1. |
Für die Annahme willensbeugender Gewalt ("vis compulsiva") im Straßenverkehr ist die Intensität der Einwirkung des beanstandeten Fahrverhaltens im Einzelfall entscheidend; notwendig für die Annahme einer (versuchten) Nötigung ist regelmäßig eine Zwangseinwirkung von gewisser Dauer.
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2. |
Eine Verurteilung wegen Gefährdung des Straßenverkehrs nach § 315c Abs. 1 Nr. 2 StGB setzt voraus, dass der Angeklagte grob verkehrswidrig und rücksichtslos gehandelt hat. Die grobe Verkehrswidrigkeit und die Rücksichtslosigkeit müssen nebeneinander vorliegen (hier: verneint wegen mangelnder Beweiswürdigung bezüglich des dichten Auffahrens und "Ausbremsens" nach einem Überholvorgang).
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"Am 04.08.04 befuhr der Angeklagte um 9.45 Uhr mit dem Pkw der Marke BMW, amtliches Kennzeichen ..., die B ... aus P in Fahrtrichtung H. Zunächst fuhr er in der dortigen 70-er Zone. Vor ihm fuhr die Zeugin I mit ihrem Fahrzeug vom Typ Mazda 626, amtliches Kennzeichen .... In der 70 km/h Zone fuhr der Angeklagte sehr dicht auf dieses Fahrzeug der Zeugin I auf, wobei der Abstand zwischen zwei und drei Metern variierte. Nach Passieren der Gaststätte B, in deren Höhe etwa die 70 km/h Zone endet, überholte der Angeklagte die Zeugin I, wobei er sehr dicht an ihr vorbeifuhr und kurz vor ihr wieder einscherte. Danach bremste er sein Fahrzeug abrupt auf ca. 60 km/h herunter, wodurch die Zeugin gezwungen war, ebenfalls eine Vollbremsung durchzuführen, um einen Auffahrunfall zu vermeiden. Anschließend fuhr der Angeklagte an den rechten Fahrbahnrand. Als die Zeugin an ihm vorbeifuhr, riss er plötzlich die Fahrertür auf. ... Aufgrund dieser Beweisaufnahme ist das Gericht davon überzeugt, dass die Anklage völlig zu Recht erhoben worden ist. Der Angeklagte hat zum fraglichen Zeitpunkt das Fahrzeug gelenkt. Dies räumt er im wesentlichen auch selber ein und die Zeugin hat ihn eindeutig wiedererkannt. Er ist sehr dicht auf diese Zeugin aufgefahren, wobei er den Tatbestand der Nötigung gem. § 240 StGB erfüllt hat. Wer derartig dicht auf einen anderen Wagen auffährt, der droht mit einem empfindlichen Übel, nämlich dem möglicherweise Entstehen eines Verkehrsunfalls und zwingt so den vor ihm Fahrenden, ein anderes Fahrverhalten an den Tag zu legen, gegebenenfalls die Fahrbahn frei zu machen. Danach hat der Angeklagte außerhalb der 70 km/h Zone die Zeugin überholt, wobei er beim Wiedereinscheren den Pkw der Zeugin geschnitten hat und sie anschließend ausgebremst hat. Dadurch hat er sich einer vorsätzlichen Straßenverkehrsgefährdung gem. § 315 c Abs. I Ziff. 2 b StGB schuldig gemacht. Er hat hier falsch überholt, da er zum einen nach dem Überholvorgang sehr scharf vor der Zeugin wieder eingeschert ist und diese geschnitten hat und sie anschließend ausgebremst hat. Dadurch bestand auch eine ganz konkrete Gefahr für die Zeugin, die nämlich bekundet hat, sie habe sehr stark abbremsen müssen, um einen folgenschweren Auffahrunfall zu vermeiden." |