Das Verkehrslexikon

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Die teilweise Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die gerichtliche Verfahrensgebühr

Die teilweise Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die gerichtliche Verfahrensgebühr


Siehe auch Geschäftsgebühr (Nr. 2400 RVG-VV) und gerichtliche Verfahrensgebühr (Nr. 3100 RVG-VV)




Die Vorbemerkung zu Teil 3 des Vergütungsverzeichnisses bestimmt in Abs. 4:
Soweit wegen desselben Gegenstandes eine Geschäftsgebühr nach den Nummern 2400 bis2403 entstanden ist, wird diese Gebühr zur Hälfte, jedoch höchstens mit einem Gebührensatz von 0,75, auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet. Sind mehrere Gebühren entstanden, ist für die Anrechnung die zuletzt entstandene Gebühr maßgebend. Die Anrechnung erfolgt nach dem Wert des Gegenstandes, der in das gerichtliche Verfahren übergegangen ist.
Was relativ einfach klingt, erweist sich für die Praxis der Unfallregulierung als recht kompliziert, da der Ersatz der Anwaltsgebühren ja ebenfalls eine Schadensposition ist.


Es gibt drei Möglichkeiten, wie der nach der gebotenen Anrechnung verbleibende Teil der Geschäftsgebühr geltend gemacht werden kann:
  1. Es wird im Prozess nur die Hauptforderung geltend gemacht. Nach dem Vorliegen des Urteils wird der dem Anwalt zustehende Teil der Geschäftsgebühr als materieller Schadensersatz außergerichtlich geltend gemacht und notfalls selbständig eingeklagt. Der außergerichtliche Ersatz dürfte nicht problematisch sein, da ja auf der Gegenseite in Unfallsachen regelmäßig ein Versicherer steht (allerdings muss bedacht werden, dass die Haftpflichtversicherer hinsichtlich des Gebührensatzes nicht immer mit dem Ansatz einer 1,3-Gebühr einverstanden sind).

    Auf diesem Weg vorzugehen empfiehlt z. B. Bliesener NZV 2004, 613 ff.

  2. Es ist aber auch möglich, die halbe Geschäftsgebühr gleichfalls als weitere Schadensposition einzuklagen.

    Dies wird z. B. empfohlen von Schneider ZfS 2004, 396 ff. und Hartung NJW 2004, 1409 ff.

    Allerdings kann es hierbei insgesamt des öfteren zu einem Gebührensprung kommen und somit das Prozesskostenrisiko für den Kläger unnötig vergrößert werden.

    Dass ein Gebührensprung hierdurch nicht ausgelöst wird, hat allerdings das LG Berlin DAR 2005, 478 (Beschl. v. 09.05.2005 - 5 O 162/05) entschieden.

    Volpert VRR 2006, 54-57 ist ebenfalls der Meinung, dass hinsichtlich des anrechnungsfrei verbleibenden Teils der Geschäftsgebühr ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch besteht. Dieser Teil muss daher zusammen mit dem Hauptanspruch als Nebenforderung eingeklagt werden, und zwar vor Zahlung seitens des Mandanten als Freistellungsanspruch, danach als Zahlungsanspruch. Die Geltendmachung des nicht anrechenbaren Teils der Geschäftsgebühr im Prozess als Nebenforderung führt auch nach seiner Auffassung zu keiner Erhöhung des Streitwerts.

  3. Schließlich ist auch möglich, zunächst die gesamte Geschäftsgebühr einzuklagen und darauf hinzuweisen, dass ja die Anrechnung erst später auf die gerichtliche Verfahrensgebühr zu erfolgen habe, mithin erst im Kostenfestsetzungsverfahren zu berücksichtigen sei (das Gericht habe dann im Urteil die Anrechnung der Hälfte der zugesprochenen Geschäftsgebühr anzuordnen). Diese Methode erscheint am fraglichsten (vgl. Bliesener NZV 2004, 613 ff.).

Bei der konkreten Umsetzung der Anrechnung muss sodann noch zwischen den verschiedenen Möglichkeiten der Quotenbildung unterschieden werden:
  • Die Anrechnung ist rechnerisch unproblematisch, wenn vorgerichtlich gar nichts von der Gegenseite gezahlt wurde, das Gericht dann aber vollen Schadensersatz zuspricht.

    1,3 Geschäftsgebühr (Wert: 10.000,00 €)    631,80 €
    1,3 Verfahrensgebühr (Wert: 10.000,00 €)    631,80 €
    1,2 Terminsgebühr (Wert: 10.000,00 €)    583,20 €
     1.846,80 €
    anzurechnen
    1/2 Geschäftsgebühr

       315,90 €

  • Wird vom Gesamtschaden vorgerichtlich ein Teilbetrag von 7.000,00 € reguliert und werden demzufolge nur 3.000,00 € restlicher Schaden eingeklagt, stellt sich die Frage nach welchem Wert die Anrechnung der halben Geschäftsgebühr zu erfolgen hat.

    Dass für die Berechnung der Wert des in das gerichtliche Verfahren übergegangenen Anspruchs maßgeblich sein soll, besagt nicht, dass hier eine halbe Gebühr aus 3.000,00 € angesetzt werden dürfte. Denn dann würde der Anwalt insgesamt mehr erhalten als einer 1,3-Geschäftsgebühr aus dem vollen Wert entspräche (außergerichtlich reguliert 1,3-Geschäftsgebühr aus 7.000,00 € = 487,50 € + 1,3-Geschäftsgebühr aus 3.000,00 € = 245,70 € sind zusammen 733,20 €, während die gesamte Geschäftsgebühr aus 10.000,00 € nur 631,80 € betragen hätte.

    Demzufolge muss die Gebührendifferenz errechnet werden:

    1,3 Geschäftsgebühr (Wert: 10.000,00 €)    631,80 €
    abzüglich
    1,3 Verfahrensgebühr

    (Wert: 7.000,00 €)

       487,50 €
    verbleiben    144,30 €
    anzurechnen die Hälfte     72,15 €

  • Noch etwas schwieriger ist der Fall dann, wenn das Gericht von den eingeklagten restlichen 3.000,00 € nur einen Teil – beispielsweise 1.500,00 € - zuspricht.

    Denn in diesem Fall wäre für die Berechnung im Außenverhältnis gegenüber dem Schädiger nur der gesamte letztlich begründete Schadensersatzanspruch als Erledigungswert maßgeblich, also insgesamt 8.500,00 € (7,000,00 € wurden vorgerichtlich gezahlt, 1.500,00 € wurden noch zugesprochen).

    Dann ist von der 1,3-Gesamtgebühr von 8.500,00 € die schon regulierte 1,3-Gebühr aus 7.000,00 € in Abzug zu bringen und die Hälfte dieser Differenz auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens anzurechnen.

    1,3 Geschäftsgebühr (Wert: 8.500,00 €)    583,70 €
    abzüglich
    1,3 Verfahrensgebühr

    (Wert: 7.000,00 €)

       487,50 €
    verbleiben     96,20 €
    anzurechnen die Hälfte     48,10 €



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