In verschiedenen rechtlichen Konstellationen hat der Gesetzgeber Haftungserleicherungen und Haftungsausschlüsse geschaffen, die aus sozialen oder sonstigen Angemessenheitsgründen den Haftungsmaßstab zugunsten einer handelnden Person verschieben oder eine Haftung ganz ausschließen.
Dies ist beispielsweise bei Körperverletzungen unter Arbeitskollegen bei der Verrichtung betrieblicher Tätigkeiten hinsichtlich des Schmerzensgeldanspruchs der Fall.
Auch die Rechtsprechung hat verschiedentlich bei bestimmten Konstellationen Haftungsausschlüsse bzw. Haftungserleichterungen zugebilligt; dies ist z. B. bei sog. Gefälligkeitsfahrten oder Probefahrten der Fall, bei denen der Fahrzeugführer dem Fahrzeugeigentümer bei Schäden nicht haftet, wenn ihm nur der Vorwurf leichter Fahrlässigkeit gemacht werden kann.
Auch die Freistellung von Kindern bis zum Alter von 9 Jahren für Schäden im fließenden Verkehr ist ein Beispiel für einen Haftungsausschluss.
BGH v. 07.02.2006:
Bei Beachtung des Rechtsinstituts der bewussten Risikoübernahme oder des Handelns auf eigene Gefahr ist es nach Treu und Glauben anstößig, wenn der jeweilige Geschädigte versucht, denjenigen Schaden auf einen anderen abzuwälzen, den er bewusst in Kauf genommen hat, obschon er ebenso gut in die Lage hätte kommen können, in der sich nun der Schädiger befindet, sich dann aber mit Recht dagegen gewehrt haben würde, diesem Ersatz leisten zu müssen. Es ist das Verbot widersprüchlichen Verhaltens ("venire contra factum proprium"), das es nicht zulässt, dass der Geschädigte den beklagten Schädiger in einem solchen Fall in Anspruch nimmt. Allerdings handelt es sich dabei um eng begrenzte Ausnahmefälle, wie etwa die Teilnahme an Boxkämpfen oder anderen besonders gefährlichen Sportarten, in denen die Rechtsprechung das bewusste Sich-Begeben in eine Situation drohender Eigengefährdung als Grundlage für eine vollständige Haftungsfreistellung des Schädigers in Betracht gezogen hat (Remplertanz).
OLG Koblenz v. 24.04.2006:
Wer durch vorwerfbares Tun einen anderen zu einem selbst gefährdenden Verhalten herausfordert, kann diesem aus unerlaubter Handlung zum Ersatz des Schadens verpflichtet sein, der infolge des gesteigerten Risikos entstanden ist. Ist aber die Verhältnismäßigkeit nicht mehr gewahrt, so fällt eine Körperverletzung desjenigen, der eine Selbstgefährdung vornimmt, nicht mehr in den Schutzbereich der Haftungsnorm. Dies ist der Fall, wenn ein Verkehrsteilnehmer einen Motorradfahrer, der seine Kinder in ordnungswidriger Weise auf dem Motorrad mitnimmt, stellt und an der Weiterfahrt hindern will, wobei er stürzt. Ein Festnahmerecht zur Verhinderung weiterer Ordnungswidrigkeiten besteht nicht. Nothilfe kommt nicht in Betracht, wenn in der gegebenen Situation keine konkrete Gefährdung von Leib oder Leben anderer vorliegt.
BGH v. 10.02.2009:
Zur Annahme einer wechselseitigen Haftungsbeschränkung im Wege ergänzender Vertragsauslegung einer Absprache über das Anmieten und Führen eines Mietwagens im Ausland. Ein Haftungsverzicht, an den bei Abschluss der Vereinbarung niemand gedacht hat, kann im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung auf der Grundlage des § 242 BGB nur ausnahmsweise bei Vorliegen besonderer Umstände angenommen werden. Voraussetzung ist grundsätzlich, dass der Schädiger, wäre die Rechtslage vorher zur Sprache gekommen, einen Haftungsverzicht gefordert und sich der Geschädigte dem ausdrücklichen Ansinnen einer solchen Abmachung billigerweise nicht hätte versagen dürfen.
BGH v. 17.02.2009:
4Eine Haftungsbeschränkung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit, die bei sportlichen Kampfspielen und Wettkämpfen mit erheblichem Gefahrenpotential anzunehmen ist, ist auch für Motocrossfahrten im Trainingsbetrieb anzunehmen.
OLG Karlsruhe v. 27.01.2014:
Die straßenverkehrsrechtlichen Gefährdungshaftung kann von Teilnehmern einer Veranstaltung , bei der Fahrzeuge auf einer geschlossenen Strecke bewegt werden, gegenüber dem Veranstalter zugunsten anderer Teilnehmer wirksam ausgeschlossen werden. Ein solcher Haftungsausschluss ist grundsätzlich auch durch vom Veranstalter gestellte Allgemeine Geschäftsbedingungen möglich.
OLG Hamm v. 02.04.2015:
Zur Frage der stillschweigend vereinbarten Haftungsbegrenzung bei Realisierung eines nicht versicherten Schadensrisikos beim Rangieren fremder Fahrzeuge im Rahmen eines bestehenden Arbeitsverhältnisses mit einem Dritten. - Ist es dem Eigentümer unschwer möglich und zumutbar, sich durch den Abschluss einer Vollkaskoversicherung gegen Schäden an ihrem Eigentum durch von ihr selbst gehaltene Fahrzeuge oder Gespannteile zu versichern, hätte er sich redlicherweise nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) auf eine Beschränkung der Haftung eines seiner Fahrer beim Führen von ihr selbst gehaltener Fahrzeuge auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit im Falle der Beschädigung von in ihrem Eigentum stehenden Fahrzeugen einlassen müssen. Das rechtfertigt es, eine entsprechende Haftungsbeschränkung im Wege der Auslegung als vereinbart anzusehen mit der Folge, dass wegen des einfach fahrlässigen Verhaltens des Fahrers eine über die anteilige Haftung als Fahrer der fremden Zugmaschine hinausgehende Haftung als Fahrer des von der Klägerin gehaltenen Aufliegers nicht in Betracht kommt.
97815870.php" target="_self">OLG Karlsruhe v. 27.01.2014:
Die straßenverkehrsrechtlichen Gefährdungshaftung kann von Teilnehmern einer Veranstaltung , bei der Fahrzeuge auf einer geschlossenen Strecke bewegt werden, gegenüber dem Veranstalter zugunsten anderer Teilnehmer wirksam ausgeschlossen werden. Ein solcher Haftungsausschluss ist grundsätzlich auch durch vom Veranstalter gestellte Allgemeine Geschäftsbedingungen möglich.
OLG Celle v. 16.10.2014:
Erleidet der Beauftragte (oder der berechtigte Geschäftsführer, § 683 S. 1 BGB) bei Ausführung des Auftrages Schäden, sind ihm diese gem. § 670 BGB analog grundsätzlich zu ersetzen. Nimmt der Beauftragte ein mit der Ausführung des Auftrages verbundenes Schadensrisiko freiwillig auf sich, wird der entstandene Schaden einem freiwilligen Vermögensopfer gleichgesetzt. Das ist der Fall, wenn mit der Ausführung des Auftrages seiner Natur nach oder aufgrund besonderer Umstände eine beiden Beteiligten erkennbare Gefahr auch für die Beauftragung verbunden ist (tätigkeitsspezifisches Risiko). Dagegen scheidet nach allgemeiner Meinung ein Anspruch aus, wenn sich nicht ein geschäftstypisches, sondern lediglich das allgemeine Lebensrisiko verwirklicht hat. Kommt es auf Bitten eines Vereins bei einem Transport zu einer Sportveranstaltung zu einem Verkehrsunfall, liegt ein tätigkeitsspezifisches Risiko vor, weil Gegenstand des Auftrags eben der Transport ist.
OLG Stuttgart v. 05.03.2012:
Im Verkehrsunfallprozess hat derjenige, der sich auf das vollständige Zurücktreten seiner eigenen mitwirkenden, nicht erhöhten Betriebsgefahr hinter dem Verantwortungsanteil des Unfallgegners mit der Folge dessen voller Haftung für die Unfallfolgen nach § 17 Abs. 1 und 2 StVG beruft, die tatsächlichen Voraussetzungen zu beweisen, aus denen sich ein schwerwiegender Verkehrsverstoß des Unfallgegners ergibt, der dessen volle Einstandspflicht rechtfertigt.
OLG München v. 13.11.2015:
Die Rechtsbehauptung, die Anwendung des § 7 StVG sei ausgeschlossen, muss von den Parteien nicht erhoben werden. Derjenige, der sich auf den Haftungsausschluss nach § 8 Nr. 1 StVG (Unfallverursachung durch Fahrzeuge, die auf ebener Bahn mit keiner höheren Geschwindigkeit als 20 Kilometer in der Stunde fahren können) beruft, ist darlegungs- und beweisbelastet für die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Bereichsausnahme vom der Gefährdungshaftung.