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Landgericht Hanau Urteil vom 16.12.2005 - 2 S 236/05 - Zur Bremswegverkürzung für den Auffahrenden

LG Hanau v. 16.12.2005: Zur Bremswegverkürzung für den Auffahrenden




Das Landgericht Hanau (Urteil vom 16.12.2005 - 2 S 236/05) hat entschieden:

   Führt das Auffahren eines Vorausfahrenden zu einer Bremswegverkürzung für den sodann Auffahrenden, kann er vom Vorausfahrenden 25 % seines Schadens verlangen; einer höheren Quote steht insbesondere entgegen, dass ein Bremsmanöver der weiter vorn Vorausfahrenden erkennbar war.

Siehe auch
Kettenunfall - doppelter Auffahrunfall - Massenkaramboulagen
und
Unfallverursachung durch mehrere Unfallbeteiligte - Haftung mehrerer Schädiger - Kettenunfall - Massenkaramboulage

Aus den Entscheidungsgründen:


"... Dem Kl. steht gegen die Bekl. kein über den bereits regulierten Betrag hinausgehender Schadensersatzanspruch aus Anlass des Verkehrsunfalls vom 21. 10. 2002 zu. Sind an einem Verkehrsunfall mehrere Fahrzeuge beteiligt, so bestimmt sich die Ersatzpflicht im Verhältnis der beteiligten Fahrzeuge zueinander und nach den Umständen, insbesondere nach dem Ausmaß der wechselseitigen Verursachungs- und Verschuldensbeiträge, § 17 StVG.

Diese Abwägung führt hier dazu, dass der Kl. nur in Höhe von 25% des Gesamtschadens Erstattungsansprüche gegen die Bekl. hat. Gem. § 4 Abs. 1 StVO muss der Abstand von einem vorausfahrenden Fahrzeug i.d.R. so groß sein, dass auch bei plötzlichem Bremsen des vorausfahrenden Fahrzeugs hinter diesem noch angehalten werden kann. Kommt es zu einer Kollision durch Auffahren, so spricht der Anscheinsbeweis dafür, dass der Auffahrende entweder diesen Sicherheitsabstand nicht eingehalten, oder dem Straßenverkehr nicht die erforderliche Aufmerksamkeit gewidmet hat.

Diesen Anscheinsbeweis hat der Kl. hier nicht zu widerlegen vermocht. Wie sich aus seiner eigenen Einlassung im Termin ergibt, war dem Kl. durchaus erkennbar, dass die als erste Fahrzeugführerin vorausfahrende Zeugin plötzlich stark abbremste. Bereits in diesem Moment war der KI. gehalten, seinerseits ein Bremsmanöver einzuleiten. Auch wenn die ihm unmittelbar vorausfahrende Bekl. zu 1) ihrerseits keinerlei Bremsaktivitäten hat erkennen lassen, entlastet das den Kl. nicht. Mit einer Unaufmerksamkeit auch des Vorausfahrenden ist zu rechnen. Damit war der Bekl. gehalten, nachdem er das Abbremsen der Zeugin bemerkte, seinerseits ein Bremsmanöver einzuleiten.


Der Sachverhalt unterscheidet sich insoweit deutlich von anderen Konstellationen des Kettenauffahrunfalls, in denen durch eine plötzliche, weil nicht voraussehbare Bremswegverkürzung durch den Vordermann infolge Auffahrens auf das Erstfahrzeug dem Nachfolgenden ein rechtzeitiges Bremsmanöver nicht mehr möglich ist. eifeln an der Richtigkeit des entsprechenden Klägervortrags, lässt sich diese Behauptung jedoch auch nicht nachweisen. Ein Schadensgutachten betreffend das Fahrzeug der Bekl. zu 1), anhand dessen eine Plausibilitätskontrolle unter Begutachtung der beiden Schadensbilder an den beteiligten Fahrzeugen stattfinden könnte, existiert nicht.

Danach spricht der Anschein sowohl für ein Auffahren des Kl. als auch für dessen Verschulden am Zustandekommen des Unfalls entweder durch Einhaltung eines unzureichenden Sicherheitsabstandes oder eine verspätete Reaktion auf das vor ihm stattfindende Verkehrsgeschehen. Dem Umstand, dass eine Bremswegverkürzung für den Kl. durch den vorausgegangenen Aufprall des Beklagtenfahrzeugs auf das Fahrzeug der Zeugin nicht ausgeschlossen Soweit der Kl. zunächst behauptet hat, er habe sein Fahrzeug noch rechtzeitig zum Stehen bringen können, die Bekl. zu 1) sei jedoch infolge des Auffahrens auf die Zeugin von deren Fahrzeug zurückgeprallt und mit seinem Wagen kollidiert, hat er dies in zweiter Instanz nicht mehr aufrecht erhalten. Unabhängig von den nach physikalischen Gesetzmäßigkeiten begründeten Zwwerden kann, ist durch eine Mithaftungsquote der Bekl. in Höhe von 25% genüge getan. ..."

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