Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen vorsätzlicher Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 58 km/h zu einer Geldbuße von 600 Euro verurteilt und gegen ihn ein einmonatiges Fahrverbot verhängt. Hiergegen richtet sich dessen Rechtsbeschwerde, die sich auf die Sachrüge und verfahrensrechtliche Beanstandungen stützt. Die Messung war mit dem Laserhandmessgerät Riegl FG 21-P ("Laserpistole") durchgeführt worden.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet, weil die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Beschwerderechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben hat (§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, § 349 Abs. 2 u. 3 StPO).
1. Das angefochtene Urteil weist keinen sachlichrechtlichen Mangel auf, wobei nur der Regelungsbereich der Beschilderung und die Irrtumsfrage näherer Erörterung bedürfen.
a)Nach den getroffenen Feststellungen befuhr der Betroffene am 20. Oktober 2020 um 00:06 Uhr in Duisburg die A 59. In Höhe des Kilometers 9,086 überschritt er die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h außerhalb geschlossener Ortschaften um 58 km/h (nach Toleranzabzug). Die Beschilderung (Zeichen 274) war zur Tatzeit ordnungsgemäß angebracht und wurde von dem Betroffenen jedenfalls an der rechten Seite der Fahrbahn auch wahrgenommen. Gleichwohl ging er davon aus, mindestens 130 km/h fahren zu dürfen, und beschleunigte seinen Pkw bewusst sehr stark.
Die Einzelheiten der Örtlichkeit ergeben sich aus der bei den Akten befindlichen Luftaufnahme, auf die in dem Urteil gemäß § 71 Abs. 1 OWiG, § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO verwiesen worden ist. Die Luftaufnahme, welche der Betroffene selbst vorgelegt hat, zeigt in hoher Auflösung den Bereich des Autobahnkreuzes Duisburg-Nord (A 59/A 42) und lässt die Fahrbahnmarkierungen deutlich erkennen.
Das Amtsgericht ist davon ausgegangen, dass der Betroffene entsprechend seiner Einlassung von der A 42 aus westlicher Richtung kommend über die dortige Rechtsschleife ("Ohr") auf die A 59 in nördlicher Richtung eingefädelt ist. Nach Durchfahren der Rechtsschleife gelangt der Fahrer hier vor der die A 59 überquerenden Brücke der A 42 auf den kombinierten Einfädelungs- und Ausfädelungsstreifen (früher: Beschleunigungs- und Verzögerungsstreifen), der rechts parallel zu den beiden durchgehenden Fahrbahnen der A 59 liegt und hinter der Brücke der A 42 im weiteren Verlauf schräg rechts zur Abfahrt Duisburg Alt-Hamborn abgeht.
Ferner hat das Amtsgericht die Beschilderung zugrunde gelegt, welche in der von dem Betroffenen selbst vorgelegten Luftaufnahme durch Symbole des Zeichens 274 (80 km/h) und zu den Standorten weisende Pfeile kenntlich gemacht worden ist. Hiernach war das Zeichen 274 zum einen links der drei Fahrstreifen zwischen den Schutzplanken des Mittelstreifens der Autobahn aufgestellt, zum anderen gegenüberliegend rechts der drei Fahrstreifen. Die Standorte befinden sich jeweils wenige Meter vor der Brücke der A 42, wobei das rechts der drei Fahrstreifen aufgestellte Zeichen 274 geringfügig näher zu dieser Brücke liegt, welche die A 59 nicht im rechten Winkel, sondern in leichter Schrägrichtung überquert.
b) Auch wenn unwahrscheinlich ist, dass das links auf dem Mittelstreifen aufgestellte Zeichen 274 (80 km/h) zu mitternächtlicher Zeit beim Passieren des Betroffenen durch ein anderes Fahrzeug verdeckt war, folgt schon aus seiner dem Urteil zugrunde gelegten Einlassung, er habe nur das rechts aufgestellte Zeichen 274 (80 km/h) wahrgenommen, eine vorwerfbare Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit.
Denn die Annahme des Betroffenen, das an der rechten Seite aufgestellte Zeichen 274 (80 km/h) habe allein für die rechte Nebenfahrbahn und nicht für die beiden Hauptfahrbahnen gegolten, geht fehl.
Verkehrszeichen stehen als Schilder regelmäßig rechts (§ 39 Abs. 2 Satz 3 StVO). Gelten sie nur für einzelne markierte Fahrstreifen, sind sie in der Regel über diesen angebracht (§ 39 Abs. 2 Satz 4 StVO). Der Regelungsbereich eines rechts aufgestellten Verkehrszeichens umfasst im Sinne einer quer zur gesamten Fahrbahn verlaufenden Linie sämtliche Fahrstreifen (vgl. OLG Düsseldorf [1. Senat für Bußgeldsachen] NZV 1991, 204; OLG Köln NZV 1995, 329).
Eine diesen Regelungsbereich einschränkende Beschilderung war an der Stelle nicht vorhanden. So kann etwa das Zeichen 274 an einer Schilderbrücke einem bestimmten Fahrstreifen darunter zugeordnet werden. Eine solche Zuordnung ist auch durch eine Fahrstreifentafel mit integriertem Zeichen 274 möglich (Zeichen 523, Katalog der Verkehrszeichen Teil 4). An einer besonderen Zuordnung fehlte es hier indes, so dass das rechts aufgestellte Zeichen 274 (80 km/h) erkennbar ohne Einschränkung für sämtliche Fahrstreifen und damit auch für die beiden durchgehenden Fahrbahnen der Autobahn galt.
c) Der Betroffene hat das rechts aufgestellte Zeichen 274 (80 km/h) optisch richtig wahrgenommen. Damit scheidet ein Tatbestandsirrtum aus (§ 11 Abs. 1 OWiG). Die unzutreffende Wertung des Betroffenen, dass die angeordnete Beschränkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit allein für die Nebenfahrbahn gegolten habe, begründet lediglich einen Verbotsirrtum im Sinne des § 11 Abs. 2 OWiG, der den Vorsatz nicht entfallen lässt (vgl. BayObLG NJW 2003, 2253; OLG Bamberg BeckRS 2015, 20269; OLG Frankfurt BeckRS 2021, 21431).
Die Fehlinterpretation des Regelungsbereiches war vermeidbar. Eine irreführende Häufung von Verkehrszeichen lag nicht vor. Die Erwägung des Betroffenen, das Zeichen 274 hätte unmittelbar rechts neben den beiden durchgehenden Fahrbahnen stehen müssen, um für diese Wirkung zu entfalten, erscheint abwegig. Denn an dieser Schnittstelle, an der die rechte durchgehende Fahrbahn und die Nebenfahrbahn nur durch Bodenmarkierungen abgegrenzt werden, hätte das Schild auf der befahrbaren Fläche ein lebensgefährliches Verkehrshindernis für die Fahrer dargestellt, die den Spurwechsel von oder zu dem kombinierten Einfädelungs- und Ausfädelungsstreifen vollziehen. Verkehrszeichen dürfen nicht innerhalb der Fahrbahn aufgestellt werden. Diese aus Gründen der Verkehrssicherheit selbstverständliche Anforderung findet sich in der VwV-StVO zudem ausdrücklich unter Rdn. 43 zu den §§ 39 bis 43.
2. Auch die erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch.
a) Der Betroffene hat in der Hauptverhandlung unter Berufung auf den Einstellungsbeschluss des OLG Saarbrücken vom 2. November 2021 (BeckRS 2021, 39362 = ZfS 2021, 708) beantragt, das Verfahren nach § 47 Abs. 2 OWiG einzustellen. Dem hat das Amtsgericht nicht entsprochen. Der Betroffene macht die Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend, weil dazu kein Gerichtsbeschluss ergangen ist.
Eine solche Verfahrensweise sieht das Gesetz - anders als etwa bei einem Beweisantrag - indes nicht vor. Die Ablehnung des Einstellungsantrags bedurfte keiner Bescheidung durch Gerichtsbeschluss.
Tatsächlich handelte es sich um eine bloße Anregung. Es besteht kein Anspruch darauf, dass das Gericht von der Kann-Vorschrift des § 47 Abs. 2 OWiG Gebrauch macht. Ergeht kein das Verfahren abschließender Einstellungsbeschluss und wird das Verfahren - wie hier - bis zum Urteil fortgeführt, ist für den Betroffenen eindeutig erkennbar, dass das Gericht der Anregung nicht folgen möchte. Das Fehlen einer förmlichen Ablehnung durch Gerichtsbeschluss begründet keine Verletzung des rechtlichen Gehörs.
b) Ebenso wenig ist der Anspruch auf rechtliches Gehör dadurch verletzt, dass das Amtsgericht in dem Urteil nicht auf den vorgenannten Einstellungsbeschluss des OLG Saarbrücken eingegangen ist.
Dieser nur wenige Zeilen umfassende Beschluss enthält zur Hauptentscheidung keine Begründung. Lediglich der Begründung der Kosten- und Auslagenentscheidung ist ein kurzer Hinweis "auf die fragliche Verwertbarkeit des Messergebnisses" zu entnehmen. Dass in jenem Verfahren eine Geschwindigkeitsmessung mit dem Laserhandmessgerät Riegl FG 21-P durchgeführt worden war, erschließt sich nur aus der Antragsschrift der Generalstaatsanwaltschaft Saarbrücken.
Eine Auseinandersetzung mit dem nur rudimentär begründeten Beschluss des OLG Saarbrücken vom 2. November 2021 (BeckRS 2021, 39362 = ZfS 2021, 708) war in den Urteilsgründen schon deshalb nicht veranlasst, weil Ausführungen zur Verwertbarkeit von Beweismitteln in § 267 StPO nicht vorgesehen und von Rechts wegen nicht geboten sind (vgl. BGH NStZ-RR 2007, 244; NJW 2009, 2612, 2613; Senat BeckRS 2022, 2799).
c) Ein Beweisverwertungsverbot hat der Betroffene in der Begründungsschrift nicht ausdrücklich geltend gemacht. Allerdings ist der in der Begründungsschrift dargelegte Einstellungsantrag auch unter Berufung auf die Entscheidung des VerfGH Saarland vom 5. Juli 2019 (NJW 2019, 2456 = NZV 2019, 414) darauf gestützt worden, dass "Messungen, bei denen keine Rohmessdaten abgespeichert werden, die Verfahrensrechte des Betroffenen im Hinblick auf ein faires Verfahren sowie den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzen."
Da die Messung selbst erst den Ausgangspunkt für das - zunächst behördliche - Bußgeldverfahren darstellt und als vorgelagerte messtechnische Maßnahme nicht die vor Gericht bestehenden Verfahrensrechte verletzen kann, dürfte sich die zitierte Beanstandung in Wirklichkeit nicht auf die Messung, sondern auf die Verwertung des Messergebnisses beziehen.
Sofern man das Vorbringen in der Begründungsschrift dahin wertet, dass damit auch im Rechtsbeschwerdeverfahren ein Beweisverwertungsverbot geltend gemacht werden soll, scheitert die Rüge indes bereits an der mangelnden Darlegung, dass der verteidigte Betroffene der Beweisverwertung in der Hauptverhandlung bis zu dem durch § 71 Abs. 1 OWiG, § 257 Abs. 1 StPO bestimmten Zeitpunkt widersprochen hat. Zur Vermeidung der Rügepräklusion ist die Erhebung und Darlegung eines solchen Widerspruchs auch im Bußgeldverfahren erforderlich (vgl. Senat BeckRS 2019, 25099 = DAR 2020, 209; OLG Brandenburg BeckRS 2020, 4261; OLG Zweibrücken BeckRS 2020, 5104).
Im Übrigen haben der Senat und andere Oberlandesgerichte bereits mehrfach entschieden, dass der Messvorgang nicht rekonstruierbar sein muss und die Verwertbarkeit des Messergebnisses nicht von der nachträglichen Überprüfbarkeit anhand gespeicherter Messdaten abhängt (vgl. Senat BeckRS 2020, 4049; BeckRS 2022, 2799; OLG Köln BeckRS 2019, 23786; OLG Oldenburg BeckRS 2019, 20646; OLG Schleswig BeckRS 2019, 33009; BayObLG NZV 2020, 322 = BeckRS 2019, 31165; OLG Karlsruhe BeckRS 2020, 29; OLG Hamm BeckRS 2020, 550; OLG Brandenburg BeckRS 2020, 1077; BeckRS 2020, 3291; BeckRS 2020, 4369; BeckRS 2020, 4376; OLG Zweibrücken BeckRS 2020, 5104; OLG Bremen BeckRS 2020, 5935; NStZ 2021, 114 = BeckRS 2020, 5965; OLG Jena BeckRS 2020, 24234; KG Berlin BeckRS 2019, 41508; BeckRS 2020, 6521; BeckRS 2020, 18283; OLG Dresden NJW 2021, 176; a. A. VerfGH Saarland NJW 2019, 2456 = NZV 2019, 414).
Für Messungen mit dem nicht dokumentierenden Laserhandmessgerät Riegl FG 21-P, das seit dem 18. November 1999 von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt zugelassen und in der Rechtsprechung als standardisiertes Messverfahren anerkannt ist (vgl. statt vieler: OLG Koblenz BeckRS 2010, 5511 = VRR 2010, 123; KG Berlin BeckRS 2010 = VRS 117, 197; OLG Bamberg BeckRS 2015, 19319 = DAR 2016, 146), gilt nichts anderes (vgl. BayObLG, Beschluss vom 28. September 2020, 201 ObOWi 991/20, bei juris). Der ausführlichen Begründung des BayObLG tritt der Senat bei.
d) Mit einem bedingt gestellten Beweisantrag hatte der Betroffene die Tatsache unter Beweis gestellt, "dass rechts neben der Hauptfahrbahn zum Tatzeitpunkt auf Höhe des Endes der durchgezogenen Linie kein Geschwindigkeitsschild angebracht war, welches die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf 80 km/h begrenzt." Der Betroffene rügt, dass das Amtsgericht diesen bedingt gestellten Beweisantrag ("Sollte das Gericht davon ausgehen, dass die Geschwindigkeitsanordnung für mich wahrnehmbar war") nicht beschieden hat.
Die durchgezogene Linie, nach deren Passieren das Ein- und Ausfädeln erlaubt ist, endet vor dem rechts aufgestellten Zeichen 274 (80 km/h). Es ist selbstverständlich, dass zwischen der rechten durchgehenden Fahrbahn und der Nebenfahrbahn, die ohne vertikale bauliche Abtrennung nur mit Bodenmarkierungen auf der befahrbaren Fläche unmittelbar angrenzt, kein Zeichen 274 aufgestellt war. Denn ein an dieser Schnittstelle aufgestelltes Verkehrsschild hätte ein lebensgefährliches Verkehrshindernis dargestellt und jeglichen Anforderungen an eine verkehrssichere Beschilderung widersprochen.
Offenbar ist dem Verteidiger die Realitätsferne eines solchen Standortes bei Abfassung der Begründungsschrift bewusst geworden. Denn dort wird dem bedingt gestellten Beweisantrag nunmehr die Darstellung zugeordnet, dass "nach Ende der Auffahrtspur" kein neues Zeichen 274 neben den durchgehenden Fahrbahnen aufgestellt war. Angesichts dieser Widersprüchlichkeit ist die Rüge schon nicht zulässig erhoben.
Ohnehin hat das Amtsgericht seiner Entscheidung keine von dem tatsächlichen Vorbringen des Betroffenen abweichende Beschilderung zugrunde gelegt, sondern eine andere - und zwar zutreffende - Bewertung vorgenommen. Der Regelungsbereich des rechts der drei Fahrstreifen aufgestellten Zeichens 274 (80 km/h), das der Betroffene passiert und wahrgenommen hat, erstreckte sich - wie dargelegt (oben II.1.b) - auf die gesamte Fahrbahn. Abgesehen von dem links gegenüber aufgestellten Zeichen 274 existierte vor der Messstelle kein weiteres Zeichen 274. Eine Wiederholung war auch nicht erforderlich, um die zulässige Höchstgeschwindigkeit auch auf den beiden durchgehenden Fahrbahnen wirksam auf 80 km/h zu beschränken.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 Abs. 1 OWiG, § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.