Das Verkehrslexikon

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BGH Urteil vom 02.12.1980 - VI ZR 265/78 - Zum Schadensersatzanspruch des Nothelfers - keine Anwendung des sozialversicherungsrechtlichen Haftungsprivilegs

BGH v. 02.12.1980: Zum Schadensersatzanspruch des Nothelfers - keine Anwendung des sozialversicherungsrechtlichen Haftungsprivilegs


Der BGH (Urteil vom 02.12.1980 - VI ZR 265/78) hat entschieden:
Gegenüber Schadensersatzansprüchen des Nothelfers wegen Verletzungen bei der Hilfeleistung, die nach RVO § 539 Abs 1 Nr 9a versichert sind, kann derjenige, dem die Hilfeleistung erbracht worden ist, sich grundsätzlich nicht auf das Haftungsprivileg aus RVO § 636 berufen.


Siehe auch Liegenbleiben von Fahrzeugen - Warnung des übrigen Verkehrs und Unfallhelfer - Pannenhelfer - Hilfe am Unfallort


Tatbestand:

Der Kläger nimmt die Beklagten zu 3) und 4) (im folgenden: die Beklagten) wegen unfallbedingter Verletzungen, die er bei einer Hilfeleistung nach einem Verkehrsunfall erlitten hat und deretwegen er nach § 539 Abs 1 Nr 9a RVO Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung erhält, auf Zahlung eines Schmerzensgeldes in Anspruch.

In den frühen Morgenstunden des 7. April 1977 verunglückte auf der Bundesautobahn infolge Glatteises W. mit seinem Pkw. Dieser stand nach dem Unfall links neben der Überholspur unmittelbar an der Leitplanke.

Gegen ihn prallte wenig später der Pkw des K. und blieb ein Stück weiter im Bereich der rechten Fahrbahnhälfte stehen; dabei wurde W. schwer verletzt. Der Kläger, der von der Gegenfahrbahn aus den (zweiten) Unfall bemerkt hatte, hielt an und leistete W. , der auf dem Mittelstreifen lag, erste Hilfe, während K. zur Sicherung der Unfallstelle dem aufkommenden Verkehr mit einem Warndreieck entgegenging. Als K. sich 70 - 100 m von der Unfallstelle entfernt hatte, wurde er von dem Drittbeklagten bemerkt, der sich mit einer Geschwindigkeit von etwa 120 km/h mit seinem bei der Viertbeklagten versicherten Pkw der Unfallstelle näherte. Er geriet bei dem Versuch, sein Fahrzeug abzubremsen, ins Schleudern und prallte ebenfalls gegen das Fahrzeug des W. . Von diesem wurde der Kläger erfasst und schwer verletzt. W. ist an seinen Verletzungen gestorben.

Der Kläger hat die Beklagten auf Zahlung eines Schmerzensgeldes in Anspruch genommen.

Das Landgericht hat dem Kläger ein Schmerzensgeld von 15.000,-- DM zugesprochen. Die hiergegen eingelegte Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Auf die Anschlussberufung des Klägers hat das Berufungsgericht durch Grundurteil die Beklagten für verpflichtet erklärt, dem Kläger ein weiteres Schmerzensgeld zu zahlen.

Mit ihrer Revision erstreben die Beklagten weiterhin die Abweisung der Klage.


Entscheidungsgründe:

I.

Nach Auffassung des Berufungsgerichts hat der Drittbeklagte (demnächst: der Beklagte) den (dritten) Unfall, bei dem der Kläger verletzt worden ist, dadurch verschuldet, dass er angesichts der Witterungsverhältnisse und der Straßenglätte zu schnell gefahren ist. Ein mitwirkendes Verschulden des Klägers verneint das Berufungsgericht und erwägt dazu: Dem Kläger könne nicht angelastet werden, dass er vor dem Fahrzeug des Beklagten nicht rechtzeitig Schutz hinter der Leitplanke gesucht habe. Bei der Hilfeleistung für den schwerverletzten W. habe er den Gedanken an die eigene Sicherheit zurückstellen oder ihm jedenfalls geringeres Gewicht beimessen dürfen, zumal bereits K. die Absicherung der Unfallstelle übernommen gehabt habe.

Der Ersatzanspruch des Klägers, so führt das Berufungsgericht weiter aus, werde auch nicht unter dem Gesichtspunkt des sog gestörten Innenausgleichs unter Gesamtschuldnern um den Anteil gemindert, den W. bzw dessen Erben im Innenverhältnis zu den Beklagten zu tragen hätten, wären Ansprüche gegen erstere nicht durch die Eintrittspflicht der gesetzlichen Unfallversicherung gemäß § 539 Abs 1 Nr 9a, § 636 RVO ausgeschlossen. Da dem Kläger gegen W. bzw dessen Erben kein Anspruch aus unerlaubter Handlung zustehe, sondern allenfalls ein solcher nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag, die jedoch die Zuerkennung eines Schmerzensgeldes nicht vorsehen, fehle es schon an der Voraussetzung eines Gesamtschuldverhältnisses.


II.

Gegen diese Ausführungen wendet sich die Revision im Ergebnis ohne Erfolg.

1. Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht festgestellt, dass der Beklagte die schweren Verletzungen des Klägers verschuldet hat. Hiergegen wehrt sich auch die Revision nicht. Vergeblich beanstandet sie, dass das Berufungsgericht dem Kläger kein Mitverschulden an seinen Verletzungen angelastet hat.

a) Der Revision ist zwar darin zu folgen, dass auch der Verkehrsteilnehmer, der bei einem Unfall erste Hilfe leistet, nicht schon deshalb von der Pflicht befreit ist, um seinen eigenen Schutz bemüht zu bleiben. Auch er muss sich im eigenen Interesse (§ 254 BGB) umsichtig verhalten und das Risiko, infolge seiner Hilfeleistung selbst verletzt zu werden, möglichst ausschalten. Doch sind den Anforderungen an die eigene Vorsicht durch die Aufgaben, vor die ihn die Sorge um den Verunglückten stellt, und die Umstände, unter denen er sie zu erfüllen hat, Grenzen gesetzt. Der Anlass, aus dem der Helfende seine eigenen Interessen in den Dienst des Unglücksfalls stellt, muss auch bei Fallgestaltungen berücksichtigt werden, in denen wie hier im Verhältnis zu dem Beklagten, dessen Interessen der Kläger bei der Hilfeleistung nicht wahrgenommen hat, die Gesichtspunkte ausscheiden, unter denen der Senat in BGHZ 43, 188, 194 den auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkten Verschuldensmaßstab des § 680 BGB zugunsten des Helfenden hat eingreifen lassen. Denn wenn auch von demjenigen, der bei einem Unglücksfall hilft, erwartet werden muss, dass er keine unvernünftigen Risiken eingeht und notfalls von einem Eingreifen ganz absieht, falls hierbei die Selbstgefährdung zu groß wird, kann der Schädiger von ihm keineswegs verlangen, dem Schutz der eigenen Person seine ungeteilte Aufmerksam zu schenken. Anderenfalls wäre Nächstenhilfe, zu der die Bürger nicht nur aufgerufen, sondern unter bestimmten Voraussetzungen sogar rechtlich verpflichtet sind, gerade bei Verkehrsunfällen auf der Autobahn mit ihrem dann hohen Gefahrenpotential durchweg nicht wirksam möglich.

b) Dem ist auch bei der Bestimmung der Obliegenheiten nach § 254 BGB Rechnung zu tragen. Die Revision überspannt die Anforderungen an den Kläger, wenn sie meint, dieser hätte angesichts der besonderen Gefahrenlage (Schnellverkehr, Dunkelheit, Glatteis) die herannahenden Kraftfahrzeuge so sorgfältig beobachten müssen, dass er sich bei drohender Gefahr rechtzeitig in Sicherheit hätte bringen können. Das Senatsurteil vom 28. September 1976 - VI ZR 219/74 = VersR 1977, 36, 37, auf das sich die Revision hierfür beruft, stützt ihre Ansicht nicht. In dem jenem Urteil zugrundeliegenden Fall hatte sich der Kläger nur um die Warnung des Verkehrs vor seinem auf der Autobahn liegengebliebenen Fahrzeug zu bemühen brauchen; diese Aufgabe konnte er auch erfüllen, wenn er dabei Sorge trug, bei einem möglichen Auffahrunfall nicht selbst angefahren und verletzt zu werden. Im Streitfall dagegen musste seine Sorge in erster Linie dem schwerverletzt auf dem Grünstreifen liegenden W. gelten; dass es ihm möglich war, diesen noch vor dem Herankommen des Beklagten hinter die Leitplanke in Sicherheit zu bringen, haben die Beklagten selbst nicht dargetan. Dann aber kann dem Kläger nicht vorgeworfen werden, vor dem Wagen des Beklagten nicht selbst rechtzeitig hinter der Leitplanke Schutz gesucht zu haben. Zu Recht hebt das Berufungsgericht hervor, dass er den Umständen nach umsichtig genug verfahren ist, wenn er K. veranlasste, dem Verkehr entgegenzugehen, um ihn vor der Unfallstelle zu warnen.

2. Im Ergebnis ist dem Berufungsgericht auch darin zu folgen, dass der Schmerzensgeldanspruch, den der Kläger gegen die Beklagten hat, nicht nach den Grundsätzen zu kürzen ist, die der erkennende Senat für Fälle eines sog "gestörten" Gesamtschuldverhältnisses entwickelt hat. Danach sind, wenn für die Unfallverletzung zwei Täter verantwortlich sind, von denen der eine wegen des sozialversicherungsrechtlichen Haftungsprivilegs aus den §§ 636, 637 RVO von der Haftung freigestellt ist, Ansprüche gegen den außerhalb des Sozialversicherungsverhältnisses stehenden Schädiger auf den Betrag beschränkt, der auf ihn im Innenverhältnis zu dem befreiten Schädiger endgültig entfiele, wenn diese Lastenverteilung nach § 426 BGB nicht durch die Sonderregelung der §§ 636, 637 RVO gestört wäre (BGHZ 61, 51ff; stRspr). In diese Kürzung sind auch Schmerzensgeldansprüche einbezogen (Senatsurteil vom 2. April 1974 - VI ZR 193/73 = VersR 1974, 888, 889).

Nach Auffassung der Revision greift diese Kürzung auch im Streitfall zugunsten der Beklagten ein, weil der Schutz aus der gesetzlichen Unfallversicherung, den der Kläger unstreitig als Nothelfer nach § 539 Abs 1 Nr 9a RVO für seine Verletzungen hat (der zuständige Gemeindeunfallversicherungsverband hat seine Leistungspflicht anerkannt), W. bzw seine Erben nach § 636 RVO von Schmerzensgeldansprüchen freigestellt habe. Das trifft indes nicht zu.

a) Zu Recht macht allerdings die Revision Bedenken gegen die Auffassung des Berufungsgerichts geltend, die vorgenannten Grundsätze seien schon deshalb nicht anzuwenden, weil W. dem Kläger auch ohne Eintreten der gesetzlichen Unfallversicherung allenfalls aus Geschäftsführung ohne Auftrag zu Aufwendungsersatz, nicht aber aus Delikt zu Schmerzensgeld verpflichtet gewesen sei. Das Berufungsgericht hat nicht näher begründet, warum es eine deliktische Mitverantwortlichkeit des W. für die Verletzung des Klägers verneinen will. Die Meinung der Revision, dass W. den eigenen Unfall nicht weniger verkehrswidrig herbeigeführt habe als der Beklagte den seinen, lässt sich angesichts des an der Unfallstelle herrschenden Glatteises nicht von der Hand weisen. Wäre aber von einem Verschulden des W. auszugehen, dann hätte er gemäß § 823 BGB grundsätzlich auch für das nachfolgende Schadensgeschehen einzustehen, soweit er für es durch die von ihm geschaffene Gefahrenlage schuldhaft eine Bedingung gesetzt hat (Senatsurteil vom 11. Juli 1972 - VI ZR 79 u 80/71 = VersR 1972, 1072, 1073; vgl auch das Senatsurteil vom 28. September 1976 = aaO). Selbst mit der Feststellung, dass W. für das Hineinfahren des Beklagten in die Unfallstelle nicht verantwortlich zu machen ist, wäre nicht ohne weiteres eine Verantwortlichkeit des W. für die dadurch herbeigeführten Verletzungen des Klägers auszuschließen. Denn dass dieser sich an der Unfallstelle aufhielt und dort den Gefahren des Zweitunfalls ausgesetzt war, hat W. durch seinen Unfall veranlasst. Demgemäß wird überwiegend angenommen, dass der für den Erstunfall Verantwortliche grundsätzlich für die Folgen einer Selbstgefährdung des Hilfeleistenden einzustehen hat, die er durch seinen Unfall schuldhaft "herausgefordert" hat (von Caemmerer DAR 1970, 283, 291; Hauß, Festgabe für Weitnauer 1980, 333, 340; Larenz, Schuldrecht I, 12. Aufl § 27 III b 5; Staudinger/Schäfer BGB, 10./11. Aufl Rz 114 vor §§ 823ff; § 847 Rz 20 mwNachw; Wussow, Unfallhaftpflichtrecht, 12. Aufl TZ 91).

b) Doch kann die Frage, ob im Streitfall der für eine solche Zurechnung erforderliche innere Zusammenhang zwischen dem Erstunfall des W. und den Verletzungen des Klägers besteht, dahingestellt bleiben. Einer Ersatzpflicht von W. bzw seiner Erben für die immateriellen Schäden des Klägers stände § 636 RVO nicht entgegen. Haftungsbefreiung gewährt diese Vorschrift dem Unternehmer für Arbeitsunfälle der "in seinem Unternehmen" tätigen Versicherten; um einen solchen Unfall geht es hier nicht.

aa) Allerdings greift das Haftungsprivileg nicht nur zugunsten gewerblicher Unternehmen ein. Auch ein "Privatmann", der kein Gewerbe betreibt, kann von seiner Haftung für die Verletzung des Verunglückten befreit sein, wenn dieser für ihn - sei es auch nur aus Gefälligkeit und nur vorübergehend - tätig wird und hierbei zu Schaden kommt, sofern dessen Tätigkeit mit aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses erbrachten Arbeiten vergleichbar und deshalb nach § 539 Abs 2 iVm § 539 Abs 1 Nr 1 RVO in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert ist. Auch solche Tätigkeiten machen denjenigen, "für dessen Rechnung" sie gehen (§ 658 Abs 2 Nr 1 RVO), zum Unternehmer iS von § 636 RVO. Insoweit besteht, wie die Anknüpfung dieser Vorschrift an den Begriff des "Versicherten" unterstreicht, ein Zusammenhang zu den Vorschriften der §§ 539ff RVO, die den Kreis der unfallversicherten Tätigkeit festlegen. Die §§ 636, 637 RVO bauen darauf auf, dass der Verunglückte für Verletzungen infolge eines Arbeitsunfalls Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung erhält, die die Einstandspflicht des für den Unfall verantwortlichen Unternehmers einschließlich von Schmerzensgeldansprüchen ablösen sollen (BGHZ 52, 115, 122; 63, 313, 315; BVerfGE 34, 118, 129). Dieses Prinzip der Haftablösung geht zwar von der Vorstellung aus, dass der Unternehmer, der die Aufwendungen zu der gesetzlichen Unfallversicherung trägt, dem Versicherten sowie seinen Hinterbliebenen schon auf diesem Wege für Unfälle "im Unternehmensbereich" sozialen Schutz gewährt. Die Haftungsablösung bezieht aber (insoweit der Ausdehnung des Versicherungsschutzes auf arbeitnehmerähnliche Personen, die nicht durch einen Arbeitsvertrag mit dem Unternehmen verbunden sind, durch das Sechste Gesetz zur Änderung der Unfallversicherung vom 9. März 1952 - RGBl I 107 - folgend) auch solche "Unternehmer" ein, die keine Arbeitnehmer beschäftigen und keine Beiträge zur Berufsgenossenschaft abführen, sofern nur der Verunglückte für sie nach Art eines Arbeitnehmers in versicherungsrechtlichem Sinn tätig geworden ist (vgl § 539 Abs 2 RVO). Die Gleichstellung der arbeitnehmerähnlichen Personen mit den aufgrund Arbeitsvertrag Beschäftigten ist im System der gesetzlichen Unfallversicherung umfassend: die Vorteile, die sie mit dem öffentlich-rechtlichen Anspruch auf eine verschuldensunabhängige Entschädigung gegen eine leistungsfähige Berufsgenossenschaft erhalten, ziehen mit der Ablösung ihrer bürgerlich-rechtlichen Haftungsansprüche gegen den Unternehmer verbundene Nachteile auch für sie nach sich.

bb) Die Haftungsablösung, die § 636 RVO verwirklicht, erstreckt sich aber nicht auch auf denjenigen, der den Arbeitsunfall nicht wenigstens "wie ein aufgrund eines Arbeitsverhältnisses Beschäftigter" iS von 539 Abs 2 RVO erleidet und deshalb Unfallversicherungsschutz "wie ein Arbeitnehmer" iS von § 539 Abs 1 Nr 1 RVO beanspruchen kann, sondern die Versicherungsleistungen wie hier nur als sog Nothelfer nach § 539 Abs 1 Nr 9a RVO für seine bei der Hilfeleistung erlittenen Verletzungen erhält. Das hat der erkennende Senat im Anschluss an BGHZ 52, 115, 120 bereits in seinem Urteil vom 20. März 1979 - VI ZR 14/78 = VersR 1979, 668, 669 für einen Fall angenommen, in dem der Nothelfer zur Beseitigung einer aus einer schadhaften Fernheizung drohenden "gemeinen" Gefahr eingegriffen und dabei Verbrennungen erlitten hatte. Nichts anderes gilt für den vorliegenden Sachverhalt. Zwar hat der Kläger hier dem schwerverletzten W. erste Hilfe geleistet; insoweit hatte seine Nothilfe einen engeren Bezug zu der Person des potentiellen Ersatzschuldners als in dem im Senatsurteil vom 20. März 1979 entschiedenen Fall, in dem es dem Nothelfer in erster Linie um Beseitigung von der Allgemeinheit drohenden Gefahren ging. Aber auch hier ist der Kläger ebensowenig wie der Verunglückte in jenem Fall durch sein Einschreiten nicht in eine solche innere Beziehung zu dem Tätigkeitsbereich des W. getreten, dass er - iS der versicherungsrechtlichen Regelung - einem "Arbeiter" des W. gleichzustellen wäre. Die Hilfeleistung allein schafft ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis iS von § 539 Abs 2 RVO nicht; sie ist deshalb auch nicht iS von § 636 Abs 1 RVO "im Unternehmen" des W. geleistet worden. Für diesen war der Kläger auch bei der hier maßgebenden versicherungsrechtlichen Betrachtung nicht "sein Arbeiter", der ihm bei seinen Verrichtungen half, sondern außenstehender "Nothelfer" im Dienst der Rettungsaufgabe, die er sich selbst gestellt hatte; daran würde sich übrigens auch dann nichts ändern, wenn W. ihn um Hilfe gebeten hätte. Dies ist der entscheidende Unterschied zu dem von der Revision herangezogenen Fall der "Hilfeleistung" bei Reparaturarbeiten zur Behebung einer Fahrzeugpanne, bei der der Helfende dem "Unternehmer" bei dessen Tätigkeiten beistehen will (vgl BSozGE 35, 104ff = NJW 1973, 1821; 46, 232, 233). Dass solche Tätigkeiten versicherungsrechtlich unterschiedlich zu qualifizieren sind, wird vom Gesetz dadurch unterstrichen, dass es den Versicherungsschutz für den Nothelfer aus § 539 Abs 1 Nr 9a RVO neben denjenigen für arbeitnehmerähnliche Personen aus § 539 Abs 2 RVO stellt. Die Einbeziehung des Nothelfers in die gesetzliche Unfallversicherung folgt eigenständigen Gesichtspunkten. Für sie ist nicht seine Gleichstellung mit Arbeitnehmern des Unfallunternehmens maßgebend gewesen, sondern die Erwägung, dass die Rettung Verunglückter zugleich dem Gemeinwohl dient und deshalb die Bereitschaft zur Hilfeleistung durch eine soziale Existenzsicherung gefördert werden soll (vgl dazu schon die Begründung zu § 553a RVO idF des Entwurfs eines 3. Gesetzes über Änderungen in der Unfallversicherung RT-Vhdlg IV 1928 Bd 430 Drucks Nr 234 S 9f).

Diese Eigenständigkeit des Versicherungsschutzes steht einer Erstreckung der Haftungsablösung nach § 636 RVO auf den Nothelfer jedenfalls bei Fallgestaltungen wie der vorliegenden entgegen, bei der der Nothelfer erst durch die Hilfeleistung in Beziehung zu dem, dem er helfen will, tritt (so auch Lauterbach, Unfallversicherung, 3. Aufl § 636 RVO Anm 15b aa; vgl auch Seitz, Die Ersatzansprüche der Sozialversicherungsträger nach §§ 640 und 1542 RVO, 2. Aufl S 251; Wussow, UHR, 12. Aufl TZ 1539; H. J. Wussow WI 1979, 123, 141). Wie der Senat bereits in der erwähnten Entscheidung vom 20. März 1979 = aaO dargelegt hat, müsste die Belastung des Nothelfers mit dem Haftungsprivileg des § 636 RVO in diesen Fällen als unangemessen und systemwidrig empfunden werden. Nicht nur fehlt für eine Privilegierung desjenigen, dem geholfen wird, das Äquivalent durch seine Belastung mit Beiträgen zur Unfallversicherung, sondern es mangelt auch an dem Gesichtspunkt der versicherungsrechtlichen Gleichstellung der "Nothilfe" mit aufgrund von Arbeitsverhältnissen geleisteten Tätigkeiten als dem tragenden Grund für die Erstreckung der Haftungsablösung auf "arbeitnehmerähnliche" Versicherte, für die dieses Äquivalent nicht besteht. Die in § 637 Abs 2 bis 4 RVO geschaffene Regelung unterstreicht, dass das Prinzip der Haftungsablösung auf Personenkreise, die versicherungsrechtlich Arbeitnehmern in diesem Sinn nicht gleichstehen, nur erstreckt werden kann, wenn der Gesetzgeber eine entsprechende Anwendung von § 636 RVO ausdrücklich anordnet. Das ist für die nach Nr 9a des § 539 Abs 1 RVO Versicherten nicht geschehen.

3. Da das Berufungsurteil auch im übrigen keine Rechtsfehler zum Nachteil der Beklagten erkennen lässt, erweist sich ihre Revision als unbegründet.



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