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OLG Köln Urteil vom 17.12.1985 - 1 Ss 318/85 - Zur Beurteilung der Anordnung einer Blutentnahme ohne richterliche Anordnung durch einen Polizeibeamten

OLG Köln v. 17.12.1985: Zur Beurteilung der Anordnung einer Blutentnahme ohne richterliche Anordnung durch einen Polizeibeamten




Das OLG Köln (Urteil vom 17.12.1985 - 1 Ss 318/85) hat entschieden:

   Ein Polizeibeamter, der bei Verdacht auf eine Trunkenheitsfahrt eine Blutentnahme anordnet, handelt nicht allein schon deswegen rechtswidrig, weil er nicht zuvor den im „Gemeinsamen Erlaß über die Feststellung von Alkohol im Blut bei Straftaten und Ordnungswidrigkeiten” grundsätzlich vorgeschriebenen Alkoholtest durchgeführt hat.

Siehe auch
Blutentnahme / Blutprobe
und
Vertauschen von Blutproben / Identitätsgutachten

Zum Sachverhalt:


Dem Angekl. wird vorgeworfen, eine Freiheitsberaubung sowie eine Körperverletzung im Amt begangen zu haben, indem er als Polizeibeamter eine Blutentnahme anordnete, ohne vorher einen Alkoholtest durchgeführt zu haben.

Das AG hat den Angekl. wegen Körperverletzung im Amt in Tateinheit mit Freiheitsberaubung (§§340, 239, 52 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten auf Bewährung verurteilt.

Die hiergegen eingelegte Berufung des Angekl. hat das LG mit der Maßgabe verworfen, daß auf eine Geldstrafe von 75 Tagessätzen zu je 50,00 DM erkannt wurde.

Das LG hat hierzu im wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:

   Der Angekl. hatte in der Nacht vom 27. 1. 1983 auf den 28. 1.1983 zusammen mit dem Zeugen C. Streifendienst. Er war Streifenführer. Gegen 1.30 Uhr bemerkten sie das Fahrzeug des Zeugen Sch. (des späteren Verletzten). Der Pkw kam aus einer Gaststättenzufahrt und wollte dieselbe Straße wie das Polizeifahrzeug in entgegengesetzter Richtung benutzen. Nachdem er das Polizeifahrzeug hatte passieren lassen, bog der Zeuge Sch. nach links in die Straße ein. Die Polizeibeamten beobachteten den Abbiegevorgang im Rückspiegel, Sie hatten den Eindruck, der Zeuge Sch. sei mit hoher Geschwindigkeit nach links eingebogen. Da sie kurz vorher den Auftrag erhalten hatten, nach einem flüchtigen Autofahrer zu fahnden, wendeten sie ihr Fahrzeug und folgten dem Pkw des Zeugen Sch.

Der Pkw des Zeugen Sch. war mit insgesamt 4 Personen besetzt. Alle waren Mitglieder eines Handballvereins, die nach dem Training den Rest des Abends in einer Gaststätte verbracht hatten. Unter ihnen bestand die Abmachung, daß an solchen Trainingsabenden mit anschließendem Gaststättenbesuch jeweils einer die anderen mit einem Pkw nach Hause fahren und deshalb fahrtüchtig bleiben mußte. An diesem Abend hatte diese Verpflichtung den Zeugen Sch. getroffen, der deshalb außer einem Glas Bier kurz vor dem Aufbruch keinen Alkohol zu sich genommen hatte. Die später entnommene Blutprobe ergab eine BAK von 0,15%.




Nachdem der Zeuge Sch. etwa 300 - 400 m gefahren war, hielt er auf einem Parkplatz an, um einen der Mitfahrer aussteigen zu lassen. Diese Gelegenheit benutzte der Angekl. dazu, den Zeugen Sch. zu kontrollieren. Der Angekl. klopfte mit dem Anhaltestab gegen die Fensterscheibe auf der Fahrerseite, öffnete die Tür, gab sich als Polizeibeamter zu erkennen, leuchtete das Wageninnere ab und forderte den Zeugen Sch. mit dem Hinweis "Verkehrskontrolle" zum Vorzeigen des Führerscheins und der Wagenpapiere auf. Durch diese Vorgehensweise war der Zeuge Sch. verärgert und verlieh seiner Verärgerung durch unfreundliche Bemerkungen auch Ausdruck. Hierdurch entstand eine gespannte und feindselige Atmosphäre.

Nach Überprüfen der Papiere forderte der Angekl. den Zeugen Sch. zum Verlassen des Fahrzeugs auf. Dies tat er deshalb, weil er im Fahrzeug starken Alkoholgeruch festgestellt hatte und prüfen wollte, ob auch der Zeuge Sch. als Fahrer unter Alkoholeinfluß stand. Die übrigen Fahrzeuginsassen hatten in der Gaststätte dem Alkohol in einem Maße zugesprochen, daß sie nicht mehr fahrtauglich waren. Sie waren "jedoch nicht hochgradig betrunken, sondern gut angeheitert".

Nachdem der Zeuge Sch. den Wagen verlassen hatte, stellte der Angekl. fest, daß der Zeuge eine ,Alkoholfahne" hatte. Wie er beim Ableuchten des Gesichts ebenfalls bemerkte, waren die Augen gerötet. Der Zeuge Sch. verneinte die Frage, ob er Alkohol getrunken habe. Von dem kurz vor Fahrtantritt getrunkenen Glas Bier erwähnte er nichts. Daraufhin erklärte der Angekl., der Zeuge stünde ersichtlich unter Alkoholeinfluß und müsse mit zur Blutprobe kommen. Einen Atemalkoholtest bot er dem Zeugen Sch. vor Anordnung der Blutentnahme nicht an, obwohl dies gemäß einer innerdienstlichen Anweisung regelmäßig zuvor zu geschehen hat.

Der Angekl. blieb auch dann bei der getroffenen Anordnung, als die übrigen Fahrzeuginsassen erklärten, der Zeuge Sch_ habe nur ein einziges Glas Bier getrunken und den Angekl. aufforderten, den Zeugen doch ,pusten° zu lassen, wozu dieser bereit gewesen wäre. Der Angekl. äußerte sinngemäß, er sehe dem Zeugen an, daß er betrunken sei, er müsse mit zur Blutentnahme ins Krankenhaus. Das Urteil stellt hierzu weiter fest: „Einen Atemalkoholtest ließ er trotz bei Sch. vorhandener Bereitschaft hierzu auch jetzt nicht durchführen, weil er die vorhandenen Trunkenheitsanzeichen (Alkoholfahne, gerötete Augen, aggressives Verhalten) für ausreichend hielt, um sogleich die Blutentnahme anordnen zu dürfen. Hiervon war jedenfalls - mangels gegenteiliger Feststellungen - zugunsten des Angekl. auszugehen.

Auch der Hinweis des Zeugen Sch., er werde gegen den Angekl. Anzeige wegen Körperverletzung im Amt erstatten, falls ihm ohne vorherigen Test Blut entnommen werde, vermochte diesen nicht umzustimmen. Der Zeuge fügte sich schließlich der getroffenen Anordnung und stieg in den Streifenwagen ein. Auf der Fahrt ins Krankenhaus wandte sich auch der Zeuge C., der im Streifenwagen geblieben war und von den Auseinandersetzungen nichts mitbekommen hatte, an den Angekl. und äußerte sinngemäß, der Angekl. solle den Zeugen Sch. doch „pusten” lassen. Dies lehnte der Angekl. erneut mit der Bemerkung ab, der Zeuge Sch. sei betrunken.

Aufgrund dieser Feststellungen hat das LG die Straftatbestände der §§ 340, 239 StGB bejaht. Eine Rechtfertigung gem. § 81a StPO hat es verneint, weil es unverhältnismäßig gewesen sei, allein aufgrund der vorhandenen Anzeichen für eine Alkoholisierung ohne vorangegangenen Alkoholtest eine Blutprobe anzuordnen.

Gegen diese Entscheidung richtete sich die Revision des Angekl., mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt.

Das Rechtsmittel hatte (vorläufigen) Erfolg.





Aus den Entscheidungsgründen:


"... I. Ohne Rechtsfehler hat das LG die Tatbestände der §§ 239 und 340 StGB festgestellt.

Eine Freiheitsberaubung gem. § 239 StGB kann nicht nur durch „Einsperren” sondern auch „auf andere Weise”, insbesondere durch Drohung begangen werden (Dreher-Tröndle, StGB, 42. Aufl., §239 Rdnr. 4; Schönke-Schröder-Eser, StGB, 21. Aufl. § 239, Rdnr. 6). Anordnungen nach § 81a StPO sind zwangsweise durchsetzbar (vgl. Kleinknecht-Meyer, StPO, 37. Aufl., § 81 a Rdnr. 29) und werden regelmäßig auch zwangsweise durchgesetzt. Jede Anordnung beinhaltet für den Betroffenen daher in der Regel die - wenn auch nicht förmliche - Androhung von Zwang für den Fall der Weigerung.

Entgegen der Auffassung der Revision kann daher aus dem Fehlen einer förmlichen Androhung sowie dem Umstand, daß der Zeuge Sch. schließlich „alle weiteren Proteste aufgab”, nicht geschlossen werden, er sei „freiwillig” zur Blutentnahme gefahren. Eine solche Würdigung wäre in der konkreten Situation lebensfremd, zumal der Zeuge mit einer Anzeige für den Fall drohte, daß der Angekl. bei seiner Androhung blieb. Hieraus ergibt sich eindeutig, daß er das Verhalten des Angekl. keinesfalls billigte, sondern für rechtswidrig hielt und sich nur beugte, weil er offenbar Widerstand für zwecklos hielt.

Die Anordnung der Blutentnahme erfüllte auch den Tatbestand der Körperverletzung im Amt (§340 StGB).

Die Anordnung, die zur Blutentnahme führte, erging „während der Ausübung des Dienstes” (vgl. Dreher-Tröndle, §340 Rdnr. 2; Schönke-Schröder-Cramer §340 Rdnr. 3).




Im Ergebnis zu Recht hat das LG auch insoweit eine Täterschaft des Angekl. bejaht.

§340 StGB bedroht nicht nur das „Begehen”, sondern auch das „Begehenlassen” einer Körperverletzung mit Strafe. Daher ist bereits die Anordnung eines Eingriffs durch den Angekl. tatbestandsmäßig (Schönke-Schröder-Cramer, §340 Rdnr. 4; Dreher-Tröndle, §340 Rdnr. 2 jeweils m.w.Nachw.).

Es bedarf somit auch keiner weiteren Ausführungen zur Stellung des Arztes, der im Rahmen des § 81a StPO um die Durchführung einer Blutentnahme ersucht wird und zur Frage, ob insoweit die vom LG bejahten Voraussetzungen einer mittelbaren Täterschaft vorgelegen hätten (Zur Stellung des Arztes nach einem Ersuchen gem. § 81a StPO vgl. Löwe-Rosenberg-Meyer, StPO, 23. Aufl. § 81 a Rdnr. 32; Messner DAR 66, 153; Jessnitzer BA 68, 186; 70, 438; Hentschel-Born, Trunkenheit im Straßenverkehr, 5. Aufl., Rdnr. 9; Kohlhaas, DAR 56, 201; DAR 73, 10; NJW 68, 2277; Hiendl NJW 58,2100; Heppert DAR 80,315,318; BayObLGSt 63, 214 = NJW 64, 460).

II.

Die Feststellungen des LG zur Rechtswidrigkeit halten dagegen einer rechtlichen Prüfung nicht stand.

Das LG hält dem Angekl. zugute, daß er die vorhandenen Trunkenheitsanzeichen „für ausreichend hielt, um sogleich eine Blutentnahme anordnen zu dürfen”. Die Einlassung des Angekl., er habe mehrmals einen Atemalkoholtest angeboten, hat die Kammer als widerlegt angesehen. Sie ist der Einlassung also auch nicht insofern gefolgt, als sich hieraus ergeben könnte, der Angekl. habe selbst einen vorherigen Alkoholtest für erforderlich gehalten.

Diese Feststellungen reichen nicht aus, um eine Pflichtwidrigkeit des Angekl. und damit die Rechtswidrigkeit der angeordneten Blutentnahme nach dem hier maßgebenden strafrechtlichen Rechtswidrigkeitsbegriff zu bejahen.




Der strafrechtliche Rechtswidrigkeitsbegriff „trägt dem Gesichtspunkt Rechnung, daß sich ein Vollstreckungsbeamter häufig in der Lage sieht, in einem schwierig gelagerten Fall Entscheidungen zu treffen und es ihm oft nicht möglich ist, die gesamten Umstände zu sehen und richtig zu würdigen. Würde hier der strenge verwaltungsrechtliche Rechtmäßigkeitsbegriff zugrunde gelegt, so wäre das Risiko des Beamten zu groß und dadurch die Gefahr gegeben, daß seine Initiative gelähmt würde” (vgl. KG NJW 72,781, 782 unter Berufung auf den Bericht des Sonderausschusses zur BT-Drucksache Vl/502, S. 5 sowie BGHSt 4, 164; 21, 363; OLG Karlsruhe NJW 74, 2142; OLG Köln NJW 75, 889; MDR 76, 67; 75, 887; OLG Hamm GA 73, 244; v. Bubnoff LK, § 113 Rdnr. 25; Schönke-Schröder-Eser, StGB, 22. Aufl., § 113 Rdnr. 21 m. w. Nachw.). Hiernach ist eine Ermessensentscheidung jedenfalls dann nicht rechtswidrig, wenn der Beamte sich auf Grund pflichtgemäßer Überlegung in verantwortungsbewußter Weise um die Wahrung des Beurteilungs- oder Ermessensspielraums bemüht hat und sich die Amtshandlung objektiv im Rahmen des Vertretbaren gehalten hat (BGHSt 4, 161, 164; 21, 334 = NJW 68, 710; KG NJW 72, 782; 75, 888; BayObLGSt 54, 59; BayObLG NJW 55, 1988, JZ 80, 109 mit zust. Anm. Küper a.a.O. S. 636; OLG Stuttgart NJW 71, 629; Küper NJW 71, 1684; Thiele JR 81, 30; v. Bubnoff, LK, § 113 Rdnr. 32; Schönke-Schröder-Eser a.a.O. Rdnr. 27).

Daß der Angekl. in diesem Sinne pflichtwidrig handelte, kann den Urteilsfeststellungen nicht entnommen werden.

Die Blutentnahme nach § 81 a StPO stellt einen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit dar. Ein solcher Eingriff darf nur unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit angeordnet werden, d.h. die Maßnahme darf nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und zur Stärke des bestehenden Tatverdachts stehen (BVerfGE 16, 194, 202; 17, 108, 117; 27, 211, 219), wobei allerdings bei einer Blutentnahme ins Gewicht fällt, daß es sich uni einen ungefährlichen, vergleichsweise unbedeutenden Eingriff handelt (vgl. OLG Hamm MDR 75, 1041; Kleinknecht-Meyer, StPO, 37. Aufl., § 81a Rdnr. 13).

Vorliegend bestand ein Tatverdacht gegenüber dem Zeugen Sch. Der Zeuge roch nach Alkohol, hatte gerötete Augen und machte unrichtige Angaben zum vorangegangenen Alkoholgenuß. Auch die übrigen Umstände („angeheiterte" Wageninsassen, vorheriger Besuch einer Gastwirtschaft) deuteten auf eine mögliche Fahrt unter Alkoholeinfluß (§316 StGB oder §24a StVG) hin.

Unter diesen Voraussetzungen kann es im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nur darauf ankommen, ob sofort eine Blutprobe angeordnet werden durfte, oder ob der Angekl. nicht noch vorher den Versuch hätte unternehmen müssen, den bestehenden Verdacht durch die zusätzliche Durchführung eines Alkoholtests zu erhärten oder zu entkräften.

Den Urteilsfeststellungen läßt sich nicht mit der erforderlichen Sicherheit entnehmen, daß der Verzicht auf einen vorherigen Alkoholtest zwingend zur Rechtswidrigkeit der Anordnung des Angekl. führte.

Hierzu besagt der von den Bundesländern vereinbarte „Gemeinsame Erlaß über die Feststellung von Alkohol im Blut bei Straftaten und Ordnungswidrigkeiten” (abgedruckt bei Mühlhaus-Janiszewski, StVO, 10. Aufl., Anhang D zu § 316 StGB), daß zwar bei Verdacht auf eine Tat nach § 316 StGB oder § 24a StVG eine Blutentnahme grundsätzlich anzuordnen ist (vgl. Erlaß Nr. 3a), daß sie aber unterbleiben soll, wenn „bei vorschriftsmäßiger Beatmung des ... (Prüfgerätes) ... die Verfärbung der Reaktionsschicht den auf 0,7 Promille eingestellten gelben Markierungsstrich nicht erreicht”, falls sie nicht nach pflichtgemäßer Überprüfung wegen der Besonderheiten des Einzelfalles (Verdacht auf Drogen; relative Fahruntüchtigkeit) ausnahmsweise geboten" ist (vgl. Erlaß Nr. 4).

Die Anweisung ist so zu verstehen, daß ein auf Grund sonstiger Umstände bestehender Tatverdacht regelmäßig durch einen Alkoholtest zu überprüfen ist. Offen bleibt allerdings, welche „Besonderheiten des Einzelfalles” bei negativem Ergebnis gleichwohl zu einer Blutentnahme berechtigen sollen.



Die im Klammerzusatz aufgeführten Fallkonstellationen (Verdacht auf Drogen, relative Fahruntüchtigkeit) sind nicht als abschließende Regelung zu verstehen, sondern haben nur Beispielcharakter. Bei einer anderen Auslegung wäre die Anweisung nicht sachgerecht und auch kaum mit dem Legalitätsgrundsatz (§§ 152 Abs. 2, 160 Abs. 1, 163 Abs. 1 StPO) zu vereinbaren. Es ist anerkannt, daß der Alkoholtest nur ungenaue Werte ergibt (vgl. Mühlhaus-Janiszewski, § 316 StGB Anm. 4c; Hentschel-Born, Rdnr. 32 m.w.Nachw.). Es ist daher denkbar, daß der Tatverdacht auf Grund anderer Anzeichen so stark ist, daß er auch durch einen negativen Alkoholtest nicht entkräftet wird. Daher hält die Literatur den Erlaß schon insoweit für unzweckmäßig, als er überhaupt einen vorherigen Alkoholtest vorschreibt (vgl. Hentschel-Born a.a.O.). Bei einem entsprechend starken Tatverdacht kann es daher dem Beamten nicht verwehrt sein, nach pflichtgemäßem Ermessen auch bei negativem Ausgang des Alkoholtests eine Blutprobe anzuordnen oder eben auf den Alkoholtest ganz zu verzichten, weil er zur Entkräftung des Tatverdachts ungeeignet erscheint. Dann aber folgt - entgegen der Auffassung des LG - die Rechtswidrigkeit der getroffenen Anordnung nicht allein schon daraus, daß vorher kein Alkoholtest durchgeführt worden ist. Hierzu hätte es näherer Feststellungen zu den vorliegenden Verdachtsmomenten im einzelnen sowie dazu bedurft, ob sie schon nach (strengeren) strafprozessualen Erwägungen den Verzicht auf eine vorherige Blutprobe gerechtfertigt hätten oder falls nicht - der Angekl. in der konkreten Situation jedenfalls in verantwortungsbewußter Weise um eine Wahrung des Beurteilungs oder Ermessensspielraums im Sinne des strafrechtlichen Rechtswidrigkeitsbegriffs bemüht war.

Eine nach § 81 a StPO rechtmäßige Anordnung würde nicht nur den Eingriff in die körperliche Integrität, sondern auch die hierzu erforderlichen Freiheitsbeschränkungen rechtfertigen (BayObLG NJW 57, 272; OLG Schleswig NJW 64, 2215; OLG Gelle MDR 71, 506; OLG Koblenz VRS 54, 357; Kleinknecht NJW 64, 2181 ff.; Kleinknecht-Meyer, § 81a Rdnr. 29 m.w.Nachw.).

III.

Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben. ..."

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