Zur Obliegenheitsverletzung in der Fahrzeugversicherung wegen Falschangaben zum Rahmengeschehen eines behaupteten Versicherungsfalles (VVG a.F.)
Gründe:
Die Darstellung des Tatbestandes entfällt gemäß §§ 313a, 540 Abs. 1 ZPO.
Die zulässige Klage ist unbegründet. Im Ergebnis zu Recht hat das Amtsgericht die Klage abgewiesen.
Es kann offen bleiben, ob dem Kläger der Beweis der Mindesttatsachen für das äußere Bild eines Kraftfahrzeugdiebstahls (vgl. hierzu BGH NJW-RR 1998, 1243, BGH NJW 1995, 2169) mittels der vernommenen Zeugen gelungen ist. Denn jedenfalls ist die Beklagte wegen Obliegenheitsverletzungen des Klägers leistungsfrei geworden, § 6 Abs. 3 VVG a.F. in Verbindung mit § 7 Nr. V. Abs. 4 AKB.
1. Gem. § 7 Nr. 1. Abs. 2 Satz 3 AKB bestand für den Kläger als Versicherungsnehmer die Obliegenheit, im Versicherungsfall alles zu tun, was zur Aufklärung des Tatbestandes und zur Minderung des Schadens dienlich sein kann. Dies beinhaltet eine Aufklärungsobliegenheit, wonach der Versicherungsnehmer u.a. verpflichtet ist, den Schadenshergang vollständig und zutreffend zu schildern und die ihm diesbezüglich vom Versicherer gestellten Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten.
2. Diese Obliegenheit hat der Kläger objektiv verletzt. Er hat zum einen in dem Fragebogen zum Diebstahlsschaden das Datum des Abstellens des Motorrades mit dem 09.11.2007 angegeben, was nach der eigenen Einlassung des Klägers unstreitig falsch ist. Auch die Antwort auf die Frage „Was war der Zweck der Fahrt zum Abstellort?" ist objektiv unzutreffend beantwortet. Der Kläger hat insoweit erklärt „Motorrad wurde von der Werkstatt dorthin zur Abholung gebracht“.
3. Die Antworten des Klägers betrafen Vorgänge, die Gegenstand seiner eigenen Wahrnehmung waren. Die erforderliche Kenntnis von dem anzugebenden Sachverhalt lag mithin beim Kläger vor.
4. Der Kläger hat nicht bewiesen, dass die Obliegenheitsverletzung nicht vorsätzlich erfolgt ist, obwohl er hierfür die Beweislast trägt (vgl. Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 6 VVG, Rdn. 124 m.w.N.). Soweit der Kläger geltend macht, die Falschangaben beruhten auf einem Missverständnis in der Kommunikation mit seiner Prozessbevollmächtigten und/oder auf einer Überforderung, so kann dem kein Glauben geschenkt werden. Zum einen fehlt es bereits an einer näheren Darlegung dazu, wie es zu einem Kommunikationsversehen gekommen sein könnte. Dass die zutreffende Beantwortung der Fragen an einer Überforderung des Klägers scheiterte, erscheint dem Gericht ebenfalls nicht nachvollziehbar, nachdem der Kläger in Versicherungsdingen nach dem unstreitigen Sachverhalt nicht unerfahren war. So hat er in mehreren Fällen für die Pkws anderer Personen Fahrzeugversicherungen genommen. Wie der Kläger weiter bei seiner persönlichen Anhörung eingeräumt hat, führte er die Abwicklung des Schadens an dem Pkw des Zeugen N. vom 15.05.2004 durch.
Bei alledem streitet gegen eine Falschangabe aus bloßer Überforderung oder aufgrund eines Missverständnisses der weitere Umstand, dass der Kläger gegenüber der Polizei wiederum andere Angaben zum Rahmengeschehen machte. So will er nach seinen Angaben vom 30.11.2007 gegenüber der Polizei das Motorrad am 08.11.2007 von der Firma D. abgeholt und dann zur G- Straße gefahren haben. Hier habe es einen halben Tag in der Garage gestanden, bevor die Garage des „Kollegen“ habe renoviert werden müssen. Von einem solchen Sachverhalt war wiederum später nicht die Rede. Es drängte sich vielmehr der Eindruck auf, der Kläger wolle – mit untauglichen Mitteln – eine plausible Erklärung dafür liefern, dass er das Motorrad offen auf der G- Straße und nicht in der Nähe seiner Wohnung abstellte. Für diesen Tatbestand vermochte er auch bei seiner persönlichen Anhörung keinen plausiblen Grund vorbringen. Soweit der Kläger seit einiger Zeit Sozialleistungen bezieht mag hierin das maßgebliche Motiv gelegen haben, das Fahrzeug nicht vor der eigenen Haustür abzustellen. Trifft dies zu, so spricht auch dies gegen die Glaubwürdigkeit des Klägers, was wiederum gegen eine Widerlegung der oben genannten Vorsatzvermutung streitet.
Auch hinsichtlich des unzutreffend genannten Datums lag bereits mit der Nennung des 08.11.2007 gegenüber der Polizei eine abweichende Angabe vor. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Kläger gegenüber der Polizei dieses Datum nannte, weil eine Rechnung vom 07.11.2007 existiert und der Kläger so die zeitlichen Zusammenhänge plausibel machen wollte. Auch insoweit kann von einer Widerlegung der Vorsatzvermutung nicht die Rede sein. Vielmehr spricht Vorstehendes insgesamt für eine vorsätzliche Falschangabe.
5. Die Leistungsfreiheit entfällt vorliegend auch nicht nach den Grundsätzen der Relevanzrechtsprechung. Leistungsfreiheit setzt danach voraus, dass die Obliegenheitsverletzung generell geeignet ist, die berechtigten Interessen des Versicherers ernsthaft zu gefährden, ein erhebliches Verschulden des Versicherungsnehmers vorliegt und dieser über die Möglichkeit des Anspruchsverlustes auch bei folgenlosen Obliegenheitsverletzungen ordnungsgemäß belehrt worden ist (BGH, VersR 1982, 182; BGH, VersR 1984, 228).
a) Falschangaben zum Zeitpunkt und Rahmengeschehen eines Versicherungsfalles sind generell geeignet, die Interessen des Versicherers ernsthaft zu gefährden. Diesem wird dadurch die Möglichkeit genommen oder beschnitten, eine Vortäuschung einer behaupteten Entwendung sowie die vorsätzliche Herbeiführung des Versicherungsfalles durch den Versicherungsnehmer zu beweisen (OLG Hamm, r + s 1987, 335; vgl. OLG Frankfurt, VersR 1974, 738).
b) Die im Falle einer vorsätzlichen Obliegenheitsverletzung bestehende Vermutung für ein erhebliches Verschulden (Prölss/Martin, a.a.O., § 7 AKB, Rdn. 80) ist nicht widerlegt. Insofern gelten hier die Ausführungen zu Ziff. 4. des Urteils sinngemäß.
c) Die erforderliche drucktechnisch hervorgehobene Belehrung ist durch den Absatz am Ende des Fragebogens zum Diebstahlschaden hinreichend erfolgt. Die inhaltlich zutreffende Belehrung befindet sich im Fettdruck direkt über der Unterschriftenzeile.
Nach alledem war zu erkennen wie geschehen.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97, 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Eine Zulassung der Revision war nicht veranlasst, § 543 Abs. 2 ZPO.