1. |
Die Anwendung des Grundsatzes, dass die Mitgliedstaaten zum Ersatz der
Schäden verpflichtet sind, die dem einzelnen durch Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht entstehen, die diesen Staaten zuzurechnen sind, ist nicht ausgeschlossen, wenn der Verstoß eine unmittelbar anwendbare gemeinschaftsrechtliche Vorschrift betrifft. Denn die dem einzelnen eingeräumte Möglichkeit, sich vor den nationalen Gerichten auf unmittelbar anwendbare Vorschriften zu berufen, stellt nur eine Mindestgarantie dar und reicht für sich allein nicht aus, um die uneingeschränkte Anwendung des Gemeinschaftsrechts zu gewährleisten. Diese Möglichkeit, die der Anwendung gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften den Vorrang gegenüber nationalen Vorschriften verschaffen soll, ist nicht in allen Fällen geeignet, dem einzelnen die Inanspruchnahme der Rechte zu sichern, die ihm das Gemeinschaftsrecht verleiht, und insbesondere zu verhindern, dass er aufgrund eines einem Mitgliedstaat zuzurechnenden Verstoßes gegen das Gemeinschaftsrecht einen Schaden erleidet. | 2. |
Soweit der Vertrag keine Vorschriften enthält, die die Folgen von Verstößen der Mitgliedstaaten gegen das Gemeinschaftsrecht ausdrücklich und genau regeln, hat der Gerichtshof in Erfüllung der ihm durch Artikel 164 des Vertrages übertragenen Aufgabe, die Wahrung des Rechts bei der Auslegung und Anwendung des Vertrages zu sichern, über eine solche Frage nach den allgemein anerkannten Auslegungsmethoden zu entscheiden, insbesondere indem er auf die Grundprinzipien der Gemeinschaftsrechtsordnung und gegebenenfalls auf allgemeine Grundsätze, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind, zurückgreift.
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3. |
Der Grundsatz, dass die Mitgliedstaaten zum Ersatz der Schäden verpflichtet sind, die dem einzelnen durch diesen Staaten zuzurechnende Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht entstehen, ist auch dann anwendbar, wenn die Verstöße auf den nationalen Gesetzgeber zurückgehen. Dieser aus dem Wesen der mit dem Vertrag geschaffenen Rechtsordnung folgende Grundsatz gilt nämlich für jeden Fall des Verstoßes eines Mitgliedstaats gegen das Gemeinschaftsrecht unabhängig davon, welches staatliche Organ durch sein Handeln oder Unterlassen den Verstoß verursacht hat; die danach bestehende Verpflichtung zum Schadensersatz kann in Anbetracht des Grunderfordernisses der Gemeinschaftsrechtsordnung, das die einheitliche Anwendung des Gemeinschaftsrechts darstellt, nicht von den internen Vorschriften über die Verteilung der Zuständigkeiten auf die durch die Verfassung eingesetzten Organe abhängen.
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4. |
Bei der Bestimmung der Voraussetzungen, unter denen der Verstoß eines Mitgliedstaats gegen das Gemeinschaftsrecht den Geschädigten einen Entschädigungsanspruch eröffnet, sind zunächst die Grundsätze der Gemeinschaftsrechtsordnung zu berücksichtigen, die die Grundlage der Staatshaftung bilden, nämlich zum einen die volle Wirksamkeit der Gemeinschaftsnormen und der effektive Schutz der durch sie verliehenen Rechte und zum anderen die den Mitgliedstaaten nach Artikel 5 des Vertrages obliegende Mitwirkungspflicht. Außerdem ist das System heranzuziehen, das für die außervertragliche Haftung der Gemeinschaft entwickelt worden ist, da es zum einen gemäß Artikel 215 Absatz 2 des Vertrages auf den den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsamen allgemeinen Rechtsgrundsätze aufbaut und zum anderen keine Veranlassung besteht, die Haftung der Gemeinschaft und die Haftung der Mitgliedstaaten unter vergleichbaren Umständen ohne besonderen Grund unterschiedlichen Systemen zu unterstellen, da der Schutz der Rechte, die der einzelne aus dem Gemeinschaftsrecht herleitet, nicht unterschiedlich sein kann, je nachdem, ob die Stelle, die den Schaden verursacht hat, nationalen oder Gemeinschaftscharakter hat. Daher hat der Geschädigte, wenn ein Verstoß eines Mitgliedstaats gegen das Gemeinschaftsrecht dem nationalen Gesetzgeber zuzurechnen ist, der auf einem Gebiet tätig wird, auf dem er im Hinblick auf normative Entscheidungen über einen weiten Ermessensspielraum verfügt, einen Entschädigungsanspruch, sofern die verletzte gemeinschaftsrechtliche Vorschrift bezweckt, ihm Rechte zu verleihen, der Verstoß hinreichend qualifiziert ist und zwischen diesem Verstoß und dem dem einzelnen entstandenen Schaden ein unmittelbarer Kausalzusammenhang besteht. Unter diesem Vorbehalt hat der Staat die Folgen des durch den ihm zuzurechnenden Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht entstandenen Schadens im Rahmen des nationalen Haftungsrechts zu beheben, wobei die im anwendbaren nationalen Recht festgelegten Voraussetzungen nicht ungünstiger sein dürfen als bei entsprechenden innerstaatlichen Ansprüchen; auch dürfen diese Voraussetzungen nicht so ausgestaltet sein, dass die Erlangung der Entschädigung praktisch unmöglich oder übermäßig erschwert ist. Insbesondere kann das nationale Gericht im Rahmen des von ihm angewandten nationalen Rechts die Entschädigung nicht davon abhängig machen, dass den staatlichen Amtsträger, dem der Verstoß zuzurechnen ist, ein Verschulden (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) trifft, das über den hinreichend qualifizierten Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht hinausgeht. Bezüglich dieses hinreichend qualifizierten Verstoßes gegen die Gemeinschaftsnorm besteht das entscheidende Kriterium für die Beurteilung der Frage, ob ein solcher vorliegt, darin, dass ein Mitgliedstaat die Grenzen, die seinem Ermessen gesetzt sind, offenkundig und erheblich überschritten hat. Insoweit gehören zu den Gesichtspunkten, die das zuständige Gericht gegebenenfalls zu berücksichtigen hat, das Maß an Klarheit und Genauigkeit der verletzten Vorschrift, der Umfang des Ermessensspielraums, den die verletzte Vorschrift den nationalen oder Gemeinschaftsbehörden belässt, die Frage, ob der Verstoß vorsätzlich oder nicht vorsätzlich begangen oder der Schaden vorsätzlich oder nicht vorsätzlich zugefügt wurde, die Entschuldbarkeit oder Unentschuldbarkeit eines etwaigen Rechtsirrtums und der Umstand, dass die Verhaltensweisen eines Gemeinschaftsorgans möglicherweise dazu beigetragen haben, dass nationale Maßnahmen oder Praktiken in gemeinschaftsrechtswidriger Weise unterlassen, eingeführt oder aufrechterhalten wurden. Jedenfalls ist ein Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht offenkundig qualifiziert, wenn er trotz des Erlasses eines Urteils, in dem die in ihm liegende Vertragsverletzung festgestellt wird, oder eines Urteils im Vorabentscheidungsverfahren oder aber einer gefestigten einschlägigen Rechtsprechung des Gerichtshofes, aus denen sich die Pflichtwidrigkeit des fraglichen Verhaltens ergibt, fortbestanden hat. |
5. |
Der von den Mitgliedstaaten zu leistende Ersatz der Schäden, die sie dem einzelnen durch Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht verursacht haben, muss dem erlittenen Schaden angemessen sein. Soweit es auf diesem Gebiet keine Gemeinschaftsvorschriften gibt, ist es Sache der nationalen Rechtsordnung jedes Mitgliedstaats, die Kriterien festzulegen, anhand deren der Umfang der Entschädigung bestimmt werden kann, wobei diese Kriterien nicht ungünstiger sein dürfen als bei entsprechenden, auf nationales Recht gestützten Ansprüchen; auch dürfen sie keinesfalls so ausgestaltet sein, dass die Entschädigung praktisch unmöglich oder übermäßig erschwert ist. Eine nationale Regelung, die den ersatzfähigen Schaden generell auf die Schäden beschränken würde, die an bestimmten, besonders geschützten individuellen Rechtsgütern entstehen, wobei der entgangene Gewinn des einzelnen ausgeschlossen wäre, ist unvereinbar mit dem Gemeinschaftsrecht. Im übrigen muss besonderer Schadensersatz wie der im englischen Recht vorgesehene "exemplarische" Schadensersatz gewährt werden können, wenn er, gestützt auf das Gemeinschaftsrecht ° gegebenenfalls auch in Form einer Klage ° geltend gemacht wird, sofern ein solcher, auf nationales Recht gestützter Schadensersatz zugesprochen würde.
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6. |
Die Verpflichtung eines Mitgliedstaats zum Ersatz der Schäden, die dem einzelnen durch diesem Staat zuzurechnende Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht entstehen, kann nicht auf die Schäden beschränkt werden, die nach Erlass eines Urteils des Gerichtshofes eingetreten sind, in dem die in diesen Verstößen liegende Vertragsverletzung festgestellt wird. Da der Entschädigungsanspruch auf der Grundlage des Gemeinschaftsrechts besteht, sobald die erforderlichen Voraussetzungen erfüllt sind, kann man nämlich nicht zulassen, dass die Entschädigungspflicht des betreffenden Mitgliedstaats auf die Schäden beschränkt werden könnte, die nach Erlass eines Urteils des Gerichtshofes, in dem der Verstoß festgestellt wird, eingetreten sind, ohne dass der in der Gemeinschaftsrechtsordnung anerkannte Entschädigungsanspruch in Frage gestellt wäre. Würde außerdem der Schadensersatz davon abhängig gemacht, dass der Gerichtshof zuvor einen dem betreffenden Mitgliedstaat zuzurechnenden Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht feststellt, so stünde dies im Widerspruch zum Grundsatz der Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts, da dadurch jeder Entschädigungsanspruch ausgeschlossen wäre, solange der mutmaßliche Verstoß nicht Gegenstand einer Klage der Kommission nach Artikel 169 des Vertrages und einer Verurteilung durch den Gerichtshof geworden ist. Die dem einzelnen zustehenden Rechte aus den Gemeinschaftsvorschriften, die in der nationalen Rechtsordnung der Mitgliedstaaten unmittelbare Wirkung haben, können aber weder davon abhängen, dass die Kommission es für zweckmäßig hält, gemäß Artikel 169 des Vertrages gegen einen Mitgliedstaat vorzugehen, noch davon, dass der Gerichtshof gegebenenfalls den Verstoß in einem Urteil feststellt. |
"Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen."
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"Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht."
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1. |
Gilt der Grundsatz des Gemeinschaftsrechts, dass die Mitgliedstaaten zum Ersatz der Schäden verpflichtet sind, die den einzelnen durch Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht entstehen, die diesen Staaten zuzurechnen sind, auch dann, wenn ein solcher Verstoß darin besteht, dass ein formelles innerstaatliches Parlamentsgesetz nicht an die höherrangigen Normen des Gemeinschaftsrechts angepasst wird (hier: Nichtanpassung der §§ 9 und 10 des deutschen Biersteuergesetzes an Artikel 30 EWG-Vertrag)?
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Kann durch die nationale Rechtsordnung bestimmt werden, dass ein etwaiger Entschädigungsanspruch den gleichen Beschränkungen unterliegt wie bei einem Verstoß eines innerstaatlichen Gesetzes gegen höherrangiges innerstaatliches Recht, beispielsweise einem Verstoß eines einfachen deutschen Bundesgesetzes gegen das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland?
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3. |
Kann die nationale Rechtsordnung einen Entschädigungsanspruch davon abhängig machen, dass die für die Nichtanpassung verantwortlichen staatlichen Amtsträger ein Verschulden (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) trifft?
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4. |
Falls die Frage 1 zu bejahen und die Frage 2 zu verneinen ist:
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1. |
Wenn
haben dann diese Personen, die Eigentümer oder Manager solcher Fahrzeuge waren oder Geschäftsführer und/oder Anteilseigner von Gesellschaften, die Eigentümer oder Manager dieser Fahrzeuge waren, unter den Umständen des vorliegenden Falles einen gemeinschaftsrechtlichen Anspruch auf Entschädigung durch diesen Mitgliedstaat für Verluste, die sie aufgrund aller oder eines der genannten Verstöße gegen den EWG-Vertrag erlitten haben? | 2. |
Für den Fall, dass Frage 1 bejaht wird, welche Erwägungen hat das nationale Gericht nach Gemeinschaftsrecht bei der Entscheidung über folgende Schadensersatzansprüche anzustellen:
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