Der Schwacke-Mietpreisspiegel 2008 als Schätzgrundlage ist eine geeignete Schätzgrundlage für die Angemessenheit eines Unfalltarifs. Denn die Studie des Frauenhofer Institutes räumt bereits selbst ein, dass ihre Datenbereitstellung ohne Anspruch auf Richtigkeit, Aktualität und Vollständigkeit erfolgt sei. Die Frauenhofer Untersuchungen geben zum weit überwiegenden Teil nur Auskunft über 6 Internetanbieter. Dagegen spricht für den Schwacke-Mietpreisspiegel 2008 die große Anzahl an Befragungen und berücksichtigten Preise. Auch berücksichtigt der Schwacke-Mietpreisspiegel 2008 die Abbildung regionaler Unterschiede, da er nach 3-stelligen Postleitzahlbezirken differenziert.Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten Schadenersatz.
Die Beklagte haftet dem Kläger aufgrund eines Verkehrsunfalles vom 16.10.2008 gegen 08:30 Uhr in Dresden vollständig auf Schadensersatz, da der bei ihr haftpflichtversicherte Pkw von hinten auf den PKW des Klägers auffuhr.
In der mündlichen Verhandlung am 17.03.2009 erklärten die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache in Höhe eines Betrages von 5 993,46 € übereinstimmend für erledigt. In Höhe von 5,00 € (weitere Kostenpauschale) nahm der Kläger seine Klage am 17.03.2009 zurück.
Mit seiner Klage begehrt der Kläger nunmehr noch ausstehende Mietwagenkosten in Höhe von 1.319,71 €, nachdem die Beklagte auf die Mietwagenrechnung vom 03.11.2008 über einen Betrag in Höhe von 2.375,24 € (Anlage K9) zwischenzeitlich einen Betrag in Höhe von 1.055,53 € gezahlt hat.
Mit Schreiben vom 28.11.2008 forderte der Kläger die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 05.12.2008 zur Zahlung auf.
Der Kläger ist der Auffassung, die ihm am 03.11.2008 in Rechnung gestellten Mietwagenkosten seien erforderlich im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB. Dem Kläger sei insbesondere ein anderer Tarif nicht zugänglich gewesen. Für die Ermittlung des erforderlichen Aufwandes sei der Schwacke-Mietpreisspiegel 2008 heranzuziehen. Der Kläger müsse sich keine ersparten Eigenaufwendungen anrechnen lassen, da ihm nur die Kosten eines klassentieferen Fahrzeuges in Rechnung gestellt worden seien.
Der Kläger beantragt,die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1 319,71 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.12.2008 zu zahlen.Die Beklagte beantragt,die Klage abzuweisen.Sie bestreitet, dass die vom Kläger verursachten Mietwagenkosten im Sinne von § 249 BGB erforderlich seien, vielmehr habe der Kläger ausweislich der Rechnung vom 03.11.2008 ein Mietfahrzeug zum sogenannten (überteuerten) Unfallersatztarif angemietet. Als Schätzgrundlage sei der dem Schwacke-Mietpreisspiegel 2008 methodisch überlegene Marktpreisspiegel Mietwagen-Deutschland 2008 des Frauenhofer Institutes (im Folgenden Studie des Frauenhofer Institutes) zugrunde zu legen. Danach ergebe sich für ein Fahrzeug der (abgerechneten) Gruppe 4 bei einer Anmietdauer von 14 Tagen ein Mietzins in Höhe von 583,74 €.
Der Kläger könne keine Haftungsbefreiungskosten geltend machen, weil sein Fahrzeug eine Kaskoversicherung nicht gehabt habe.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den nicht angekündigten mündlichen Parteivortrag Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die (im Wege der gewillkürten Prozeßstandschaft) zulässige Klage des Klägers ist auch begründet.
Der Kläger hat Anspruch auf weitere Mietwagenkosten in Höhe von 1 319,71 € aus der Rechnung vom 03.11.2008 gemäß §§ 823, 249 BGB, 7 StVG.
1. Der sich aus der Rechnung vom 03.11.2008 ergebende Mietzins stellt sich auch der Höhe nach als erforderlicher Aufwand zum Ausgleich des aufgrund der reparaturbedingten Nichtnutzbarkeit des klägerischen Fahrzeuges erlittenen Nachteils dar.
a) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (vgl.u.a. BGH vom 24.06.2008, Az. VI ZR 234/07 ) kann der Geschädigte vom Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer nach § 249 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur den Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Der Geschädigte ist hierbei nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen (BGH a.a.O.).
Für den Bereich der Mietwagenkosten bedeutet dies, dass der Geschädigte von mehreren auf dem örtlichen relevanten Markt - nicht nur für Unfallgeschädigte - erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeuges grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis, also den „Normaltarif“ ersetzt verlangen kann. Etwas anderes gilt dann, wenn der Geschädigte ein Fahrzeug zum Unfallersatztarif anmietet, der also gegenüber dem „Normaltarif“ teurer ist, aber die Besonderheit dieses Tarifes mit Berücksichtigung auf die Unfallsituation (etwa die Vorfinanzierung, das Risiko eines Ausfalls mit der Ersatzforderung wegen falscher Bewertung der Anteile am Unfallgeschehen durch den Kunden oder das Mietwagenunternehmen und Ähnliches) einen gegenüber dem „Normaltarif“ höheren Preis rechtfertigt.
Die Frage nach der „objektiven“ Erforderlichkeit kann jedoch offen bleiben, wenn zum einen feststeht, dass dem Geschädigten jedenfalls ein günstigerer „Normaltarif“ in der konkreten Situation ohne weiteres zugänglich war oder wenn zur Überzeugung des Gerichtes feststeht, dass dem Geschädigten die Anmietung zum „Normaltarif“ nach den konkreten Umständen nicht zugänglich gewesen ist. In einem solchen Fall kann der Geschädigte den den „Normaltarif“ übersteigenden Betrag im Hinblick auf die gebotene subjektbezogene Schadensbetrachtung auch dann verlangen, wenn die Erhöhung durch unfallspezifische Faktoren nicht gerechtfertigt wäre ( BGH vom 09.10.2007, Az. VI ZR 27/07 ). Die Frage der Zugänglichkeit ist dabei eine Frage des Einzelfalles.
b) Dem Kläger (als Geschädigten) war zur Überzeugung der Kammer zum Zeitpunkt der Anmietung am 17.10.2008 ein günstigerer (anderer) „Normaltarif“ nicht zugänglich.
Für die Frage der Angemessenheit (und damit auch Erstattungsfähigkeit) legt die Kammer als Vergleichs- bzw. Schätzgrundlage den Schwacke-Mietpreisspiegel 2008 zugrunde. Der Unfallzeitpunkt (16.10.2008) liegt dem Erhebungszeitraum des Schwacke-Mietpreisspiegel für das Jahr 2008 am nächsten.
Zwar sind Einwendungen gegen die vom Gericht zugrunde gelegte Schätzgrundlage (hier der Schwacke-Mietpreisspiegel 2008) möglich. Die Beklagte dürfte diese Einwendungen mit ihrem Schriftsatz vom 22.02.2009 auch hinreichend konkretisiert haben, denn sie legt dar, welcher (vorliegend niedriger) Mietpreis sich bei Zugrundelegung der Preise aus der Studie des Frauenhofer Instituts ergibt. Aber die Kammer hält an dem Schwacke-Mietpreisspiegel 2008 als Schätzgrundlage fest. Denn die Studie des Frauenhofer Institutes räumt bereits selbst ein, dass ihre Datenbereitstellung ohne Anspruch auf Richtigkeit, Aktualität und Vollständigkeit erfolgt sei. Die Frauenhofer Untersuchungen geben zum weit überwiegenden Teil nur Auskunft über 6 Internetanbieter. Dagegen spricht für den Schwacke-Mietpreisspiegel 2008 die große Anzahl an Befragungen und berücksichtigten Preise. Auch berücksichtigt der Schwacke-Mietpreisspiegel 2008 die Abbildung regionaler Unterschiede, da er nach 3-stelligen Postleitzahlbezirken differenziert.
c) Bedenken gegen die Angemessenheit des Preises mussten dem Kläger vorliegend nicht kommen.
Aus der Rechnung vom 03.11.2008 ergibt sich ein Tagestarif für die 14 Tage in Höhe von 116,00 netto zuzüglich 19 % MwSt., das heißt von 138,04 € brutto/Tag. Im Rahmen des Vergleiches mit dem gewichteten Mittel des Normalpreises in dem Schwacke-Mietpreisspiegel 2008 ist der Eintagesmietpreis maßgeblich, da bei Anmietung des Fahrzeuges regelmäßig nicht klar ist, für wie viele Tage der Mietwagen benötigt wird, so dass zunächst der Eintagespreis für einen Vergleich relevant wird ( OLG Dresden vom 19.02.2007, Az. 7 U 720/06 ). Ausweislich des Schwacke-Mietpreisspiegels 2008 lag das gewichtete Mittel des Normalpreises in der Fahrzeugklasse 6 und dem Postleitzahlengebiet 010 bei 115,00 € brutto/Tag. Zur Überzeugung der Kammer ist das angemietete Fahrzeug, der Renault Laguna GT, in die Fahrzeugklasse 6 und nicht (wie der Kläger meint) in die Fahrzeugklasse 7 einzuordnen (vgl. auch Schwacke-Mietpreisspiegel 2006). Dies ist aber im Übrigen vorliegend nicht entscheidungserheblich, auch wenn das gewichtete Mittel des Normalpreises in der Fahrzeugklasse 7 und dem Postleitzahlengebiet 010 bei 133,00 € brutto/Tag liegt und damit dem vereinbarten Mietzins (nahezu) entspricht. Denn der von dem Kläger aus der Rechnung vom 03.11.2008 begehrte Mietpreis ist auch bei Einordnung des angemieteten Fahrzeuges in der Klasse 6 nicht erheblich über dem „Normaltarif“ anzusehen, so dass der Kläger zu weiteren Nachfragen nicht gehalten war. Dies setzt nämlich einen „erheblichen“ Unterschied voraus, welcher regelmäßig erst ab einem Preisunterschied von 50 % und mehr angenommen wird (vgl.u.a. BGH v. 13.06.2006, AZ VI ZR 161/05; BGH v. 04.07.2006, AZ VI ZR 237/05 ). Bei einem -wie hier- Mehrbetrag von 20 % (allein bei Einordnung des angemieteten Fahrzeuges in die Fahrzeugklasse 6) bestehen keine Bedenken.
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist nicht die Fahrzeugklasse 4 maßgebend, da die in der Rechnung angegebene „Gr 4“ ersichtlich nicht den Fahrzeugklassen des Schwacke-Mietpreisspiegel 2008 entspricht, sondern (wie auch vom Kläger dargelegt) es sich hierbei um eine interne Angabe des Mietwagenunternehmens handeln dürfte. Dies ergibt sich auch aus dem Zusatz „Unfallersatztarif“ der streitgegenständlichen Rechnung.
Die weiteren Nebenkosten - wie Haftungsbeschränkung und Zustellkosten etc. - sind hier nicht zu berücksichtigen, da diese in dem Schwacke-Mietpreisspiegel 2008 ebenfalls nicht in den genannten Tagespreises des Normaltarifes enthalten sind, sondern in gesonderten Tabellen aufgeführt sind (vgl. OLG a.a.O.).
Der Kläger musste damit Bedenken gegen die Angemessenheit des Preises nicht haben. Insbesondere bestand für ihn auch keine Verpflichtung, sich nach günstigeren Preisen zu erkundigen.
2. Dem Kläger stehen auch die geltend gemachten Haftungsbefreiungskosten in Höhe von 280,00 € netto nebst MwSt zu. Grundsätzlich können Kosten einer für ein Ersatzfahrzeug abgeschlossenen Vollkaskoversicherung auch dann ersatzfähig sein, wenn (wie hier) das eigene Fahrzeug des Geschädigten zum Unfallzeitpunkt nicht vollkaskoversichert war ( BGH v. 15.02 005, Az. VI ZR 74/04, zitiert nach Juris Rn. 11). Einen Ersatz kann der Geschädigte insoweit insbesondere dann verlangen, wenn er während der Mietzeit einem erhöhten wirtschaftlichen Risiko ausgesetzt war, welches insbesondere dann anzunehmen ist, wenn das beschädigte Fahrzeug (wie hier) schon älter war und als Ersatzfahrzeug ein neueres Fahrzeug angemietet wird. Auch schließt sich die Kammer der Auffassung des Bundesgerichtshofes an, wonach der Vollkaskoschutz in der Regel eine adäquate Schadensfolge ist (BGH a.a.O.).
3. Der Kläger hat auch einen Anspruch auf Ersatz der Zweitfahrerversicherung in Höhe von 42,00 € netto nebst MwSt, da das Mietfahrzeug - wie das unfallbeschädigte Fahrzeug auch - nach seinem unbestrittenen Vortrag auch von seiner Ehefrau genutzt worden ist.
4. Der Kläger hat mithin einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung der restlichen Mietwagenkosten in Höhe von 1 319,71 €. Die in der streitgegenständlichen Mietwagenrechnung vom 03.11.2008 nicht berücksichtigten ersparten Eigenaufwendungen des Klägers in Höhe von 10 % der Mietkosten sind vorliegend nicht abzuziehen, da der Kläger ein Fahrzeug der Klasse 6 angemietet hat, dessen Miete damit um rund 10 % geringer ist als die Miete für ein mit dem geschädigten gleichwertigen Pkw der Fahrzeugklasse 7 (Palandt-Heinrichs, Kommentar zum BGB, 66. Aufl., § 249 Rn. 32 m.w.N.).
5. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.
6. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 2, 91a, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO. Die Beklagte hat auch die Kosten bezüglich des übereinstimmend für erledigt erklärten Teiles des Rechtsstreites gemäß § 91a ZPO zu tragen, da sie bei Klageerhebung in Verzug war. Sie hat damit zur Klage Veranlassung gegeben und nach Klageerhebung die (Teil-)forderung dadurch anerkannt, dass sie den Kläger befriedigte. Der Kläger hat die Kosten für seine Rücknahme gemäß § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO zu tragen, wobei diese Zuvielforderung verhältnismäßig geringfügig war und auch keine besonderen Kosten veranlasst hat.
7. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.