Das Verkehrslexikon

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OVG Bautzen Urteil vom 08.02.2011 - 4 A 254/1 - Zur Erteilung einer Personenbeförderungserlaubnis für einen Oldtimer mit H-Kennzeichen

OVG Bautzen v. 08.02.2011: Zur Erteilung einer Personenbeförderungserlaubnis für einen Oldtimer mit H-Kennzeichen


Das OVG Bautzen (Urteil vom 08.02.2011 - 4 A 254/10) hat entschieden:
  1. Aus § 9 Abs. 1 Nr. 5 PBefG ergibt sich kein Recht der Behörde etwaige sich aus dem Kennzeichen ergebende Nutzungsbeschränkungen bei der Erteilung der Genehmigung zu berücksichtigen.

  2. Es besteht ein Anspruch auf die Erteilung einer personen- und fahrzeuggebundenen Genehmigung für den Gelegenheitsverkehr mit Personenkraftwagen in der Form der Ausflugfahrten und des Verkehrs mit Mietwagen für einen Oldtimer bei Vorliegen der personenbeförderungsrechtlichen Voraussetzungen ohne Rücksicht auf die Art des Fahrzeugs. Dass die Fahrzeugzulassung mit einem H-Kennzeichen nicht für gewerblich genutzte Fahrzeuge erfolgen soll, spielt keine Rolle.


Siehe auch Personenbeförderung - Fahrgastbeförderung - Personenbeförderungsschein und Oldtimer


Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts, in dem seine Klage auf Erteilung einer Genehmigung für die Ausübung des Gelegenheitsverkehrs nach dem Personenbeförderungsgesetz abgewiesen wurde.

Der Kläger ist Halter eines Oldtimers mit dem amtlichen Kennzeichen DD-... und war Halter eines solchen mit dem amtlichen Kennzeichen DD-... .

Für beide Fahrzeuge beantragte der Kläger am ... April 2005 die Erteilung einer Genehmigung für die Ausübung eines Gelegenheitsverkehrs nach dem Personenbeförderungsgesetz für Ausflugfahrten mit dem Pkw und für Mietwagenverkehr.

Mit Bescheid vom... Juni 2005 wurde der Antrag abgelehnt. Die gewerbliche Nutzung eines Oldtimers mit H-Kennzeichen sei rechtlich nicht zulässig. Ein zu gewerblichen Zwecken als Verkehrsmittel genutztes Fahrzeug erfülle nicht die Voraussetzungen des § 21c StVZO. Der Einsatz des Fahrzeuges über den Zweck des § 23 Abs. 1c StVZO hinaus führe zum Wegfall der Voraussetzungen für die Kennzeichenerteilung. Fahrzeuge mit H-Kennzeichen müssten vorwiegend der Pflege des kraftfahrzeugtechnischen Kulturgutes dienen und dürften nicht als übliche Beförderungsmittel genutzt werden. Obwohl die übrigen Voraussetzungen für die Erteilung der Genehmigung erfüllt seien, könne die Genehmigung nicht erteilt werden.

Am ... Juni 2005 legte der Kläger Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom... Juli 2005 unter Beibehaltung der Begründung zurückgewiesen wurde.

Am 18. August 2005 ging die Klage ein, mit der der Kläger die Erteilung der Genehmigung für das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen DD-... und – nachdem das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen DD-... stillgelegt worden war - die Feststellung erstrebte, dass die Versagung der Genehmigung für dieses Fahrzeug rechtswidrig war. Die Klage wurde mit Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 9. April 2008 – 6 K 1784/05 – als unbegründet abgewiesen. Die Beklagte habe die Erteilung der Genehmigung zu Recht verweigert. Die Genehmigung werde nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 PBefG für ein Fahrzeug mit einem Kennzeichen erteilt. Zwar werde nach dem Personenbeförderungsgesetz keine konkrete Art des Kennzeichens verlangt, dies sei aber auch nicht nötig, weil die Zuteilung des H-Kennzeichens die gewerbliche Nutzung ausschließe. Eine Zulassung als Oldtimer setze nach § 23 Abs. 1c, § 21c StVZO (neu: § 9 Abs. 1 FZV) voraus, dass das Fahrzeug nur noch zur Pflege des kraftfahrzeugtechnischen Kulturgutes und nicht als übliches Beförderungsmittel eingesetzt werde. Damit gehe auch eine steuerliche Vergünstigung nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 KraftStG einher. Der Kläger strebe jedoch eine höchstmögliche Nutzung der Fahrzeuge an, was der Zulassung als Oldtimer entgegenstehe. Mit der Zulassung der Fahrzeuge als Oldtimer habe sich der Kläger auf eine Nutzung beschränkt, die mit der angestrebten gewerblichen Personenbeförderung nicht zu vereinbaren sei.

Gegen das am 20. Mai 2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 20. Juni 2008 die Zulassung der Berufung beantragt. Mit Beschluss des Senats vom 16. März 2010 – 4 A 400/08 – wurde die Berufung zugelassen.

In dem das Verpflichtungs- und das Fortsetzungsfeststellungsbegehren umfassenden Berufungsverfahren führt der Kläger aus, dass sich das Genehmigungsverfahren nach dem Personenbeförderungsgesetz allein auf die Frage der Geeignetheit des Betriebes und des Betreibers erstrecke. Lägen die Voraussetzungen vor, müsste die Behörde zwingend die Genehmigung für das zugelassene Fahrzeug erteilen. Ob die Zulassung rechtmäßig erteilt worden sei oder mit der beabsichtigten Nutzung in Einklang stehe, sei nicht Prüfungsgegenstand. Lediglich vorsorglich werde darauf hingewiesen, dass die beabsichtigte Nutzung der Zulassung als Oldtimer nicht entgegenstehe.

Der Kläger beantragt unter Erledigungserklärung im Übrigen,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 9. April 2008 – 6 K 1784/05 – zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom... Juni 2005 sowie den Widerspruchsbescheid des (damaligen) Regierungspräsidiums Dresden vom... Juli 2005 aufzuheben, soweit darin der Antrag des Klägers auf Erteilung einer Genehmigung für den Gelegenheitsverkehr für die Benutzung des Fahrzeuges DD-... abgelehnt wurde und gegen den Kläger unter Kostentragung Gebühren und Auslagen festgesetzt worden sind sowie die Beklagte zu verpflichten, die angesprochene Genehmigung für das Fahrzeug DD-... zu erteilen.
Die Beklagte beantragt unter Anschluss an die Erledigungserklärung des Klägers,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie beruft sich auf die Begründungen der Bescheide und des Urteils des Verwaltungsgerichts und führt ausführlich aus, dass auch durch die Änderung der Straßenverkehrszulassungsverordnung die Anforderungen an die Zulassung der Oldtimer hinsichtlich der Nutzung gleich geblieben seien. Im Übrigen sei zu beachten, dass die Oldtimer künftig auch in Umweltzonen fahren dürften. Im Zusammenhang mit der steuerlichen Vergünstigung könne dies zu einer vermehrten Nutzung alter Fahrzeuge führen. Sie sei bei ihrer Entscheidung an Recht und Gesetz gebunden und könne daher auch andere Belange als die des Personenbeförderungsrechts berücksichtigen. Es könne nicht darauf ankommen, ob zunächst die Erteilung des Kennzeichens oder der Genehmigung beantragt werde und ersteres mit Vorteilen verbunden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte (zwei Bände) und die Verwaltungsvorgänge (eine Heftung) verwiesen, die Gegen-stand der mündlichen Verhandlung waren.


Entscheidungsgründe:

1. Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben (Fortsetzungsfeststellungsbegehren hinsichtlich des Fahrzeuges DD-...), ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen und das Urteil des Verwaltungsgerichts insoweit feststellend für unwirksam zu erklären (§ 173 VwGO i. V. m. § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO).

2. Im Übrigen ist die zulässige Berufung begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf Erteilung der Genehmigung für den Gelegenheitsverkehr mit Personenkraftwagen in der Form der Ausflugfahrten und des Verkehrs mit Mietwagen für das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen DD-..., so dass die Versagung der Genehmigung mit Bescheid der Beklagten vom... Juni 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom... Juli 2005 rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Der Anspruch des Klägers folgt aus § 9 Abs. 1 Nr. 5, § 13 Abs. 1, § 15 PBefG. Der Kläger erfüllt, was zwischen den Parteien unstreitig ist, die in § 13 Abs. 1 PBefG festgelegten Voraussetzungen. Der Kläger hat darüber hinaus die sich aus § 9 Abs. 1 Nr. 5 PBefG ergebenden notwendigen Angaben zu der Art und Form der Personenbeförderung und zu den zu nutzenden Fahrzeugen unter Angabe der amtlichen Kennzeichen gemacht. Weitere Erteilungsvoraussetzungen, insbesondere die von der Beklagten verlangte Übereinstimmung der beabsichtigten Personenbeförderung mit sich etwa aus dem Fahrzeugzulassungsrecht ergebenden Nutzungsbeschränkungen, sieht das Personenbeförderungsgesetz nicht vor. Dem Kläger ist daher die beantragte Genehmigung zu erteilen. Auf die weitergehende Frage, ob Personenbeförderung im Gelegenheitsverkehr mit der Zulassung eines Fahrzeuges als Oldtimer in Einklang steht, kommt es nicht an.

Soweit die Beklagte die Versagung der Genehmigung auf § 9 Abs. 1 Nr. 5 PBefG stützt, ist dies rechtswidrig. In § 9 Abs. 1 Nr. 5 PBefG ist festgelegt, dass die Genehmigung bei einem Gelegenheitsverkehr mit Personenkraftwagen für die Form des Gelegenheitsverkehrs und den Betrieb mit bestimmten Kraftfahrzeugen unter Angabe ihrer amtlichen Kennzeichen erfolgt. Aus dieser Vorschrift ergibt sich zwar eine Pflicht eines Antragstellers die Genehmigung für ein bestimmtes Fahrzeug unter Angabe des amtlichen Kennzeichens zu beantragen, nicht jedoch ein Recht der Beklagten, etwaige sich aus einem Kennzeichen ergebende Nutzungsbeschränkungen bei der Erteilung der Genehmigung zu berücksichtigen.

§ 9 Abs. 1 Nr. 5 PBefG befasst sich, was bereits der Überschrift zu entnehmen ist, mit dem Umfang der Genehmigung und nicht mit deren Voraussetzungen, die in §§ 13, 13a PBefG niedergelegt sind. Zwar ist der Hinweis der Beklagten zutreffend, dass allein § 9 Abs. 1 Nr. 5 PBefG in Vergleich zu den anderen in § 9 PBefG genannten Beförderungsarten, die Beschränkung der Genehmigung auf ein bestimmtes Kraftfahrzeug vorsieht. Daraus folgt aber nur, dass die Genehmigung zur Personenbeförderung im Gelegenheitsverkehr mit Personenkraftwagen nicht allein personen-, sondern auch fahrzeugbezogen ist (BVerwG, Urt. v. 1. August 2008, BVerwGE 70, 28) und dass deshalb ein Antragsteller im Genehmigungsverfahren zwangsläufig ein amtliches Kennzeichen benennen muss. Letzteres dient aber nur der unverwechselbaren Kennzeichnung des Fahrzeuges und damit der Bestimmung des Umfangs der Genehmigung. Anhand dessen könnte etwa geprüft werden, ob die Voraussetzungen des § 46 Abs. 3 PBefG erfüllt sind, wonach in bestimmten Orten eine Genehmigung für Taxenverkehr und für Mietwagenverkehr nicht für denselben Personenkraftwagen erteilt werden dürfen. Weitergehende materielle Anforderungen lassen sich § 9 Abs. 1 Nr. 5 PBefG nicht entnehmen.

Dieses bereits in der Systematik des Personenbeförderungsgesetzes angelegte Verständnis des § 9 Abs. 1 Nr. 5 PBefG trägt auch dem Umstand Rechnung, dass das Zulassungsrecht und das Personenbeförderungsrecht unterschiedlichen Zielen dienende Rechtsmaterien sind, die – je nach landesrechtlicher Ausgestaltung – mitunter auch mit unterschiedlichen Behördenzuständigkeiten einhergehen und einer getrennten Betrachtung zu unterwerfen sind. Eine Konzentrationswirkung der Genehmigung nach dem Personenbeförderungsrecht, die eine inzidente Überprüfung des Zulassungsrecht erlauben würde, ist gesetzlich nicht vorgesehen, so dass bei der Entscheidung über einen Genehmigungsantrag nach dem Personenbeförderungsgesetz zulassungsrechtliche Fragen außer Betracht zu bleiben haben.

Das Verständnis der Beklagten wäre im Übrigen auch nicht praktikabel, liefe es in der Konsequenz darauf hinaus, die mitunter nur unter erheblichem Aufwand zu ermittelnde Frage der Rechtmäßigkeit der Zuteilung eines amtlichen Kennzeichens ohne zwingende Notwendigkeit in das Genehmigungsverfahren nach dem Personenbeförderungsgesetz zu verlagern. Das Zulassungsrecht stellt seinerseits hinreichende Instrumentarien (§§ 5, 14 FZV) zur Verfügung, auf eine rechtswidrige oder rechtswidrig gewordene Zuteilung eines Kennzeichens zu reagieren.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 155 Abs. 1 Satz 1, § 161 Abs. 2 VwGO. Soweit das Verfahren hinsichtlich des Fortsetzungsfeststellungsbegehrens für das Fahrzeug DD-... übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist, entscheidet der Senat über die Kosten nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes. Insoweit entspricht es billigem Ermessen, dem Kläger die Kosten aufzuerlegen, weil seine Fortsetzungsfeststellungsklage mangels entsprechenden Fortsetzungsfeststellungsinteresses aller Voraussicht nach als unzulässig hätte abgewiesen werden müssen. Angesichts des parallel betriebenen Verpflichtungsbegehrens mit identischem Inhalt dürfte eine Wiederholungsgefahr ausgeschlossen gewesen sein. Hinsichtlich des Verpflichtungsbegehrens für das Fahrzeug DD-... trägt die Beklagte als Unterlegene die Kosten. Beide Begehren bewertet der Senat gleichgewichtig.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.


Beschluss
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 20.000,00 € festgesetzt.

Gründe
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1 GKG und orientiert sich an der Streitwertfestsetzung durch das Verwaltungsgericht, gegen die Einwände nicht erhoben wurden.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).



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