Das Verkehrslexikon
BayObLG Beschluss vom 27.08.2003 - 1 ObOWi 310/03 - Vergleich zwischen Passfoto und Radarfoto zur Täteridentifizierung
BayObLG v. 27.08.2003: Zum Vergleich zwischen Passfoto und Radarfoto zur Täteridentifizierung
Das BayObLG (Beschluss vom 27.08.2003 - 1 ObOWi 310/03) hat in Übereinstimmung mit dem entschieden, dass ein Abgleich mit dem Melderegisterfoto zulässig und jedenfalls auch bei unzulässigem Abruf nicht zu einem Beweisverwertungsverbot führt:
Die Bußgeldbehörde kann das bei einer Verkehrsordnungswidrigkeit aufgenommene Foto zum Zweck der Fahreridentifizierung mit dem bei der Meldebehörde hinterlegten Ausweisfoto vergleichen. Werden beim Abgleich datenschutzrechtliche Bestimmungen des § 2b Abs. 2 und 3 PersAuswG unzureichend beachtet, führt dies nicht zu einem Verfahrenshindernis; in der Regel ergibt sich hieraus auch kein Beweisverwertungsverbot.
Siehe auch Lichtbildbeweis - Radarfoto - Videoaufzeichnung - Passfotovergleich und Stichwörter zum Thema Ordnungswidrigkeiten
Sachverhalt:
Das Amtsgericht hatte den Betroffenen wegen fahrlässigen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße verurteilt und ein Fahrverbot verhängt.
Die hiergegen eingelegt Rechtsbeschwerde des Betroffenen stützte sich auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Mit der Verfahrensrüge machte er geltend, die Bußgeldbehörde habe sein Personalausweisfoto unter Verstoß gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen von der Meldebehörde beschafft und sich damit illegal Gewissheit über die Identität verschafft. Hieraus ergebe sich ein Beweiserhebungs- und Beweisverwertungsverbot. Wegen des schweren Verfahrensverstoßes sei der Bußgeldbescheid rechtswidrig; das Amtsgericht hätte ihn aufheben müssen. Mit der Sachrüge wandte sich der Betroffene insbesondere gegen die Fahreridentifizierung anhand des Tatfotos. Im Urteil fehlten Ausführungen, anhand welcher Merkmale der Amtsrichter seine Überzeugung von der Identität des Betroffenen mit dem Fahrer gewonnen habe. Im Übrigen habe der Betroffene - entgegen der Annahme des Tatrichters - nicht zugegeben, dass er der Fahrer sei. Die zulässige Rechtsbeschwerde (§ 79 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 2 OWiG) erwies sich als unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG).
Aus den Entscheidungsgründen:
"... Unmittelbar aus dem Grundgesetz - hier dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung gemäß Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG und dem Anspruch auf ein faires Verfahren (Art. 20 Abs. 3 GG) - lassen sich Prozesshindernisse grundsätzlich nicht ableiten (BGHSt 32, 345/351 f.; Meyer-Goßner Einl. Rn. 147). Im Übrigen ergibt sich aus § 161 Abs. 1 Satz 1 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 und 2 OWiG, dass die Bußgeldbehörde berechtigt ist, von allen Behörden zum Zweck der Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten Auskunft zu verlangen. Dieses Auskunftsrecht umfasst auch die Herausgabe eines bei der Meldebehörde hinterlegten Lichtbilds (OLG Stuttgart NStZ 2003, 93/94). Voraussetzung ist gemäß § 2b Abs. 2 Satz 2 PersAuswG, dass die Bußgeldbehörde ohne Kenntnis der Daten nicht in der Lage wäre, eine ihr obliegende Aufgabe zu erfüllen, und die Daten bei dem Betroffenen nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand erhoben werden können. § 2b Abs. 3 Satz 2 PersAuswG bestimmt, dass ein solches Ersuchen nur von Bediensteten gestellt werden darf, die vom Behördenleiter dafür besonders ermächtigt sind. § 2b Abs. 3 Satz 3 PersAuswG verlangt eine Dokumentation des Ersuchens. Es braucht nicht geprüft werden, ob diese Voraussetzungen hier im Einzelnen erfüllt sind. Den angeführten Regelungen ist die gesetzgeberische Grundentscheidung zu entnehmen, dass bei der Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten die Erholung von Ausweisfotos grundsätzlich zum zulässigen Ermittlungsinstrumentarium gehört. Falls dabei im Einzelfall bestimmte Verfahrensregelungen nicht beachtet werden, stellt dies die Durchführung des Bußgeldverfahrens als solche nicht in Frage; Verfahrensverstöße führen im Übrigen in der Regel auch nicht zu einem Beweisverwertungsverbot (BayObLGSt 1998, 22/24; OLG Stuttgart NStZ 2003, 93/95).
Zu den Anforderungen des § 2b Abs. 2 Satz 2 PersAuswG ist ergänzend anzumerken, dass die ermittelnde Behörde durchaus versucht hatte, die erforderlichen Informationen anderweitig zu beschaffen. Polizeiliche Ermittlungen in der unmittelbaren Nachbarschaft der Familie ... verliefen jedoch negativ. Zudem ist der Betroffene weder einer Vorladung zur Anhörung nachgekommen, noch hat er sich schriftlich geäußert.
2. Eine zulässige Verfahrensrüge wurde nicht erhoben.
Das amtsgerichtliche Urteil stützt sich in seinen Ausführungen zur Identifizierung des Betroffenen als Fahrer nicht auf das Ausweisfoto, sondern auf den Vergleich des in der Hauptverhandlung anwesenden Betroffenen mit dem Tatfoto, das ausweislich des Protokolls in Augenschein genommen wurde. Die Rüge, hinsichtlich des Ausweisfotos bestehe ein Beweisverwertungsverbot, geht daher ins Leere. Zudem folgt aus Verstößen gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen des § 2b PersAuswG - wie bereits ausgeführt - in der Regel kein Beweisverwertungsverbot."