Hinsichtlich einer ohne richterliche Anordnung entnommenen Blutprobe besteht kein Beweisverwertungsverbot, wenn die Entnahme nachts erfolgt, weil in Bayern ab 21:00 Uhr kein richterlicher Bereitschaftsdienst mehr besteht. Auch die mangelnde schriftliche Dokumentation der Umstände der Entnahmeanordnung führt nicht zu einem Beweisverwertungsverbot.
Gründe:
Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Rechtsbeschwerde hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben ( § 349 Abs. 2 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG ).
Zur Begründung wird auf die – auch unter Berücksichtigung der Gegenerklärung der Verteidigung – im Ergebnis zutreffende Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg in ihrer Antragsschrift vom 29.10.2009 Bezug genommen.
Ergänzend bemerkt der Senat:
Das Sachverständigengutachten über die Blutalkoholkonzentration des Betroffenen durfte vorliegend verwertet werden. Der Betroffene wurde am Donnerstag, 05.02.2009 um 23.50 Uhr in A. einer Polizeikontrolle unterzogen, wobei Alkoholgeruch festgestellt wurde und ein freiwilliger Alkoholtest 0,45 mg/l ergeben hat. Nachdem der Betroffene aufgrund von Problemen mit den Atemwegen zur Durchführung einer Atemalkoholmessung am Messgerät ‚Dräger Evidential‘ nicht in der Lage war, wurde kurz darauf vom Polizeibeamten die Blutentnahme angeordnet, welche eine Blutalkoholkonzentration von 0,91 Promille ergab. Vor der Anordnung der Blutentnahme hat der Polizeibeamte nicht versucht, einen Staatsanwalt oder Bereitschaftsrichter zu erreichen, da diese Anordnungen immer von der Polizei getroffen worden sind. Eine Dokumentation durch den Polizeibeamten, warum Gefahr im Verzug vorlag, ist nicht erfolgt.
Das Amtsgericht ist davon ausgegangen, dass die Anordnung durch den Polizeibeamten unter Missachtung der Regelung des § 81a Abs. 2 StPO erfolgt ist, da der Polizeibeamte nicht den Versuch unternommen hat, eine Anordnung des zuständigen Richters zu erreichen und das Vorliegen von Gefahr im Verzug auch nicht dokumentiert hat.
Es entspricht zwar der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes, dass bei Vorliegen eines Richtervorbehaltes – auch wenn dieser wie in § 81a Abs. 2 StPO nur einfachgesetzlicher Natur ist – Polizei und Staatsanwaltschaft die Regelzuständigkeit des Ermittlungsrichters nicht unterlaufen dürfen. Deshalb muss in aller Regel der Versuch unternommen werden, einen Ermittlungsrichter zu erreichen, wobei diese Bemühungen nicht unter Hinweis darauf unterbleiben dürfen, dass eine richterliche Entscheidung zur maßgeblichen Zeit gewöhnlicherweise nicht mehr zu erlangen ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 04.02.2005, Az. 2 BvR 308/04, Rn. 13; NJW 2005, 1637; BVerfG NJW 2007, 1345, 1346). Allerdings erfolgte in den vorgenannten, vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Fällen die Anordnung der Durchsuchung um 19.00 Uhr, nachdem die Polizeibeamten bereits um 17.00 Uhr auf den Beschuldigten aufmerksam wurden, bzw. die Anordnung der Blutentnahme um 9.00 Uhr.
In Bayern besteht ein richterlicher Bereitschaftsdienst aufgrund der Anordnung des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz vom 10.12.2007 (Geschäftszeichen: 2043-IV-10673/07) lediglich zwischen 6.00 Uhr und 21.00 Uhr. Dies ist auch den Ermittlungsbehörden bekannt. Es ist daher ausgeschlossen, gegen Mitternacht einen Ermittlungsrichter zu erreichen. Von daher durfte – entgegen der Auffassung des Amtsgerichts – der Polizeibeamte wegen Vorliegens von Gefahr in Verzug die Blutentnahme anordnen, da bis zur Erreichbarkeit eines Richters am nächsten Morgen um 6.00 Uhr eine Gefährdung des Untersuchungserfolges (§ 81a Abs. 2 StPO) auf der Hand lag.
Ein Verwertungsverbot besteht auch nicht deshalb, weil der Polizeibeamte die erforderliche Dokumentation unterlassen hat (vgl. auch OLG Bamberg, Beschluss vom 19.03.2009, Az. 2 Ss 15/09, Rn. 30 ff). Die Ermittlungsperson, die unter Annahme von Gefahr in Verzug gemäß § 81a Abs. 2 StPO eine Blutentnahme anordnet, ist verpflichtet, die hierfür maßgeblichen Gründe schriftlich zu dokumentieren. Das Gebot effektiven Rechtschutzes verlangt, dass die anordnende Stelle ihre Entscheidung mit den maßgeblichen Gründen schriftlich niederlegt, um so eine nachträgliche gerichtliche Überprüfung zu ermöglichen (vgl. BVerfGE 103, 142, 156 ff ). Diese Dokumentation ist vorliegend nicht vorgenommen worden. Bei der Frage, ob ein Beweisverwertungsverbot vorliegt, ist die fehlende Dokumentation aber nur eines von mehreren Kriterien, die bei der erforderlichen Abwägung Beachtung finden können. Die fehlende Dokumentation für sich allein führt grundsätzlich nicht zu einem Beweisverwertungsverbot (vgl. BGH NStZ-RR 2007, 242, 243 unter Hinweis auf BGH NStZ 2005, 392, 393). Dies ist auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (BVerfG NJW 2008, 3053, 3054).
Soweit die Oberlandesgerichte Hamm ( StV 2009, 459) bzw. Celle ( StV 2009, 518) ein Beweisverwertungsverbot dann annehmen, wenn sich der Polizeibeamte keinerlei Gedanken über das Vorliegen von Gefahr im Verzug macht, ist dies auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Die Anordnung der Blutentnahme erfolgte in den zugrunde liegenden Fällen um 19.00 Uhr bzw. um 12.10 Uhr und damit zu einem Zeitpunkt, in dem die Erreichbarkeit eines Richters nahelag. Hier hingegen wurde die Anordnung der Blutentnahme gegen Mitternacht getroffen, also zu einer Zeit, in der die Erreichbarkeit des Richters ausgeschlossen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG.
Gemäß § 80a Abs. 1 OWiG entscheidet der Einzelrichter.