Das Zuparken eines anderen Verkehrsteilnehmers stellt eine gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar und rechtfertigt das Umsetzen des Kfz durch die Polizei. Die öffentliche Sicherheit umfasst neben dem Schutz von Leib und Leben die öffentliche Rechtsordnung schlechthin. Eine Gefahr bzw. Störung liegt daher bereits dann vor, wenn gegen öffentlich-rechtliche - hier straßenverkehrsrechtliche - Vorschriften verstoßen wird.
Tatbestand:
Am 14. Februar 2008 wurden Polizeibeamte des Beklagten um 19.20 wegen einer Verkehrsbehinderung zum I...platz in E. gerufen. Auf dem dortigen Parkplatz stellten sie fest, dass der Pkw des Klägers mit dem amtlichen Kennzeichen so dicht links neben dem Pkw der Zeugen N. geparkt war, dass es den Zeugen unmöglich war, ihren Pkw rückwärts aus der Parktasche herauszufahren. Da der Kläger telefonisch nicht zu erreichen war, ließen die Polizeibeamten den Pkw des Klägers um 19.45 Uhr durch ein Abschleppunternehmen versetzen, um den Zeugen das Herausfahren aus der Parktasche zu ermöglichen.
Mit Anhörungsschreiben vom 20. Februar 2008 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass er beabsichtige, für den Polizeieinsatz eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 90,00 EUR zu erheben und die Erstattung der Kosten der Versetzung in Höhe von 119,00 EUR zu fordern.
Mit Bescheiden vom 18. März 2008 forderte der Beklagte den Kläger auf, die Kosten der Versetzung in Höhe von 119,00 EUR zu erstatten, und setzte eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 90,00 EUR gegen den Kläger fest.
Der Kläger hat am 17. April 2008 Klage erhoben.
Er hält die angefochtenen Bescheide für rechtswidrig und macht geltend, dass eine Verkehrsbehinderung nicht vorgelegen habe. Zwar hätten die Fahrzeuge dicht nebeneinander gestanden, jedoch hätte das Fahrzeug der Zeugen nach hinten zurückgesetzt werden können. Mit dem Zurücksetzen des Fahrzeugs der Zeugen, gegebenenfalls unter Einklappen der Außenspiegel und mit Einweisung, hätte ein milderes Mittel zur Verfügung gestanden. In dem Versetzungsvorgang durch das Abschleppunternehmen habe gerade ein höheres Risiko der Beschädigung der Fahrzeuge bestanden.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich,den Leistungsbescheid und den Gebührenbescheid des Beklagten vom 18. März 2008 aufzuheben.Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,die Klage abzuweisen.Er hält die Klage für unbegründet und vertritt die Auffassung, dass das Versetzen des klägerischen Pkws rechtmäßig gewesen sei. Das Fahrzeug sei so dicht am Fahrzeug der Zeugen abgestellt worden, dass es für diese nicht möglich gewesen sei, aus der Parktasche herauszufahren, ohne eines der beiden Fahrzeuge zu beschädigen. Ein Versuch der Einsatzleitstelle, den Kläger telefonisch zu erreichen, sei erfolglos gewesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der von dem Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 87 a Abs. 2 und 3, 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung durch den Berichterstatter.
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Die angefochtenen Bescheide des Beklagten vom 18. März 2008 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -).
Dem Beklagten steht der mit Leistungsbescheid geltend gemachte Anspruch auf Erstattung der für die Versetzung des Fahrzeuges des Klägers entstandenen Kosten in Höhe von 119,00 EUR gegen den Kläger zu (dazu unter a.). Ebenso sind die mit dem Gebührenbescheid erhobenen Verwaltungsgebühren in Höhe von 90,00 EUR rechtlich nicht zu beanstanden (dazu unter b.).
a. Rechtsgrundlage des Anspruchs auf Erstattung der an das Abschleppunternehmen für die Versetzung des Fahrzeugs des Klägers vom Beklagten verauslagten Kosten ist § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 7 der Kostenordnung zum Verwaltungsvollstreckungsgesetz (KostO NRW) i.V.m. § 77 Abs. 1 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVG NRW) i.V.m. §§ 8 Abs. 1, 50 Abs. 2, 51 Abs. 1 Nr. 1, 52 des Polizeigesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen (PolG NRW).
Nach den vorgenannten Vorschriften kann die Polizei die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine im Einzelfall bestehende, konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit abzuwehren. Die Polizei kann insbesondere einen Dritten auf Kosten des Betroffenen mit der Vornahme einer zur Gefahrenabwehr erforderlichen Handlung beauftragen oder auf Kosten des Betroffenen die Handlung selbst ausführen, wenn dieser seine Verpflichtung zu der entsprechenden Handlung nicht erfüllt. Bei der angeordneten Versetzungsmaßnahme handelt es sich um eine Ersatzvornahme im Sinne der vorgenannten Vorschriften.
Die in §§ 8 Abs. 1, 50 Abs. 2 PolG NRW als Voraussetzung für das polizeiliche Eingreifen vorgesehene gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Sicherheit bestand vorliegend. Die öffentliche Sicherheit umfasst neben dem Schutz von Leib und Leben die öffentliche Rechtsordnung schlechthin. Eine Gefahr bzw. Störung liegt daher bereits dann vor, wenn gegen öffentlich-rechtliche - hier straßenverkehrsrechtliche - Vorschriften verstoßen wird. Im Zeitpunkt des Einschreitens des Beklagten lag ein Verstoß gegen § 1 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung (StVO) vor, der bestimmt, dass jeder Verkehrsteilnehmer sich so zu verhalten hat, dass kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird. Der Kläger hatte seinen Pkw so dicht neben dem Fahrzeug der Zeugen N. abgestellt, dass es diesen unmöglich war, ihr Fahrzeug aus der Parktasche herauszufahren. Dies ergibt sich aus den dienstlichen Äußerungen der mit dem Einsatz befassten Polizeibeamten und den von diesen gefertigten Lichtbildern. Die Einlassung, der Kläger habe seinen Pkw ordnungsgemäß abgestellt und die Zeugen N. hätten ihr Fahrzeug dann daneben geparkt, hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers im Erörterungstermin fallen gelassen.
Damit lag ein Verstoß gegen § 1 Abs. 2 StVO und somit eine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit vor, die den Beklagten zum Einschreiten berechtigte.
Die Ersatzvornahme diente dem Zweck, den rechtswidrigen Zustand zu beenden und an Stelle des ortsabwesenden Fahrzeugführers dessen Verpflichtung, das Fahrzeug unverzüglich zu entfernen, zu erfüllen. Weil der Beklagte wegen des Vorliegens einer gegenwärtigen Gefahr zulässigerweise im Sofortvollzug tätig geworden ist (§ 50 Abs. 2 PolG NRW), bedurfte es keiner Androhung der Ersatzvornahme (§ 56 Abs. 1 Satz 3 PolG NRW).
Die Versetzungsanordnung verstieß auch nicht gegen den aus dem Verfassungsrecht (Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes) folgenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, wie er in § 2 PolG NRW seine einfachgesetzliche Ausprägung gefunden hat. Die angeordnete Abschleppmaßnahme war geeignet, den Verstoß gegen die angegebene Verkehrsvorschrift und damit die bereits eingetretene und noch andauernde Störung zu beseitigen. Die Maßnahme, die sich ohnehin auf ein bloßes Versetzen des Fahrzeuges des Klägers beschränkte, war auch erforderlich, da andere, den Kläger weniger beeinträchtigende, gleichermaßen effektive Mittel zur Gefahrenabwehr nicht zur Verfügung standen.
Als milderes Mittel kommt regelmäßig die Benachrichtigung des Fahrzeugführers, um diesem Gelegenheit zu geben, das Fahrzeug freiwillig zu versetzen, jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn der Fahrzeugführer - wie hier - nicht sofort greifbar und eine sofortige Entfernung des Fahrzeuges damit ungewiss ist,vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 18. Februar 2002 -3 B 149.01-, NJW 2002, 2122, und vom 6. Juli 1983 -7 B 182.82-, DVBl. 1983, 1066, 1067; OVG NRW, Urteile vom 24. März 1998 -5 A 183/96 -, NJW 1998, 2465, und vom 16. Februar 1982 -4 A 78/81-, NJW 1982, 2277, 2278.Vorliegend ist nach dem unwidersprochenen Vortrag des Beklagten zudem ein Versuch, zunächst den Kläger telefonisch zu erreichen, erfolglos geblieben.
Anders als der Kläger meint, kam auch ein Zurücksetzen des Pkws der Zeugen N. nicht in Betracht, da dies nach Einschätzung der vor Ort eingesetzten Polizeibeamten nicht ohne die Gefahr der Beschädigung der Fahrzeuge möglich war. Eine andere Beurteilung ergibt sich weder anhand der vor der Durchführung der Versetzungsmaßnahme gefertigten Lichtbilder, welche zum Einen den geringen Abstand zwischen den Fahrzeugen zeigen, zum Anderen aber auch den Schluss nahe legen, dass der (kürzere) Pkw des Klägers von hinten an das (längere) Fahrzeug der Zeugen heran gesetzt worden sein muss, noch aufgrund dessen, dass schließlich ein Versetzen des klägerischen Pkws ohne Beschädigung der Fahrzeuge möglich war. Es leuchtet ohne weiteres ein, dass eine aufgrund Zuparkens eines Fahrzeuges durch ein anderes Fahrzeug eingetretene Verkehrsbehinderung am ehesten durch Wegfahren bzw. - wie vorliegend - ersatzweise durch das Versetzen des zuparkenden Fahrzeugs beendet werden kann.
Die Anordnung der Ersatzvornahme war auch angemessen. Sie hat keine Nachteile zur Folge, die zu dem angestrebten Erfolg außer Verhältnis stehen. Sie belastet den Kläger lediglich mit Kosten in Höhe von 119,00 EUR. Die Größenordnung dieses zu zahlenden Geldbetrages bleibt im Rahmen der üblichen Unterhaltungskosten eines Kraftfahrzeugs. Schon deshalb stehen die Nachteile zu dem mit der Maßnahme erstrebten Zweck in keinem offensichtlichen Missverhältnis.
Allerdings rechtfertigt das Vorliegen eines bloßen Verkehrsverstoßes ohne das Hinzutreten weiterer Umstände nicht ohne weiteres das Vorgehen im Verwaltungszwang. Mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vereinbar ist das Abschleppen eines verkehrswidrig geparkten Fahrzeuges aber jedenfalls dann, wenn es, wie vorliegend zu einer konkreten Verkehrsbehinderung gekommen ist.
Da die Anordnung der Versetzungsmaßnahme schließlich auch keine Ermessensfehler aufweist, ist die Ersatzvornahme rechtmäßig durchgeführt worden. Der Kläger ist daher auf der Grundlage des § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 7 KostO NRW i.V.m. § 77 Abs. 1 VwVG NRW i.V.m. §§ 8 Abs. 1, 50 Abs. 2, 51 Abs. 1 Nr. 1, 52 PolG NRW zur Zahlung der Kosten der Maßnahme verpflichtet.
b. Auch der angefochtene Gebührenbescheid mit der Festsetzung einer Verwaltungsgebühr in Höhe von 90,00 EUR erweist sich als rechtmäßig.
Rechtsgrundlage für die angefochtene Gebührenerhebung ist § 7 a Abs. 1 Nr. 7 KostO NRW i.V.m. § 77 Abs. 2 VwVG NRW. Danach ist für - rechtmäßige - Amtshandlungen im Zusammenhang mit dem Abschleppen eines zugelassenen Kraftfahrzeuges im Wege der Ersatzvornahme eine Gebühr von 25,00 EUR bis 150,00 EUR zu erheben.
Die Gebührenerhebung ist nach Grund und Höhe rechtlich nicht zu beanstanden.
Die ihr zugrundeliegende Abschleppmaßnahme erweist sich - wie zuvor unter a. im Einzelnen dargelegt - als rechtmäßig.
Auch die Höhe der erhobenen Verwaltungsgebühr begegnet mit Blick auf den von dem Beklagten in der Begründung des Bescheides angeführten Zeit- und Personalaufwand keinen Bedenken. Sie bewegt sich mit 90,00 EUR im mittleren Bereich des zulässigen Gebührenrahmens. Dafür, dass bei der Bemessung dieses Gebührensatzes andere Kosten als die Kosten, die im Zusammenhang mit dem Abschleppen von Kraftfahrzeugen im Wege der Ersatzvornahme bei durchschnittlichem Verwaltungsaufwand entstehen (vgl. § 77 Abs. 3 Satz 2 VwVG NRW), Berücksichtigung gefunden haben, ist weder etwas vorgetragen noch aufgrund sonstiger Umstände ersichtlich. Schließlich steht die vom Beklagten erhobene Gebühr auch in keinem Missverhältnis zu der von ihm erbrachten Leistung und erweist sich daher auch als verhältnismäßig.
Die Klage ist daher nach allem in vollem Umfang abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung.