Ein deutscher Inhaber (nur) einer EU-Fahrerlaubnis, die er während einer in Deutschland angeordneten Sperrfrist in Polen erworben hat, kann sich in Hinblick auf den ab dem 19. Januar 2009 geltenden § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 FeV wegen eines in Deutschland begangenen Fahrens ohne Fahrerlaubnis nur dann strafbar machen, wenn die Fahrerlaubnissperre im Verkehrszentralregister eingetragen und nicht getilgt war. Das gilt als mildestes Gesetz auch dann, wenn die Tat vor dem 19. Januar 2009 begangen worden war.
Gründe:
Das Amtsgericht Wilhelmshaven hatte den Angeklagten am 27. Oktober 2009 wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt und eine Sperrfrist von drei Jahren für die Erteilung einer Fahrerlaubnis verhängt.
Dagegen richteten sich die mit dem Ziel eines Freispruchs erhobene Berufung des Angeklagten und die auf das Strafmaß beschränkte Berufung der Staatsanwaltschaft, mit der sie eine höhere Bestrafung des Angeklagten erstrebte.
Beide Berufungen hat das Landgericht Oldenburg mit Urteil vom 7. April 2010 verworfen.
Nach den Feststellungen des Landgerichts erwarb der Angeklagte, der seit 1998 nicht mehr über eine deutsche Fahrerlaubnis verfügte und gegen den eine Sperrfrist für die Erteilung einer Fahrerlaubnis bis zum 24. September 2007 festgesetzt worden war, noch während des Laufs der Sperrfrist in Polen die am 12. Juni 2006 ausgestellte Fahrerlaubnis der Klasse B (für Pkw) sowie nach Ablauf der Sperrfrist die am 19. März 2008 in Polen ausgestellte Fahrerlaubnis der Klasse C (für Lkw). Am 24. Oktober 2008 befuhr der Angeklagte mit dem Lkw Mercedes, amtliches Kennzeichen …, u. a. die Güterstraße in Wilhelmshaven. Einen Antrag, nach Ablauf der Sperrfrist im September 2007 von der polnischen Fahrerlaubnis in Deutschland Gebrauch machen zu dürfen, hatte der Angeklagte nicht gestellt.
Die vom Angeklagten gegen das Berufungsurteil eingelegte Revision, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts rügt, hat Erfolg.
Die landgerichtlichen Feststellungen tragen nicht die Verurteilung des Angeklagten wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis.
Zwar wird die nach § 28 Abs. 1 Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) grundsätzlich bestehende Berechtigung, als Inhaber einer gültigen EUFahrerlaubnis im Inland Kraftfahrzeuge zu führen, durch § 28 Abs. 4 FeV eingeschränkt. So gilt nach § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 FeV die Berechtigung nach § 28 Abs. 1 FeV nicht für Inhaber einer EUFahrerlaubnis, denen aufgrund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung keine Fahrerlaubnis erteilt werden darf. § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 FeV betrifft dabei die Fälle der sog. „isolierten Sperre“ gemäß § 69a Abs. 1 Satz 3 StGB.
Eine Strafbarkeit kommt indessen vorliegend nur unter den Voraussetzungen der zum 19. Januar 2009 in Kraft getretenen Änderungen des Fahrerlaubnisrechts durch Inkrafttreten der Vierten Verordnung zur Änderung der FahrerlaubnisVerordnung in Betracht. Nach dem ab 19. Januar 2009 geltenden § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 FeV ist der Inhaber einer EUFahrerlaubnis nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland berechtigt, wenn ihm aufgrund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung keine Fahrerlaubnis erteilt werden darf. Voraussetzung ist nach der Neuregelung in § 28 Abs. 4 Satz 3 FeV seit dem 19. Januar 2009 aber ferner, dass die Sperrfrist ins Verkehrszentralregister eingetragen und noch nicht nach § 29 StVG getilgt ist.
Da bei fehlender Eintragung der Ausnahmetatbestand mangelnder Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht zum Tragen kommt, vgl. Mosbacher, Gräfe NJW 2009, 801 ff., ist vorliegend - trotz der Tatbegehung zu Zeiten der alten Fassung der FeV - die ab 19. Januar 2009 geltende Neuregelung gemäß § 2 Abs. 3 StGB als milderes Recht anzuwenden, vgl. Fischer, StGB, 57. Aufl., § 2 Rdn. 8.
Feststellungen dazu, ob die Sperrfrist im Verkehrszentralregister eingetragen und noch nicht nach § 29 StVG getilgt ist, lässt das landgerichtliche Urteil vermissen, weshalb die Feststellungen des Landgerichts den Schuldspruch nicht tragen.
Das Urteil war deshalb - ohne dass es eines Eingehens auf das weitere Revisionsvorbringen bedurft hätte - mit den Feststellungen aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere kleine Strafkammer zurückzuverweisen.
In diesem Zusammenhang wird das Landgericht gegebenenfalls auch zu klären haben, ob eine nach Ablauf der Sperrfrist in Polen ausgestellte Fahrerlaubnis der Klasse C in Deutschland nicht gilt, weil hierzulande dafür eine gültige Fahrerlaubnis der Klasse B Voraussetzung ist. Sofern der Angeklagte sich weiterhin auf eine ihm günstige Auskunft eines Behördenangehörigen beruft, wird darauf in einem zur Verurteilung kommenden Urteil einzugehen sein.