Den deutschen Führerscheinbehörden ist aufgrund europarechtlicher Vorgaben verwehrt, einem in einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerschein, in dem ein Wohnsitz im Ausstellermitgliedstaat eingetragen ist, die Gültigkeit im Bundesgebiet mit der Begründung zu versagen, es handele sich nach inländischen Erkenntnissen um einen Scheinwohnsitz, den der Betroffene nur begründet habe, um sich einer nach inländischem Recht als Voraussetzung der Neuerteilung der Fahrerlaubnis vorgesehenen Eignungsprüfung zu entziehen.
Anmerkung:
Mit diesem Beschluss gibt das Gericht seine frühere Rechtsprechung zur Frage der rechtsmissbräuchlichen Erlangung einer EU-Fahrerlaubnis - Beschluss vom 03.07.2008 - 1 B 238/08 - wieder auf.
Aus den Entscheidungsgründen:
"Die zulässige Beschwerde gegen den im Tenor bezeichneten Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes, durch den der Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die Verfügung des Antragsgegners vom 28.07.2008 zurückgewiesen wurde, ist begründet.
Zur Begründung seiner Beschwerde bezieht der Antragsteller sich in seinem Schriftsatz vom 18.11.2008 auf die Urteile des Europäischen Gerichtshofes vom 26.06.2008 1 zu der durch die Richtlinie 91/439/EWG vorgegebenen grundsätzlichen Verpflichtung der Mitgliedstaaten, die von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheine anzuerkennen (Art. 1 Abs. 2 RL), und der Frage, unter welchen Voraussetzungen es einem Mitgliedstaat nach der Richtlinie ausnahmsweise nicht verwehrt ist, eine von einem anderen Mitgliedstaat erteilte Fahrberechtigung für sein Hoheitsgebiet nicht anzuerkennen. Dieses nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO der Prüfung im Beschwerdeverfahren unterliegende Vorbringen ist geeignet, die Richtigkeit der erstinstanzlichen - mit der bisherigen Rechtsprechung des Senats in Einklang stehenden - Entscheidung in Frage zu stellen.
Der Fall des Antragstellers zeichnet sich - wie das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen hat - dadurch aus, dass nach Aktenlage davon ausgegangen werden muss, dass der Antragsteller seine nunmehrige Fahrerlaubnis unter rechtsmissbräuchlicher Umgehung der inländischen Vorschriften über die Neuerteilung einer entzogenen Fahrerlaubnis in der Tschechischen Republik erworben hat. Ihm war die Fahrerlaubnis durch Urteil des Amtsgerichts St. Wendel vom 01.09.2006 wegen Trunkenheit im Straßenverkehr bei einem Blutalkoholgehalt von 2,04 ‰ unter Anordnung einer Sperrfrist von vier Monaten entzogen worden. Im Inland hätte ihm eine neue Fahrerlaubnis ohne vorherige Ausräumung der bestehenden Eignungszweifel nicht erteilt werden dürfen (§ 3 StVG i.V.m. § 46 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 und § 13 Nr. 2 c FeV). Am 15.01.2007 hat der Antragsgegner den Antragsteller in einem persönlichen Gespräch auf die Notwendigkeit der Beibringung eines positiven medizinisch-psychologischen Gutachtens hingewiesen, worauf dieser von einer Beantragung der Neuerteilung einer Fahrerlaubnis im Inland abgesehen hat. Am 14.01.2008 hat der Antragsteller, der seinen ständigen Wohnsitz nach Erkenntnissen des Antragsgegners seit 1984 durchgehend in der Gemeinde A-Stadt hat, in der Tschechischen Republik eine neue Fahrerlaubnis der Klasse B erworben, in der als Wohnsitz die tschechische Ortschaft S. eingetragen ist.
Der Europäische Gerichtshof hat in seinen Urteilen vom 26.06.2008 zu der in derartigen Fallgestaltungen aufgeworfenen Missbrauchsproblematik nicht umfassend Stellung bezogen. Insbesondere hat er die Frage, ob es dem Aufnahmemitgliedstaat nach den maßgeblichen europarechtlichen Vorschriften ausnahmsweise erlaubt ist, einer in einem anderen EG-Mitgliedstaat erworbenen Fahrerlaubnis die Anerkennung für sein Hoheitsgebiet zu versagen, wenn dem Fahrerlaubnisinhaber zuvor in seinem Hoheitsgebiet die Fahrerlaubnis entzogen worden ist, ihm nach inländischem Recht wegen fortbestehender Eignungszweifel eine neue Fahrerlaubnis derzeit nicht ausgestellt werden könnte und nach innerstaatlichen Erkenntnissen gewichtige Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der in dem Ausstellermitgliedstaat begründete Wohnsitz nicht wegen persönlicher oder beruflicher Bindungen i.S.d. Art. 9 Abs. 1 RL, sondern allein zum Zweck der Erlangung der Fahrerlaubnis - also aus rechtsmissbräuchlichen Erwägungen - genommen wurde, jedenfalls nicht mit der gebotenen Deutlichkeit und damit nicht abschließend beantwortet. Dennoch ist nach Einschätzung des Senats die Wahrscheinlichkeit, dass der Europäische Gerichtshof bei entsprechender Gelegenheit zu der im Zusammenhang mit der Eignungsfrage aufgeworfenen Missbrauchsproblematik dezidiert Stellung beziehen und in offensichtlichen Missbrauchsfällen ein Recht zur Verweigerung der Anerkennung bejahen wird, zwischenzeitlich als sehr gering einzustufen. Mit Blick auf die Rechtsausführungen des Gerichtshofs zu der Gesamtproblematik der Anerkennung von EU-Fahrerlaubnissen in den zahlreichen in den letzten Jahren ergangenen Entscheidungen - insbesondere auch in dem Beschluss vom 03.07.2008 2 und in dem vor kurzem ergangenen Urteil vom 20.11.2008 3 - zeichnet sich unter Berücksichtigung der zugrunde liegenden Fallgestaltungen keine Tendenz des Gerichtshofs ab, bezüglich der Verpflichtung zur Anerkennung zwischen Fahrerlaubnissen, die nach ordnungsgemäßer Begründung eines Wohnsitzes gemäß Art. 7 Abs. 1 b, 9 Abs. 1 RL in dem Ausstellermitgliedstaat erworben wurden, und Fahrerlaubnissen zu differenzieren, die von dem Mitgliedstaat nach Begründung eines Scheinwohnsitzes ausgestellt wurden.
Den Urteilen des Europäischen Gerichtshofes vom 26.06.2008 lagen Fallgestaltungen zugrunde, in denen eine Neuerteilung der Fahrerlaubnis nach vorausgegangener Fahruntüchtigkeit wegen Alkohol- bzw. Rauschgiftkonsums nach innerstaatlichem Recht nicht ohne Nachweis der Überwindung der Suchtproblematik möglich gewesen wäre. Der Gerichtshof sollte u. a. darüber befinden, ob die Vorschriften der Art. 1 Abs. 2, 7 Abs. 1 a und b sowie 8 Abs. 2 und 4 RL 91/439 EWG es dem Aufnahmemitgliedstaat verwehren, eine zwar außerhalb der Sperrzeit, aber unter Missachtung des Wohnsitzerfordernisses oder der Eignungsvoraussetzungen, die der Aufnahmemitgliedstaat insoweit zur Gewährleistung der Sicherheit des Straßenverkehrs vorsieht, anzuerkennen. Bekanntermaßen beantwortete der Gerichtshof diese Fragen dahingehend, dass Art. 1 Abs. 2 RL den Mitgliedstaaten eine klare und unbedingte Verpflichtung zur gegenseitigen Anerkennung ausgestellter Führerscheine auferlegt, die keinen Ermessensspielraum in Bezug auf die Maßnahmen einräumt, die zu erlassen sind, um dieser Verpflichtung nachzukommen. Es sei Aufgabe des Ausstellermitgliedstaates, zu prüfen, ob die im Gemeinschaftsrecht aufgestellten Mindestvoraussetzungen, insbesondere diejenigen hinsichtlich des Wohnsitzes und der Fahreignung, erfüllt sind und ob somit die Erteilung - gegebenenfalls die Neuerteilung - einer Fahrerlaubnis gerechtfertigt ist. Die anderen Mitgliedstaaten seien nicht befugt, die Beachtung der in der Richtlinie 91/439 aufgestellten Ausstellungsvoraussetzungen durch den Ausstellermitgliedstaat nachzuprüfen. Der Besitz eines von einem Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins sei nämlich als Nachweis dafür anzusehen, dass der Inhaber dieses Führerscheins am Tag der Erteilung des Führerscheins diese Voraussetzungen erfüllt hat. Der Umstand, dass ein Mitgliedstaat gemäß Nr. 5 des Anhangs III der Richtlinie für jede Erteilung eines Führerscheins eine strengere ärztliche Untersuchung als die in diesem Anhang beschriebenen vorschreiben könne, berühre daher nicht die Verpflichtung dieses Mitgliedstaats, die Führerscheine anzuerkennen, die die anderen Mitgliedstaaten entsprechend der Richtlinie ausgestellt haben. Ein Aufnahmemitgliedstaat, der die Erteilung einer Fahrerlaubnis insbesondere nach dem Entzug einer früheren Fahrerlaubnis von strengeren nationalen Voraussetzungen abhängig macht, dürfe daher die Anerkennung eines später von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins weder mit der Begründung ablehnen, dass die nationale Regelung des Ausstellermitgliedstaats nicht dieselben Anforderungen aufstellt, wie sie der Aufnahmemitgliedstaat vorsieht, noch darauf stützen, dass der Inhaber des Führerscheins nach vom Aufnahmemitgliedstaat stammenden Informationen zum Zeitpunkt der Ausstellung des Führerscheins die Voraussetzungen der Richtlinie für dessen Erlangung nicht erfüllt hat. Stelle sich nachträglich heraus, dass ein Fahrerlaubnisinhaber diese Voraussetzungen beim Erwerb nicht erfüllt hat, so sei es alleinige Sache des Ausstellermitgliedstaats, geeignete Maßnahmen zu ergreifen. Habe ein Aufnahmemitgliedstaat triftige Gründe, die Ordnungsgemäßheit eines von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins zu bezweifeln, so habe er dies dem anderen Mitgliedstaat im Rahmen der gegenseitigen Unterstützung und des Informationsaustauschs nach Art. 12 Abs. 3 der Richtlinie mitzuteilen und gegebenenfalls die Möglichkeit, gegen diesen Staat ein Vertragsverletzungsverfahren nach Art. 227 EG einzuleiten. Die Möglichkeit nach Art. 8 Abs. 2 und 4 RL, unter bestimmten Umständen innerstaatliche Vorschriften über Einschränkung, Aussetzung, Entzug oder Aufhebung der Fahrerlaubnis anzuwenden, beschränke sich auf Verhalten des Betroffenen nach Erwerb des von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins. Art. 8 Abs. 4 RL sei eine Ausnahme vom allgemeinen Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung der Führerscheine und aus diesem Grund eng auszulegen. Ein Mitgliedstaat könne sich auf diese Bestimmung nicht berufen, um einer Person, auf die eine Maßnahme des Entzugs oder der Aufhebung einer von diesem Mitgliedstaat erteilten Fahrerlaubnis angewendet wurde, auf unbestimmte Zeit die Anerkennung der Gültigkeit eines Führerscheins zu versagen, der ihr möglicherweise später von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellt wird. Es sei einem Mitgliedstaat verwehrt, die Gültigkeit eines solchen Führerscheins, der außerhalb einer verhängten Sperrfrist ausgestellt worden ist, in seinem Hoheitsgebiet mit der Begründung nicht anzuerkennen, dass der Inhaber des Führerscheins die Voraussetzungen nicht erfüllt hat, die nach den Rechtsvorschriften dieses Staates für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach dem Entzug einer früheren Fahrerlaubnis vorliegen müssen, einschließlich einer Überprüfung der Fahreignung, die bestätigt, dass die Gründe für den Entzug nicht mehr vorliegen. Speziell zu der von der Richtlinie aufgestellten Wohnsitzvoraussetzung hat der Gerichtshof ausgeführt, dass diese mit Blick auf die Einmaligkeit der Fahrerlaubnis als Vorbedingung, die die Prüfung der Einhaltung der übrigen in der Richtlinie aufgestellten Voraussetzungen bei einem Führerscheinbewerber ermöglicht, unerlässlich sei, da sich nach ihr der Ausstellermitgliedstaat bestimmt. Ihr komme daher im Verhältnis zu den übrigen in der Richtlinie aufgestellten Voraussetzungen eine besondere Bedeutung zu. Folglich könne, wenn sich zwar nicht anhand von Informationen des Aufnahmemitgliedstaates, aber auf der Grundlage von Angaben im Führerschein selbst oder anderen vom Ausstellermitgliedstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen feststellen lässt, dass die Wohnsitzvoraussetzung zum Zeitpunkt der Ausstellung des Führerscheins nicht erfüllt war, der Aufnahmemitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet auf den Inhaber dieses Führerscheins eine Maßnahme des Entzugs einer früheren Fahrerlaubnis angewendet worden ist, es ablehnen, die neue, von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellte Fahrerlaubnis anzuerkennen. Abschließend hat der Gerichtshof sich in den Rechtssachen C-329/06 und C-343/06 mit der Möglichkeit einer vorläufigen Aussetzung der Fahrberechtigung, die sich aus einem von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerschein ergibt, befasst und darauf hingewiesen, dass die praktische Wirksamkeit der gegenseitigen Anerkennung der Führerscheine gefährdet wäre, wenn der Aufnahmemitgliedstaat die Aussetzung der sich aus dem Führerschein ergebenden Fahrberechtigung anordnen könnte, während der zweite Mitgliedstaat dessen Ausstellungsmodalitäten überprüft, da die vorläufige Aussetzung in einem solchen Fall auf eine Vermutung der Rechtswidrigkeit des Führerscheins gegründet wäre, was mit dem Umstand, dass der Besitz eines von einem Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins als Nachweis dafür anzusehen ist, dass der Inhaber dieses Führerscheins am Tag der Erteilung des Führerscheins die in der Richtlinie vorgesehenen Ausstellungsvoraussetzungen erfüllt hat, nicht zu vereinbaren sei. Eine vorläufige Aussetzung komme daher nur ausnahmsweise in den Fällen in Betracht, in denen ein Mitgliedstaat ausnahmsweise berechtigt ist, die Anerkennung der Gültigkeit eines von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins nicht anzuerkennen. Es sei dem Aufnahmemitgliedstaat daher nicht verwehrt, die Aussetzung der Fahrberechtigung anzuordnen, wenn sich aus den Angaben im Führerschein oder anderen von dem Ausstellermitgliedstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen ergebe, dass die in Art. 7 Abs. 1 b RL vorgeschriebene Wohnsitzvoraussetzung zum Zeitpunkt der Ausstellung des Führerscheins nicht erfüllt war.
Der Senat hat in seinem Beschluss vom 11.09.2008 - 1 B 286/08 - die Auffassung vertreten, dass der Europäische Gerichtshof sich in den auszugsweise wiedergegebenen Entscheidungen vom 26.06.2008 zur sogenannten Missbrauchsproblematik noch nicht abschließend geäußert hat und hieraus im damaligen Eilrechtsschutzverfahren die Konsequenz gezogen, dass sich die Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren bei der gebotenen summarischen Prüfung als offen darstellen und die deshalb vorzunehmende Interessenabwägung zugunsten des öffentlichen Vollzugsinteresses ausgehen muss, wenn gemessen an den innerstaatlichen Voraussetzungen einer Neuerteilung der Fahrerlaubnis Zweifel an der Kraftfahreignung des im Bundesgebiet wohnhaften Inhabers der ausländischen EU-Fahrerlaubnis bestehen. Hieran hält der Senat nicht mehr fest, da er die Wahrscheinlichkeit, dass der Gerichtshof in Fällen des missbräuchlichen, insbesondere der Vermeidung einer nach inländischem Recht vorgeschriebenen Eignungsprüfung dienenden Erwerbs einer Fahrerlaubnis beispielsweise in Tschechien eine weitere Ausnahme vom Anerkennungsgrundsatz zulassen könnte, mittlerweile als sehr gering einschätzt.
Der Europäische Gerichtshof hat sich in letzter Zeit in zwei weiteren Vorlageverfahren mit der Problematik der Anerkennung ausländischer EU-Fahrerlaubnisse befasst.
In der Rechtssache Möginger 5 hat der Gerichtshof unter Bekräftigung seiner bisherigen Rechtsprechung festgestellt, dass Art. 8 Abs. 4 RL es einem Mitgliedstaat ausnahmsweise nicht verwehrt, es abzulehnen, die Gültigkeit eines von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins anzuerkennen, wenn sein Inhaber zum Zeitpunkt der Ausstellung im ersten Mitgliedstaat einer Sperrfrist für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis unterlag. Nach dem zugrundeliegenden Sachverhalt hatte der Fahrerlaubnisinhaber, der von der deutschen Behörde auf die mangelnden Erfolgsaussichten seines Wiedererteilungsantrags hingewiesen worden war, dies zum Anlass genommen, sich in der Tschechischen Republik um die Erteilung einer Fahrerlaubnis zu bemühen, die ihm sodann noch während der laufenden Sperrfrist erteilt wurde. Obwohl sich bei dieser Sachlage der Tatbestand einer rechtsmissbräuchlichen Umgehung der inländischen Vorschriften aufdrängte, hat der Gerichtshof sich zu dieser in der zweiten - nicht mehr entscheidungsrelevanten - Vorlagefrage ausdrücklich aufgeworfenen Problematik auch nicht ergänzend geäußert. Diese angesichts der Bedeutung klärender Worte für die innerstaatliche Rechtsprechung 6 unverständliche Zurückhaltung spricht dafür, dass der Gerichtshof keine Veranlassung sieht, dem Umstand einer rechtsmissbräuchlichen Umgehung der Eignungsprüfung im Rahmen des eng auszulegenden Tatbestands des Art. 8 Abs. 4 RL eine Ausnahme rechtfertigende Bedeutung beizumessen.
In der Rechtssache Weber 7 war gegenüber dem Fahrerlaubnisinhaber wegen Führens eines Kraftfahrzeugs unter dem Einfluss berauschender Mittel (Cannabis und Amphetamin) im Rahmen eines Bußgeldverfahrens zunächst dessen (deutsche) Fahrerlaubnis für einen Monat ausgesetzt worden. Sodann wurde ein Verfahren zur Prüfung seiner Fahreignung eingeleitet, was den Fahrerlaubnisinhaber zur Abgabe seiner Fahrerlaubnis bei der Verwaltungsbehörde und zur Hinnahme der später in Anknüpfung an den Verkehrsverstoß erfolgenden Entziehung der Fahrerlaubnis durch die Verwaltungsbehörde veranlasste. Noch während der Dauer der Gültigkeit des Fahrverbots war ihm von den tschechischen Behörden eine neue Fahrerlaubnis erteilt worden. Der Gerichtshof hat zu dieser Konstellation ausgeführt, dass Art. 1 Abs. 2 i.V.m. Art. 8 Abs. 2 und Abs. 4 RL dem ersten Mitgliedstaat ausnahmsweise nicht verwehrt, die Anerkennung der während der Gültigkeit der innerstaatlichen Maßnahme (Fahrverbot) erteilten ausländischen Fahrerlaubnis abzulehnen. Auch in diesem Zusammenhang wurde die allgemeine Missbrauchsproblematik nicht zum Anlass einer klarstellenden Erörterung ihrer europarechtlichen Relevanz genommen.
Der derzeitige Stand der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs lässt sich mithin dahingehend zusammenfassen, dass die Mitgliedstaaten grundsätzlich zur gegenseitigen Anerkennung der von anderen Mitgliedstaaten ausgestellten Fahrerlaubnisse verpflichtet, also nicht berechtigt sind, die der Erteilung einer Fahrerlaubnis innewohnende Feststellung des Ausstellermitgliedstaats, dass die durch die Richtlinie vorgegebenen Voraussetzungen einschließlich der Erfordernisse des Wohnsitzes im Ausstellermitgliedstaat und der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen zur Zeit der Ausstellung vorgelegen haben, in Zweifel zu ziehen und zum Anlass eigener Ermittlungen zu nehmen. Eine eigene Überprüfung der Eignung ist nur nach Maßgabe des Art. 8 Abs. 2 RL zulässig, der nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes tatbestandlich voraussetzt, dass die Eignungszweifel durch ein Fehlverhalten des Betroffenen nach der Erteilung der ausländischen Fahrerlaubnis veranlasst sind. 8 Weitere Ausnahmen sind - wie ausgeführt - anerkannt, wenn die ausländische Fahrerlaubnis während einer laufenden Sperrfrist oder während der Gültigkeit einer Aussetzungsmaßnahme (Fahrverbot) ausgestellt wird. Um der Gefahr eines Missbrauchs entgegenzuwirken, erkennt der Gerichtshof zudem hinsichtlich des Wohnsitzerfordernisses unter sehr eingeschränkten Voraussetzungen eine Ausnahme an, wenn sich aufgrund der Angaben im Führerschein selbst oder aufgrund anderer vom Ausstellermitgliedstaat - nicht jedoch vom Aufnahmemitgliedstaat - herrührender und unbestreitbarer Informationen feststeht, dass dieses als besonders bedeutsam im Verhältnis zu den übrigen in der Richtlinie aufgestellten Voraussetzungen eingestufte Erfordernis 9 nicht beachtet wurde. Hinsichtlich der Eignungsfrage scheint der Gerichtshof hingegen - obwohl gerade die Eignungsproblematik der Grund für eine ohne persönliche oder berufliche Bindungen letztlich nur zum Schein erfolgende Wohnsitznahme im Ausstellermitgliedstaat ist - keine Notwendigkeit zu sehen, die offensichtliche Umgehung inländischer Rechtsvorschriften zum Anlass zu nehmen, ein Eingreifen der Ausnahmeregelung des Art. 8 Abs. 4 RL auch nur in Betracht zu ziehen.
Dass den Mitgliedstaaten, deren innerstaatliches Recht von der europarechtlich eröffneten Möglichkeit, gemäß Nr. 5 des Anhangs III der Richtlinie 91/439 über die Mindestanforderungen der Richtlinie hinausgehende Voraussetzungen für die Wiedererteilung von Fahrerlaubnissen aufzustellen, Gebrauch gemacht hat, infolge dieser Rechtsprechung die Verpflichtung auferlegt wird, die eigennützige Umgehung ihrer der Gewährleistung der Verkehrssicherheit und damit dem Allgemeininteresse dienenden Vorschriften zu tolerieren, scheint der Europäische Gerichtshof zum Schutz der in den in Rede stehenden Fällen nicht einmal tangierten Freizügigkeit bzw. Niederlassungsfreiheit als hinnehmbar zu erachten.
Die verfahrensgegenständliche Aberkennung des Rechts, von der tschechischen Fahrerlaubnis im Bundesgebiet Gebrauch zu machen, findet auch in der im Bescheid des Antragsgegners zitierten Vorschrift des Art. 11 Abs. 4 Unterabs. 2 RL 2006/126/EG keine Rechtsgrundlage. Diese Vorschrift der am 20.12.2006 erlassenen sogenannten 3. Führerscheinrichtlinie tritt an die Stelle des Art. 8 Abs. 4 RL 91/439/EWG und ersetzt bei sonst gleichem Wortlaut das dort noch vorgesehene behördliche Ermessen durch eine gebundene Verwaltungsentscheidung. Strittig ist, ob die Vorschrift - wie nach Art. 18 Abs. 2 RL 2006/126/EG anzunehmen ist - ab dem 19.01.2009 gilt 10 oder ob sie gemäß Art. 13 Abs. 2 RL 2006/126/EG erst ab dem 19.01.2013 Wirkung entfaltet. 11 Ebenso gehen die Meinungen auseinander, ob die Neufassung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zum eng auszulegenden Ausnahmecharakter des Art. 8 Abs. 4 RL 91/439/EWG die Grundlage entzieht und den Mitgliedstaaten demzufolge hinsichtlich der Möglichkeit, ausländischen Fahrerlaubnissen die Anerkennung zu versagen, weitergehende Befugnisse einräumt 12 oder ob die bisherige Auslegung der in Bezug genommenen Tatbestandsmerkmale der Einschränkung, Aussetzung oder Entziehung durch den Europäischen Gerichtshof fortgilt. Letzteres hieße, dass die Vorschrift nach wie vor nur Maßnahmen wie Fahrverbote oder zeitlich bestimmte Erteilungssperren, nicht aber die Entziehung der Fahrerlaubnis mit anschließender Möglichkeit einer Neuerteilung nach Ablauf der Sperrfrist und nach Erfüllung etwaiger weiterer Anforderungen (z. B. Vorlage eines positiven Eignungsgutachtens) erfasst. 13 Bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung sprechen aus Sicht des Senats die besseren Argumente für die letztgenannte Auffassung, nach welcher die Änderung die tatbestandlichen Voraussetzungen unberührt lässt und nur die Rechtsfolgenseite betrifft. Demzufolge scheidet Art. 11 Abs. 4 Unterabsatz 2 RL 2006/126/EG vorliegend aus materiell-rechtlichen Gründen als Rechtsgrundlage des verfahrensgegenständlichen Bescheids aus.
Unter diesen Gegebenheiten spricht eine ganz überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass sich die Verfügung des Antragsgegners im Hauptsacheverfahren wegen Nichtvereinbarkeit der ihr als Rechtsgrundlage dienenden innerstaatlichen Vorschrift des § 28 Abs. 4 Nr. 3 FeV mit dem vom Europäischen Gerichtshof in Auslegung der Art. 1 Abs. 2, 7 Abs. 1, 8 Abs. 2 und Abs. 4 RL 91/439/EWG entwickelten Anerkennungsgrundsatz als rechtswidrig erweisen wird. Mit Blick auf die von den innerstaatlichen Behörden zu beachtenden Vorgaben des Gemeinschaftsrechts ist dem Interesse des Antragstellers, von seiner tschechischen Fahrerlaubnis vorläufig auch im Bundesgebiet Gebrauch machen zu dürfen, Vorrang vor dem Vollzugsinteresse des Antragsgegners einzuräumen. ..."