Das Verkehrslexikon

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Versicherungsrechtliche Probleme bei der entgeltlichen Fahrzeugüberlassung zu Probefahrten

Versicherungsrechtliche Probleme bei der entgeltlichen Fahrzeugüberlassung zu Probefahrten


Siehe auch Haftungsbeschränkungen und Haftungsausschlussg und Haftung und Haftungsbegrenzung bei Gefälligkeitsfahrten


Im Zuge der vielfach aufgetretenen Absatzschwierigkeiten von Neu- und Gebrauchtfahrzeugen haben die Kfz-Händler immer großzügiger kostenlose Probefahrten angeboten; als dies dann im Laufe der Zeit zu einer regelrechten "Probefahrt-Schnorrerei" geführt hat, wurde von manchen Händlern dazu übergegangen, die Fahrzeug für Erprobungszwecke nur noch gegen einen die Betriebskosten deckenden Kostenbeitrag abzugeben, der im Fall des Fahrzeugkaufs dann auf den Kaufpreis angerechnet werden würde.

Kommt es nun auf einer Probefahrt zu einer Beschädigung des Fahrzeugs, so stellt sich die Frage, ob die ggf. bestehende Vollkaskoversicherung eintrittspflichtig ist oder nicht.

Das Verhältnis zwischen Kunde (Kaufinteressent) und Kfz-Händler ist durch die Rechtsprechung dahingehend geklärt, dass im Falle leichter Fahrlässigkeit beim Zustandekommen des Unfalls ein stillschweigender Haftungsverzicht als vereinbart gilt. Der Kunde (Kaufinteressent) wird im Verhältnis zum Kfz-Händler im Ergebnis immer so behandelt, als bestünde ein Vollkaskoversicherungsvertrag bezüglich des Probefahrtfahrzeugs. Der Probefahrer haftet also für grobe Fahrlässigkeit entweder gegenüber der Versicherung im Regresswege oder gegenüber dem Händler direkt, wenn keine Vollkaskoversicherung abgeschlossen wurde.

Schwieriger ist das Verhältnis des Kfz-Händlers zu seiner Versicherung. Hier muss nämlich darauf geachtet werden, für welche Verwendung des Fahrzeugs die Versicherung abgeschlossen wurde (Verwendungsklausel):


In Betracht kommen bei Probefahrten die Verwendung als Personenkraftwagen oder als Selbstfahrermietfahrzeug. Ein versichertes Fahrzeug wird als Pkw verwendet, wenn es nicht in die Kategorien Taxi, Mietwagen oder Selbstfahrermietfahrzeug einzuordnen ist (Taxi und Mietwagen scheiden aus, weil hierfür die Gestellung eines Fahrers notwendig ist).

Ob eine Verwendung als Selbstfahrermietfahrzeug versichert sein muss, hängt davon ab, ob es sich um eine gewerbsmäßige Vermietung handelt.

Dass lediglich eine Erstattung anteiliger Betriebskosten stattfindet, hindert die Annahme einer entgeltlichen und gewerblichen Vermietung nicht. Wenn beispielsweise die Vermietung nur an einen bestimmten Benutzerkreis erfolgt (z. B. an Kunden einer Reparaturwerkstatt), dann kann auch bei reiner Selbstkostenberechnung eine gewerbliche Vermietung vorliegen (vgl. insoweit OLG Köln VersR 1970, 513; OLG Schleswig VersR 1968, 487 f.).

Das Amtsgericht München r + s 1984, 229 hat entschieden, dass Gewerblichkeit dann vorliegt, wenn ein Kfz-Händler das Fahrzeug überlässt, um den Kaufentschluss eines potentiellen Kunden zu fördern. Auch wenn für die Probefahrt eine Kaution hinterlegt werden muss, von der im Falle eines ausbleibenden Kaufes die Selbstkosten in Abzug gebracht werden, liegt gewerbsmäßige Überlassung vor (OLG Düsseldorf r + s 1994, 205).

Hat also der Kfz-Händler für das Fahrzeug lediglich eine Vollkaskoversicherung zur allgemeinen Verwendung als Pkw (und nicht ausdrücklich für eine höhere Prämie als Selbstfahrermietfahrzeug) abgeschlossen, dann liegt in der dennoch erfolgenden Überlassung an Kunden gegen Entgelt eine Obliegenheitsverletzung, die die Leistungsfreiheit der Versicherung wegen Verstoßes gegen die Verwendungsklausel (§ 2b Abs. 1 Buchst. a AKB) zur Folge hat, wenn wegen dieses Tatbestandes entweder eine Kündigung des Versicherungsvertrages innerhalb der Monatsfrist des § 6 VVG erfolgt oder eine solche Kündigung ausnahmsweise nicht erforderlich ist.

Während also der Kunde durch den stillschweigenden Haftungsverzicht geschützt ist, geht der Kfz-Händler bei einem Verstoß gegen die Verwendungsklausel unter Umständen leer aus.

Ein Haftungsverzicht dürfte allerdings dann nicht in Betracht kommen, wenn der Händler den Kunden darüber aufgeklärt hat, dass die Verwendung des Fahrzeugs gegen Kostenerstattung im Widerspruch zum abgeschlossenen Versicherungsvertrag steht.

Haftpflichtversicherungsrechtlich ergeben sich keine Besonderheiten: Der geschädigte Dritte hat einen Direktanspruch gegen den Versicherer; der Versicherer ist gegenüber dem Kfz-Händler (=Versicherungsnehmer) bei Verstoß gegen die Verwendungsklausel leistungsfrei und kann für seine Aufwendungen dem Dritten gegenüber Regress nehmen, allerdings muss dabei die Regressbegrenzung der AKB (§ 2b Nr. 2 AKB) beachtet werden.

Dem Kunden kann der Versicherer auch insoweit die Leistungsfreiheit nur eingeschränkt entgegenhalten, wie sich aus § 158i VVG ergibt:
"Ist bei der Versicherung für fremde Rechnung der Versicherer dem Versicherungsnehmer gegenüber von der Verpflichtung zur Leistung frei, so kann er dies einem Versicherten, der zur selbständigen Geltendmachung seiner Rechte aus dem Versicherungsvertrag befugt ist, nur dann entgegenhalten, wenn die der Leistungsfreiheit zugrundeliegenden Umstände in der Person dieses Versicherten vorliegen oder wenn diese Umstände dem Versicherten bekannt oder grob fahrlässig nicht bekannt waren. Der Umfang der Leistungspflicht bestimmt sich nach § 158c Abs. 3. § 158c Abs. 4 findet keine Anwendung; § 158c Abs. 5 ist entsprechend anzuwenden. Soweit der Versicherer Leistungen nach Satz 1 gewährt, kann er gegen den Versicherungsnehmer Rückgriff nehmen."
Da eine Aufklärung des Kunden über eine Verstoß gegen die Verwendungsklausel in der Praxis kaum jemals vorkommen wird bzw. der Kunde bei entsprechender Kenntniserlangung sicherlich in der Regel von der Probefahrt Abstand nehmen wird, ist er durch die dargestellten Grundsätze entweder weitgehend gegen unübersehbare wirtschaftliche Risiken geschützt bzw. verdient bei entsprechender Kenntnis von der Obliegenheitsverletzung keinen entsprechenden Schutz.

Zu den hier aufgeworfenen Fragen siehe auch Halm/Fitz, "Versicherungsschutz bei entgeltlichen Probefahrten" in DAR 2006, 433 ff.



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