|
"... Auch der Rechtsfolgenausspruch hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand, da die vom Amtsgericht angestellten Erwägungen das Absehen von der Verhängung eines Fahrverbots nicht rechtfertigen. Die Erfüllung des Tatbestandes des § 4 Abs. 1 Nr. 1 BKatV indiziert grundsätzlich das Vorliegen eines groben Verstoßes im Sinne von § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG, so dass es regelmäßig der Denkzettel- und Besinnungsmaßnahme eines Fahrverbotes bedarf (vgl. BGH NJW 1992, 1397). Zwar kann auch eine im Sinne der Regelbeispiele des § 4 Abs. 1 BKatV tatbestandsmäßige Handlung nicht mit einem Fahrverbot geahndet werden, wenn als Ergebnis der gebotenen Würdigung der Umstände des Einzelfalles eine grobe Pflichtverletzung - sei es in objektiver oder in subjektiver Hinsicht - ausscheidet (zu vgl. BGHSt 43, 241 - 252), doch sind Umstände der vorbezeichneten Art den Feststellungen des angefochtenen Urteils nicht zu entnehmen.
Bei der Prüfung, ob eine grobe Pflichtverletzung vorgelegen hat, sind die Grundsätze, die der Bundesgerichtshof zum sogenannten Augenblicksversagen aufgestellt hat, anzuwenden. Eine grobe Pflichtverletzung im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG ist nicht gegeben, wenn die dem Kraftfahrzeugführer vorgeworfene Ordnungswidrigkeit auf einem "Augenblicksversagen" beruht, das auch bei einem sorgfältigen und pflichtbewussten Kraftfahrer nicht immer vermieden werden kann. Einen solchen Fall hat der Bundesgerichtshof angenommen, wenn eine Geschwindigkeitsüberschreitung auf dem Übersehen eines Verkehrsschildes beruht, hat aber klargestellt, dass dies dann nicht gilt, wenn gerade das Übersehen des Verkehrsschildes auf grober Nachlässigkeit oder Gleichgültigkeit beruht (Senatsbeschluss vom 04.11.2004 - 3 Ss OWi 518/04 -). Von einem nur kurzfristigen Versagen des Betroffenen im Sinne einer bloßen Unaufmerksamkeit kann im vorliegenden Fall jedoch nicht die Rede sein. Nach den Urteilsfeststellungen war dem Betroffenen die Fahrstrecke und Reduzierung der Geschwindigkeit im fraglichen Bereich der Autobahn durchaus bekannt. Das Übersehen des Verkehrszeichens kann daher nicht mehr nur als leichte Fahrlässigkeit angesehen werden, die auch von einem sorgfältigen und pflichtbewussten Kraftfahrer nicht immer vermieden werden kann. Sie rechtfertigt vielmehr den Vorwurf grober Nachlässigkeit oder Gleichgültigkeit.
Auch der Umstand, der Betroffene habe aufgrund des (angeblich) geringen Verkehrsaufkommens nicht mit einer Herabsetzung der Geschwindigkeit gerechnet, vermag eine andere Beurteilung nicht zu rechtfertigen. In objektiver Hinsicht beschreiben nämlich die Tatbestände, für die § 4 Abs. 1 BKatV in Verbindung mit der Anlage und der Tabelle das Fahrverbot als Regelsanktion vorsieht, ausnahmslos Verhaltensweisen, die besonders gravierend und gefahrtragend sind. Bei ihrem Vorliegen kommt es auf die weiteren Einzelheiten der Verkehrssituation nicht mehr an (OLG Hamm, Beschluss vom 29.04.1999 - 2 Ss OWi 1533/98 -).
Da somit das Absehen von der Verhängung des Fahrverbots auf einer nicht tragfähigen Begründung beruht, kann das angefochtene Urteil - angesichts der Wechselwirkung zwischen Geldbuße und Fahrverbot - auch im gesamten Rechtsfolgenausspruch keinen Bestand haben. ..."
|