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OLG Köln Urteil vom 31.03.1987 - Ss 761/86 - 51/87 - Wird mit einem Beweisantrag die Verwechslung einer Blutprobe behauptet, muss dem Antrag entnommen werden können, wie sich die Verwechslung ereignet haben soll

OLG Köln v. 31.03.1987: Wird mit einem Beweisantrag die Verwechslung einer Blutprobe behauptet, muss dem Antrag entnommen werden können, wie sich die Verwechslung ereignet haben soll




Das OLG Köln (Urteil vom 31.03.1987 - Ss 761/86 - 51/87) hat entschieden:

  1.  Wird mit einem Beweisantrag die Verwechslung einer Blutprobe behauptet, muss dem Antrag - zumindest bei Würdigung aller Begleitumstände - entnommen werden können, bei welcher Gelegenheit sich die Verwechslung ereignet haben soll, da andernfalls nicht beurteilt werden kann, ob ein benannter Zeuge ein geeignetes Beweismittel ist.

  2.  Die rechtsfehlerhafte Bescheidung eines Beweisantrages auf Vernehmung des Blutentnahmearztes zu der Behauptung einer Verwechslung der Blutprobe kann ausnahmsweise unschädlich sein, wenn dem Beweisbegehren bereits durch Einholung eines Identitätsgutachtens Rechnung getragen worden ist.

  3.  Wenn schon eine Nachkontrolle der Blutproben stattgefunden und diese die Richtigkeit der ersten Blutalkoholbestimmung ergeben hat, kann unter besonderen Umständen ein Beweisantrag auf Vernehmung der zuständigen Mitarbeiter des Instituts zur Behauptung, die Richtlinien des Bundesgesundheitsamtes seien bei der ersten Blutalkoholkonzentrationsbestimmung nicht beachtet worden, als Beweisermittlungsantrag behandelt werden.


Siehe auch
Vertauschen von Blutproben / Identitätsgutachten
und
Blutentnahme / Blutprobe

Zum Sachverhalt:


Der Angeklagte wurde am 12. März 1983 nachts um 3.00 Uhr von zwei Polizeibeamten in seinem Pkw auf öffentlicher Straße angetroffen.

Wegen des Verdachts einer Trunkenheitsfahrt wurde sein Führerschein sichergestellt. Eine um 3.59 Uhr entnommene Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 1,85 Promille. Um 5.40 Uhr desselben Tages wurde der Angeklagte von denselben Polizeibeamten wiederum als Fahrer seines Pkw's auf öffentlicher Straße angehalten. Eine um 6.12 Uhr entnommene Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 1,52 Promille. Das Verfahren ist bezüglich der ersten Trunkenheitsfahrt nach § 154 StPO vorläufig eingestellt worden. Am 24. Mai 1985 sind beide Blutproben einer Nachkontrolle unterzogen worden; die neuen Untersuchungen ergaben für die erste Blutprobe 1,81 Promille und für die zweite Blutprobe 1,50 Promille. Am 24. Mai 1985 ist dem Angeklagten im Institut für Rechtsmedizin der Universität zu ... zur Durchführung eines Identitätsgutachtens eine weitere Blutprobe entnommen worden. Das Identitätsgutachten ergab keine Anhaltspunkte für eine Verwechslung der am 12. März 1983 entnommenen Blutproben.

Das Amtsgericht hat den Angeklagten wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 20,00 DM verurteilt; es hat gegen den Angeklagten ferner ein Fahrverbot von drei Monaten verhängt.

Die Revision des Angeklagten blieb erfolglos.





Aus den Entscheidungsgründen:


"I.

Die Verfahrensrügen greifen nicht durch.

1. Mit der Revision wird zunächst die Ablehnung eines Beweisantrags gerügt. Die Rüge ist ordnungsgemäß erhoben, aber nicht begründet.

In der Hauptverhandlung hat der Verteidiger folgenden Beweisantrag gestellt:

   Es wird beantragt, den sachverständigen Zeugen Prof. ... dazu zu vernehmen, dass die untersuchte Blutprobe nicht von dem Angeklagten stammt. Es liegt eine Verwechslung vor, was sich bei der Vernehmung des o.g. sachverständigen Zeugen ergeben wird. Der anwesende Sachverständige Dr. ... hat an dem Gutachten nicht mitgewirkt und kann daher zu dem o.g. Beweisthema nichts bekunden.

Der Antrag ist vom Amtsgericht mit folgender Begründung abgelehnt worden:

   "Der Beweisantrag wird abgelehnt.

  1.  Der Beweisantrag ist unzulässig. Das Beweisthema ist nicht ausreichend deutlich dargetan.

  2.  Der Beweisantrag wird aus einem weiteren Grund abgelehnt:

Der gestellte Beweisantrag dient ausschließlich der Prozessverschleppung und verfolgt keinen der Sachaufklärung dienenden Zweck".



Die Ablehnung des Antrags ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Das Amtsgericht hat den Antrag nur scheinbar als Beweisantrag, in der Sache jedoch erkennbar als Beweisermittlungsantrag behandelt, da es den "Beweisantrag als unzulässig" abgelehnt hat, weil das Beweisthema nicht ausreichend deutlich dargetan sei. Dass das Amtsgericht unter Ziffer 2. des Beschlusses einen Ablehnungsgrund des § 244 Abs. 3 StPO herangezogen hat, ist unerheblich, da es sich insoweit ersichtlich nur um eine Hilfsbegründung handelt. Das Amtsgericht hat allerdings verkannt, dass ein Antrag, der keine hinreichend bestimmte Beweisbehauptung enthält, nicht unzulässig, sondern als Beweisermittlungsantrag anzusehen ist (Alsberg/Nüse/Meyer, Der Beweisantrag im Strafprozess, 5. Aufl., Seite 425; Kleinknecht/Meyer, StPO, 37. Aufl., § 244 Rdnr. 48 m.w.N.). In § 244 StPO ist die Ablehnung eines Beweisantrags als unzulässig nicht vorgesehen; § 244 Abs. 3 Satz 1 StPO betrifft nur Fälle, in denen die Erhebung des Beweises unzulässig ist (zum Unterschied vgl. Gollwitzer in Löwe/Rosenberg, StPO, 24. Aufl., § 244 Rdnr. 186). Es ist allerdings anerkannt, dass unter besonderen Umständen ein Beweisantrag auch unzulässig sein kann, z.B. weil sein Inhalt völlig unverständlich ist (Alsberg/Nüse/Meyer, a.a.O., Seite 425), weil ausschließlich prozessfremde Zwecke verfolgt werden (vgl. Gollwitzer, a.a.O., § 244 Rdnr. 186 und 206 und KK-Herdegen, StPO, § 244 Rdnr. 72 - jeweils m.w.N.), oder weil die Stellung des Beweisantrags sich als grober Missbrauch einer verfahrensrechtlichen Befugnis darstellt (BGH NStZ 1986, 371 - Strafverteidiger 1986, 374). Von einem solchen Ausnahmefall der Unzulässigkeit eines Beweisantrags ist das Amtsgericht ersichtlich nicht ausgegangen, da es den Grund der vermeintlichen Unzulässigkeit allein in dem Fehlen einer bestimmten Beweisbehauptung gesehen hat. Die fehlerhafte Wertung des Beweisantrags als unzulässig ist ohne rechtliche Bedeutung, da aus der Begründung der eigentliche Ablehnungsgrund, nämlich das Fehlen eines ausreichend deutlichen Beweisthemas, erkennbar wird.

Zutreffend hat das Amtsgericht die Ansicht vertreten, dass der abgelehnte Beweisantrag keine ausreichend bestimmte Tatsachenbehauptung enthält. Der Antragsteller muss in dem Beweisantrag die Beweistatsache so genau bezeichnen, dass das Gericht beurteilen kann, ob einer der Ablehnungsgründe des § 244 Abs. 3 oder 4 StPO vorliegt (Alsberg/Nüse/Meyer, a.a.O., Seite 40). Ob dem Antrag eine solche bestimmte Beweisbehauptung entnommen werden kann, ist durch Auslegung zu ermitteln, wobei alle übrigen Umstände, die näheren Aufschluss über den Willen des Antragstellers geben können, insbesondere auch der sich aus dem Verteidigungsinteresse ergebende Sinn und Zweck des Beweisantrags zu berücksichtigen ist (vgl. BGH Strafverteidiger 1981, 603 und bei Schwenn Strafverteidiger 1981, 633, BGH Strafverteidiger 1982, 55; BayObLG VRS 62, 450; KG Strafverteidiger 1983, 95; OLG Hamm VRS 40, 205; SenE vom 30. Juli 1985 - Ss 333/85).

Im vorliegenden Fall kann dem Beweisantrag auch bei Berücksichtigung der Umstände und des Verteidigungsinteresses des Angeklagten eine hinreichend bestimmte Behauptung nicht entnommen werden. Durch den Beweisantrag ist unter Beweis gestellt, dass die untersuchte Blutprobe nicht vom Angeklagten stamme, weil eine Verwechslung vorliege. Um beurteilen zu können, ob der benannte sachverständige Zeuge ein geeignetes Beweismittel ist, d.h. ob er die Beweistatsache hat wahrnehmen können (vgl. Alsberg/Nüse/Meyer, a.a.O., Seite 604), hätte im Beweisantrag behauptet werden müssen, bei welcher Gelegenheit sich die Verwechslung ereignet haben soll. Wenn schon bei der Entnahme der Blutprobe eine Verwechslung stattgefunden haben soll, wäre der benannte Zeuge, bei dem es sich um den Direktor des Instituts für Rechtsmedizin der Universität zu ... handelt und der bei der Blutprobenentnahme ersichtlich nicht zugegen war, nicht geeignet, über Wahrnehmungen aus Anlass der Blutprobenentnahme, sei es als sachverständiger Zeuge, sei es als Sachverständiger (vgl. zum Meinungsstreit: Alsberg/Nüse/Meyer, a.a.O., Seite 219 und Kleinknecht/Meyer, a.a.O., § 85 Rdnr. 3), auszusagen. Prof. Dr. ... hätte allenfalls als Sachverständiger aufgrund seiner bei der Erstellung des Identitätsgutachtens angestellten Untersuchungen Bekundungen zu der Frage machen können, ob es zu einer Verwechslung bei der Blutprobenentnahme gekommen sein kann. Zu dieser Frage hat er aber schon das Identitätsgutachten vom 31. Mai 1985 erstattet. Die von ihm insoweit bezüglich einer Verwechslungsmöglichkeit getroffenen Feststellungen betreffen Befundtatsachen, die durch sein Gutachten in die Hauptverhandlung eingeführt werden konnten, ohne dass der Sachverständige zusätzlich als Zeuge vernommen werden musste (BGH VRS 65, 140).

Es kann daher nicht angenommen werden, dass mit dem Antrag auf Vernehmung des sachverständigen Zeugen Prof. Dr. ... lediglich beabsichtigt war, durch ihn den Inhalt seines Gutachtens wiederholen zu lassen. Eigene Wahrnehmungen - unabhängig von den im Rahmen des Gutachterauftrags festzustellenden Befundtatsachen - hätte Prof. Dr. ... allenfalls bezüglich einer Verwechslung der Blutprobe in seinem Institut machen können. Dem Beweisantrag kann aber nicht die Behauptung entnommen werden, dass es im Institut für Rechtsmedizin zu einer Verwechslung gekommen ist. Gegen die Annahme, dass der Verteidiger eine solche Behauptung aufstellen wollte, spricht insbesondere der Umstand, dass er in einem weiteren Beweisantrag den Blutentnahmearzt als Zeugen für eine Verwechslung der Blutprobe genannt hat. Dieser Zeuge wäre nur ein geeignetes Beweismittel für die Behauptung, dass bei der Blutentnahme und nicht im Institut für Rechtsmedizin eine Verwechslung stattgefunden hat. Es ist nicht anzunehmen, dass der Verteidiger behaupten wollte, es sei sowohl bei der Blutentnahme als auch im Institut zu einer Verwechslung gekommen. Wann und wo es nach der Behauptung des Verteidigers zu einer Verwechslung gekommen sein soll, kann folglich seinen Anträgen nicht entnommen werden.

Mangels einer bestimmten Beweisbehauptung handelt es sich bei dem Antrag somit um einen Beweisermittlungsantrag (vgl. SenE vom 30. Juli 1985 - Ss 333/85).

Die Ablehnung des Beweisermittlungsantrags ist nicht zu beanstanden. Auch bei Ablehnung eines Beweisermittlungsantrags sind allerdings die Gründe, die zur Ablehnung führen, dem Antragsteller mitzuteilen (vgl. Gollwitzer, a.a.O., § 244 Rdnr. 121; KK-Herdegen, StPO, § 244 Rdnr. 61). Dies ist im vorliegenden Fall in noch hinreichender Form geschehen. Wenn das Amtsgericht das Beweisthema als nicht ausreichend deutlich dargetan bezeichnete, gab es zu erkennen, dass es nähere Darlegungen zu der Frage verlangte, bei welcher Gelegenheit es zu der Verwechslung gekommen sein soll. Derartige nähere Ausführungen zu dieser Frage hätten sich im vorliegenden Fall auch schon deswegen aufgedrängt, weil bereits ein Identitätsgutachten eingeholt worden war. Die Ablehnung des Beweisermittlungsantrags könnte daher im vorliegenden Fall mit der Revision nur erfolgreich gerügt werden, wenn eine Verletzung der Aufklärungspflicht vorliegen, also die Aufklärungsrüge durchgreifen würde, oder wenn das Gericht sich im Urteil in Widerspruch zur Ablehnungsbegründung gesetzt hätte (KG JR 1978, 473; Alsberg/Nüse/Meyer, a.a.O., Seite 90).

Das Amtsgericht hat sich weder im Urteil in Widerspruch zu den Ablehnungsgründen gesetzt, noch hat es seine Aufklärungspflicht verletzt. Eine Vernehmung von Prof. Dr. ... drängte sich nicht auf, nachdem er im Identitätsgutachten vom 31. Mai 1985 zum Ergebnis gekommen war, dass nach einem Vergleich der beiden in der Tatnacht gekommenen Blutproben und einer dem Angeklagten am 24. Mai 1985 entnommenen Blutprobe keine Anhaltspunkte für eine Verwechslung von Blutproben vorlagen.


2. Mit der Revision wird ferner die Ablehnung des Antrags auf Vernehmung der sachverständigen Zeugen Dr. ... gerügt. Auch diese Rüge ist ordnungsgemäss erhoben, jedoch nicht begründet. Dieser Beweisantrag hatte folgenden Wortlaut:

   "Es wird beantragt, den sachverständigen Zeugen Dr. ... dazu zu vernehmen, dass die untersuchte Blutprobe nicht vom Angeklagten stammt. Es liegt eine Verwechslung vor, was sich bei der Vernehmung des o.g. sachverständigen Zeugen ergeben wird. Der anwesende Sachverständige Dr. ... hat an dem Gutachten nicht mitgewirkt und kann daher zu dem o.g. Beweisthema nichts bekunden. Der Zeuge nahm an der Erstellung des Identitätsgutachtens teil und ist somit geeignetes Beweismittel zu dem genannten Beweisthema. Der Zeuge ist innerhalb der Zehn-Tagesfrist vernehmbar, so dass es bei dem Ablehnungsgrund der Verschleppungsabsicht bereits an einer objektiven Verzögerung fehlt, also auch subjektiv keine Verschleppungsabsicht vorliegen kann."

Das Amtsgericht hat den Antrag mit folgender Begründung abgelehnt:

  1.  Das genannte Beweismittel ist zum gegebenen Beweisthema nicht geeignet. Das Beweisthema ist nicht ausreichend dargetan.

  2.  Der Beweisantrag wird aus einem weiteren Grund abgelehnt:

Der gestellte Beweisantrag dient ausschliesslich der Prozessverschleppung und verfolgt kein der Sachaufklärung dienenden Zweck.

Aus den untere 1. dargelegten Gründen ist der Ablehnungsbeschluss des Amtsgerichts im Ergebnis nicht zu beanstanden. Auch insoweit handelte es sich um einen Beweisermittlungsantrag, der ohne Verletzung der Aufklärungspflicht abgelehnt worden ist, zumal Dr. ... ausweislich der Akten an dem Identitätsgutachten nicht mitgewirkt hat.




3. Die Revision hat auch keinen Erfolg mit der zulässig erhobenen Rüge, die Ablehnung des Antrags auf Einholung des Gutachtens eines medizinischen Sachverständigen zur Frage der alkoholbedingten Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit sei zu Unrecht erfolgt. Einer näheren Darlegung der eigenen Sachkunde, mit der das Amtsgericht den Beweisantrag abgelehnt hat, bedurfte es nicht. Die Zuziehung des Sachverständigen Dr. ... erfolgte in erster Linie zur Frage der Höhe der maximalen Blutalkoholkonzentration. Die maximale Tatzeitblutalkoholkonzentration lag im vorliegenden Fall bei ca. 1,8 Promille. Die 32 Minuten nach Tatzeit entnommene Blutprobe ergab 1,52 Promille. Daraus errechnet sich bei Zugrundelegung eines stündlichen Abbauwerts von 0,2 Promille pro Stunde und eines Zuschlags von 0,2 Promille (BGH NStZ 1986, 114 = VRS 70, 207; SenE ZfS 1986, 190) ein Wert von 1,8 Promille. Dieser Wert gab ebensowenig wie der im Ablehnungsbeschluss des Amtsgerichts angenommene Maximalwert von 1,67 Promille Anlass zur näheren Prüfung der Frage, ob alkoholbedingt die Schuldfähigkeit des Angeklagten erheblich beeinträchtigt oder gar ausgeschlossen gewesen sein könnte. Eine Verminderung der Schuldfähigkeit kommt - abgesehen von besonderen Ausnahmefällen - erst bei einer Blutalkoholkonzentration ab 2 Promille in Betracht (Lenckner in Schönke/Schröder, StGB, 22. Aufl., § 20 Rdnr. 17 m.w.N.). Irgendwelche Anhaltspunkte für einen Ausnahmefall waren nicht ersichtlich, so dass kein Anlass bestand, einen medizinischen Sachverständigen zur Frage der Schuldfähigkeit hinzuzuziehen.

4. Auch die ordnungsgemäß erhobene Rüge, ein weiterer Beweisantrag sei zu Unrecht abgelehnt worden, greift nicht durch.

Der Verteidiger hat in der Hauptverhandlung folgenden Beweisantrag gestellt:

   "Es wird beantragt, den Blutentnahmearzt (Herrn Dr. ... dazu zu vernehmen, dass die dem Angeklagten am 12. März 1983 entnommene Blutprobe verwechselt worden ist. Das Gutachten des gerichtsmedizinischen Instituts gibt daher die bei dem Angeklagten vorliegende Blutalkoholkonzentration nicht zutreffend wieder."

Das Amtsgericht hat diesen Antrag mit folgendem Beschluss abgelehnt:

   "Der Beweisantrag wird abgelehnt. Der gestellte Beweisantrag dient ausschließlich der Prozessverschleppung und verfolgt keinen der Sachaufklärung dienenden Zweck."

Der Revision ist zuzugeben, dass diese Begründung die Ablehnung des Antrags nicht trägt.

Da das Amtsgericht den Antrag als Beweisantrag behandelt und nicht seine Form beanstandet hat, muss im Revisionsverfahren unberücksichtigt bleiben, dass es sich bei diesem Antrag ebenso wie bei den Anträgen, die den unter 1. und 2. behandelten Verfahrensrügen zugrunde lagen, um einen Beweisermittlungsantrag gehandelt hat. Die Unvollständigkeit eines Beweisantrags kann sich nicht gegen den Revisionsführer auswirken, wenn das Tatgericht den Antrag nicht dieses Mangels wegen, sondern aus anderen Gründen abgelehnt hat (SenE NJW 1967, 2416; SenE vom 8. Juni 1982 - 1 Ss 172/82 - und vom 26. September 1986 - Ss 511/86; OLG Saarbrücken VRS 38, 59; Alsberg/Nüse/Meyer, a.a.O., Seite 910; Schwenn, Strafverteidiger 1981, 635). Wenn es sich aber bei dem Antrag - wie das Amtsgericht gemeint hat - um einen Beweisantrag gehandelt hat, durfte es ihn nur aus den Gründen des § 244 Abs. 3 StPO ablehnen (vgl. BGHSt 19, 24; BGHSt 29, 149 = NJW 1980, 1533; BGH Strafverteidiger 1982, 155; BGH NStZ 1986, 371 = Strafverteidiger 1986, 374; OLG Bremen Strafverteidiger 1985, 8). Der vom Amtsgericht allein angeführte Grund der Prozessverschleppung trägt die Ablehnung nicht.

Wegen Prozessverschleppung (§ 244 Abs. 3 Satz 2 StPO) darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn die verlangte Beweiserhebung objektiv geeignet ist, den Abschluss des Verfahrens erheblich hinauszuzögern, sie außerdem nach Überzeugung des Gerichts nichts Sachdienliches erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und mit seinem Antrag ausschließlich eine Verzögerung des Verfahrens bezweckt (BGH NJW 1982, 2201 = NStZ 1982, 391; NStZ 1982, 291; NStZ 1984, 230 = Strafverteidiger 1984, 144; NStZ 1984, 466 = Strafverteidiger 1984, 494; SenE NStZ 1983, 90, SenE vom 30. August 1985 - Ss 490/85, vom 16. Juli 1985 - Ss 363/85 - und vom 15. März 1985 - Ss 66/85 -). Grundsätzlich sind diese Voraussetzungen im Ablehnungsbeschluss darzutun (Gollwitzer, a.a.O., § 244 Rdnr. 216). Daran fehlt es in dem gerügten Beschluss. Das Fehlen näherer Begründung ist nur dann unschädlich, wenn dem Zusammenhang eindeutig entnommen werden kann, was das Gericht mit dem Beschluss ausdrücken wollte (BGHSt 1, 29; OLG Hamburg JR 1980, 32 - VRS 56, 457). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Wie vom Revisionsführer zwar selbst vorgetragen wird, hielt sich der genannte Zeuge Dr. ... im Zeitpunkt der Hauptverhandlung in Schweden auf; es ist aber den Akten nicht zu entnehmen, wann er aus Schweden zurückgekehrt ist und ob nicht doch noch seine Vernehmung innerhalb der Frist des § 229 Abs. 1 StPO möglich gewesen wäre (vgl. hierzu Alsberg/Nüse/Meyer, a.a.O., Seite 640).

Die verfahrensfehlerhafte Bescheidung des Beweisantrags ist jedoch im vorliegenden Fall ausnahmsweise unschädlich, da der Ablehnungsbeschluss den mit dem Antrag verfolgten Beweiserhebungsanspruch des Revisionsführers nicht mehr beeinträchtigen konnte. Dem Beweisbegehren ist nämlich bereits durch Einholung des Identitätsgutachtens Rechnung getragen worden (vgl. BGH NJW 1983, 126 = NStZ 1983, 86 = Strafverteidiger 1983, 4). In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass es dem Tatrichter in engen Grenzen nicht verwehrt ist, statt des benannten Beweismittels sich eines anderen, zweifelsfrei gleichwertigen Beweismittels zu bedienen (BGHSt 22, 347 = NJW 1969, 1219; BGH NStZ 1982, 432 = Strafverteidiger 1983, 6; BGH NJW 1983, 126 = NStZ 1983, 86 = Strafverteidiger 1983, 4; Alsberg/Nüse/ Meyer, a.a.O., Seite 420, 421). Grundsätzlich darf zwar ein erreichbarer Zeuge nicht durch ein anderes Beweismittel ersetzt werden, wenn es darum geht, dass der Zeuge über ein eigenes, von subjektiven Vorstellungen geprägtes Erlebnis berichten soll; ein Austausch durch ein anderes Beweismittel kommt nur in Betracht, wenn es um die Feststellung einer bestimmten, jederzeit nachprüfbaren objektiven Gegebenheit geht (BGHSt 22, 347 = NJW 1969, 1219; BGH NJW 1983, 126 = NStZ 1983, 86 = Strafverteidiger 1983, 4). Die Voraussetzungen des ausnahmsweise zulässigen Austauschs von Beweismitteln waren unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles gegeben. In dem abgelehnten Beweisantrag ging es um die Frage, ob die dem Angeklagten entnommene Blutprobe vertauscht worden ist, d.h. ob die auf den Blutalkoholgehalt untersuchte Blutprobe tatsächlich vom Angeklagten stammte. Zu dieser Frage war jedoch schon das Identitätsgutachten von Prof. Dr. ... vom 31. Mai 1985 eingeholt worden, das nach Untersuchung der vom Angeklagten in der Tatnacht entnommenen Blutproben und einer dem Angeklagten am 24. Mai 1985 entnommene Blutprobe zu dem Ergebnis kam, dass keine Anhaltspunkte für eine Verwechslung vorliegen. Die Identitätsuntersuchung durch einen Sachverständigen war nicht nur ein zweifelsfrei gleichwertiges, sondern ein erheblich besseres und zuverlässigeres Beweismittel zur Klärung der Beweisfrage. Nachdem die Herkunft der untersuchten Blutproben vom Angeklagten durch das Identitätsgutachten nachgewiesen war, hätte durch eine Aussage des blutentnehmenden Arztes nicht das Gegenteil bewiesen werden können.

Selbst wenn es bei der Blutentnahme eine Verwechslung gegeben hätte, müsste es später zu einer weiteren Verwechslung gekommen sein, so dass dann doch die tatsächlich vom Angeklagten stammende Blutprobe untersucht worden ist. Anders wäre sonst das Ergebnis des Identitätsgutachtens nicht zu erklären.



5. Die ordnungsgemäss erhobene Rüge, ein Hilfsbeweisantrag sei fehlerhaft beschieden, greift ebenfalls nicht durch.

Der Verteidiger hat in der Hauptverhandlung folgenden Hilfsbeweisantrag gestellt:

   "Es wird beantragt, den zuständigen Mitarbeiter des Instituts für Rechtsmedizin der Universität ... zum Beweis der Tatsache zu vernehmen, dass bei der Untersuchung der am 12. März 1983 um 6.12 Uhr entnommenen Blutprobe, die vom Angeklagten stammen soll, nicht die Richtlinien des Bundesgesundheitsamtes beachtet worden sind. Aus diesem Grund sind Fehler bei der Blutalkoholbestimmung nicht auszuschließen."

Hierzu hat das Amtsgericht in den Urteilsgründen ausgeführt:

   "Der Hilfsbeweisantrag war abzulehnen als Beweisermittlungsantrag. Der Antrag selbst ist nicht substantiiert, besondere Wissenquellen oder Gründe für die Vermutung, dass und welcher Fehler bei der Blutentnahme vorgelegen haben könne, sind nicht angegeben, vgl. insoweit BGH ... Strafverteidiger 1985, 311."

Die Ablehnung des Hilfsbeweisantragsverfahrens ist im Ergebnis aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Das Amtsgericht konnte unter den konkreten Umständen rechtsfehlerfrei zu der Ansicht gelangen, dass die in dem Hilfsbeweisantrag aufgestellte Behauptung aus der Luft gegriffen war.

Ein Antragsteller darf zwar im Rahmen eines Beweisantrags auch Tatsachen behaupten, deren Vorliegen er nur vermutet oder für möglich hält (BGHSt 21, 118, 125; BGH NJW 1983, 126, 127; KG Strafverteidiger 1983, 95; KK-Herdegen, § 244 StPO Rdnr. 49). Eine in einem Beweisantrag aufgestellte Behauptung setzt nicht voraus, dass der Antragsteller eine auf zuverlässigen Unterlagen beruhende sichere Kenntnis von ihr hat (BGH NStZ 1981, 309 = Strafverteidiger 1981, 166; Strafverteidiger 1983, 185). Das Recht der Prozessbeteiligten, bestimmte Beweisbehauptungen aufgrund bloßer Vermutung aufzustellen, besteht aber nur unter der selbstverständlichen Voraussetzung, dass es für diese Vermutungen irgendwelche tatsächliche Grundlagen gibt; die Prozessbeteiligten sind nicht berechtigt, Beweisbehauptungen ohne jegliche Anhaltspunkte aufzustellen oder auf gut Glück zu behaupten, das benannte Beweismittel werde sie beweisen (Alsberg/Nüse/Meyer, a.a.O., Seite 45).

Auch bei einer in die Form einer bestimmten Behauptung gekleideten Annahme kann es sich um die bloße Vermutung einer Möglichkeit handeln mit der Folge, dass sich der Antrag nur als Beweisermittlungsantrag darstellt (BGH GA 1981, 228; BGH bei Strate Strafverteidiger 1981, 264 und bei Schwenn Strafverteidiger 1981, 634). Die Mitteilung bloßer Vermutungen oder Möglichkeiten, von denen die Verteidigung hofft, die Nachforschungen darüber könnten zugunsten des Angeklagten sprechende Tatsachen ergeben, genügt nicht den an einen Beweisantrag zu stellenden Anforderungen (BGH Strafverteidiger 1982, 55, 56). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn nach den gesamten Umständen anzunehmen ist, dass der Antragsteller seine Behauptung aufs Geratewohl aufgestellt hat (BGH Strafverteidiger 1985, 311 = bei Pfeiffer/Miebach, NStZ 1984, 210; Alsberg/Nüse/Meyer, a.a.O., Seite 45). Unter den konkreten Umständen des vorliegenden Falles konnte das Amtsgericht rechtsfehlerfrei zu der Überzeugung gelangen, dass die im Hilfsbeweisantrag enthaltene Behauptung aufs Geratewohl aufgestellt war (vgl. SenE vom 18. Mai 1982 - 1 Ss 214/82 = NStZ 1983, 90 = VM 1983, 47). Nachdem die in der Tatnacht entnommenen beiden Blutproben einer Nachkontrolle unterzogen worden waren und diese Nachkontrolle die Richtigkeit der ersten Blutalkoholbestimmung ergeben hatte, war es mehr als unwahrscheinlich, dass die Richtlinien des Bundesgesundheitsamtes in einer für die Bestimmung der Blutalkoholkonzentration relevanten Weise verletzt worden sein könnten.

Grundsätzlich darf allerdings der Tatrichter einen Hilfsbeweisantrag erst dann mit der Begründung, die Beweisbehauptung sei auf Geratewohl ausgestellt, ablehnen, wenn er den Antragsteller vorher nach seinen Wissensquellen oder den Gründen seiner Vermutungen befragt hat und keine plausible Antwort erhalten hat (BGH Strafverteidiger 1985, 311; SenE vom 5. August 1986 - Ss 426/86 -; Alsberg/Nüse/Meyer, a.a.O., Seite 45). Im vorliegenden Fall kann aber ausgeschlossen werden, dass das Amtsgericht auf Befragen eine plausible Antwort hätte erhalten können. Eventuelle Zweifel an der Richtigkeit der ersten Blutalkoholbestimmung waren durch die Nachkontrolle beseitigt. Es sind keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Angeklagte oder sein Verteidiger über allgemeine Zweifel an der Richtigkeit des ersten Gutachtens hinaus konkrete Informationen zur Frage haben konnten, ob die Richtlinien des Bundesgesundheitsamtes bei der Bestimmung der Blutalkoholkonzentration beachtet worden sind, zumal angesichts der Zahl und des Umfangs der in der Hauptverhandlung gestellten Beweisanträge anzunehmen ist, dass derartige Informationen, wenn sie vorgelegen hätten, auch in die Beweisanträge eingeflossen wären.




6. Erfolglos bleibt schließlich auch die Verfahrensrüge, das Gutachten über die Bestimmung der Blutalkoholkonzentration und das Identitätsgutachten seien nicht ordnungsgemäss in das Verfahren eingeführt worden, so dass der in der Hauptverhandlung vernommene Sachverständige, der an den Gutachten nicht mitgewirkt habe, sie nicht seinen Ausführungen habe zugrundelegen dürfen. Diese Rüge ist schon nicht ordnungsgemäß erhoben (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).

Wenn ein Universitätsinstitut für gerichtliche Medizin eine Blutalkoholbestimmung durchgeführt hat, so darf zwar ein Sachverständiger, der weder die Blutprobe entnommen noch die Blutalkoholkonzentration festgestellt hat, die Angaben aus dem Institutsgutachten nicht einfach übernehmen; ihr Inhalt muss vielmehr ordnungsgemäß in die Hauptverhandlung eingeführt werden, um dem in der Hauptverhandlung tätigen Sachverständigen als Grundlage seiner Ausführungen dienen zu können (BGH NJW 1967, 299). Die Einführung kann durch Verlesen der Gutachten nach § 256 StPO geschehen (BGH NJW 1967, 299). In der Rechtsprechung ist aber anerkannt, dass dem Verlesen der Gutachten die Bekanntgabe ihres Inhalts durch den Vorsitzenden gleichsteht, wenn und solange nicht von einem Prozessbeteiligten die Verlesung beantragt wird oder die Aufklärungspflicht sie gebietet (BGHSt 1, 94, 96; BGHSt 30, 10 = NJW 1981, 694; SenE BA 13 (1976), 366; OLG Düsseldorf VRS 59, 269; OLG Hamm OLGSt, § 274 Seite 3 = MDR 1964, 344 und BA 6 (1969), 243 = VRS 36, 290; Hentschel/Born, Trunkenheit im Straßenverkehr, 4. Aufl., Rdnr. 110). Wenn also im vorliegenden Fall die Gutachten zwar nicht verlesen worden sind, ihr Inhalt aber vom Vorsitzenden festgestellt und bekanntgemacht worden ist, hätte der in der Hauptverhandlung vernommene Sachverständige eine Grundlage für sein Gutachten gehabt (OLG Hamm BA 6 (1969), 243 = VRS 36, 290). In der Revisionsbegründung ist nicht ausdrücklich behauptet worden, dass eine solche Bekanntgabe des Gutachteninhalts durch den Vorsitzenden nicht erfolgt ist. Die Revisionsbegründung enthält auch keine entsprechende stillschweigende Behauptung. Die in der Revisionsbegründung (Seite 20) vertretene Ansicht, die Verlesung der Gutachten sei erforderlich gewesen und das Gutachten über die Bestimmung des Blutalkoholgehalts hätte nur dann der Entscheidung zugrunde gelegt werden dürfen, wenn es "durch Verlesung" ordnungsgemäß in die Hauptverhandlung eingeführt worden sei, lässt es vielmehr möglich erscheinen, dass der Beschwerdeführer eine Bekanntgabe des Gutachteninhalts durch den Vorsitzenden für nicht ausreichend erachtete und schon deshalb keine entsprechenden Tatsachen vorgetragen hat. Der Vortrag des Revisionsführers lässt mithin nicht die Prüfung zu, ob - die Richtigkeit des Vortrags unterstellt - das Verfahren rechtsfehlerhaft gewesen ist.

II.

Auch die Sachrüge lässt durchgreifende Rechtsfehler des angefochtenen Urteils nicht erkennen. ..."

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