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Amtsgericht Sondershausen Urteil vom 21.02.2007 - 475 Js 56575/06 3 Cs - Keine Strafbarkeit bei Gebrauch eines während der Sperrfrist erworbenen EU-Führerscheins

AG Sondershausen v. 21.02.2007: Keine Strafbarkeit bei Gebrauch eines während der Sperrfrist erworbenen EU-Führerscheins




Das Amtsgericht Sondershausen (Urteil vom 21.02.2007 - 475 Js 56575/06 3 Cs) hat entschieden:

   Wer nach negativem Ausgang seines Neuerteilungsverfahrens einen neuen Führerschein in einem EU-Land erwirbt, kann nach dessen Benutzung im Inland nicht wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis belangt werden.

Siehe auch
Stichwörter zum Thema EU-Führerschein
und
Die Nutzungsuntersagung bzw. Nichtanerkennung einer ausländischen EU-Fahrerlaubnis im Inland




Aus den Entscheidungsgründen:


"... Die Staatsanwaltschaft Mühlhausen hat dem Angeklagten folgendes zur Last gelegt:

   Der Angeklagte fuhr am 08.08.2006 gegen 04.00 Uhr mit dem Pkw, Typ Seat Toledo, Kennzeichen ..., auf der Landstraße 2084 von G. ... in Richtung D. .., obwohl er die erforderliche Fahrerlaubnis nicht hatte. Die ausländische Fahrerlaubnis hat im Inland keine Gültigkeit. Dies wusste er.

Dieser Sachverhalt hat sich hinsichtlich der Tatsachengrundlage durch die Einvernahme der Zeugin bestätigt. Der Zeuge POM W. ...hat den Angeklagten als Fahrer identifiziert, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist.

Die Zeugin B. ...von der Führerscheinstelle S. ... konnte ausführen, daß er wegen seines hohen Punktestandes im Verkehrszentralregister und zahlreicher Ordnungswidrigkeiten über keine Fahrerlaubnis mehr verfügte. Er hat am 03.04.2006 in Sömmerda die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis beantragt. Am 05.05.2006 hat er sich eine MPU-Untersuchung mit negativem Ausgang unterzogen, woraufhin er am 16.06.2006 seinen diesbezüglichen Antrag bei der Führerscheinstelle zurückgenommen hat.

Der Angeklagte verfügt jedoch über einen sogenannten tschechischen Führerschein, ausgestellt am 22.06.2006. Die Tat war, wie ausgeführt, am 08.08.2006. Zu Recht hat sich der Verteidiger des Angeklagten auf die Grundsätze der Entscheidung des EuGH vom 28.09.2006 (C - 340/05) bezogen. Danach hat der EuGH unter Bezug auf Artikel 1 Abs. 2 i.V.m. Artikel 8 Abs. 2 und 4 der Richtlinie 91/439/EWG des Rates vom 29.07.1991 ausgeführt, daß es einem Mitgliedsstaat verwehrt ist, daß Recht zum Führen eines Kraftfahrzeuges aufgrund eines in einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins und damit dessen Gültigkeit in seinem Hoheitsgebiet nicht anzuerkennen, solange der Inhaber dieses Führerscheins, auf den im erstgenannten Mitgliedstaat eine Maßnahme des Entzugs einer früher erteilten Fahrerlaubnis ohne gleichzeitige Anordnung einer Sperrfrist für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis angewendete worden ist, die Bedingungen nicht erfüllt, die nach den Rechtsvorschriften dieses Staates für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach dem Entzug einer früheren Fahrerlaubnis vorliegen müssen, einschließlich einer Überprüfung der Fahreignung, die bestätigt, daß die Gründe für den Entzug nicht mehr vorliegen.



Damit ist es dem Angeklagten nicht verwehrt, in einem anderen EU-Mitgliedsland eine neue Fahrerlaubnis zu erwerben und hiermit auch in Deutschland - trotz Bußgeldverfahren, trotz zahlreicher Punkte und Strafverfahren - zu fahren. Der Angeklagte verfügt hiermit über eine Fahrerlaubnis, der Tatbestand der Strafnorm ist nicht einschlägig.

Etwas anderes wäre es, wenn der Angeklagte mit einem solchen tschechischen Führerschein in Deutschland fahren würde und jetzt eine Straftat begehen würde oder ihm die Fahrerlaubnis wegen zahlreicher neuer Punkte zu entziehen wäre.

So liegt aber der Fall nicht. Der Angeklagte hat nach negativem Ausgang seines Neuerteilungsverfahrens einen neuen Führerschein in einem EU-Land erworben. Dies muß die Bundesrepublik Deutschland und der Freistaat Thüringen, welche alle an EU-Recht gebunden sind, genauso wie das Amtsgericht Sondershausen, anerkennen. ..."

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