer Selbsthilfegruppe teil. Bis Oktober 2018 sei er ohne Aufforderung drei Monate lang auf Rehabilitationskur gewesen und habe regelmäßig bis September 2018 Laborwerte abgegeben. Weiterhin habe er einmal wöchentlich ein Gespräch bei einer Psychotherapeutin wahrgenommen, welches von der Regierung von Schwaben jedoch nicht anerkannt worden sei. Seit Mai 2017 sei er regelmäßig bei einem Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie in Behandlung gewesen. Den nächsten Termin werde er am 1. April 2019 wahrnehmen. Seit Mitte Oktober 2018 sei er wieder selbständig berufstätig, arbeite gewissenhaft und habe in über 30 Jahren noch nie einem Patienten geschadet. Er räume ein, Ende 2018 die Vorlage von Werten und Bestätigungen versäumt zu haben und führte dies hauptsächlich auf seine Arbeitsbelastung zurück.



Vorgelegt wurde eine Analyse der Blut- und Urinwerte vom 28. Januar 2019, wonach der ETG im Urin weniger als 60 mg/l, der Parameter CDT 0,8% und das kleine Blutbild die Werte MCV 107 fl., gamma-GT 161 U/l und GOT 47 U/l aufwiesen. Des Weiteren legte der Kläger eine ärztliche Bescheinigung des Herrn Dr. med. C. D., Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie vom 4. Februar 2019 vor, in welcher bestätigt wird, dass er sich seit 18. Mai 2017 in der fachärztlichen Behandlung befinde und zuverlässig zu allen Terminen erscheine, welche in regelmäßigen Abständen stattfänden.

9. Mit Bescheid vom 25. März 2019 widerrief die Regierung von ... die mit Urkunde der Regierung von Schwaben vom 19. Oktober 2017 wiedererteilte Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung „Masseur und medizinischer Bademeister“ sowie die mit Urkunde des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 9. November 2017 wiedererteilte Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung „Physiotherapeut“ (Ziffer 1 des Bescheides). Die in der Ziffer 1 bezeichneten Urkunden im Original sowie sämtliche Ausfertigungen, Zweitschriften und beglaubigten Kopien wurden eingezogen und deren Vorlage bis spätestens 30. April 2019 verfügt (Ziffer 2). Die sofortige Vollziehung der Ziffern 1 und 2 des Bescheides wurde angeordnet (Ziffer 3). Für den Fall der Nichterfüllung der Verpflichtung aus der Nr. 2 des Bescheides bis zum 30. April 2019 wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 EUR angedroht (Ziffer 4). Die Ziffern 5 und 6 des Bescheides enthalten die Kostenentscheidung sowie die Festsetzung einer Gebühr von 45,00 EUR.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Widerruf der Erlaubnisse stütze sich auf Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Alternative 2, Nr. 2 sowie Nr. 3 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG). Die Bescheide der Regierung von Schwaben vom 19. Oktober 2017 sowie des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 9. November 2017 zur Wiedererteilung der oben genannten Erlaubnisse seien jeweils mit einem Widerrufsvorbehalt versehen. Der Widerruf sei auch sachlich gerechtfertigt, da er dem Zweck des Schutzes von Patienten vor einem gesundheitlich ungeeigneten und beruflich unzuverlässigen Physiotherapeuten bzw. Masseur und medizinischen Bademeister diene. Des Weiteren seien dem Kläger in den Wiedererteilungsbescheiden innerhalb gesetzter Fristen zu erfüllende Handlungspflichten auferlegt worden, deren Nichterfüllung für den Widerruf ausreiche. Darüber hinaus habe der Kläger diese Auflagen auch nach mehrmaligen Aufforderungen mit Nachfristsetzungen durch beide Behörden nicht erfüllt. Die ärztliche Bescheinigung des Herrn Dr. D. vom 4. Februar 2019 genüge nicht den Anforderungen, da weder der Erkrankungsverlauf beschrieben werde, noch eine Bewertung zum gegenwärtigen Gesundheitszustand oder der Befähigung des Klägers zur selbständigen Berufsausübung enthalten sei. Es liege auch eine Änderung der Sachlage i.S.d. Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayVwVfG vor, weil nachträglich eingetretene Tatsachen gegeben seien, welche nunmehr nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 und 3 des Gesetzes über die Berufe in der Physiotherapie (Masseur- und Physiotherapeutengesetz, MPhG) die Versagung der wiedererteilten Erlaubnisse sowohl wegen Unzuverlässigkeit zur Berufsausübung als auch wegen gesundheitlicher Ungeeignetheit rechtfertigten. Die gesundheitliche Nichteignung resultiere aus der Alkoholerkrankung des Klägers. Die gesundheitlichen Anforderungen für die oben genannten Berufe hätten sich an den in den §§ 3 und 8 MPhG normierten Ausbildungszielen des Berufsbildes des Masseurs und medizinischen Bademeisters bzw. des Physiotherapeuten auszurichten. Insbesondere erfordere dies, sowohl in Normal- als auch in Belastungssituationen eigenverantwortlich und vorausschauend auf zum Teil kritische Krankheitsbilder zu reagieren, flexibel auf Patienten einzugehen und am Wohl des Patienten orientierte Entscheidungen zu treffen. Diesen Anforderungen genüge der Kläger nicht. Angesichts der bedenklichen Entwicklung seines Alkoholmissbrauchs bestehe die Gefahr, dass er auch bei der Durchführung von Patientenbehandlungen die Kontrolle über seine Handlungen verliere und nicht mehr in der Lage sei, seinen Beruf mit der erforderlichen Aufmerksamkeit und Konzentration auszuüben. Dadurch könnten die von ihm behandelnden Patienten in erhebliche Gefahrensituationen geraten. Zwar habe der Kläger eine Entwöhnungsbehandlung absolviert und sei den Empfehlungen der Klinik, an einer ambulanten Suchtnachsorge und einer suchtspezifischen Selbsthilfegruppe teilzunehmen sowie entsprechende Laborkontrollen durchführen zu lassen, im Zeitraum vom 18. November 2016 bis zum Erlass der Wiedererteilungsbescheide Ende 2017 nachgekommen. Bereits im August 2018 aber hätten die vom Kläger eingereichten Laborwerte nach Auffassung der Regierung von Schwaben Anlass zu erhöhter Aufmerksamkeit gegeben. Beim Kläger bestehe seit mindestens 2010 ein massives Alkoholproblem. Im Rahmen mehrerer Blutentnahmen im Jahr 2015 habe regelmäßig ein BAK-Wert zwischen 2,08 und 3,15 Promille festgestellt werden können. Die Nichteinhaltung der in den beiden Wiedererteilungsbescheiden auferlegten Verpflichtungen in Verbindung mit der Trunkenheitsfahrt vom 10. Januar 2019 unter ganz erheblicher Alkoholisierung zeigten deutlich, dass es dem Kläger offensichtlich nicht möglich sei, auf Dauer absolut alkoholabstinent zu leben, was zwingend zur Vermeidung weiterer Rückfälle geboten sei. Daran änderten auch die vom Kläger eingereichten Blut- und Urinwerte vom 28. Januar 2019 nichts. Zwar sei zu konzedieren, dass sowohl der CDT-Wert als Parameter für einen erhöhten Alkoholkonsum (Dauer der Nachweisbarkeit ca. 2 bis 3 Wochen) als auch der ETG-Wert im Urin als Parameter für einen Alkoholkonsum innerhalb der letzten ein bis drei Tage unauffällig seien. Allerdings handele es sich bei dem ETG-Wert im Urin um einen kurzfristigen Untersuchungsparameter, der eine Alkoholabstinenz lediglich für die zurückliegenden ein bis drei Tage belegen könne. Bedenke man, dass der Kläger den Zeitpunkt der Probeentnahmen selbst bestimmt und diese somit im gewissen Umfang auch selbst beeinflusst haben könne, könne dem unauffälligen ETG-Wert keine entlastende Bedeutung beigemessen werden. Anders wäre es lediglich dann, wenn die Urinkontrolle kurzfristig anberaumt worden wäre, indem der Kläger etwa ad hoc zu einer Urinabgabe aufgefordert worden wäre. Der Parameter MCV zeige sich bereits am 4. Juni 2018 mit 99 fl. oberhalb des Referenzbereiches und in den Proben vom 7. August 2018 (105 fl.) sowie zuletzt am 28. Januar 2019 mit 107 fl. deutlich erhöht. Der Parameter gamma-GT habe sich erstmals in der Probe vom 7. August 2018 (93 U/l) erhöht gezeigt, im Vergleich hierzu sei am 28. Januar 2019 mit 161 U/l nochmals ein deutlicher Anstieg beobachtbar gewesen. Auch der Parameter GOT sei in der Probe am 7. August 2018 (58 U/l) leicht erhöht gewesen, in der Probe vom 28. Januar 2019 (47 U/l) wieder im Normalbereich. Diese drei erhöhten Parameter des kleinen Blutbildes könnten ein Hinweis für eine alkoholbezogene Störung sein, seien jedoch nicht spezifisch für einen erhöhten Alkoholkonsum, da sie auch das Vorliegen einer anderen Erkrankung indizieren könnten. Zu berücksichtigen sei jedoch zum einen, dass diese Parameter sehr empfindliche Parameter in Bezug auf erhöhten Alkoholkonsum seien. Entscheidend sei jedoch zum anderen, dass über einen längeren Zeitraum, insbesondere nach Abschluss der Entwöhnungsbehandlung am 5. Oktober 2016, die Parameter MCV, gamma-GT und GOT unauffällige Werte aufgewiesen hätten und somit eine andere Erkrankung als Ursache für deren Erhöhung eher unwahrscheinlich sei. Seien nach den Verlaufskontrollen keine sonstigen Ursachen für erhöhte Laborparameter gegeben, resultierten diese mit nicht geringer Wahrscheinlichkeit nunmehr aus erneut erhöhtem Alkoholkonsum. Hinzu komme, dass die alkoholbedingten Ausfälle und Rückfälle sich schon über viele Jahre zeigten und aktenkundig belegt seien, weshalb davon auszugehen sei, dass sich dieser Zustand auf absehbare Zeit und ohne eine erneute längerfristige Therapie namentlich in Gestalt eines qualifizierten stationären Entzugs auch nicht ändern werde. Es komme hierbei auch nicht darauf an, ob bereits Patienten gefährdet worden seien, es genüge bereits die begründete Wahrscheinlichkeit einer derartigen Gefährdung. Dieses Gesamtbild werde gleichsam „abgerundet“ durch die jüngste Alkoholfahrt des Klägers vom 10. Januar 2019 mit einer Blutalkoholkonzentration von 2,76 Promille, also im Zustand einer akuten Alkoholintoxikation. Der Kläger habe damit „eindrucksvoll“ unter Beweis gestellt, dass er nicht in der Lage sei, dauerhaft alkoholabstinent zu leben, es vielmehr sogar leichtfertig in Kauf nehme, das Leben und die Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmer in Gefahr zu bringen. Nach Auffassung der Regierung von ... sei der Kläger somit zur Ausübung des Berufs des Masseurs und medizinischen Bademeisters bzw. des Physiotherapeuten gesundheitlich nicht geeignet. Der Widerruf könne des Weiteren auch auf die nachträglich eingetretene berufliche Unzuverlässigkeit gestützt werden. Der Kläger sei bereits mehrfach als Teilnehmer im öffentlichen Straßenverkehr in volltrunkenem Zustand angetroffen worden und habe sich polizeiliche Ermittlungen sowie den (früheren) Entzug der Fahrerlaubnis nicht zur Warnung gereichen lassen. Insbesondere während seiner letzten Trunkenheitsfahrt vom 10. Oktober 2019 (gemeint wohl: 10.1.2019) habe er noch strafrechtlich unter Bewährung gestanden. All dies weise auf einen mittlerweile manifest gewordenen leichtfertigen und unzuverlässigen Charakter hin, insbesondere auf einen Hang zur Missachtung der für alle geltenden gesetzlichen Bestimmungen, so dass zu erwarten sei, dass derartige Verstöße wieder und wieder vom Kläger begangen würden. Diese Charaktereigenschaften, wenn auch krankheitsbedingt, unterlägen der Erfahrung nach keiner kurzfristigen Wandlung und deuteten auf eine herabgesetzte Hemmschwelle im Hinblick auf die Missachtung der berufsspezifischen Pflichten hin. Ohne Widerruf wäre auch das öffentliche Interesse gefährdet, weil ein Schaden für wichtige Gemeinschaftsgüter, insbesondere die Gesundheit der Patienten drohe. Der Widerruf werde im pflichtgemäßen Ermessen ausgesprochen, sei sachgerecht und insbesondere auch unter Berücksichtigung des Grundrechts der Berufsfreiheit (mit Verweis auf Art. 12 Abs. 1 GG) verhältnismäßig. Der Widerruf sei in diesem Sinne geeignet, die Gefährdung einer ordnungsgemäßen Gesundheitsversorgung der Bevölkerung im Allgemeinen und der Gesundheit der Patienten im Besonderen durch die Ausübung des Berufs trotz der gesundheitlichen Nichteignung und Unzuverlässigkeit zu verhindern, und erforderlich, weil ein milderes und insbesondere in vergleichbar wirksamer Weise den Patientenschutz gewährleistendes Mittel nicht ersichtlich sei. Die Erfüllung der Nebenbestimmungen aus den Wiedererteilungsbescheiden sei dem Kläger durch entsprechende Nachfristen ermöglicht worden, welche er habe verstreichen lassen, ohne die erforderlichen Nachweise beizubringen. Eine erneute Fristsetzung sei nicht geboten; ebenfalls sei ein Belassen der Erlaubnisse unter erneuter Überwachung mit auf unbestimmte Zeit notwendigen Kontrollmaßnahmen nicht geboten und kein geeignetes milderes Mittel, da regelmäßige Untersuchungen von Blut-, Urin- oder Haarproben nur nachträglich ein abstinentes Verhalten bestätigten, aber nicht gewährleisteten, dass kein Rückfall mit einer Gefährdung von Patienten eintrete (mit Verweis auf VG Bayreuth, U.v. 20.1.2016, B 4 K 14.503). Schließlich sei der Widerruf auch angemessen, insbesondere überwiege das dem privaten Interesse des Klägers aus Art. 12 Abs. 1 GG gegenüber zu stellende öffentliche Interesse an einer ordnungsgemäßen öffentlichen Gesundheitsversorgung. Es handele sich bei der zu schützenden Gesundheit und körperlichen Unversehrtheit der Patienten um Höchstgüter von Verfassungsrang, welche der Staat kraft seiner Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 Satz 2 GG zu schützen habe. Schließlich folge die Angemessenheit auch daraus, dass der Kläger für den Fall der Wiederherstellung seiner gesundheitlichen Eignung nach erfolgreich abgeschlossener Therapie samt nachgewiesener dauerhafter Alkoholabstinenz und somit Genesung von seiner Alkoholerkrankung gemäß § 2 Abs. 1 MPhG einen Rechtsanspruch auf Wiedererteilung der entzogenen Erlaubnisse habe, sofern die sonstigen Voraussetzungen erfüllt seien.

Auf die Gründe des Bescheides im Einzelnen wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.

10. Der Kläger erhob mit am 10. April 2019 beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg eingegangenem Schreiben Klage. Zur Begründung führte er aus, seit Oktober 2015 abstinent zu sein und die Auflagen bis November bzw. Dezember 2018 erfüllt zu haben. Aufgrund seiner Selbständigkeit sowie einer Wundrose habe er dieses Ende November und Dezember 2018 versäumt.

Der Kläger beantragt,

   den Bescheid der Regierung von ... vom 25. März 2019 aufzuheben.

11. Für den Beklagten beantragt die Regierung von ...,

   die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde zunächst auf den angefochtenen Bescheid verwiesen. Darüber hinaus wurde ausgeführt, es könne keine Rede davon sein, dass der Kläger seit Oktober 2015 abstinent sei. Bereits in dem Schreiben der Regierung von Schwaben vom 24. Januar 2019 sei mitgeteilt worden, dass sich in dem zuletzt vorgelegten Blutbild vom 13. August 2018 - gemeint gewesen sei wohl das Blutbild vom 7. August 2018 - erste Anzeichen für einen erneuten regelmäßigen Alkoholkonsum des Klägers ergeben hätten. Überdies werde dem Kläger in der Anklageschrift vom 21. Februar 2019 zur Last gelegt, in jüngster Vergangenheit, d.h. am 10. Januar 2019 ein Fahrzeug im Straßenverkehr geführt zu haben, obwohl er infolge vorangegangenen Alkoholgenusses fahruntüchtig gewesen sei. Eine am 10. Januar 2019 entnommene Blutprobe habe eine BAK von 2,76 Promille ergeben. Auch die vom Kläger vorgelegten Urin- und Blutwerte vom 28. Januar 2019 seien Beleg für einen wieder erhöhten Alkoholkonsum. Schließlich überzeuge die Darlegung des Klägers, er habe die Auflagen bis November bzw. Dezember 2018 erfüllt und deren spätere Erfüllung aufgrund seiner Selbständigkeit und einer Wundrose versäumt, nicht. Er sei sowohl durch die Regierung von Schwaben mit Schreiben vom 27. August und 27. November 2018 als auch durch das Regierungspräsidium Stuttgart mit Schreiben vom 4. Februar 2019 aufgefordert worden, die versäumten Nachweise zu erbringen; in beiden Fällen sei keinerlei Reaktion des Klägers erfolgt. Es wäre an ihm gewesen, die Gründe für seine Versäumnisse gegenüber den zuständigen Behörden darzulegen und etwa um entsprechenden Aufschub zu bitten. 12. Hierauf erwiderte der Kläger mit Schreiben vom 31. Mai 2019, er habe zwar im November und Dezember 2018 die Auflagen nicht erfüllt und am 10. Januar 2019 einen „klassischen Rückfall“ gehabt. Wenn ihm die Urkunden abgenommen würden, werde ihm auch seine Existenz genommen. Er bitte darum, ihn nochmals mit gewissen Auflagen zu belegen, da es kontraproduktiv sei, ihm nun seine Existenz zu nehmen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtssowie der vorgelegten Behördenakten Bezug genommen, wegen des Verlaufs der mündlichen Verhandlung auf das Protokoll vom 25. Oktober 2019.





Entscheidungsgründe:


Gegenstand der Klage ist der Bescheid der Regierung von ... vom 25. März 2019, mit welchem die Erlaubnisse des Klägers zum Führen der Berufsbezeichnungen „Masseur und medizinischer Bademeister“ sowie „Physiotherapeut“ widerrufen und die entsprechenden Urkunden eingezogen wurden.

Die zulässige Anfechtungsklage hat in der Sache keinen Erfolg, denn der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Widerrufsbescheides ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Abschlusses des Verwaltungsverfahrens, mithin des Erlasses des Bescheides vom 25. März 2019. Insoweit gilt für den Widerruf der Erlaubnisse zum Führen der Berufsbezeichnungen des Physiotherapeuten bzw. des Masseurs und medizinischen Bademeisters nichts anderes als allgemein für die gerichtliche Überprüfung des Widerrufs einer heilberuflichen Erlaubnis bzw. einer ärztlichen Approbation (vgl. BVerwG, U.v. 28.4.2010 - 3 C 22.09 - juris Rn. 10 [Logopäde]; B.v. 9.11.2006 - 3 B 7.06 - juris Rn. 10 [Arzt]; U.v. 26.9.2002 - 3 C 37.01 - juris Rn. 28 [Apotheker]; U.v. 16.9.1997 - 3 C 12.95 - juris Rn. 25 [Arzt]).

2. Die Rechtsgrundlage des Widerrufs ist Art. 49 Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG. Danach darf ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden, (1.) wenn der Widerruf durch Rechtsvorschriften zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist, (2.) wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat, (3.) wenn die Behörde aufgrund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde, (4.) wenn die Behörde aufgrund einer nachträglich geänderten Rechtsvorschrift berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, soweit der Begünstigte von der Vergünstigung noch keinen Gebrauch gemacht oder aufgrund des Verwaltungsaktes noch keine Leistungen empfangen hat, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde oder (5.) um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen.

Auf dieser Grundlage war die Regierung von ... berechtigt, die Erlaubnisse zum Führen der Berufsbezeichnungen des Klägers zu widerrufen.

a) Die Rechtmäßigkeit des Widerrufs beurteilt sich nach Art. 49 Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG, weil es sich bei den mit Bescheid der Regierung von Schwaben vom 19. Oktober 2017 sowie mit Bescheid des Landesgesundheitsamtes Baden-Württemberg im Regierungspräsidium Stuttgart vom 9. November 2017 wiedererteilten Erlaubnissen zum Führen der Berufsbezeichnungen um rechtmäßige begünstigende Verwaltungsakte handelt. Die - unanfechtbar gewordenen - Erlaubnisse beruhen auf § 1 Abs. 1 Nr. 1, 2 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Nr. 2, 3 des Gesetzes über die Berufe in der Physiotherapie - Masseur- und Physiotherapeutengesetz (MPhG) vom 26. Mai 1994 (BGBl. I, 1084). Gemäß § 1 MPhG bedarf der Erlaubnis, wer eine der Berufsbezeichnungen (1.) „Masseurin und medizinische Bademeisterin“ oder „Masseur und medizinischer Bademeister“, (2.) „Physiotherapeutin“ oder „Physiotherapeut“ führen will. Die Erlaubnis ist gemäß § 2 Abs. 1 MPhG zu erteilen, wenn der Antragsteller (u.a.) sich nicht eines Verhaltens schuldig gemacht hat, aus dem sich die Unzuverlässigkeit zur Ausübung des Berufs ergibt (Nr. 2), und wenn er nicht in gesundheitlicher Hinsicht zur Ausübung des Berufs ungeeignet ist (Nr. 3). Die Erlaubnisse durften in Verbindung mit den unter Ziffern 2.1.1, 2.1.2 und 2.1.3 des Bescheides der Regierung von Schwaben vom 19. Oktober 2017 verfügten Auflagen im Sinne des Art. 36 Abs. 2 Nr. 4 BayVwVfG, welche inhaltsgleich in den Ziffern 3 bis 5 des Bescheides des Landesgesundheitsamtes Baden-Württemberg vom 9. November 2017 übernommen wurden, wiedererteilt werden, weil diese Auflagen dazu dienten, gemäß Art. 36 Abs. 1 Alt. 2 BayVwVfG (bzw. § 36 Abs. 1 Alt. 2 LVwVfG BW) das Vorliegen der gesetzlichen Erlaubnisvoraussetzungen sicherzustellen.

Zwar darf ein begünstigender gebundener Verwaltungsakt, dessen Erteilungsvoraussetzungen allesamt vorliegen, nicht gemäß Art. 36 Abs. 1 Alt. 2 BayVwVfG mit einem Widerrufsvorbehalt bzw. mit Auflagen versehen werden, welche das künftige Vorliegen der Erteilungsvoraussetzungen sicherstellen sollen (BVerwG, U.v. 9.12.2015 - 6 C 37.14 - juris; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 36 Rn. 129). Grundsätzlich zulässig sind jedoch Nebenbestimmungen, welche dazu dienen, eine günstige Prognose dauerhafter Erfüllung der gesetzlichen Erlaubnisvoraussetzungen zu ermöglichen, die sonst in diesem Zeitpunkt nicht hätte getroffen werden können, weil sich bereits im Zeitpunkt der Wiedererteilung der Erlaubnisse aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte konkret abzeichnete, dass diese Voraussetzungen in absehbarer Zeit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit wieder entfallen könnten, wofür die Behörde im Streitfalle die Beweislast trägt (BVerwG U.v. 9.12.2015 - 6 C 37.14 - juris Rn. 16; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 36 Rn. 121 ff.).

Gemessen daran durfte die Wiedererteilung der Erlaubnisse mit den in Ziffern 2.1.1 bis 2.1.3 (bzw. Ziffern 3 bis 5) der betreffenden Bescheide enthaltenen Auflagen verbunden werden. Diese dienen dazu, eine günstige Prognose der dauerhaften Erfüllung der Erlaubnisvoraussetzungen durch den Kläger zu ermöglichen. Die hierfür erforderliche Prognose bezog sich zum einen auf die gesundheitliche Eignung des Klägers zur Ausübung der Berufe des Physiotherapeuten bzw. des Masseurs und medizinischen Bademeisters, zum anderen aber auch auf den Aspekt der Zuverlässigkeit, da die beim Kläger bestehende Alkoholabhängigkeit in der Vergangenheit zu Verhaltensweisen geführt hatte (u.a. zwei strafrechtlich rechtskräftig geahndete Trunkenheitsfahrten), welche Zweifel am Vorliegen der beruflichen Zuverlässigkeit begründeten.


Die gesundheitlichen Anforderungen an einen Physiotherapeuten bzw. Masseur und medizinischen Bademeister ergeben sich aus den §§ 3, 8 MPhG. Gemäß dem Ausbildungsziel nach § 3 MPhG soll die Ausbildung als Masseur und medizinischer Bademeister entsprechend der Aufgabenstellung des Berufs insbesondere dazu befähigen, durch Anwenden geeigneter Verfahren der physikalischen Therapie in Prävention, kurativer Medizin, Rehabilitation und im Kurwesen Hilfen zur Heilung und Linderung, zur Wiederherstellung oder Verbesserung der Arbeits- und Erwerbsfähigkeit, zu gesundheitsförderndem Verhalten und zum Kurerfolg zu geben. Die Ausbildung als Physiotherapeut soll nach dem Ausbildungsziel gemäß § 8 MPhG entsprechend der Aufgabenstellung des Berufs insbesondere dazu befähigen, durch Anwenden geeigneter Verfahren der Physiotherapie in Prävention, kurativer Medizin, Rehabilitation und im Kurwesen Hilfen zur Entwicklung, zum Erhalt oder zur Wiederherstellung aller Funktionen im somatischen und psychischen Bereich zu geben und bei nicht rückbildungsfähigen Körperbehinderungen Ersatzfunktionen zu schulen.

Im Falle einer Suchtkrankheit aufgrund wiederholten Alkoholkonsums fehlt es an der erforderlichen Kritik- und Einsichtsfähigkeit sowie der Fähigkeit, in Stresssituationen angemessen zu reagieren und somit an der gesundheitlichen Eignung zur Ausübung des Heilberufs im Einklang mit den oben genannten Voraussetzungen der §§ 3, 8 MPhG (vgl. VG Arnsberg, U.v. 20.12.2006 - 9 K 514/06 - juris Rn. 32 [im Falle einer Krankenschwester]). Eine solche Erkrankung steht der Annahme der gesundheitlichen Eignung für die Ausübung eines Heilberufs jedenfalls dann entgegen, wenn keine kontinuierliche, d.h. dauerhafte Abstinenz besteht (vgl. VG Bayreuth, U.v. 20.1.2016 - B 4 K 14.503 - juris [Arzt]; VG Freiburg, U.v. 29.2.2016 - 7 K 2770/15 - juris [Zahnarzt]; VG München, U.v. 14.10.2014 - M 16 K 14.2802 - juris [Apotheker]; VG Arnsberg, U.v. 20.12.2006 - 9 K 514/06 - juris [Krankenschwester]). Deshalb ist die kontinuierliche Alkoholabstinenz eine wesentliche Voraussetzung für die Eignung zur Ausübung eines Heilberufs trotz Alkoholabhängigkeit (VG Bayreuth, U.v. 20.1.2016 - B 4 K 14.503 - juris Rn. 30; VG München, U.v. 14.10.2014 - M 16 K 14.2802 - juris Rn. 24).

Beim Kläger liegt nach dem Entlassungsbericht der …klinik vom 5. Oktober 2016 sowie der fachlichen Stellungnahme des Sachgebiets (SG) 53 „Gesundheit“ der Regierung von Schwaben vom 6. Juli 2016 eine gesicherte Diagnose der Alkoholabhängigkeit (ICD-10 F 102 G) vor. Wie aus der von der Regierung von Schwaben eingeholten fachlichen Stellungnahme des SG 53 vom 6. Juli 2016 hervorgeht, war deshalb im Zeitpunkt der Wiedererteilung der Erlaubnisse ohne eine entsprechende engmaschige Kontrolle und therapeutische Begleitung keine günstige Prognose der dauerhaften gesundheitlichen Eignung für die Berufe des Physiotherapeuten sowie des Masseurs und medizinischen Bademeisters möglich. In der Stellungnahme ist ausgeführt, dass beim Kläger „aufgrund der nachgewiesenen anhaltend hohen Blutalkoholwerte und der sehr auffälligen Verhaltensweisen eine erhebliche Alkoholabhängigkeit“ vorliege. Infolge „fehlender Krankheitseinsicht“ werde die „ungünstige Prognose noch erhöht“. Es bestünden „erhebliche Zweifel“, ob der Kläger es schaffe, völlig abstinent zu werden und diesen Zustand dauerhaft aufrecht zu erhalten. Auch im Erfolgsfalle bleibe ein „erhebliches, lebenslanges Rückfallrisiko“. Weiter ist dort ausgeführt, es sei eine anhaltende absolute Alkoholabstinenz zu fordern. Erfahrungsgemäß würden „bereits kleine Alkoholaufnahmen mit extrem hoher Wahrscheinlichkeit wieder zum Rückfall in eine schwere Alkoholabhängigkeit mit entsprechenden auffälligen Verhaltensweisen führen“. Die verfügten Auflagen entsprechen dem Vorschlag des Fachsachgebiets SG 53 und dienen der Sicherstellung der dauerhaften Alkoholabstinenz. Als Handlungsalternative hätte der Regierung von Schwaben bzw. dem Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg in Anbetracht dieser für den Kläger sehr ungünstigen fachlichen Einschätzung somit lediglich die Versagung der Erlaubnisse zur Verfügung gestanden, mit für den Kläger wesentlich stärker belastenden Konsequenzen.

Die unter den Ziffern 2.1.1 bis 2.1.3 (bzw. Ziffer 3 bis 5) der Wiedererteilungsbescheide verfügten Auflagen sind auch im Einzelnen geeignet und erforderlich, um eine günstige Prognose der dauerhaften Erfüllung der Erteilungsvoraussetzung der gesundheitlichen Eignung für die Berufe des Physiotherapeuten sowie des Masseurs und medizinischen Bademeisters zu ermöglichen. Sie sind des Weiteren auch angemessen und damit verhältnismäßig im engeren Sinne.

aa) Insoweit bestehen zunächst keine Bedenken gegen die Auflage der Vorlage von Nachweisen über die regelmäßige Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe für Alkoholabhängige (Ziffer 2.1.1 bzw. 3). Entgegen der wiederholt geäußerten Einschätzung des Klägers, dass ihm diese Behandlungsmethode keinen Nutzen bringe, erscheint die Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe durchaus geeignet, die Erteilungsvoraussetzung einer kontinuierlichen Alkoholabstinenz sicherzustellen. Die genannte Auflage entspricht der fachlichen Einschätzung in der Stellungnahme des SG 53 der Regierung von Schwaben vom 6. Juli 2016, wonach eine regelmäßige Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe erforderlich ist, um eine Abstinenz zu stützen und einen Rückfall zu verhindern. Die Selbsthilfegruppe gibt dem Betroffenen die Gelegenheit zum Erfahrungsaustausch mit Leidensgenossen, zur Selbstreflexion und somit zur selbstkritischen Einschätzung und Korrektur des eigenen Suchtverhaltens. Ein milderes Mittel, um diese Zwecke zu erreichen, ist nicht ersichtlich. Soweit der Kläger darauf verweist, die Gespräche mit der Psychotherapeutin würden ihm mehr Nutzen bringen als die Selbsthilfegruppe, ist zum einen darauf hinzuweisen, dass die ambulante psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung als eigenständige, zusätzliche Auflage in Ziffer 2.1.3 bzw. 5 der Wiedererteilungsbescheide verfügt wurde und damit aus fachlicher Sicht selbstständig und aus eigenständiger Rechtfertigung heraus neben der Pflicht zur regelmäßigen Teilnahme an der Selbsthilfegruppe steht. Zum anderen vermag die nach dem Eindruck der Kammer wenig selbstkritische persönliche Einschätzung des Klägers die fachliche Einschätzung der Erforderlichkeit der genannten Auflage durch das SG 53 der Regierung von Schwaben nicht zu widerlegen. Die Auflage erscheint auch vor dem Hintergrund der Situation des Klägers als Freiberufler nicht unangemessen und damit nicht unverhältnismäßig im engeren Sinne. Zwar hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung eingewandt, er sei darauf angewiesen, möglichst viele Patienten zu behandeln, sodass seine Termine es nicht zuließen, regelmäßig an den Sitzungen der Selbsthilfegruppe teilzunehmen. Mit dieser Argumentation versucht der Kläger aber unter Berufung auf berufliche Zwänge die Nichtbeachtung einer Auflage zu rechtfertigen, welche erst die rechtlichen Voraussetzungen für die weitere Berufsausübung schaffen soll und damit in seinem eigenen wohlverstandenen Interesse liegt. Damit kann er nicht durchdringen. Vielmehr erscheint die Auflage der regelmäßigen Teilnahme an der Selbsthilfegruppe auch unter Berücksichtigung der damit für den Kläger verbundenen Belastung als angemessen, weil sie eine günstige Prognose des dauerhaften Vorliegens der Erlaubnisvoraussetzungen sicherstellen und damit die Rechtsgüter des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit der Patienten vor Schäden durch Fehlbehandlungen bewahren soll.

bb) Dasselbe gilt für die - entsprechend der fachlichen Stellungnahme des SG 53 - unter Ziffer 2.1.2 bzw. 4 als Nachweis für eine anhaltende Abstinenz angeordnete Vorlage eines Blutbildes mit den entsprechenden Laborparametern jeweils im Abstand von zwei Monaten. Bei den in der Auflage bestimmten Laborparametern Ethylglukuronid (ETG), carbohydrate deficient Transferrin (CDT), GOT, GPT, gamma-GT sowie mittleres corpusculäres Erythrozytenvolumen (MCV) handelt sich es sich um solche, welche einen erhöhten Alkoholkonsum anzeigen können. Dabei ist zwar zu unterscheiden zwischen den Parametern CDT und ETG, welche spezifische Parameter für einen erhöhten Alkoholkonsum darstellen, und den übrigen Parametern, die zwar auf einen erhöhten Alkoholkonsum hindeuten, ihre Ursache jedoch auch in anderen Erkrankungen haben können. Fehlt es nämlich bei den letztgenannten Parametern an belastbaren Hinweisen auf eine andere Erkrankung, so bietet auch deren Erhöhung bei bestehender Alkoholabhängigkeit letztlich einen Hinweis für einen erhöhten Alkoholkonsum und damit eine fehlende Abstinenz. Das Vorliegen derartiger Hinweise aufgrund eines Blutbildes kann der zuständigen Behörde somit einen Anlass geben, weitere Maßnahmen bis hin zu einem (erneuten) Widerruf der Berufserlaubnis zu prüfen. Ein rechtlicher Automatismus, welcher bei Erhöhung der genannten spezifischen oder unspezifischen Parameter unmittelbar zum Widerruf der Erlaubnisse führen würde, besteht jedoch nicht. Die Pflicht zur Vorlage entsprechender Blutwerte im Abstand von jeweils zwei Monaten ist für den Kläger mit einem relativ geringen Aufwand verbunden und erscheint im Hinblick auf die geschützten Rechtsgüter des Lebens und der Unversehrtheit der Patienten sowie das eigene Interesse des Klägers an der Wiedererteilung der Erlaubnisse nicht als unangemessen und damit unverhältnismäßig im engeren Sinne.




cc) Keine rechtlichen Bedenken bestehen auch gegen die in Ziffer 2.1.3 bzw. 5 angeordnete einmalige Vorlage einer weiteren fachärztlichen Stellungnahme des behandelnden Facharztes für Psychiatrie mit dem fachlich durch das SG 53 der Regierung von Schwaben vorgegebenen Mindestinhalt. Nach der fachlichen Stellungnahme vom 6. Juli 2016 ist beim Kläger längerfristig eine ambulante psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung erforderlich. Das angeforderte qualifizierte fachärztliche Attest dient dem Zweck, anhand einer Beschreibung des weiteren Krankheitsverlaufs seit dem Jahr 2016 einschließlich einer Prognose über deren voraussichtliche Entwicklung anhand der Kriterien des Problembewusstseins, der Krankheitseinsicht, der Beziehungsgestaltung sowie der Selbstwertproblematik eine gesicherte Prognose anstellen zu können, ob beim Kläger die gesundheitliche Befähigung zur selbstständigen Ausübung der betreffenden Berufe vorliegt sowie, ob aufgrund seines gegenwärtigen Gesundheitszustandes weiterhin eine Eigen- und Fremdgefährdung ausgeschlossen werden kann. Auch diese Auflage erscheint vor dem Hintergrund der zu schützenden Rechtsgüter sowie des Eigeninteresses des Klägers an der Wiedererteilung der Erlaubnisse nicht als unangemessen und somit unverhältnismäßig im engeren Sinne.

b) Der Widerruf durfte auf Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BayVwVfG gestützt werden, weil der Kläger die mit der Wiedererteilung der Erlaubnisse zum Führen der Berufsbezeichnungen verbundenen Auflagen unter Ziffer 2.1.1 bis 2.1.3 des Bescheides der Regierung von Schwaben vom 19. Oktober 2017 bzw. den inhaltsgleichen Auflagen unter Ziffer 3 bis 5 des Bescheides des Landesgesundheitsamtes Baden-Württemberg vom 9. November 2017 nicht bzw. nicht rechtzeitig erfüllt hat. Hinsichtlich des Vorliegens der Widerrufsvoraussetzung eines oder mehrerer Auflagenverstöße kommt es nicht auf die Rechtmäßigkeit der Auflagen an, soweit diese unanfechtbar geworden sind, weil der durch die Auflagen Beschwerte die Möglichkeit hatte, diese innerhalb der Rechtsbehelfsfristen anzufechten (vgl. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 49 Rn. 39; BVerwG, U.v. 21.11.1986 - 8 C 33.84 - juris; OVG Bautzen, B.v. 7.8.2013 - 2 B 352/13 - juris; anders für den Fall evidenter Rechtswidrigkeit: BVerwG, B.v. 19.5.1994 - 1 B 104.94 - juris). Die Rechtswidrigkeit einer Auflage wäre jedoch bei der Ausübung des Widerrufsermessens zu berücksichtigen (Stelkens/Bonk/Sachs a.a.O.). Wie ausgeführt, sind die unter den Ziffern 2.1.1 bis 2.1.3 (bzw. 3 bis 5) der Wiedererteilungsbescheide gemäß Art. 36 Abs. 1 Alt. 2 BayVwVfG bzw. § 36 Abs. 1 Alt. 2 LVwVfG BW verfügten Auflagen geeignet und erforderlich, um eine günstige Prognose der dauerhaften Erfüllung der Erteilungsvoraussetzung der gesundheitlichen Eignung für die Berufe des Physiotherapeuten sowie des Masseurs und medizinischen Bademeisters zu ermöglichen. Sie sind des Weiteren auch verhältnismäßig im engeren Sinne und damit rechtmäßig.

Der Kläger hat die in den Wiedererteilungsbescheiden verfügten Auflagen unter den Ziffern 2.1.1 bis 2.1.3 (bzw. Ziffern 3 bis 5) nicht bzw. nicht innerhalb der von der Behörde gesetzten Fristen erfüllt. So hat er weder die geforderte qualifizierte fachärztliche Bescheinigung vorgelegt, noch ist er den Auflagen zur Vorlage von Blutwerten sowie von Nachweisen der regelmäßigen Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe für Alkoholabhängige regelmäßig und fristgerecht nachgekommen.

aa) Nach der Ziffer 2.1.1 (bzw. Ziffer 3) hatte der Kläger für die Dauer von einem Kalenderjahr ab dem Zeitpunkt der Bekanntgabe des Bescheides jeweils alle drei Monate, d.h. erstmalig zum 15. Januar 2018, regelmäßig Nachweise über die Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe für Alkoholabhängige vorzulegen. Der Kläger hatte damit einen entsprechenden Nachweis jeweils zum 15. Januar 2018, 15. April 2018, 15. Juli 2018 sowie letztmalig zum 15. Oktober 2018 vorzulegen. Der Kläger hat jedoch zuletzt einen Nachweis vom 30. August 2018 vorgelegt, weitere Nachweise wurden trotz der Fälligstellung des insoweit im Wiedererteilungsbescheid der Regierung von Schwaben angedrohten Zwangsgeldes, weiteren Zwangsgeldandrohung, Nachfristsetzung bis 17. September 2018 (Schreiben der Regierung von Schwaben v. 27.8.2018, S. 306 der eAkte) sowie Fälligstellung des weiteren Zwangsgeldes und Nachfristsetzung bis 15. Januar 2019 (Schreiben der Regierung von Schwaben v. 27.11.2018, S. 311 der eAkte) nicht mehr vorgelegt.

bb) Nach der Ziffer 2.1.2 (bzw. Ziffer 4) hatte der Kläger für die Dauer von einem Kalenderjahr ab dem Zeitpunkt der Bekanntgabe des Bescheides jeweils alle zwei Monate, erstmalig zum 15. Dezember 2017, ein Blutbild mit den näher bestimmten Laborparametern vorzulegen. Damit war jeweils zum 15. Dezember 2017, 15. Februar 2018, 15. April 2018, 15. Juni 2018, 15. August 2018 sowie letztmalig zum 15. Oktober 2018 ein entsprechendes Blutbild vorzulegen. Innerhalb dieser verbindlich angeordneten Zeiträume hat der Kläger jedoch letztmalig Blutwerte vom 7. August 2018 vorgelegt. Weitere Vorlagen von Blutwerten erfolgten zunächst trotz der Fälligstellung des im Bescheid der Regierung von Schwaben angedrohten Zwangsgeldes und Androhung eines weiteren Zwangsgeldes unter Nachfristsetzung bis 15. Januar 2019 (Schreiben v. 27.11.2018, S. 311 der eAkte) nicht. Erst am 28. Januar 2019 und damit verspätet hat der Kläger wieder (einmalig) Blutwerte vorgelegt.

Der Kläger hat eingeräumt, die Vorlage der geforderten Nachweise im November und Dezember 2018 versäumt zu haben. Auf ein Verschulden kommt es hinsichtlich der Nichterfüllung von Auflagen nicht an, ein fehlendes Verschulden stellt jedoch einen in der Ermessensausübung zu berücksichtigenden Umstand dar (Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 49 Rn. 50).

cc) Des Weiteren hat der Kläger auch die unter Ziffer 2.1.3 bzw. Ziffer 5 der Wiedererteilungsbescheide verfügte Auflage der Vorlage einer qualifizierten Bescheinigung eines Facharztes für Psychiatrie mit dem dort genannten Mindestinhalt nicht erfüllt. Eine Vorlage einer fachärztlichen Bescheinigung erfolgte auch nach Fälligstellung des insoweit angedrohten Zwangsgeldes und Androhung eines weiteren Zwangsgeldes unter Nachfristsetzung bis 15. Januar 2019 (Schreiben der Regierung v. Schwaben v. 27.11.2018, S. 311 der eAkte) zunächst nicht. Die im Zeitpunkt der Wiedererteilung der Erlaubnisse vorliegende fachärztliche Bescheinigung vom 20. September 2017 erfüllt ersichtlich nicht die Anforderungen der Auflage unter Ziffer 2.1.3 bzw. 5. Die dort getroffenen Feststellungen der Fachärztin beruhen ausdrücklich auf den Angaben des Klägers und damit nicht auf einer eigenständigen Beurteilung. Des Weiteren erklärt die Ärztin, es sei nach zweimaliger Vorstellung schwer möglich, eine genauere Aussage oder Prognose über den Patienten abzugeben (S. 417 der eAkte). Auch die vom Kläger verspätet vorgelegte fachärztliche Bescheinigung vom 4. Februar 2019 weist offensichtlich nicht den geforderten Inhalt auf. Dort führt die Fachärztin lediglich aus, dass der Kläger sich seit dem 18. Mai 2017 in ihrer Behandlung befinde und zuverlässig zu den regelmäßig stattfindenden Terminen erscheine (S. 547 der eAkte).

c) Daneben stützt die Regierung von ... den Widerruf zu Recht auch auf Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayVwVfG, weil im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung jedenfalls von der Unzuverlässigkeit des Klägers zur Ausübung der Berufe des Physiotherapeuten bzw. des Masseurs und medizinischen Bademeisters auszugehen war.

aa) Unzuverlässigkeit im Sinne der berufsrechtlichen Vorschriften für Heilberufe liegt vor, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, der betroffene Heilberufsangehörige werde in Zukunft die Vorschriften und Pflichten nicht beachten, die sein Beruf mit sich bringt. Dem Begriff der Unzuverlässigkeit wohnt ein prognostisches Element inne. Es geht darum, ob der Betroffene nach den gesamten Umständen des Falles willens oder in der Lage sein wird, künftig seine beruflichen Pflichten zuverlässig zu erfüllen. Maßgeblich ist die jeweilige Situation des Betroffenen im Zeitpunkt des Abschlusses des Widerrufsverfahrens sowie sein vor allem durch die Art, Schwere und Zahl der Verstöße gegen Berufspflichten manifest gewordener Charakter. Erforderlich ist eine Würdigung der gesamten Persönlichkeit und seiner Lebensumstände aufgrund der Sachlage im Zeitpunkt des Abschlusses des Verwaltungsverfahrens (vgl. BVerwG, U.v. 28.4.2010 - 3 C 22.09 - juris Rn. 10 m.w.N.).


bb) Bei der Beurteilung der Zuverlässigkeit des Klägers im Zeitpunkt der Widerrufsentscheidung durfte die Regierung von ... allerdings aufgrund der auch im Berufsrecht geltenden Unschuldsvermutung nicht ohne eigene Ermittlungen von dem in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft festgestellten Sachverhalt vom 10. Januar 2019 (erneute Trunkenheitsfahrt) ausgehen (vgl. BVerfG, B.v. 16.1.1991 - 1 BvR 1326/90 - NJW 1991, 1530/1531). Die mittlerweile erfolgte rechtskräftige strafrechtliche Verurteilung des Klägers wegen dieses Vorfalls durch das Amtsgericht Obernburg am Main vom 18. Juni 2019 vermag an dieser Betrachtung nichts zu ändern, weil sie der Behörde im Zeitpunkt der Widerrufsentscheidung noch nicht vorlag. Es ist den Verwaltungsbehörden sowie den Gerichten nicht verwehrt, die in einem staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren sowie im strafgerichtlichen Verfahren gewonnenen Erkenntnisse und Beweismittel einer eigenständigen Überprüfung etwa im Hinblick darauf zu unterziehen, ob sich daraus hinreichende Schlussfolgerungen für das Vorliegen der Voraussetzungen für einen Widerruf der tierärztlichen Approbation ergeben (BVerfG, B.v. 16.1.1991 - 1 BvR 1326/90 - NJW 1991, 1530/1532). Insoweit wurde es in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht beanstandet, wenn die im Rahmen des Widerrufs einer ärztlichen Approbation erfolgte Gefahrenprognose der Behörde auf Feststellungen beruhte, welche die Behörde auf der Grundlage der Ermittlungsergebnisse der Kriminalpolizei und der Staatsanwaltschaft getroffen hatte, wenn sie die Aussagen der verschiedenen vernommenen Zeugen, die in den Ermittlungsverfahren zusammengetragenen Urkunden, die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft und den Schlussvermerk der Kriminalpolizei herangezogen und einer eigenständigen Bewertung unterworfen sowie sich mit dem Vorbringen des Betroffenen und seines Bevollmächtigten auseinandergesetzt und die strafgerichtlichen Akten ausgewertet hatte (BVerfG a.a.O., S. 1531). An derartigen eigenständigen Ermittlungen der Regierung von ... fehlt es jedoch vorliegend. Aus der vorgelegten Behördenakte (eAkte) geht nicht hervor, dass die Regierung über die bloße Mitteilung der Anklageerhebung und Übersendung der Anklageschrift durch die zuständige Staatsanwaltschaft hinaus eigene Ermittlungen zum Sachverhalt angestellt hätte (Art. 24 BayVwVfG), beispielsweise durch die Beiziehung, Auswertung und eigenständige Würdigung von polizeilichen Vernehmungsprotokollen. Vielmehr hat die Behörde ihre Prognose der Unzuverlässigkeit des Klägers unter anderem darauf gestützt, dass die Staatsanwaltschaft aufgrund des mitgeteilten Sachverhaltes vom 10. Januar 2019 Anklage wegen Trunkenheit im Verkehr erhoben hatte. Insoweit verlangt aber die Unschuldsvermutung als besondere Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips, dass dem Täter in einem justizförmig geordneten Verfahren, welches eine wirksame Sicherung der Grundrechte des Beschuldigten gewährleistet, Tat und Schuld nachgewiesen werden müssen und deshalb bis zum gesetzlichen Nachweis der Schuld seine Unschuld vermutet wird (BVerfG a.a.O.).

cc) Unabhängig davon lässt der vorliegende Sachverhalt jedoch auch bei Hinwegdenken des Vorfalls vom 10. Januar 2019 die Prognose der Unzuverlässigkeit des Klägers zur weiteren Ausübung der genannten Heilberufe zu. Durch die oben aufgeführten Verstöße gegen Auflagen, welche ihm zur Wiedererlangung der Berufserlaubnisse gemacht wurden, hat der Kläger gezeigt, dass er nicht willens und in der Lage ist, berufsbezogene Pflichten künftig zuverlässig zu erfüllen. Hinzu kommt, dass der Kläger die genannten Versäumnisse unter anderem mit Arbeitsüberlastung bzw. - im Falle der Teilnahme an der Selbsthilfegruppe - mit seiner eigenen, an die Stelle der Einschätzung der dazu berufenen Fachbehörde gesetzten Einschätzung der Nutzlosigkeit der geforderten Maßnahmen entschuldigen will. Diese Einlassung des Klägers offenbart eine innere Einstellung, berufsbezogene Pflichten nur dann zu erfüllen, wenn ihm dies opportun erscheint. Die damit gezeigte Bereitschaft, ihm zur Wiedererlangung seiner Berufserlaubnisse auferlegte Pflichten nach eigenem Gutdünken zu vernachlässigen, offenbart nach der Überzeugung der Kammer auch einen Charaktermangel des Klägers, welcher die Prognose rechtfertigt, dass er auch künftig - jedenfalls ohne erfolgreiche Behandlung seiner Alkoholsucht - nicht willens und in der Lage sein wird, seine beruflichen Pflichten zuverlässig zu erfüllen.

3. Die Ermessensentscheidung des Beklagten im Rahmen der Widerrufsentscheidung ist nach dem der gerichtlichen Überprüfung gesetzten Maßstab nicht zu beanstanden. Nach § 114 Satz 1 VwGO prüft das Gericht, soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, auch, ob der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind (Ermessensüberschreitung) oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist (Ermessensfehlgebrauch).

a) Die Regierung von ... hat den Zweck des ihr eingeräumten Widerrufsermessens zutreffend erkannt und die rechtlichen Grenzen ihrer Ermessensausübung nicht überschritten. Sie hat den maßgeblichen Sachverhalt - im Wesentlichen, siehe oben - zutreffend ermittelt und ausweislich der Begründung des Bescheides vom 25. März 2019 ihrer Ermessensentscheidung zugrunde gelegt. Auf dieser Grundlage hat sie die für einen Widerruf sprechenden öffentlichen Interessen und Rechtsgüter Dritter, insbesondere den Schutz des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit der Patienten vor Schäden durch Fehlbehandlungen, sowie die gegen diese Entscheidung sprechenden privaten Interessen des Klägers, insbesondere dessen Grundrecht auf freie Berufswahl und -ausübung (Art. 12 Abs. 1 GG) ordnungsgemäß gegeneinander abgewogen und dabei die verfassungsrechtlichen Anforderungen an einen Eingriff in die Berufsfreiheit und dessen Rechtfertigung zutreffend erkannt und angewandt. Auf dieser Grundlage ist der Beklagte zu dem nachvollziehbaren Ergebnis gelangt, dass die für einen Widerruf sprechenden Rechtsgüter und Interessen wegen der unter Umständen erheblichen Gefahren, welche aus einer Fehlbehandlung infolge übermäßigen Alkoholkonsums und allgemeiner Nachlässigkeit bei der Erfüllung beruflicher Pflichten für die geschützten Rechtsgüter des Lebens und der Gesundheit Dritter (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) resultieren können, gegenüber den aus dem Verlust der Berufserlaubnisse für den Kläger resultierenden finanziellen und sonstigen Nachteilen überwiegen.



b) Hinsichtlich des dem Kläger vorgeworfenen Auflagenverstoßes im Sinne des Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BayVwVfG ist die Behörde zu Recht davon ausgegangen, dass es sich nicht nur um geringfügige Verstöße handelte, da die geforderten Blutwerte über einen Zeitraum von drei Monaten und die geforderte Bescheinigung der Selbsthilfegruppe seit dem 30. August 2018 nicht mehr vorgelegt worden waren. Des Weiteren war die vorgelegte fachärztliche Bescheinigung offensichtlich und damit in einer auch für den Kläger ohne Weiteres erkennbaren Weise ungeeignet, die in der Auflage unter Ziffer 2.1.3 bzw. Ziffer 5 der Wiedererteilungsbescheide genannten Anforderungen zu erfüllen. Dies folgt schon daraus, dass die Fachärztin keine eigene psychiatrische Beurteilung vornimmt, sondern sich auf die formale Bestätigung der regelmäßigen Teilnahme des Klägers an den anberaumten therapeutischen Sitzungen sowie auf die Wiedergabe der Selbsteinschätzung des Klägers beschränkt. Ein Verschulden des Klägers, dessen Fehlen im Rahmen der Ermessensausübung zu berücksichtigen wäre, an der Nichterfüllung der Auflagen liegt offensichtlich vor. Die auferlegten Handlungspflichten waren im Bescheid eindeutig bestimmt, sodass seitens des Klägers kein Zweifel darüber aufkommen konnte, was er wann vorzulegen hat. Es musste dem Kläger auch einleuchten, dass er die Nichtvorlage von Nachweisen, welche ihm abverlangt wurden, um ihm seine Berufserlaubnisse wieder erteilen zu können, nicht erfolgreich mit Arbeitsüberlastung oder einer vorübergehenden, nicht schwerwiegenden oder gar lebensbedrohlichen Erkrankung (Wundrose) rechtfertigen konnte.

c) Hinsichtlich des Widerrufs wegen des nachträglichen Wegfalls der Erteilungsvoraussetzung der berufsbezogenen Zuverlässigkeit (Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayVwVfG) führt es im Ergebnis nicht zu einem Ermessensfehler, dass die Behörde ihrer Prognoseentscheidung - wie bereits dargelegt - zu Unrecht den in der Anklageschrift zum Vorfall am 10. Januar 2019 angenommenen Sachverhalt ohne eigene Ermittlungen zugrunde gelegt hat. Denn es führt nicht zur Rechtswidrigkeit einer Ermessensentscheidung, wenn sich eine Tatsachenfeststellung oder Ermessenserwägung der Behörde als unzutreffend herausstellt, welche für die Ermessensentscheidung nicht derart tragend war, dass diese ohne die entsprechende Tatsachenfeststellung oder Ermessenserwägung anders ausgefallen wäre (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 114 Rn. 24 ff.). Um eine in diesem Sinne tragende Ermessenserwägung handelte es sich bei dem Vorwurf der Trunkenheitsfahrt am 10. Januar 2019 ersichtlich nicht. Denn aus den Bescheidsgründen geht hervor, dass die Regierung von ... diesen Sachverhalt im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung lediglich ergänzend herangezogen hat, weil er ihrer Überzeugung nach den Unzuverlässigkeitsvorwurf zusätzlich stützte, der unabhängig davon bereits mit den festgestellten Auflagenverstößen und der Vorgeschichte des Klägers begründet wurde.

4. Gegen die Rechtmäßigkeit der weiteren im angefochtenen Bescheid vom 25. März 2019 getroffenen Entscheidungen, gegen die seitens des Klägers im Übrigen keine substantiierten Einwände erhoben wurden, bestehen keine Bedenken. Insbesondere folgt die Verpflichtung zur Urkundenrückgabe aus Art. 52 Satz 1, 2 BayVwVfG.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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