Auch ein im Einsatz befindliches Polizeifahrzeug unterliegt der verschuldensunabhängigen Haftung aus der Betriebsgefahr (hier: Schaffung eines künstlichen Staus).
Tenor:
- Die Berufung des Beklagten zu 2) gegen das Urteil des Landgerichts Würzburg vom 28. September 2005 wird gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO unter Bezugnahme auf die Hinweisverfügung vom 6. April 2006 einstimmig zurückgewiesen.
- Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 250.000,00 € gesetzt.
- Der Beklagte zu 2) hat seine im Berufungsverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu tragen. Im Übrigen kann über die Kosten erst im Rahmen der Entscheidung über die Berufung der Beklagten zu 1) entschieden werden.
Gründe:
Die Stellungnahme des Beklagten zu 2) vom 16. Mai 2006 rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Der Senat verbleibt nach erneuter Überprüfung und unter Beachtung dieses Schriftsatzes bei seiner Überzeugung, dass der Beklagte zu 2) für die Folgen des Verkehrsunfalls vom 5. November 2003 unter dem Gesichtspunkt der Gefährdungshaftung einzustehen hat.
Die (ursprünglichen) Bedenken des Senates gegen die vom Beklagten zu 2) so genannte "Verfahrensabspaltung" bezogen sich darauf, dass das Grund- und Teilurteil vom 29. November 2004, welches Gegenstand des Berufungsverfahrens 5 U 247/04 ist, nicht über den Feststellungsantrag gegen die Beklagte zu 1), nämlich die X. Versicherungs-Gesellschaft a. G., (mit-)entschieden hatte. Sie beschränkten sich daher auf das Prozessrechtsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1). Die Klage gegen den Beklagten zu 2) war von jenem Urteil aber nicht tangiert, sodass hierdurch auch keine Rechte des Beklagten zu 2) verletzt werden konnten. Die Entscheidung BGH NJW 2000, 137 ff., besagt nichts anderes. Die Verurteilung des Beklagten zu 2) in dem hier angefochtenen Urteil als Gesamtschuldner mit der Beklagten zu 1) begründet für sich allein keine Beschwer. Im Übrigen hält der Senat an seinen Ausführungen unter Ziffer 1. a. der Hinweisverfügung vom 06.04.2006 fest. Auch eine unzulässige Teil-Zurückweisung der Berufung liegt nicht vor, da das Rechtsmittel des Beklagten zu 2) als Ganzes zurückgewiesen wird und auch im Urteilsverfahren ein Teil-Urteil zulässig wäre, nachdem insoweit Entscheidungsreife gegeben ist (§ 301 Abs. 1 ZPO).
Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung, die eine Zurückweisung der Berufung ausschlösse (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO). Seine Wertung, dass die von den Oberlandesgerichten Hamm und Koblenz (vgl. Seite 8 der Stellungnahme vom 16.05.2006, 2. Absatz - Blatt 422 d. A.) entschiedenen Sachverhalte mit dem hier vorliegenden nicht vergleichbar sind, hat der Senat in der Hinweisverfügung dargelegt. Die Auffassung des Beklagten zu 2), für ein (Polizei-) Fahrzeug im Einsatz greife die Betriebsgefahr im Sinne des § 7 StVG generell nicht ein, findet in der höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung keine Stütze. Bei der Beteiligung von Sonderrechtsfahrzeugen wird vielmehr - selbstverständlich - in die jeweils vorgenommene Abwägung der Verursachungsbeiträge auch die Betriebsgefahr der Einsatzfahrzeuge eingestellt (vgl. z. B. BGHZ 63, 327, OLG Nürnberg, NZV 2001, 430; OLG Hamm, Versicherungsrecht 1997, 1547).
Die Betriebsgefahr des Fahrzeuges T. wird nicht durch "die polizeiliche Anordnung des Langsamfahrens" sondern dadurch begründet, dass dieses Fahrzeug durch seine Fahrweise tatsächlich den nachfolgenden Verkehr verlangsamte und auch zu stauen versuchte, also in den Verkehrsfluss eingriff. Dass die Reaktion des Fahrzeugführers B. nicht außerhalb jeglicher Erfahrung lag, hat der Senat ausgeführt. Die Einwände des Beklagten zu 2) hiergegen greifen nicht durch. Gleiches gilt hinsichtlich des Verhaltens des tschechischen Fahrzeugführers. Im Übrigen wiederholt und vertieft die Stellungnahme vom 16.05.2006 nur den bereits in der Berufungsbegründung erstatteten Sachvortrag des Beklagten zu 2), mit dem sich der Senat in der Hinweisverfügung eingehend auseinandergesetzt hat. Da die Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO vorliegen, ist die Berufung auf dem Beschlusswege zurückzuweisen. Die Auffassung des Beklagten zu 2), eine solche Entscheidung sei wegen ihrer gesetzlich bestimmten Unanfechtbarkeit und der rechtlichen Komplexität der Sache vorliegend unzulässig, findet weder im Gesetz noch in Judikatur und Literatur eine Stütze. Aus der zwischen Eingang der Berufungsbegründung und Erlass der Hinweisverfügung liegenden Zeitspanne kann im Übrigen nicht auf eine besondere Schwierigkeit der Sache geschlossen werden. Die Verfahrensdauer war ersichtlich durch Feiertage, den Jahreswechsel, die Urlaubs- und Ferienzeit sowie (vgl. Mitteilung vom 27.02.2006 = Blatt 407 d. A.) Erkrankung von Senatsmitgliedern bestimmt.
Auf die Frage einer Haftung des Beklagten zu 2) wegen möglichen Verschuldens seiner Beamten kommt es vorliegend (noch) nicht an. Diese Problematik wird erst bei der Entscheidung über die Höhe des Schmerzensgeldes des Klägers eine Rolle spielen.