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Landessozialgericht Stuttgart Urteil vom 30.08.2006 - L 5 KR 281/06 - Kein Anspruch auf Versorgung mit Arzneimitteln auf Cannabisgrundlage zur Behandlung chronischer Schmerzen

LSG Stuttgart v. 30.08.2006: Kein Anspruch auf Versorgung mit Arzneimitteln auf Cannabisgrundlage zur Behandlung chronischer Schmerzen




Das Landessozialgericht Stuttgart (Urteil vom 30.08.2006 - L 5 KR 281/06) hat entschieden:

   Ein Versicherter hat keinen Anspruch auf Versorgung mit Arzneimitteln auf Cannabisgrundlage (Cannabinoiden) zur Behandlung seiner chronischen Schmerzen. Ein solcher Anspruch lässt sich auch nicht aus Verfassungsrecht ableiten.

Siehe auch
Schmerztherapie und Drogen als Medizin
und
Stichwörter zum Thema Cannabis

Tatbestand:


Der Kläger begehrt die Versorgung mit Arzneimitteln auf Cannabisgrundlage (Cannabinoiden) zur Behandlung seiner chronischen Schmerzen.

Der 1953 geborene Kläger ist nach einem Motorradunfall im Jahr 1987 querschnittsgelähmt und leidet infolgedessen außerdem an einem chronischen Schmerzsyndrom. In einem Attest vom 19.8.2004 (Verwaltungsakte - VA S. 17 -) führte der Facharzt für Anästhesie und spezielle Schmerztherapie Dr. L. aus, die bisherige Schmerztherapie mit Lioresal und Opiaten habe keine ausreichende Reduktion der neuropathischen Schmerzen bewirken können. Deshalb sei nunmehr ein Therapieversuch mit Cannabinol indiziert.

Mit Bescheid vom 30.9.2004 (VA S. 23) lehnte die Beklagte einen Antrag des Klägers auf Übernahme der Kosten für eine Therapie mit Cannabinol ab. Sie könne weder die Kosten für das in den USA zugelassene Fertigarzneimittel Marinol noch die Kosten für Dronabinol als Rezeptursubstanz, wie sie von der Firma THC-Pharma in Deutschland angeboten werde, erstatten. In rechtlicher Hinsicht sei zu unterscheiden zwischen nach dem Arzneimittelgesetz (AMG) zulassungspflichtigen Fertigarzneimitteln und zulassungsfreien, für den jeweiligen Behandlungsfall nach ärztlicher Verordnung zusammengestellten Rezepturarzneimitteln. Ein Fertigarzneimittel auf der Basis von Cannabis sei in Deutschland nicht zugelassen. Die Zulassung von Marinol in den USA könne der Zulassung nach dem AMG nicht gleichgesetzt werden und führe lediglich dazu, dass dieses Mittel im Einzelfall verordnet und importiert werden dürfe, bewirke aber keine Verordnungsfähigkeit zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung. Außerdem sei Marinol in den USA nicht zur Schmerztherapie, sondern zur Behandlung von Anorexie bei Aids-Patienten und zytostatikbedingtem Erbrechen zugelassen. Eine Kostenübernahme für Marinol scheide daher aus. Gleiches gelte für das Rezepturarzneimittel Dronabinol. Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürften zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung nämlich nur dann erbracht werden, wenn diese vom Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen (Bundesausschuss) geprüft und empfohlen worden seien, woran es hier fehle; insoweit werde auch auf das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 25.4.2003 (L 4 KR 3828/01) hingewiesen.




Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruchs trug der Kläger vor, mittlerweile sei durch umfangreiche Versuchsreihen nachgewiesen, dass Cannabinol bei spastischen Lähmungserscheinungen, unter denen er (ebenfalls) leide, zu einer Verbesserung des Krankheits- und des Schmerzzustandes führe und damit Morphiumpräparate, die bedeutend ungünstigere Nebenwirkungen aufwiesen und außerdem teurer seien, ersetzen könne. Er habe die Morphiumpräparate wieder absetzen müssen, weil sie seine Schmerzen nicht gebessert hätten. Er bitte um Einholung einer Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK), wofür er noch umfangreiche Publikationen einreichen werde. Sein Begehren sei nicht auf die Versorgung mit einem Fertigarzneimittel, sondern auf ein Rezepturarzneimittel gerichtet. Die letzte Auskunft des Bundesausschusses stamme aus dem Jahr 2001, weshalb das von der Beklagten zitierte Urteil des LSG Baden-Württemberg wohl überholt sein dürfte.

Die Beklagte erhob das Gutachten des MDK (Dr. Le.) vom 20.1.2005. Darin ist ausgeführt, in Zusammenhang mit einer Reihe von Krankheiten und Symptomen werde seit geraumer Zeit der Einsatz von Cannabis und Marihuana als Therapieoption diskutiert. Die sozialmedizinische Expertengruppe SEG-6 der MDK-Gemeinschaft habe eine Grundsatzstellungnahme zur Methodenbewertung (Stand 12. August 2004) angefertigt. Darin sei der Einsatz von Cannabinoiden für die Indikationen Anorexie und Kachexie, Asthma, Epilepsie, Gilles-de-la-Tourette-Syndrom, Glaukom, Migräne, muskuläre Krämpfe und Spastik, beispielsweise bei MS, reaktiver Depression, Schmerzzuständen, Übelkeit und Erbrechen, Unruhe und Schlafstörungen im Rahmen von Demenz bewertet worden. Zusammenfassend habe man festgestellt, dass für Cannabis/Cannabinoide zwar eine Evidenz für die (mäßige) Wirksamkeit einzelner Indikationen bestehe, jedoch wegen der Verfügbarkeit anderer gesicherter wirksamer kostengünstiger Standards insgesamt ein sozialmedizinischer Bedarf kaum erkennbar sei. Auf der Basis der derzeitigen Evidenz könne die medizinische Anwendung von Cannabinoiden nur im Rahmen von kontrollierten klinischen Prüfungen und nur für ausgewählte Indikationen/Bedingungen empfohlen werden, bei denen eine effektive Behandlungsoption nicht zur Verfügung stehe.

Die spezielle Recherche zur Evidenz von Cannabinoiden in der Schmerztherapie habe ergeben, dass Cannabis bei mäßigen Schmerzen der Wirksamkeit von Plazebo überlegen, derjenigen von Codein gleichwertig sei. Die erheblichen Nebenwirkungen relativierten jedoch die Nutzen-Risiko-Relation und ließen keine Notwendigkeit erkennen, Cannabinoide in die international etablierten Schemata zur Schmerzbehandlung aufzunehmen. Bei starken Schmerzen sei eine Überlegenheit des Therapiestandards Morphin anzunehmen, eine kontrollierte klinische Prüfung von Cannabinoiden erscheine hier ethisch kaum vertretbar. Auch die aktuelle Datenlage nach Fertigstellung der erwähnten Methodenbewertung ergebe kein anderes Bild. Damit könne die Beschaffung von Cannabispräparaten als Import zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung nicht befürwortet werden. Die fehlende Evidenz der Wirksamkeit des Kosten-Risiko-Verhältnisses im Vergleich zur etablierten Therapie sei auch für die Verordnung von Cannabis als Rezeptur zutreffend, welche zwar grundsätzlich möglich sei, aber nicht auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung in Betracht komme.

Mit Widerspruchsbescheid vom 8.3.2005 wies die Beklagte den Widerspruch unter Hinweis auf das MDK-Gutachten vom 20.1.2005 zurück. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger am 11.3.2005 zugestellt.




Am 11.4.2005 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Reutlingen. Er legte Arztberichte vor und bekräftigte sein bisheriges Vorbringen. Seit dem Motorradunfall im September 1987 leide er (u. a.) unter einem schweren Deafferentierungsschmerz, wodurch er zwischenzeitlich zermürbt sei. Die Schmerzen seien gegen MST-Gabe therapieresistent und könnten nur durch Heroin und Kokain gemindert werden, was er wegen der bekannten Nebenwirkungen jedoch ablehne. Morphium-Präparate habe er mangels Besserung der Schmerzen wieder absetzen müssen. Die Beklagte bezog sich auf das MDK-Gutachten vom 20.1.2005 und führt ergänzend aus, ein zugelassenes Arzneimittel mit den begehrten Inhalten gebe es in Deutschland nicht.

In einem zur weiteren Klagebegründung vorgelegten Bericht des Prof. Dr. B. (Oberarzt an der Neurologischen Klinik der Universitätsklinik T.) vom 6.2.1992 (SG-Akte S. 14) ist ausgeführt, der Kläger leide seit einem Motorradunfall mit Querschnittsläsion in Höhe des 5./6. BWK unter einem schweren Deafferentierungsschmerz, der bislang selbst auf MST-Gabe therapieresistent gewesen sei. Unabhängig davon sei es aktuell zu einer notorischen Aphasie und einer Parese des rechten Armes gekommen. Der deutlich depressiv wirkende Kläger habe angegeben, durch die Dauerschmerzen in den Beinen zermürbt zu sein. Auch die Therapie in der Universitätsklinik T. habe keine Linderung verschafft. Die einzige Schmerzbesserung habe er bislang durch Heroin oder Kokain erreicht, streite die derzeitige Einnahme von Suchtstoffen aber ab.

In einem weiteren Arztbericht des PD Dr. K. (ebenfalls Oberarzt an der Neurologischen Klinik der Universitätsklinik T.) vom 26.4.1990 heißt es, der Kläger habe in demonstrativer Weise am 19.4.1990 beim "Schwäbischen Tagblatt" angerufen, um seinen Suizid anzukündigen. Er wolle wegen seiner quälenden Deafferentierungsschmerzen nach kompletter Querschnittslähmung nicht mehr weiterleben. Der zuständige Amtsarzt habe ihn allerdings nicht als akut suizidal eingestuft und ihn daher nicht in die Nervenklinik, sondern in die hiesige Klinik, wo er bekannt sei, eingewiesen. Der Kläger habe gegenüber der letzten stationären Aufnahme am 11.10.1989 sehr gefasst und beherrscht gewirkt. Etwa zwei bis drei Wochen nach der Entlassung am 20.10.1989 habe er erneut schlimmste, quälende Schmerzen verspürt trotz der eingesetzten neurothymoleptischen Schmerzmedikation. Er habe daraufhin alle Medikamente abgesetzt und sich mit Anafranil, Taxilan, Lioressal sowie dem gelegentlichen Rauchen von Haschisch beholfen. Die Schmerzen seien dadurch zwar nicht gelindert worden, aber er habe weniger Müdigkeit empfunden. Beruflich plane er eine Wiedereingliederungsmaßnahme mit Besuch einer Fortbildungsschule für Körperbehinderte. Der Kläger sei plötzlich unmotiviert zornig geworden und habe die Klinik gegen ärztlichen Rat zusammen mit seiner Frau und seinem Sohn verlassen. Man habe ihm deutlich gemacht, dass jederzeit eine stationäre Wiederaufnahme zur medikamentösen Neueinstellung der Schmerzen möglich sei und dies, falls gewünscht, auch ambulant geschehen könne.

Das Sozialgericht holte die Auskunft des Bundesausschusses (Unterausschuss "Arzneimittel") vom 28.7.2005 (SG-Akte S. 49) ein. Darin ist ausgeführt, bei Dronabinol, einem Cannabinoid, handele es sich um ein verkehrs- und verschreibungsfähiges Betäubungsmittel nach § 1 Abs. 1 des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG), das als Ausgangssubstanz für die Herstellung von Rezepturarzneimitteln eingesetzt werde. Für neuartige zulassungsfreie Rezepturarzneimittel, wie Dronabinol, fehle es an der erforderlichen Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit, wenn der Bundesausschuss keine entsprechende Empfehlung abgegeben habe (§ 135 Abs. 1 SGB V). Beim Bundesausschuss sei ein Antrag auf Prüfung der Anwendung von Dronabinol nicht gestellt worden und er habe ein Prüfungsverfahren auch nicht von Amts wegen eingeleitet. Dazu sei er erst dann verpflichtet, wenn wissenschaftlich begründete Aussagen zur Wirksamkeit einschließlich eventueller Risiken getroffen werden könnten. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts müsse die Therapie in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen erfolgreich gewesen sein. Der Erfolg müsse sich aus wissenschaftlich einwandfrei geführten Statistiken über die Zahl der behandelten Fälle und die Wirksamkeit der Methode ablesen lassen (BSG, Urteil vom 19.3.2002, - B 1 KR 16/00 R -).

Einem Bericht im Deutschen Ärzteblatt aus dem Jahr 2001 zufolge habe die wissenschaftliche Datenlage zum damaligen Zeitpunkt noch nicht ausgereicht, um den Nutzen von Cannabinoiden in der Schmerztherapie beurteilen zu können. Zum gleichen Ergebnis sei die Multiple-Sklerose-Therapie-Konsensgruppe der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft in ihren Leitlinien für die symptomatische Multiple-Sklerose-Therapie (Stand August 2004) gekommen. Dabei habe sie die Ergebnisse der CAMS-Studie berücksichtigt. In den genannten Leitlinien heiße es, Cannabis-Präparate seien bislang nur unzureichend hinsichtlich ihrer antispastischen Wirkung untersucht worden. In einer jüngst publizierten Studie habe mittels der Ashworth-Scala kein positiver Effekt auf die Spastik nach oraler Einnahme von Tetrahydrocannabinol oder Cannabis-Pflanzenextrakt objektiviert werden können. Gefunden worden sei wohl aber eine Besserung des Gehvermögens sowie eine subjektive Schmerzreduktion. Aufgrund der Resultate könne der Einsatz von Cannabis-Präparaten derzeit nur im Rahmen von Studien oder in Einzelfällen durch Multiple-Sklerose-Therapeuten mit großer Erfahrung empfohlen werden.

Ausgehend von diesen Befunden seien der Geschäftsstelle des Bundesausschusses in der Zwischenzeit keine Studien bekannt geworden, aus denen sich wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen zu Nutzen und Risiko des Einsatzes von Cannabinoiden in diesen Indikationen ableiten ließen. Das zeige, dass Therapien mit Cannabinoiden die Phase der Erprobung noch nicht verlassen hätten, weshalb allein schon aus diesem Grund eine Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen nicht bestehe. Nach Sinn und Zweck des § 2 SGB V seien noch im Prüfstadium befindliche Behandlungsmethoden nämlich nicht Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung, da es - so die Gesetzesbegründung - nicht Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung sei, die medizinische Forschung zu finanzieren.

Der Kläger trug hierzu vor, nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 8.2.2000, - B 1 KR 18/99 B -) komme die Kostenerstattung für eine Behandlung, die mangels Empfehlung in den Richtlinien des Bundesausschusses zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung nicht erbracht werden dürfe, dann in Betracht, wenn die Richtlinien bereits im Zeitpunkt der Behandlung fehlerhaft gewesen seien. Erweise sich eine zunächst abgelehnte Methode aufgrund späterer Erkenntnisse oder Erfahrungen doch als sinnvoll, müsse dem für künftige Behandlungsfälle durch eine entsprechende Empfehlung Rechnung getragen werden. Die Behandlung mit Cannabinol sei nach der Stellungnahme des Dr. L. vom 19.8.2002 indiziert. Wie sich aus den vorgelegten Auszügen zu Versuchsreihen ergebe, sei auch nachgewiesen, dass der Einsatz von Cannabinol bei spastischen Lähmungserscheinungen zu einer Verbesserung des Krankheitszustandes und der Schmerzen führe. Daher seien die Richtlinien des Bundesausschusses fehlerhaft, wenn darin eine Behandlung mit Cannabinol nach wie vor nicht empfohlen werde. Nach dem Beschluss des BSG vom 6.1.2005 (- B 1 KR 51/03 R -) fehle es zwar an der Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit einer Arzneimitteltherapie, wenn die Arznei nach dem deutschen Arzneimittelrecht der Zulassung bedürfe, diese Zulassung aber nicht erteilt worden sei. Er sei jedoch der Auffassung, dass dieser Frage im vorliegenden Verfahren grundsätzliche Bedeutung zukomme. Auf jeden Fall seien wegen der Empfehlung des Dr. L. Beweiserhebungen geboten, um festzustellen, ob eine der beim Bundesausschuss antragsberechtigten Institutionen gehalten wäre, ein Verfahren zur Abgabe einer Empfehlung von Cannabinoiden als neuer Behandlungsmethode einzuleiten. Letzteres sei bislang nicht geschehen; ob das pflichtwidrig sei, könne derzeit ohne weitere Recherchen nicht beurteilt werden. Bei der Behandlung mit Cannabinol handele es sich außerdem um ein neuartiges Behandlungskonzept. Die begehrte Therapie sei für ihn der einzige Weg, die Dauerschmerzen erträglich zu machen.

Mit Beschluss vom 12.10.2005 lehnte das Sozialgericht einen Antrag des Klägers, Dr. L. zu der Frage anzuhören, ob die Behandlung mit Cannabinol seine Dauerschmerzen lindern könne, ab; hierauf komme es aus Rechtsgründen nicht an, da eine Leistungspflicht der Beklagten für im Erprobungs- bzw. Erforschungsstadium stehende Therapien von vornherein nicht bestehe.




Mit Urteil vom 1.12.2005 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die Behandlung mit Cannabisprodukten gehöre, wie das Landessozialgericht Baden-Württemberg mit Urteil vom 25.4.2003 (a. a. O.) - bestätigt durch das Bundessozialgericht mit Beschluss vom 6.1.2005 (a. a. O.) - entschieden habe, nicht zu den von der Beklagten geschuldeten Leistungen. Das Präparat Cannabinol sei in Deutschland nicht zugelassen; auch eine EU-Zulassung liege nicht vor. Daher könne das Präparat nicht als Fertigarzneimittel zur Verfügung gestellt werden. Soweit es sich bei Cannabinol um ein Rezepturarzneimittel handeln sollte, sei die Leistungsgewährung ebenfalls nicht möglich. Nach der aktuellen Auskunft des Bundesausschusses befinde sich die Therapie mit Cannabisprodukten nämlich noch im Stadium der Erforschung und Erprobung, was die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung ausschließe. Ein etwaiger Anspruch auf Tätigwerden einer der beim Bundesausschuss antragsberechtigten Institutionen sei nicht Streitgegenstand und im vorliegenden Verfahren daher nicht zu prüfen.

Auf das ihm am 27.12.2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 18.1.2006 Berufung eingelegt. Er trägt ergänzend vor, das Sozialgericht habe nicht berücksichtigt, dass die Behandlung mit Cannabinol ausreichend, zweckmäßig und auch wirtschaftlicher sei als die Therapie mit Opiaten, die bedeutend mehr koste. Er sei auch bereit, sich der Behandlung mit Cannabinol im Rahmen einer klinischen Studie zu unterziehen. Außerdem berufe er sich nach Maßgabe der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 6.12.2005 (- 1 BvR 347/98 -) auf sein Grundrecht auf Gesundheit aus Art. 2 Abs. 2 GG. Beim Einsatz von Cannabinol bestehe jedenfalls die nicht ganz entfernte Aussicht auf eine spürbar positive Entwicklung seiner Schmerzkrankheit; das verdeutlichten die entsprechenden Empfehlungen seines Schmerztherapeuten Dr. L.. Zwar gehe es bei ihm, anders als im Fall, der der genannten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zugrunde gelegen habe, nicht um eine lebensbedrohliche Krankheit. Gleichwohl sei er schwer krank. Das Bundessozialgericht sei der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts mittlerweile auch gefolgt (Urteile in den Verfahren B 1 KR 7/05 R - und B 1 KR 12/05 R - sowie B 1 KR 12/04 R -).

Der Kläger beantragt sinngemäß,

   das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 1.12.2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 30.9.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8.3.2005 zu verurteilen, ihm zur Behandlung seiner Schmerzerkrankung Arzneimittel auf Cannabinoidgrundlage (wie Dronabinol oder Cannabinol) als Sachleistung zu gewähren bzw. die Kosten für deren Selbstbeschaffung zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

   die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt ergänzend vor, Cannabinol gehöre zu der Gruppe der Opiate, weshalb auch hier, wie bei Morphiumpräparaten, ein Suchtpotential vorhanden sei. Das Mittel stehe noch in der Erprobungsphase und sei in Deutschland nicht zugelassen, so dass es keinen Sinn mache, über die Kostenfrage zu diskutieren. Eine Therapieversuchsreihe an der Universitätsklinik T. sei nicht bekannt, so dass es nicht weiter führe, wenn sich der Kläger hierfür zur Verfügung stellen wolle. Die genannte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei vorliegend nicht einschlägig, weil im Fall des Klägers eine dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung zur Verfügung stehe. Das gehe aus dem Gutachten des MDK vom 20.1.2005 hervor.

Die Beteiligten haben sich mit einer Senatsentscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.




Entscheidungsgründe:


Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).

Die gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthafte und auch sonst zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, ihm Arzneimittel auf Cannabinoidgrundlage (wie Dronabinol oder Cannabinol) als Sachleistung zu gewähren bzw. die Kosten für die Beschaffung solcher Arzneimittel zu erstatten. Er hat darauf keinen Anspruch.

I.

Das Begehren des Klägers ist auf die Versorgung mit Arzneimitteln auf Cannabinoidgrundlage im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung gerichtet, sei es als Sachleistung, sei es im Wege der Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 SGB V. In diesem Sinne ist sein Antrag zu verstehen, die Beklagte möge die Kosten für einen entsprechenden Therapieversuch übernehmen. Die genannten Arzneimittel gehören auch nach Ansicht des Senats jedoch nicht zu den Leistungen, die die gesetzlichen Krankenkassen ihren Versicherten zu erbringen haben. Die Beklagte muss sie dem Kläger daher nicht als Sachleistung zur Verfügung stellen und infolge dessen auch die Kosten für vom Kläger selbst beschaffte Medikamente nicht erstatten. Letzteres setzte gem. § 13 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. SGB V nämlich voraus, dass die Leistung zu Unrecht abgelehnt worden wäre, was hier nicht der Fall ist (vgl. dazu auch BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 12/05 R – m.w.N., wonach der Kostenerstattungsanspruch nicht weiter reicht als der entsprechende Sachleistungsanspruch).

II.

Die Leistungsansprüche der gesetzlich Krankenversicherten sind in § 27 Abs. 1 SGB V grundlegend umschrieben. Danach haben sie Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn diese notwendig ist, um (u. a.) eine Krankheit zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst auch die Versorgung mit Arzneimitteln (§ 27 Abs. 2 Nr. 3 SGB V). Allerdings haben die Krankenkassen nicht für jegliche Art von Behandlung aufzukommen. Ihre Leistungspflicht unterliegt vielmehr den in §§ 2 Abs. 1 und 12 Abs. 1 SGB V gesetzlich festgelegten Grenzen. Nach diesen Vorschriften müssen die Leistungen der Krankenkassen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (§ 12 Abs. 1 SGB V). Außerdem müssen Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V).


Soweit es, wie hier, um die Versorgung mit Arzneimitteln geht, ist in rechtlicher Hinsicht außerdem zwischen zulassungspflichtigen Fertigarzneimitteln und zulassungsfreien Rezepturarzneimitteln zu unterscheiden. Arzneimittel, die - als Fertigarzneimittel - im Voraus hergestellt und in einer zur Abgabe an Endverbraucher bestimmten Verpackung in den Verkehr gebracht werden, bedürfen nach § 4 Abs. 1 AMG der Zulassung durch die dafür zuständige Behörde, während Arzneimittel, die - als Rezepturarzneimittel - für den jeweiligen Behandlungsfall nach ärztlicher Verordnung zusammengestellt werden, zulassungsfrei sind. Verfügt ein Fertigarzneimittel nicht über die nach dem deutschen Arzneimittelrecht notwendige Zulassung, fehlt es (schon deshalb) an der Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Behandlung im Sinne der §§ 2 Abs. 1 und 12 Abs. 1 SGB V; es gehört daher von vornherein nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen (ständige Rechtsprechung; vgl. etwa BSG, Urt. v. 6.1.2005, - B 1 KR 51/03 B – m.w.N. sowie näher auch LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 25.4.2003, - L 4 KR 3828/01 -). Daran ändert eine etwaige Zulassung oder Verkehrsfähigkeit des Arzneimittels im Ausland nichts. Unbeschadet der Möglichkeit, ausländische Zulassungsentscheidungen zu übernehmen (§ 37 Abs. 1 Satz 2 AMG), und unbeschadet spezieller europarechtlicher Gemeinschaftsverfahren im Arzneimittelbereich führt dies nur dazu, dass das Arzneimittel importiert und ärztlich verordnet werden darf (§ 73 Abs. 3 AMG); die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen wird dadurch nicht begründet (näher LSG Baden-Württemberg, Urt. v,. 25.4.2003, a. a. O. sowie BSGE 93,1 und BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 7/05 R -).

Für zulassungsfreie Rezepturarzneimittel ist das in § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V festgelegte Verbot mit Erlaubnisvorbehalt (BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 12/05 R -) zu beachten. Danach dürfen neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, wozu auch neue Arzneimitteltherapien gehören, in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkasse nur erbracht werden und gehören auch dann nur zu den Versicherten von der Krankenkasse geschuldeten Leistungen (BSGE 81,73, ständige Rechtsprechung – zuletzt BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 12/05 R -), wenn der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V Empfehlungen u. a. über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit abgegeben hat. An die Entscheidungen des Bundesausschusses sind Krankenkassen und Gerichte gebunden (BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 12/05 R - m.w.N.). Ohne befürwortende Entscheidung des Bundesausschusses kommt eine Leistungspflicht der Krankenkassen nicht in Betracht.

III.

Von diesen rechtlichen Vorgaben ausgehend kann das Begehren des Klägers keinen Erfolg haben.

1. Die Versorgung mit einem auf Cannabinoidgrundlage hergestellten Fertigarzneimittel, etwa mit dem in den USA zugelassenen Medikament Marinol (dazu i.e. LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 25.4.3003, a. a. O.), verlangt der Kläger nach seinem Vorbringen im Widerspruchs- und Klageverfahren offenbar nicht. Das wäre auch schon deshalb nicht möglich, da das genannte Arzneimittel nicht über die nach dem deutschen Arzneimittelrecht notwendige Zulassung verfügt und deshalb nach dem Gesagten auch nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen gehört. Mangels arzneimittelrechtlicher Zulassung scheidet ein sog. " off-label-use ", also die zulassungsüberschreitende Anwendung, von vornherein aus (dazu näher BSG, Urt. v. 19.3.2002, - B 1 KR 37/00 R – sowie Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 7/05 R -).




2. Die Beklagte ist auch nicht verpflichtet, dem Kläger ein entsprechendes Rezepturarzneimittel (wie Dronabinol oder Cannabinol) zu gewähren. Denn insoweit fehlt es an der nach § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V erforderlichen befürwortenden Entscheidung des Bundesausschusses, ohne die neue Behandlungsmethoden von den gesetzlichen Krankenkassen nicht gewährt werden können. Das gilt auch dann, wenn die Behandlung im Einzelfall, wie hier durch Dr. L., ärztlich empfohlen wird. Der Ausnahmefälle des sog. Systemversagens" oder besonders seltener Erkrankungen liegen nicht vor. Zudem befindet sich die Schmerzbehandlung mit Medikamenten auf Cannaboidgrundlage derzeit noch im Erprobungsstadium, was die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen ebenfalls ausschließt. Schließlich kann dem Kläger auch die neuere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für neue Behandlungsmethoden bei krankheitsbedingter Lebensgefahr (BVerfG, Beschl. v. 6.12.2005, - 1 BvR 347/98 -, NZS 2006, 84) nicht weiterhelfen.

a. Der Erlaubnisvorbehalt des § 135 Abs. 1 SGB V ist vorliegend einschlägig. Die Anwendung von Arzneimitteln auf Cannabinoidgrundlage ist eine Behandlungsmethode i. S. d. § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V, also eine medizinische Vorgehensweise, der ein eigenes theoretisch-wissenschaftliches Konzept zu Grunde liegt, das sie von anderen Therapieverfahren unterscheidet und das ihre systematische Anwendung in der Behandlung bestimmter Krankheiten rechtfertigen soll. Um eine "besondere Therapierichtung", deren Arzneimittel gem. § 2 Abs. 1 Satz 2 SGB V nicht ausgeschlossen sind, geht es ersichtlich nicht, weshalb dahinstehen mag, ob der Kläger aus der Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 2 SGB V für sich günstige Rechtsfolgen herleiten könnte. Besondere Therapierichtungen bedürfen nämlich (u.a.) eines sich von der naturwissenschaftlichen Schulmedizin abgrenzenden weltanschaulichen Denkansatzes (wie etwa die Homöopathie oder die anthroposophische Medizin). Das ist hier ersichtlich nicht der Fall. Die Schmerztherapie mit Arzneimitteln auf Cannabinoidgrundlage mag sich von der (derzeitigen) klassischen Schmerztherapie unterscheiden, nimmt aber nicht für sich in Anspruch, im Gegensatz zu den wesentlichen Grundaussagen der Schulmedizin zu stehen (dazu näher BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 12/05 R – m.N.); sie will deren Behandlungskonzepte vielmehr ergänzen und erweitern und sich so in die Schulmedizin einfügen. Soweit der Kläger vorbringt, er erstrebe ein neuartiges Konzept zur Schmerzbehandlung, kann ihn dies von den Einschränkungen des § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V daher von vornherein nicht frei stellen. Die Anwendung von Arzneimitteln auf Cannabinoidgrundlage ist auch neu i. S. d. § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V; hierüber herrscht zu Recht kein Streit (dazu näher BSGE 81, 54; 94, 221 sowie Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 12/05 R -).




b. Das Fehlen der nach § 135 Abs. 1 SGB V notwendigen Empfehlung des Bundesausschusses ist nicht wegen sog. "Systemversagens" entbehrlich. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts kann ungeachtet des in § 135 Abs. 1 SGB V statuierten Verbots mit Erlaubnisvorbehalt eine Leistungspflicht der Krankenkasse ausnahmsweise dann bestehen, wenn die fehlende Anerkennung einer neuen Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem Bundesausschuss trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde und damit ein sog. "Systemversagen" vorliegt. Dann ist die in § 135 Abs. 1 SGB V vorausgesetzte Aktualisierung der Richtlinien nämlich rechtswidrig unterblieben, weshalb die Möglichkeit bestehen muss, das Anwendungsverbot erforderlichenfalls auf andere Weise zu überwinden (näher BSGE 81, 54 sowie BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 12/05 R -). Für eine solche Fallgestaltung ist hier aber nichts ersichtlich oder substantiiert geltend gemacht (vgl. zur Versorgung mit Dronabinol bei multipler Sklerose insoweit auch LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 25.4.2003, a. a. O.).

Ein Prüfantrag nach § 135 Abs. 1 SGB V ist beim Bundesausschuss von den dazu berechtigten Stellen (der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, einer Kassenärztlichen Vereinigung oder einem Spitzenverband der Krankenkassen) nicht gestellt worden und der Bundesausschuss hat ein Prüfverfahren auch von Amts wegen nicht eingeleitet. Das geht aus der vom Sozialgericht eingeholten Auskunft des Bundesausschusses (Unterausschuss "Arzneimittel") vom 28.7.2005 hervor. Ein rechtswidriges Versäumnis liegt darin nicht. Beantragung oder Einleitung eines Prüfverfahrens sind vielmehr erst dann veranlasst, wenn wissenschaftlich begründete Aussagen zur Wirksamkeit einer Therapie und deren Risiken überhaupt getroffen werden können (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 25.4.2003, a. a. O.). Das ist hier, wie die genannte Auskunft des Bundesausschusses vom 28.7.2005 und das von der Beklagten erhobene MDK-Gutachten vom 20.1.2005 belegen, aber nicht der Fall.

Nach der Auskunft des Bundesausschusses vom 28.7.2005 hatte, einem Bericht im Deutschen Ärzteblatt aus dem Jahr 2001 zufolge, die wissenschaftliche Datenlage zum damaligen Zeitpunkt noch nicht ausgereicht, um den Nutzen von Cannabinoiden in der Schmerztherapie beurteilen zu können. Zum gleichen Ergebnis kam die Multiple-Sklerose-Therapie-Konsensgruppe der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft in ihren Leitlinien für die symptomatische Multiple-Sklerose-Therapie (Stand August 2004). Nach deren Auffassung sind Cannabis-Präparate bislang nur unzureichend hinsichtlich ihrer (hier nicht im Vordergrund stehenden) antispastischen Wirkung untersucht worden; in einer neueren Studie konnte ein positiver Effekt auf die Spastik nach oraler Einnahme von Tetrahydrocannabinol oder Cannabis-Pflanzenextrakt auch nicht objektiviert werden, wogegen eine Besserung des Gehvermögens sowie eine subjektive Schmerzreduktion festgestellt wurde. Der Geschäftsstelle des Bundesausschusses sind in der Zwischenzeit auch keine Studien bekannt geworden, aus denen sich wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen zu Nutzen und Risiko des Einsatzes von Cannabinoiden in diesen Indikationen ableiten ließen. Die vom Kläger im sozialgerichtlichen Verfahren vorgelegten Publikationen stammen aus der Zeit bis 2004 und können die aktuelle Auskunft des Bundesausschusses (aus dem Jahr 2005) daher nicht stichhaltig in Zweifel ziehen. Auch aus dem MDK-Gutachten vom 20.1.2005 geht im Übrigen hervor, dass der Einsatz (u.a.) von Cannabis als Therapieoption bei einer Reihe von Krankheiten (noch) diskutiert wird. Hinsichtlich der Anwendung von Cannabinoiden in der Schmerztherapie ergab sich zudem eine Überlegenheit des Therapiestandards Morphin bei (hier in Rede stehenden) starken Schmerzen, weshalb bereits die kontrollierte klinische Prüfung von Cannabinoiden als ethisch kaum vertretbar angesehen wurde. Die aktuelle Datenlage, die der MDK-Gutachter überprüft hatte, ergab kein anderes Bild. Bei dieser Sachlage kann nicht angenommen werden, ein Prüfverfahren nach § 135 Abs. 1 SGB V hätte beantragt oder vom Bundesausschuss von Amts wegen eingeleitet werden müssen und dies sei willkürlich und aus sachfremden Erwägungen unterblieben (vgl. BSG, Urt. v. 19.2.2002, - B 1 KR 16/00 R -).

c. Der Sonderfall einer wegen ihrer Seltenheit praktisch nicht systematisch erforschbaren Krankheit, deren Behandlung aus dem Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung deswegen nicht schon mangels entsprechender Empfehlung des Bundesausschusses ausscheidet (vgl. dazu BSGE 93,236), liegt offensichtlich ebenfalls nicht vor. Hierfür ist den ärztlichen Unterlagen nichts zu entnehmen und auch nichts vorgetragen. Vielmehr leidet der Kläger unter nach seinem Vorbringen therapieresistenten Schmerzzuständen auf Grund einer Querschnittslähmung, was die Annahme eines sich systematischer Erforschung entziehenden außerordentlich seltenen Krankheitsgeschehens nicht trägt, sondern offenkundig in einer Vielzahl von Fällen der ärztlichen Praxis vorkommt. Das gilt sowohl für Querschnittslähmungen als solche wie für therapieresistente Schmerzerkrankungen.

d. Aus den dem Senat vom Bundesausschuss und vom MDK vermittelten Erkenntnissen geht im Übrigen zugleich hervor, dass die Schmerzbehandlung mit Arzneimitteln auf Cannabinoidgrundlage noch in der Erprobungsphase steckt. Auch aus diesem Grund kann sie zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung nicht erbracht werden, da Qualität und Wirksamkeit der Leistungen gem. § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen müssen und es – so die Gesetzesbegründung zu dieser Vorschrift (BT-Drs. 11/2237, S. 157) – nicht Aufgabe der Krankenkassen ist, die medizinische Forschung zu finanzieren.

e. Ohne Erfolg beruft sich der Kläger schließlich auf die neuere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für neue Behandlungsmethoden in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung. Sie ist vorliegend nicht einschlägig.




In seinem Beschluss vom 6.12.2005 (a. a. O.) hat es das Bundesverfassungsgericht für mit dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht vereinbar erklärt, einen gesetzlichen Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, von der Leistung einer von ihm gewählten, ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die zu einem solchen Ergebnis führende Auslegung der leistungsrechtlichen Vorschriften des Krankenversicherungsrechts sei in der extremen Situation krankheitsbedingter Lebensgefahr (im vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Fall durch die Duchennesche Muskeldystrophie) verfassungswidrig.

Das Bundessozialgericht hat diese verfassungsgerichtlichen Vorgaben seiner neueren Rechtsprechung (Urteile vom 4.4.2006, a. a. O.) zugrunde gelegt und näher konkretisiert. Der Senat schließt sich dem an. Danach – so BSG, Urt. v. 4.4.2006 (B 1 KR 7/05 R) - verstößt die Leistungsverweigerung der Krankenkasse unter Berufung darauf, eine bestimmte neue ärztliche Behandlungsmethode sei im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen, weil der zuständige Gemeinsame Bundesausschuss diese noch nicht anerkannt oder sie sich zumindest in der Praxis und in der medizinischen Fachdiskussion noch nicht durchgesetzt habe (BSGE 94, 221), gegen das Grundgesetz, wenn folgende drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind:

1. Es liegt eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung vor.

2. Bezüglich dieser Krankheit steht eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung.

3. Bezüglich der beim Versicherten ärztlich angewandten (neuen, nicht allgemein anerkannten) Behandlungsmethode besteht eine "auf Indizien gestützte" nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf.

Diese Voraussetzungen hat das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 4.4.2006 (B 1 KR 7/05 R -) weiter konkretisiert und außerdem auf den Bereich der Versorgung mit Arzneimittel übertragen. Allerdings ist insoweit eine verfassungskonforme Auslegung nur derjenigen Normen des SGB V geboten, die einem verfassungsrechtlich begründeten Anspruch auf Arzneimittelversorgung entgegenstehen, während die Prüfung der allgemeinen Voraussetzungen des SGB V für einen Leistungsanspruch auch unter Berücksichtigung der Verfassungsmäßigkeit eines abgeschlossenen Leistungskatalogs der Krankenversicherungsleistungen unberührt bleibt.

Im Fall des Klägers fehlt es schon an der erstgenannten Voraussetzung des Vorliegens einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung, so dass dahin stehen mag, welche allgemein anerkannten, medizinischem Standard entsprechenden Behandlungsmethoden hier ggf. zur Verfügung stehen und wie insoweit die vom Kläger geltend gemachte Therapieresistenz seiner Erkrankung einzuschätzen ist bzw. ob der Fall des kompletten Therapieversagens dem gänzlichen Fehlen bzw. der Nichtanwendbarkeit (dazu BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 7/05 R -) vorhandener Behandlungsmöglichkeiten gleich zu erachten wäre. Auch auf die zusätzlichen Anforderungen an den verfassungsrechtlich begründeten Anspruch gesetzlich Krankenversicherter auf Arzneimittelversorgung (kein Verstoß gegen das Arzneimittelrecht, Überwiegen des Nutzens bei unter Berücksichtigung des gebotenen Wahrscheinlichkeitsmaßstabs durchgeführter Abwägung von Chancen und Risiken, fachärztliche lege artis durchgeführte und dokumentierte Behandlung - dazu näher BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 7/05 R -) kommt es nicht an. Der Kläger leidet unter Schmerzzuständen auf Grund einer Querschnittslähmung, die ihn ohne Frage erheblich und nachhaltig beeinträchtigen, aber weder als lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Krankheit eingestuft werden können. Der Kläger macht das auch nicht geltend. Er meint vielmehr der Sache nach, die angeführte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts müsse über die Fälle der Extremsituation krankheitsbedingter Lebensgefahr hinaus verallgemeinert und generell auf schwere Krankheiten, wie seine schwere Schmerzerkrankung, angewendet werden. Das ist nach Auffassung des Senats jedoch nicht möglich.


Das Bundesverfassungsgericht geht (nach wie vor) davon aus, dass aus dem Grundgesetz unmittelbar kein verfassungsrechtlicher Anspruch auf bestimmte Leistungen der Krankenbehandlung (entsprechend: der Arzneimittelversorgung) abzuleiten ist, dafür vielmehr die Bestimmungen des Krankenversicherungsrechts in dessen Gesetzen oder untergesetzlichen Regelwerken maßgeblich sind. Sie legen fest, welche Leistungen die Krankenkassen unter welchen Voraussetzungen zu erbringen haben und wo die Grenzen ihrer Leistungspflicht verlaufen. Es hat gegen die hier einschlägigen leistungsrechtlichen Regelungen in den §§ 2, 12 Abs. 1 und 135 Abs. 1 SGB V verfassungsrechtliche Bedenken auch nicht erhoben. Nur für den Extremfall krankheitsbedingter Lebensgefahr bei gleichzeitigem Fehlen einer allgemein anerkannten, medizinischem Standard entsprechenden Behandlungsmöglichkeit hat das Bundesverfassungsgericht im Wege verfassungskonformer Gesetzesauslegung letztendlich einen (verfassungsunmittelbaren) Leistungsanspruch statuiert, der den ansonsten geltenden gesetzlichen Grenzen der Leistungspflicht nicht unterworfen ist. Diese können ihm nicht entgegengehalten werden; entsprechende Gesetzesauslegungen sind nicht statthaft. Ansonsten bleibt es aber bei der Maßgeblichkeit des Gesetzes, namentlich des Erlaubnisvorbehalts in § 135 Abs. 1 SGB V. Andernfalls, insbesondere bei der vom Kläger geforderten Ausdehnung der durch verfassungskonforme Gesetzesauslegung begründeten Leistungsansprüche auf schwere Erkrankungen im allgemeinen, wie seine Schmerzkrankheit, würde das verfassungsrechtliche Mandat des Gesetzgebers zur Festlegung von Voraussetzungen und Inhalt der den Versicherten zustehenden Leistungsansprüche unterlaufen und auf Verwaltung und Gerichte übertragen, die im Einzelfall ohne hinreichend bestimmte gesetzliche Vorgaben (verfassungsunmittelbare) Leistungsrechte begründen könnten. Deshalb kann grundsätzlich nur in dem vom Bundesverfassungsgericht beschriebenen (extremen) Sonderfall, der durch die Zuspitzung auf das Vorliegen krankheitsbedingter Lebensgefahr bei gleichzeitigem Fehlen anerkannter Behandlungsmöglichkeiten hinreichend klar umschrieben ist, auf die gesetzliche Konkretisierung der Leistungsvoraussetzungen unter Bezugnahme auf einen verfassungsrechtlichen Kernbereich der Leistungspflicht sowie die grundrechtliche Pflicht des Staates zum Lebens- und Gesundheitsschutz verzichtet werden.

Dem entspricht die genannte Rechtsprechung des Bundessozialgerichts. Es hat namentlich im Urteil vom 4.4.2006 (- B 1 KR 7/05 R -) dezidiert klargestellt, dass die Krankenkassen (von vornherein) nur bei Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung Leistungen unter Außerachtlassung des in § 135 Abs. 1 SGB V gesetzlich festgelegten Verbots mit Erlaubnisvorbehalt zu erbringen haben. In Bekräftigung und Präzisierung dessen hat es in einer weiteren Entscheidung vom 4.4.2006 (- B 1 KR 12/05 R -) demzufolge auch entschieden, dass einem an einem Prostatakarzinom erkrankten Versicherten die ambulant durchgeführte interstitielle Brachytherapie mit Permanent Seeds (dauerhafte Einbringung radioaktiver Substanz zur Zerstörung von Tumorzellen) als vom Bundesausschuss nicht empfohlene neue Behandlungsmethode i. S. d. § 135 Abs. 1 SGB V auf Kosten der Krankenkassen nicht gewährt werden muss, weil im Zeitpunkt der durchgeführten Behandlung die Konstellation einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung bei Fehlen einer allgemein anerkannten, medizinischem Standard entsprechenden Behandlung (noch) nicht vorgelegen hatte. Das Bundessozialgericht hat hierfür ersichtlich nicht nur darauf abgestellt, dass für die Behandlung von Prostatakarzinomen mit der Prostatektomie eine (allerdings nicht gewünschte) medizinische Standardtherapie zur Verfügung stand, sondern ausdrücklich das Stadium der Krebserkrankung herangezogen und darauf verwiesen, dass sich das Prostatakarzinom noch im Anfangsstadium ohne Hinweis auf metastatische Absiedlungen befand. Der dem Versorgungsbegehren des Versicherten stattgebenden Entscheidung vom 4.4.2006 (- B 1 KR 7/05 R -) lag demgegenüber eine Krebserkrankung des Dickdarms zugrunde, die das Anfangsstadium bereits verlassen hatte, weshalb die Überlebenswahrscheinlichkeit wegen möglicher Fernmetastasen erheblich herabgesetzt war. Gerade darauf hat das Bundessozialgericht maßgeblich abgestellt und zur Abgrenzung darauf verwiesen, dass sich dieser Fall insoweit - hinsichtlich des Stadiums der Krebserkrankung - vom der Fallgestaltung des Urteils vom 4.4.2006 (- B 1 KR 12/05 -) unterscheidet.

In einem dritten Urteil vom 4.4.2006 (- B 1 KR 12/04 R -) hat das Bundessozialgericht sich zwar im Ansatz mit der Frage befasst, ob andere Krankheitsbilder (im entschiedenen Fall ein zur Berufsunfähigkeit einer Tierärztin führendes Muskelleiden, sog. "MAD-Mangel") mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung auf eine Stufe gestellt werden könnten, freilich angenommen, bei dem geschilderten Muskelleiden liege trotz der Nachhaltigkeit und Schwere der Erkrankung eine notstandsähnliche Extremsituation nicht vor. Das Bundessozialgericht hat in dem zuletzt genannten Urteil auch nur angedeutet, dass dies etwa für den Fall drohender Erblindung "zu erwägen wäre", und hierfür auf seine Rechtsprechung zu extrem seltenen und deshalb systematisch nicht erforschbaren Krankheiten Bezug genommen (BSGE 93, 236). Nach dieser Rechtsprechung können - wie bei dem sog. " off-label-use " zugelassener Arzneimittel (BSGE 89, 184) - in notstandsähnlichen Situationen bei der Behandlung schwerwiegender, lebensbedrohlicher oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigender Erkrankungen (so BSGE 93, 236) - Leistungen auch abweichend vom Erlaubnisvorbehalt des § 135 Abs. 1 SGB V gewährt werden. Zu diesem Ergebnis führte letztendlich aber die Überlegung, wegen der Singularität der Erkrankung erfülle deren Behandlung den "Methodenbegriff" in § 135 Abs. 1 SGB V nicht und der Bundesausschuss könne eine wissenschaftlich fundierte Aussage mangels systematischer Erforschbarkeit der Krankheit ohnehin nicht treffen. Die Ausnahme von der Erlaubnispflicht beruhte damit im Kern auf der Auslegung des § 135 Abs. 1 SGB V nach Wortlaut und Zweck und nicht auf verfassungsrechtlichen Erwägungen zum Kerngehalt der Leistungspflicht oder zur grundrechtlichen Schutzpflicht des Staates aus Art. 2 Abs. 2 GG. Das Bundessozialgericht hat es schließlich auch abgelehnt, den Rechtsgedanken des Bundesverfassungsgerichtsbeschlusses vom 6.12.2005 (a. a. O.) jedenfalls auf weitläufige Bereiche auszudehnen, in denen der Gesetzgeber aus wohl erwogenen Gedanken in Abkehr von früherem Recht den Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung bewusst eingeschränkt hat (so Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 12/04 R -). Für die Ausdehnung verfassungsunmittelbarer Leistungsrechte auf andere weitläufige Bereiche, wie das Schmerzleiden des Klägers, kann nach Ansicht des Senats nichts anderes gelten, zumal eine hinreichend klare Abgrenzung der Fallgestaltungen nicht zuletzt wegen der Vielgestaltigkeit von Schmerzerkrankungen und der Subjektivität des Schmerzerlebens und der darauf beruhenden Beeinträchtigungen anders als im vom Bundessozialgericht angesprochenen Fall drohender Erblindung nicht möglich ist.



III.

Das Sozialgericht hat die Klage danach zu Recht abgewiesen, weshalb die Berufung des Klägers erfolglos bleiben muss. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Der Senat lässt die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zu (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG). Grundsätzlicher Klärung bedarf die Frage, ob und in welchen Fallgestaltungen und unter welchen Voraussetzungen der Rechtsgedanke des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 6.12.2005 (a. a. O.) außerhalb des Vorliegens lebensbedrohlicher oder regelmäßig tödlich verlaufender Erkrankungen anzuwenden ist und die Krankenkassen deshalb aus verfassungsrechtlichen Gründen Leistungen jenseits der gesetzlichen Grenzen ihrer Leistungspflicht erbringen müssen. Diese Frage ist in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht abschließend geklärt, wie dessen Urteil vom 4.4.2006 (- B 1 KR 12/04 R -) zeigt.

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