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Kompensation der Regelungeeignetheit bei Konsum harter Drogen

Kompensation der Regelungeeignetheit bei Konsum harter Drogen




Gliederung:


-   Einleitung
-   Allgemeines



Einleitung:


Dass nach einmaligem Konsum harter Drogen im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unter Umständen von der Entziehung der Fahrerlaubnis beim Vorliegen besonderer Umstände abgesehen werden kann, führt u.a. das OVG Brandenburg (Beschluss vom 22.07.2004 - 4 B 37/04 aus:

   Die normative Wertung von Ziffer 9.1 der Anlage 4 FeV entfaltet jedoch strikte Bindungswirkung nur, solange keine Umstände im Einzelfall vorliegen, die ausnahmsweise eine andere Beurteilung rechtfertigen. Hierauf weist letztlich in Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes Vorbem. 3 Anlage 4 FeV mit ihrem Satz 1 hin, nach dem die nachstehend vorgenommenen Bewertungen nur für den Regelfall gelten. Ausnahmen von dieser Regel sind nach der Intention der Anlage 4 FeV dann anzuerkennen, wenn in der Person des Betäubungsmittelkonsumenten Besonderheiten bestehen, die darauf schließen lassen, dass seine Fähigkeit, ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr sicher, umsichtig und verkehrsgerecht zu führen, sowie sein Vermögen, zwischen dem Konsum von Betäubungsmitteln und der Teilnahme am Straßenverkehr zuverlässig zu trennen, nicht erheblich herabgesetzt sind. Soweit nach Vorbemerkung Nr. 3 S. 2 der Anlage 4 FeV hier Kompensationen der Wirkungen des Betäubungsmittelkonsums durch besondere menschliche Veranlagung, durch Gewöhnung, durch besondere Einstellung oder durch besondere Verhaltenssteuerungen und -umstellungen in Betracht kommen, versteht der Senat diese Regelung wohl weitergehend als das Verwaltungsgericht lediglich beispielhaft, aber nicht etwa einengend; vielmehr verbleibt es dem jeweiligen Drogenkonsumenten, die normative Regelvermutung zu entkräften (so auch VGH Mannheim, B. v. 28. Mai 2002 - 10 S 2213/01 -, VBlBW 20034, 25 ff.; VGH Mannheim, B. v. 24. Mai 2002 -10 S 835/02 -, NZV 2002, 475 ff; OVG Lüneburg, B. v. 16. Juni 2003 - 12 ME 172/03 -, DAR 2003, 432 f.; OVG Bremen, B. v. 30. Juni 2003 - 1 B 206/03 -, NordÖR 2003, 371 ff.; OVG Hamburg, B. v. 24. April 2002 - 3 Bs 19/02 -, NordÖR 2003, 123; OVG Koblenz, B. v. 21. November 2000 - 7 B 11967/00 -, DAR 2001, 183)."

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Allgemeines:


Stichwörter zum Thema Drogen

Drogen im Fahrerlaubnisrecht

Zum Entzug der Fahrerlaubnis bei nur einmaligem Konsum harter Drogen (außer Cannabis)

VGH Kassel v. 14.01.2002:
Ein Kraftfahrer erweist sich nicht schon allein dadurch als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, dass er einmalig Kokain oder ein Amphetamin konsumiert hat. Ziffer 9.1 der Anlage 4 zu §§ 11, 13 und 14 FeV, die den gegenteiligen Schluss nahe legt, ist unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und der Ziffer 2 der Vorbemerkung zu Anlage 4 FeV einschränkend auszulegen.

OVG Brandenburg v. 22.07.2004:
Die normative Wertung von Ziffer 9.1 der Anlage 4 FeV entfaltet jedoch strikte Bindungswirkung nur, solange keine Umstände im Einzelfall vorliegen, die ausnahmsweise eine andere Beurteilung rechtfertigen. Dies kann der Fall sein, wenn in der Person des Betäubungsmittelkonsumenten Besonderheiten bestehen, die darauf schließen lassen, dass seine Fähigkeit, ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr sicher, umsichtig und verkehrsgerecht zu führen, sowie sein Vermögen, zwischen dem Konsum von Betäubungsmitteln und der Teilnahme am Straßenverkehr zuverlässig zu trennen, nicht erheblich herabgesetzt sind.

VGH München v. 14.02.2012:
Ausnahmen von der Regelvermutung der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung sind nur dann anzuerkennen, wenn in der Person des Betäubungsmittelkonsumenten Besonderheiten bestehen, die darauf schließen lassen, dass seine Fähigkeit, ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr sicher, umsichtig und verkehrsgerecht zu führen, sowie sein Vermögen, zwischen dem Konsum von Betäubungsmitteln und der Teilnahme am Straßenverkehr zuverlässig zu trennen, nicht erheblich herabgesetzt sind.




VGH München v. 10.06.2014:
Ausnahmen vom Entzug der Fahrerlaubnis nach einmaligem Konsum harter Drogen sind nur dann anzuerkennen, wenn in der Person des Betäubungsmittelkonsumenten Besonderheiten bestehen, die darauf schließen lassen, dass seine Fähigkeit, ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr sicher, umsichtig und verkehrsgerecht zu führen, sowie sein Vermögen, zwischen dem Konsum von Betäubungsmitteln und der Teilnahme am Straßenverkehr zuverlässig zu trennen, nicht erheblich herabgesetzt sind. Beispielhaft sind in Satz 2 der Vorbemerkung 3 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung besondere menschliche Veranlagung, Gewöhnung, besondere Einstellung oder besondere Verhaltenssteuerungen und -umstellungen genannt, durch die z.B. eine Kompensation drogenbedingter Einschränkungen erfolgen kann. Es obliegt insoweit dem Betroffenen, durch schlüssigen Vortrag die besonderen Umstände darzulegen und nachzuweisen, die ein Abweichen von der Regelvermutung rechtfertigen sollen.



OVG Saarlouis v. 28.09.2016:
Dem in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wird dabei dadurch Genüge getan, dass die Bewertungen der FeV durch die entsprechenden Regelungen in der Vorbemerkung 3 der Anlage 4 zur FeV nur im Regelfall gelten. Ausnahmen von der Regelvermutung der Anlage 4 zur FeV sind dann anzuerkennen, wenn in der Person des Betäubungsmittelkonsumenten Besonderheiten bestehen, die darauf schließen lassen, dass seine Fähigkeit, ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr sicher, umsichtig und verkehrsgerecht zu führen, sowie sein Vermögen, zwischen dem Konsum von Betäubungsmitteln und der Teilnahme am Straßenverkehr zuverlässig zu trennen, nicht erheblich herabgesetzt sind. Es obliegt aber insoweit dem Betreffenden durch schlüssigen Vortrag diese besonderen Umstände darzulegen.

VGH München v. 09.07.2019:
Bei den in Anlage 4 zur FeV aufgeführten Regelfällen handelt es sich um verbindliche Wertungen (vgl. Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 45. Aufl. 2019, § 11 FeV Rn 19), von denen nur in Ausnahmefällen abgewichen werden kann, nämlich wenn in der Person des Betäubungsmittelkonsumenten Besonderheiten bestehen, die darauf schließen lassen, dass seine Fähigkeit, ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr sicher, umsichtig und verkehrsgerecht zu führen, sowie sein Vermögen, zwischen dem Konsum von Betäubungsmitteln und der Teilnahme am Straßenverkehr zuverlässig zu trennen, nicht erheblich herabgesetzt sind. Beispielhaft sind in Satz 2 der Vorbemerkung 3 der Anlage 4 zur FeV besondere menschliche Veranlagung, Gewöhnung, besondere Einstellung oder besondere Verhaltenssteuerungen und -umstellungen genannt, durch die z.B. drogenbedingte Einschränkungen kompensiert werden können. Es obliegt insoweit dem Betroffenen, durch schlüssigen Vortrag die besonderen Umstände darzulegen und nachzuweisen, die ein Abweichen von der Regelvermutung rechtfertigen sollen.

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