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Autokauf - 6-Monatsfrist - Beweislastumkehr

Autokauf - 6-Monatsfrist - Beweislastumkehr




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Stichwörter zum Thema Autokaufrecht

Autokauf - Gewährleistung und Garantie beim Gebrauchtwagenkauf

Gewährleistung und Garantie beim Neuwagenkauf

Abstrakte bzw. sog. fiktive Schadensabrechnung - Abrechnung auf Gutachtenbasis

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Allgemeines:


BGH v. 02.06.2004:
Macht der Käufer Rechte gemäß § 437 BGB geltend, nachdem er die Kaufsache entgegengenommen hat, trifft ihn die Darlegungs- und Beweislast für die einen Sachmangel begründenden Tatsachen. § 476 BGB enthält insoweit für den Verbrauchsgüterkauf keine Beweislastumkehr. Die Bestimmung setzt einen binnen sechs Monaten seit Gefahrenübergang aufgetretenen Sachmangel voraus und begründet eine lediglich in zeitlicher Hinsicht wirkende Vermutung, dass dieser Mangel bereits im Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorlag.

OLG Stuttgart v. 18.01.2005:
Beim Kauf eines gebrauchten Pkw gilt die Beweislastumkehr gem. § 476 Abs. 1 BGB in der Fassung vom 2. Januar 2002 nicht, wenn der nach dem Gefahrübergang zu Tage getretene Mangel auf eine äußere Einwirkung (hier: Aufsitzen des Unterbodens auf der Fahrbahn mit der Folge allmählicher Zerstörung des Katalysators und dadurch schließlich bedingter Verstopfung des Auspuffs) zurückzuführen ist. Für Fälle dieser Art gilt § 476 Abs. 2 BGB in der Fassung vom 2. Januar 2002.

BGH v. 21.12.2005:
Dass der Käufer eines Gebrauchtwagens nicht weiß, ob ein binnen sechs Monaten nach der Übergabe durch den Verkäufer aufgetretener Defekt des Fahrzeugs auf einen Sachmangel im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB zurückzuführen ist, entlastet ihn nicht von der Obliegenheit, dem Verkäufer Gelegenheit zur Nacherfüllung zu geben, bevor er das Fahrzeug selbst reparieren lässt und wegen des Mangels die Minderung erklären oder einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung geltend machen kann. § 439 Abs. 3 BGB gewährt dem Verkäufer eine Einrede gegenüber der vom Käufer beanspruchten Art der Nacherfüllung, die der Verkäufer ausüben kann, aber nicht muss. Der Käufer kann deshalb nicht wegen unverhältnismäßiger Kosten der Nacherfüllung sogleich die Minderung erklären, ohne dem Verkäufer Gelegenheit zur Nacherfüllung gegeben zu haben.

OLG Düsseldorf v. 08.01.2007:
Für den normalen, gewöhnlichen Verschleiß hat der Verkäufer eines gebrauchten Fahrzeugs - sofern nicht eine gegenteilige Vereinbarung vorliegt - nicht einzustehen, gleichviel welche Auswirkungen der Defekt hat. Ausnahmsweise kann das Verschleißrisiko beim Verkäufer liegen, wenn normaler Verschleiß nach Übergabe einen Defekt verursacht, den der Verkäufer/Vorbesitzer bei eigenüblicher Sorgfalt, insbesondere durch Wartung und Inspektion, hätte verhindern können. Der Käufer trägt die Beweislast für die Mangelhaftigkeit des Fahrzeugs im Zeitpunkt der Übergabe. Die Beweislastumkehr nach § 476 BGB kommt erst in Betracht, wenn der Käufer das Vorhandensein eines Sachmangels voll bewiesen hat. Es handelt sich bei § 476 BGB um eine lediglich in zeitlicher Hinsicht wirkende Vermutung.

OLG Düsseldorf v. 17.03.2017:
Der Verkäuferin steht - bei von der Käuferin erstmals ca. 2 Wochen nach Gefahrübergang gerügten umfangreichen Kratzer an einem Neufahrzeug - die Möglichkeit offen, sich darauf zu berufen und nachzuweisen, dass das Eingreifen der Beweislastumkehr des § 476 BGB ausnahmsweise deswegen ausgeschlossen ist, weil die Vermutung, dass bereits bei Gefahrübergang im Ansatz ein Mangel vorlag, mit der Art der Sache oder eines derartigen Mangels unvereinbar (§ 476 letzter Halbsatz BGB) ist. - Die Vermutung des § 476 BGB, dass ein Mangel bereits bei Gefahrübergang vorgelegen hat, ist dann mit der Art des Mangels unvereinbar, wenn es sich um äußerliche Beschädigungen der Kaufsache handelt, die auch einer fachlich nicht versierten Käuferin auffallen müssen. Denn in einem solchen Fall ist zu erwarten, dass die Käuferin den Mangel bei Übergabe beanstandet. Hat sie die Sache ohne Beanstandung entgegengenommen, so spricht dies folglich gegen die Vermutung, der Mangel sei schon bei Gefahrübergang vorhanden gewesen.

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Europarecht:


BGH v. 12.10.2016:

   § 476 BGB ist richtlinienkonform dahin auszulegen, dass die dort vorgesehene Beweislastumkehr zugunsten des Käufers schon dann greift, wenn diesem der Nachweis gelingt, dass sich innerhalb von sechs Monaten ab Gefahrübergang ein mangelhafter Zustand (eine Mangelerscheinung) gezeigt hat, der - unterstellt, er hätte seine Ursache in einem dem Verkäufer zuzurechnenden Umstand - dessen Haftung wegen Abweichung von der geschuldeten Beschaffenheit begründen würde. Dagegen muss der Käufer weder darlegen und nachweisen, auf welche Ursache dieser Zustand zurückzuführen ist, noch dass diese in den Verantwortungsbereich des Verkäufers fällt (im Anschluss an EuGH, Urteil vom 4. Juni 2015, C-497/13, NJW 2015, 2237 Rn. 70 - Faber; Änderung der bisherigen Senatsrechtsprechung; vergleiche Senatsurteile vom 2. Juni 2004, VIII ZR 329/03, BGHZ 159, 215, 217 f. [Zahnriemen]; vom 14. September 2005, VIII ZR 363/04, NJW 2005, 3490 unter II 1 b bb (1) [Karosserieschaden]; vom 23. November 2005, VIII ZR 43/05, NJW 2006, 434 Rn. 20 f. [Turbolader]; vom 18. Juli 2007, VIII ZR 259/06, NJW 2007, 2621 Rn. 15 [defekte Zylinderkopfdichtung]).

Weiter ist § 476 BGB richtlinienkonform dahin auszulegen, dass dem Käufer die dort geregelte Vermutungswirkung auch dahin zugutekommt, dass der binnen sechs Monaten nach Gefahrübergang zu Tage getretene mangelhafte Zustand zumindest im Ansatz schon bei Gefahrübergang vorgelegen hat (im Anschluss an EuGH, Urteil vom 4. Juni 2015, C-497/13, aaO Rn. 72 - Faber; Aufgabe der bisherigen Senatsrechtsprechung; vergleiche Urteile vom 2. Juni 2004, VIII ZR 329/03, aaO; vom 22. November 2004, VIII ZR 21/04, NJW 2005, 283 unter [II] 2; vom 14. September 2005, VIII ZR 363/04, aaO; vom 23. November 2005, VIII ZR 43/05, aaO Rn. 21; vom 21. Dezember 2005, VIII ZR 49/05, NJW 2006, 1195 Rn. 13 [Katalysator]; vom 29. März 2006, VIII ZR 173/05, BGHZ 167, 40 Rn. 21, 32 [Sommerekzem I]; vergleiche Senatsurteil vom 15. Januar 2014, VIII ZR 70/13, BGHZ 200, 1 Rn. 20 [Fesselträgerschenkelschaden]).


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