1. |
Nach Maßgabe des in der Führerschein-Richtlinie niedergelegten Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung und der hierzu vorliegenden Rechtsprechung des EuGH besteht grundsätzlich auch keine Befugnis der deutschen Behörden, im Hinblick auf vor dem Erwerb der ausländischen Fahrerlaubnis eingetretene Umstände einen Eignungsnachweis zu verlangen.
| 2. |
Die deutschen Behörden können in Fällen eines rechtsmissbräuchlichen Erwerbs der Fahrerlaubnis in einem anderen Mitgliedstaat ausnahmsweise einen Eignungsnachweis nach deutschem Recht verlangen, weil dann dem betreffenden Fahrerlaubnisinhaber die Berufung auf den Anerkennungsgrundsatz verwehrt ist.
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3. |
Die Annahme eines rechtsmissbräuchlichen Erwerbs setzt indes greifbare tatsächliche, objektive Anhaltspunkte dafür voraus, dass der Erwerb der ausländischen EU-Fahrerlaubnis erfolgt ist, um die nationalen Bestimmungen für die Wiedererteilung einer zuvor entzogenen Fahrerlaubnis zu umgehen. In jedem Fall ist demnach eine entsprechende Einzelfallprüfung durch die Behörde erforderlich.
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4. |
Von einem Rechtsmissbrauch (hier bejaht) kann etwa ausgegangen werden, wenn positiv feststeht, also nicht lediglich eine Vermutung oder eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass der Fahrerlaubnisinhaber die Behörden des ausstellenden Mitgliedstaates über für die Erteilung der Fahrerlaubnis relevante Umstände hinsichtlich seiner Fahreignung getäuscht hat und ein Zusammenhang mit einem gemeinschaftsrechtlich relevanten Vorgang nicht besteht.
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"Bezugnehmend ... teilt die Abteilung Verkehr des Amtes der Stadt Poznan mit, dass Herr M. geb. am ... einen Lehrgang für die Fahrerlaubnis Klasse B abgeschlossen hat; er hat die theoretische und die praktische Prüfung für die Klasse B mit positivem Ergebnis bestanden und ein ärztliches Attest vorgelegt, das keine Einschränkungen in Bezug auf das Führen von Fahrzeugen der Klasse "B" beinhaltet. Im Zusammenhang damit, dass Herr M. im Besitz eines Aufenthaltsdokumentes eines Bürgers der Europäischen Union für die Stadt Poznan war, hat der Präsident der Stadt Poznan eine Fahrerlaubnis für die Klasse B Nr. ..., unbegrenzt gültig, ausgestellt. Auf dem Antrag auf die Ausgabe einer Fahrerlaubnis hat Herr M. unter Kenntnisnahme der strafrechtlichen Folgen folgende Erklärung abgegeben:
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Mit Blick auf die Rechtsprechung des EuGH hätten die zuständigen Behörden der Bundesrepublik Deutschland davon auszugehen, dass vor der Erteilung der polnischen Fahrerlaubnis eine der Führerschein-Richtlinie genügende Überprüfung auch der Alkoholproblematik stattgefunden habe, eine weitergehende Kontrolle sei nicht zulässig. Der Antragsgegnerin sei es erst dann gestattet, Maßnahmen gegenüber dem Antragsteller zu ergreifen, wenn sich aufgrund neuer Erkenntnisse die Eignungsfrage neu stelle.
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"Somit... (sei) auf die zweite Frage zu antworten, dass es Artikel 1 Absatz 2 in Verbindung mit Artikel S Absätze 2 und 4 der Richtlinie 91/439 einem Mitgliedstaat, bei dem die Umschreibung eines in einem anderen Mitgliedstaat erworbenen gültigen Führerscheins in einen nationalen Führerschein beantragt wird, unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens verwehrt, diese Umschreibung davon abhängig zu machen, dass eine erneute Untersuchung der Fahreignung des Antragstellers vorgenommen wird, die nach dem Recht des erstgenannten Mitgliedstaats zur Ausräumung entsprechender Zweifel aufgrund von Umständen erforderlich ist, die vor dem Erwerb des Führerscheins in dem anderen Mitgliedstaat bestanden."
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"Im Übrigen steht im Ausgangsverfahren fest, dass Herr Halbritter zur Zeit des Erwerbs seines Führerscheins in Österreich seinen gewöhnlichen Wohnsitz in diesem Mitgliedstaat hatte, so dass ihm entsprechend den Vorgaben des Artikels 7 Absätze 1 Buchstabe b und 5 der Richtlinie 91/439 nur dieser Staat eine Fahrerlaubnis erteilen konnte und ihm demnach nicht zum Vorwurf gemacht werden kann, eine neue Fahrerlaubnis erworben zu haben, ohne die in Deutschland für den Erwerb einer Fahrerlaubnis nach dem Entzug seiner letzten Fahrerlaubnis aufgestellten Voraussetzungen beachtet zu haben. Schließlich ist darauf zu verweisen, dass die österreichischen Behörden im Hinblick auf die Erteilung einer Fahrerlaubnis an Herrn Halbritter nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 91/439 überprüft haben, dass er den Mindestanforderungen in Bezug auf die physische und psychische Fahreignung entsprechend den Bestimmungen des Anhangs HI dieser Richtlinie genügt. Im Hinblick auf die dort aufgeführten medizinischen Untersuchungen finden sich spezielle Vorschriften zum Drogen- und Arzneimittelkonsum (Nrn. 15 und 15.1 des genannten Anhangs)."
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