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VGH München Beschluss vom 13.12.2005 - 11 CS 05.135 - Zur rechtswidrigen Gutachten-Anordnung bei zu kurzer Frist für einen Abstinenznachweis
VGH München v. 13.12.2005: Zur rechtswidrigen Gutachten-Anordnung bei zu kurzer Frist für einen Abstinenznachweis
Der VGH München (Beschluss vom 13.12.2005 - 11 CS 05.1350) hat bei der Überprüfung eines Beschlusses des VG München vom 26.04.2005 - M 6b S 05.603 - u. a. entschieden:
Wird die Zeitspanne, innerhalb derer ein Gutachten vorzulegen ist, das dem Nachweis der Wiedererlangung der Fahreignung nach vorangegangenem Betäubungsmittelkonsum dienen soll, so knapp bemessen, dass sich bis zu ihrem Ablauf der von Rechts wegen erforderliche Abstinenznachweis nicht führen lässt, so zieht das die Rechtswidrigkeit der Gutachtensanforderung nach sich.
Siehe auch Stichwörter zum Thema medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU)
Zum Sachverhalt: Dem Antragsteller war wegen Ecstasy-Konsums die Fahrerlaubnis entzogen worden. Hiergegen wurde nach erfolglosem Widerspruch Klage erhoben und Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung beantragt.
Die Führerscheinbehörde hatte im Verfahren mitgeteilt, dass der Antragsteller am 13.10.2005 die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis der Klassen A und C1E beantragt habe. Sie hat ihm daraufhin mit Schreiben vom 02.11.2005 aufgegeben, bis zum 02.02.2006 ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen, durch das geklärt werden soll, ob er trotz der Hinweise auf früheren Drogenmissbrauch ein Kraftfahrzeug der Klassen A und C1E sicher führen kann, ob insbesondere nicht zu erwarten ist, dass er ein Kraftfahrzeug unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln und/oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen führen wird.
Dies gab dem VGH München Gelegenheit, zur Fristsetzung für die MPU zu entscheiden.
Aus den Entscheidungsgründen:
"... Nur ergänzend ist anzumerken, dass die Gutachtensanforderung vom 2. November 2005 auch dann nicht als rechtens angesehen werden könnte, wenn der Standpunkt der Antragsgegnerin, der Konsum eines Betäubungsmittels durch den Antragsteller sei bereits erwiesen, als zutreffend unterstellt würde. Da der Antragsteller unter dieser Voraussetzung die Fahreignung verloren hätte, könnte die Gutachtensanforderung nur dem Ziel dienen, ihre Wiedergewinnung festzustellen. Das aber setzt nach der Nummer 9.5 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung den Nachweis einer einjährigen Abstinenz voraus. Da der Antragsteller diesen Nachweis bisher noch nicht erbracht hat (die von Dr. Sch. vorgelegten Laborblätter sind in diesem Zusammenhang unbehelflich), muss die Gutachtensanforderung einschließlich der zur Vorlage des Gutachtens gesetzten Frist diesem normativen Erfordernis Rechnung tragen. Wird die Zeitspanne, innerhalb derer ein Gutachten vorzulegen ist, das dem Nachweis der Wiedererlangung der Fahreignung nach vorangegangenem Betäubungsmittelkonsum dienen soll, so knapp bemessen, dass sich bis zu ihrem Ablauf der von Rechts wegen erforderliche Abstinenznachweis nicht führen lässt, so zieht das die Rechtswidrigkeit der Gutachtensanforderung nach sich. ..."
Ausführlicherer Auszug aus dem Beschluss des VGH München v. 13.12.2005