Stellt ein Unternehmen ein mobiles Verkehrsschild nicht fachgerecht auf, wird es insbesondere nicht gegen eine Positionsveränderung gesichert und um 90 Grad gegen die Breitseite gedreht, macht es sich gegenüber einem Fahrzeugeigentümer, dessen Fahrzeug durch das Umfallen des Schildes beschädigt wird, schadensersatzpflichtig.
Tatbestand:
Der Kläger fordert von der Beklagten Zahlung in Höhe von € 1.251,53 als Schadensersatz für die Reparatur seines Kraftfahrzeuges.
Der Kläger parkte sein Kraftfahrzeug Skoda Fabia mit dem amtlichen Kennzeichen … am 07.11.07 um 9.50 Uhr an der … in Hamburg. Als er gegen 11.50 Uhr zurückkehrte, war sein Fahrzeug auf der Beifahrerseite am vorderen Drittel des Seitenschwellers eingedellt. In seiner Abwesenheit war ein mobiles Verkehrsschild umgefallen, es lag zwischen der Beifahrerseite seines Wagens und einem daneben parkenden Wagen, welcher ebenfalls beschädigt war.
Mobile Verkehrsschilder werden in der Regel immer 90° verdreht zu deren Breitseite in ihre Sockel gesteckt, da sie dann stabiler stehen und über die kurze Seite des Sockels zur Seite hin – und nicht nach vorne – umfallen, so dass eine Schädigung von dicht daran parkenden Autos oder vorübergehenden Passanten vermieden werden kann.
Der Kläger behauptet, das umgefallene Schild habe die Delle verursacht. Selbst wenn der Vortrag der Beklagten, wonach sie das Verkehrsschild fachgerecht aufgestellt habe, zutreffe, sei die Beklagte schadensersatzpflichtig, denn sie habe es jedenfalls nicht hinreichend kontrolliert. Dass das Schild zum Unfallzeitpunkt nicht fachgerecht aufgestellt war, sei daher der Beklagten anzulasten.
Die Wiederherstellung des schadlosen Zustandes betrage ausweislich des Kostenvoranschlages des Autohauses ... € 1.251,53 inklusive Mehrwertsteuer.
Die klagende Partei beantragt,den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger € 1 251,53 nebst 12 % Zinsen seit dem 07.11.07 zu zahlen.
den Beklagten zu verurteilen, den materiellen Kostenerstattungsanspruch auf der Grundlage von Nr. 2300 VV aus den §§ 7, 17 RVG in Verbindung mit § 249 ff. BGB an den Kläger zu Händen des Rechtsanwalts … in Höhe von € 186,23 nebst 5 %-Punkte Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 247 BGB seit Rechtshängigkeit zu zahlen. Die beklagte Partei beantragt, die Klage abzuweisen.Sie behauptet, das Schild fachgerecht aufgestellt zu haben.
Für den entstandenen Schaden habe sie nicht einzustehen, da sie zudem ihrer Verkehrssicherungspflicht diesbezüglich hinreichend nachgekommen sei. Sie kontrolliere alle von ihr aufgestellten Schilder 3x täglich. Ausweislich des Kontrollfahrtenprotokolls habe ein Mitarbeiter das betreffende Schild am Tag des Unfalles um 07.38 Uhr morgens kontrolliert und keine Beanstandungen festgestellt. Zwar würden gerade in dieser Gegend Schilder häufig umgestellt, da sie die Teppichhändler beim ein- und ausladen behindern würden, dies könne jedoch schlichtweg nicht vollkommen vermieden werden, und daher auch nicht der Beklagten angelastet werden. Das Schild sei eigentlich auch nur wegen des Unwetters umgefallen, für das die Beklagte nicht einzustehen habe.
Schließlich ist die Beklagte der Auffassung, Verzugszinsen können seitens des Klägers nicht bereits ab dem Tage des schädigenden Ereignisses verlangt werden, denn wenn man sich das Ereignis wegdenke, habe der Kläger zu diesem Zeitpunkt nicht das Geld zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes, sondern lediglich ein unbeschädigtes Fahrzeug gehabt. Zudem bestreite er die Höhe der Zinsen.
In der mündlichen Verhandlung vom 28.05.2008 wurden zur Beweiserhebung zwei vom Kläger und zwei von der Beklagten benannte Zeugen vernommen. Auf deren in das Protokoll vom 28.05.2008, Bl. 36–42 der Akte, aufgenommene Aussagen wird Bezug genommen.
Des weiteren hat das Gericht auf Antrag der Beklagten Beweis über die Frage erhoben, ob das Schild der Beklagten den Schaden am klägerischen Fahrzeug hervorgerufen hat. Auf die Ausführungen des Gutachters Dipl.-Ing. … vom 05.01.2009, Bl. 75–78 der Akte, wird Bezug genommen.
Für das weitere Vorbringen der Parteien wird ergänzend Bezug genommen auf den Sachvortrag in den Schriftsätzen nebst Anlagen sowie die zu Protokoll gegebenen Erklärungen.
Entscheidungsgründe:
1. Die Klage ist zulässig und im tenorierten Umfang begründet. Der Anspruch des Klägers ergibt sich aus § 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 249 BGB. Die Beklagte hat das zumindest im Miteigentum des Klägers stehende Kraftfahrzeug widerrechtlich und schuldhaft verletzt, da bereits die Aufstellung des Verkehrsschildes nicht ordnungsgemäß erfolgte, was zur Schädigung des Fahrzeuges durch das darauffallende Verkehrsschild führte.
Ausweislich der vom Kläger nach dem Unfall gefertigten Fotos war das Schild jedoch nicht 90° verdreht zur Breitseite, sondern parallel hierzu in den 34 kg schweren Sockel gesteckt. Deshalb war es nach vorne umgefallen und hatte dabei das Kraftfahrzeug des Klägers beschädigt.
Ursächlich für das Umfallen des Schildes waren damit zwei Faktoren: Erstens herrschte an diesem Vormittag ein ungewöhnlich starker Wind; zweitens war das Verkehrszeichen nicht fachgerecht in seinem Sockel („Ballastkörper“) verankert.
Das nicht fachgerechte Aufstellen war auch kausal für die Schädigung, denn der Sachverständige hat festgestellt, dass die Eindellung im vorderen Drittel des Vorderschwellers durch den Aufprall des Verkehrsschildes hervorgerufen worden ist. Zwar mag auch der außergewöhnlich starke Wind zum Umfallen des Schildes beigetragen haben. Dies lässt eine Schadensersatzpflicht der Beklagten jedoch nicht entfallen, denn, wenn man überhaupt davon ausgeht, dass das Schild auch bei fachgerechter Aufstellung umgestürzt wäre, so wäre es nicht über die lange Seite seines Sockels auf das Fahrzeug des Klägers, sondern zur Seite hin umgestürzt, wodurch ein Schaden nicht entstanden wäre.
Schließlich hat die Beklagte das schädigende Ereignis verschuldet, da sie sich durch Außer-Acht-Lassen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt fahrlässig im Sinne des § 276 Abs. 1, 2 BGB verhielt. Hier ist unerheblich, ob die Beklagte das Schild – wie behauptet – 3x täglich kontrolliert hat. Denn es fehlt bereits an einer fachgerechten Aufstellung. Zwar hat die Beklagte dargelegt, dass sie Schilder immer 90° verdreht zur Breitseite aufstellt. Jedoch hat sie das Schild nicht gegen unbefugtes Verstellen gesichert. Das Schild mitsamt seinem Stiel ließ sich nach Aussage des bei der Beklagten beschäftigten Zeugen … ohne Einsatz von Werkzeug aus seinem Sockel ziehen. Es war also nicht durch einen Querstift in den Ballastkörpern verankert oder durch ein Schloss gegen ein Auseinandernehmen und Fortbewegen gesichert. Dies allein schon gereicht zur Annahme eines der Beklagten zuzurechnenden fahrlässigen Verhaltens.
Hier war die Beklagte insbesondere zum Treffen erhöhter Sicherheitsvorkehrungen verpflichtet, da sie ausweislich der Aussage des Zeugen … wusste, dass die von ihr aufgestellten Schilder oft verrückt wurden.
Das Umrücken von Verkehrsschildern durch Dritte ist auch nicht als „grober Unfug“, also ein ganz unvernünftiges äußerst leichtfertiges Verhalten, zu qualifizieren, was eine Verkehrssicherungspflicht ausscheiden lassen würde oder zumindest eine Haftung mangels Verletzung des Schutzbereich des § 823 BGB ausscheiden lassen würde (vgl. OLG Saarbrücken, Urt.v. 07.07.2005, Az. 8 U 334/04, Rn. 8 – zitiert nach juris [Fall, in dem ein Jugendlicher von einem 1,85 Tonnen schweren Stahlbetonrohr verletzt wurde, welches seine Begleiter durch rhythmisches Aufschaukeln mit den Beinen in Bewegung gebracht hatten] = MDR 2006, 517f.), sondern es ist vielmehr zwar ein Übel, leider jedoch – wie der Zeuge …, ein Mitarbeiter der Beklagten, in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat – in Hamburg äußerst verbreitet. Insoweit liegt der Fall vergleichbar mit dem vom BGH am 16.09.1975 entschiedenen Fall eines rund 47 kg schweren Abdeckrostes über einem Lüftungsschacht (Vgl. BGH, Urteil v. 16.09.1975 – VI ZR 156/74, MDR 1976, 134).
2. Laut Sachverständigengutachten entstand ein Schaden in Höhe von € 593,10 zuzüglich Mehrwertsteuer. Das Gericht hat keinen Anlass, die Ausführungen des Sachverständigen anzuzweifeln, dieser zeichnet sich durch seine langjährige forensische Tätigkeit im streitgegenständlichen Bereich aus.
3. Die vorgerichtlichen Kosten des Prozessbevollmächtigten kann der Kläger als Verzugsschaden gem. §§ 280 Abs. 2, 286 BGB geltend machen. Eine vorangehende Mahnung durch den Kläger war gem. § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB entbehrlich, da die Versicherung der Beklagten die Leistung an den Kläger mit Schreiben vom 12.11.2007 ernsthaft und endgültig verweigert hatte.
Die Zinsen für den Schadensersatzanspruch ergeben sich aus §§ 286, 288 BGB. Der Schuldner einer Forderung aus § 823 Abs. 1 BGB gerät gem. § 286 Abs. 2 Nr. 4 BGB ohne Mahnung in Verzug, da er die seinem Glaubiger entzogene Sache ohne besondere Aufforderung aushändigen muss ( Ernst in: MüKo BGB-Kommentar, 5. Aufl. 2007, § 286 Rn. 69 m.w.Nachw.). Nichts anderes kann bei einem deliktischen Anspruch gelten, der zwar nicht Sachentzug, jedoch Sachbeschädigung ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Klägerin muss die Kostenquote für die geltend gemachte Umsatzsteuer tragen, da sie nicht, wie es § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB verlangt, vorgetragen hat, dass die Umsatzsteuer bereits angefallen ist.
Im Übrigen waren die Kosten der Beklagten aufzuerlegen, weil sie das von ihr – insbesondere auch unter dem für das Gericht unverständlichen Bestreiten der Unfallursache – beantragte Sachverständigengutachten Kosten verursachte, die nicht dem Kläger anzulasten sind. Zwar stellte der Sachverständige – für die Beklagte positiv – eine deutlich geringere Schadenshöhe fest, jedoch ist das Verteidigungsmittel insofern für die Beklagte erfolglos geblieben, als er als Ursache zweifelsfrei das umfallende Verkehrsschild feststellte. Zudem wird aus den Ausführungen des Sachverständigen deutlich, dass er zu einer geringeren Schadenshöhe nur kam, weil er eine neue Reparaturmethode als angemessen erachtet. Dies kann indes einem Kläger, der zur Bezifferung seines Schadensersatzanspruches ein Angebot einer zugelassenen Autoreparaturwerkstatt einreicht, nicht zum Nachteil gereichen (vgl. auch LG Nürnberg, Urt.v. 29.02.2008, Az. 8 O 10691/06, Orientierungssatz sowie Rn. 17 „nachvollziehbare Fehleinschätzung“ – zitiert nach juris; anderer Ansicht: Herget in: Zöller, ZPO-Kommentar, 27. Aufl. 2009, § 92 Rn. 12).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.