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BGH Urteil vom 13.12.1977 - VI ZR 206/75 - Zu den Beweislastproblemen bei einem fingiertem Unfall und zur Rechtskrafterstreckung
BGH v. 13.12.1977: Zu den Beweislastproblemen bei einem fingiertem Unfall und zur Rechtskrafterstreckung und Wirkung eines Geständnisses des Versicherungsnehmers
Der BGH (Urteil vom 13.12.1977 - VI ZR 206/75) hat entschieden:
- Der Direktanspruch aus § 3 PflVG besteht sozusagen aus zwei Teilen: einem deliktsrechtlichen Teil, dem Haftpflichtanspruch, und einem versicherungsrechtlichen Teil, dem gegen den Versicherer gerichteten Deckungsanspruch, der von Hause aus nur dem durch den Versicherungsvertrag unmittelbar Begünstigten zusteht, den aber § 3 PflVG dem ersatzberechtigten Dritten zur Verfügung stellt (vgl dazu BGHZ 57, 265, 269/270; BGH Urt vom 18. Dezember 1973 - VI ZR 25/72 - VersR 1974, 254). Diese mehr willkürliche Verbindung des Haftpflichtanspruchs mit Elementen des Deckungsanspruchs kann aber nicht dazu führen, dass sich hinsichtlich der Grundlagen des ersten Anspruchs bei Ansprüchen wegen Unfallmanipulationen die Beweislage verschiebt. Es gelten vielmehr auch insoweit diejenigen Beweisgrundsätze, die allgemein für einen Haftpflichtprozess verbindlich sind.
- Soweit der Haftpflichtanspruch in einem besonderen Prozess gegen den - dabei in der Regel durch den Versicherer vertretenen (§ 10 Abs 5 AKB) - Versicherten verfolgt wird, ist seit langem das sogenannte Trennungsprinzip anerkannt. Das bedeutet, dass die Entscheidung über den haftungsbegründenden Tatbestand grundsätzlich dem Haftpflichtprozess vorbehalten ist und in einem Deckungsprozess nicht wieder aufgerollt werden kann; diese sachliche Bindungswirkung ergibt sich aus der Natur des Haftpflicht-Versicherungsvertrages.
- Ein Anscheinsbeweis für die betrügerische Vortäuschung eines Unfallgeschehens, die die Rechtswidrigkeit der Schädigung ausschlösse, wird nur in Ausnahmefällen denkbar sein, so dass auch unter diesem Gesichtspunkt für die vom Berufungsgericht ins Auge gefasste "Entkräftung" kein Raum ist. Es liegt gerade im Wesen der Unfallmanipulation, dass die Möglichkeit, ja Wahrscheinlichkeit eines unbeabsichtigten Schadensereignisses offenbleiben soll. Damit wäre die Entkräftung eines etwaigen Anscheins gewissermaßen "eingebaut". Die Häufung von Beweisanzeichen für eine Manipulation wird also nur der unmittelbaren Überzeugungsbildung des Tatrichters dahin dienen können, dass eine solche vorliegt. Gerade in Fällen der vorliegenden Art sollte der Tatrichter sich bewusst sein, dass eine Überzeugungsbildung nicht immer eine mathematisch lückenlose Gewissheit voraussetzt.
- Mit der rechtskräftigen Abweisung einer Unfallersatzklage gegen den unfallbeteiligten Kfz-Führer und -Halter wird im Verhältnis des Klägers zum Haftpflichtversicherer bestätigt, dass jenem gegen den Versicherungsnehmer ein Ersatzanspruch nicht zusteht. Diese Feststellung wirkt aber gemäß § 3 Nr 8 PflVG Rechtskraft auch gegenüber dem Kfz-Führer und Kfz-Halter. Die Vorschrift des § 561 Abs 1 ZPO steht der Berücksichtigung dieser weiteren prozessualen Entwicklung nach ihrem Zweck nicht entgegen. Da sich die Rechtskrafterstreckung nur auf ein Entscheidungselement bezieht, ist die Klage gegen den Kfz-Führer oder -Halter zwar nicht als unzulässig, wohl aber als unbegründet abzuweisen.
Siehe auch Unfallbetrug und Urteile in Zivilverfahren
Tatbestand:
Der Kläger nimmt den Erstbeklagten als Fahrer und Halter, die Zweitbeklagte als Haftpflichtversicherer eines Opel-Pkw in Anspruch, der an einem Unfall vom 2. August 1972 beteiligt war. Damals geriet der Beklagte in einer Rechtskurve nach links über die Fahrbahnmitte hinaus, angeblich weil er einem Kaninchen oder anderen Kleintier hatte ausweichen wollen. Dabei kam es unstreitig zu einer Berührung mit der hinteren linken Seitenfront eines entgegenkommenden Maserati-Sportwagens, dessen Fahrer und Halter der Kläger war. Dieser Wagen stieß anschließend gegen einen auf der für ihn rechten Straßenseite stehenden Baum.
Der Kläger behauptet, er sei deshalb gegen den Baum gestoßen, weil er infolge der Kollision ins Schleudern geraten sei. Dabei sei an seinem wertvollen Sportwagen "wirtschaftlicher Totalschaden" entstanden. Auch sei er nicht unerheblich verletzt worden. Unstreitig hat sich der Kläger im Anschluss an die Kollision im Krankenwagen zu einem Arzt begeben.
Der Kläger fordert für Sachschaden und Krankentransport einschl Mietwagenkosten und Kreditkosten eine Ersatzleistung von insgesamt 41.316,61 DM, ferner ein Schmerzensgeld von mindestens 400 DM. Die Zweitbeklagte hat dem Erstbeklagten die Deckung verweigert; er hat dagegen keine Klage in der Frist des § 12 Abs 3 VVG erhoben.
Der Erstbeklagte hat nicht den vom Kläger behaupteten Hergang, sondern nur die geltend gemachten Unfallfolgen bestritten. Der zweitbeklagte Versicherer behauptet, der Unfallverlauf sei teils verabredet, teils fingiert gewesen, um unter Verheimlichung von Vorschäden an dem Maserati seine Versicherungsleistung zu erschleichen.
Das Landgericht hat die Klage in vollem Umfang abgewiesen, weil es eine Verabredung zwischen dem Kläger und dem Erstbeklagten für erwiesen erachtet hat. Auf Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht gegen den Erstbeklagten zunächst ein stattgebendes Teilversäumnisurteil erlassen. In dem angefochtenen Urteil hat es dieses auf Einspruch dem Grunde nach bestätigt; gegen die Zweitbeklagte hat es aber die Abweisung der Klage bestätigt.
Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Anspruch weiter, während der Erstbeklagte mit seinem Rechtsmittel die Abweisung der Klage auch sich gegenüber erstrebt.
Entscheidungsgründe:
I
1. In tatsächlicher Hinsicht geht das Berufungsgericht (das Berufungsurteil ist abgedruckt in VersR 1975, 1128) davon aus, dass sich die beiden Kraftfahrzeuge bei dem von den Beteiligten als Verkehrsunfall bezeichneten Ereignis immerhin berührt haben, wobei sich der Erstbeklagte auf der für ihn linken Straßenseite befunden hatte. Das greift auch im Revisionsverfahren keine Partei an. Sachlichrechtlich geht das Berufungsgericht davon aus, dass der Klaganspruch gegen beide Beklagte nur bestehen kann, wenn der Zusammenstoß nicht von den Beteiligten verabredungsgemäß inszeniert worden ist, und nur insoweit, als die geltendgemachten Schäden ursächlich auf die Kollision zurückgeführt werden können. Auch das wird im Revisionsverfahren nicht grundsätzlich angegriffen.
Die Revision des Klägers gibt zu erwägen, ob nicht seine Einwilligung in die Beschädigung seines Fahrzeugs an der Sittenwidrigkeit der zugrundeliegenden Vereinbarung scheitern könnte.
Dieses Bedenken greift nicht durch.
Auszugehen ist von dem Grundsatz, dass demjenigen, der in die Schädigung seines Rechtsgutes durch einen anderen ausdrücklich einwilligt, kein ersatzfähiges Unrecht geschieht (volenti non fit iniuria). Dieser Grundsatz gilt erst recht für den Bereich der Gefährdungshaftung (hier §§ 7, 18 StVG), ohne dass auf die Streitfrage einzugehen wäre, ob insoweit eine Haftung für an sich rechtmäßiges Verhalten besteht. Er steht allerdings unter der Einschränkung, dass die Einwilligung nicht gegen das Gesetz oder gegen die guten Sitten verstoßen darf (BGHZ 7, 198, 207). Die Einwilligung des Berechtigten in die Beschädigung der eigenen Sache ist indes in der Regel rechtlich wie sittlich indifferent, jedenfalls wenn sie - wie gegebenenfalls hier - auf freiem und mangelfreiem Willensentschluss beruht. Ihren rechtlichen Bestand kann es auch nicht berühren, dass sie möglicherweise der Verwirklichung fernerer Ziele zu dienen bestimmt ist, die ihrerseits gegen Gesetz und/oder Sitte verstoßen würden. Hier gilt das, was auch allgemein für an sich rechtlich und sittlich indifferente Hilfsgeschäfte, die aber einem sittenwidrigen Endzweck dienen sollen, anerkannt ist (zuletzt Senatsurteil BGHZ 67, 119, 124) entsprechend. Die Einwilligung des Klägers in die Beschädigung seines Kraftwagens durch den Erstbeklagten würde also gegebenenfalls nicht dadurch berührt, dass als Enderfolg ein Versicherungsbetrug beabsichtigt war; das Ergebnis der entgegengesetzten Auffassung, dass dem Kläger dann ein Ersatzanspruch zustehen soll, müsste auch als eher ungereimt bezeichnet werden.
II
Damit kommt es für den Erfolg der Klage gegen beide Beklagte in erster Linie auf die Haltbarkeit der vom Berufungsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen unter Berücksichtigung der Beweislastverteilung an. Auf die Frage, inwieweit dann noch besondere versicherungsrechtliche Rechtssätze eine Gleichrichtung der Entscheidung gegen beide Beklagte fordern, wird noch unten einzugehen sein. Schon an dieser Stelle allerdings ist dem Berufungsgericht darin zuzustimmen, dass der persönlich verklagte Schädiger und der mit der Direktklage in Anspruch genommene Versicherer nicht notwendige Streitgenossen sind, so dass divergierenden Entscheidungen keine prozessualen Bedenken entgegenstehen (BGHZ 63, 51; Prölß/Martin VVG 21. Aufl Anm 1 zu § 3 Nr 8 PflVG mit Nachw zum Meinungsstand; so jetzt auch Rosenberg/Schwab, Zivilprozeßrecht, 12. Aufl § 50 II 2b).
1. Klage gegen die Zweitbeklagte (Versicherer).
I.
Das Berufungsgericht hat sich davon, dass es ohne (beiderseitige) Absicht zu dem Zusammenstoß gekommen ist, nicht überzeugen können.
1. Das Berufungsgericht stellt insoweit fest: Gegen den Kläger seien staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren wegen Verdachts des Versicherungsbetruges in insgesamt neun gleichartigen oder ähnlichen Fällen eingeleitet worden. Sodann sei die Unrichtigkeit verschiedener prozesserheblicher Behauptungen des Klägers (über Herkunft des vom Erstbeklagten - demnächst der Beklagte - gesteuerten, fast wertlosen Opel-Pkw, über die Rolle des inzwischen tödlich verunglückten Barinhabers D. bezüglich der Beschaffung dieses Fahrzeuges, sowie darüber, ob Kläger und Beklagter sich schon vor dem Unfall kannten und woher diese Bekanntschaft rührt) erwiesen worden. Darüber hinaus hätten sich Merkwürdigkeiten im Verhalten des Beklagten ergeben. Dieser habe vor Beginn des Rechtsstreits gegenüber dem von dem beklagten Versicherer mit der Aufklärung des Sachverhalts beauftragten Zeugen R. die Vorgänge zu verschleiern versucht und unrichtige Angaben gemacht, die Entziehung des Deckungsschutzes jedoch widerspruchslos hingenommen. Im Rechtsstreit habe er sodann außerhalb seiner Parteivernehmung im ersten Rechtszuge und der lediglich auf Fragen des Berufungsgerichts abgegebenen Erklärung seines Prozessbevollmächtigten im zweiten Rechtszuge keinerlei Angaben zur Sache gemacht. Die wenigen für einen unbeabsichtigten Unfall sprechenden Indizien lassen dagegen nach Auffassung des Berufungsgerichts auch eine andere Würdigung zu. Demnach hält das Berufungsgericht die von der Zweitbeklagten behauptete Verabredung nicht für erwiesen, sondern folgert aus dem Beweisergebnis lediglich, es lägen zahlreiche und zum Teil schwerwiegende Umstände vor, die für eine solche Verabredung sprächen.
Dies würdigt das Berufungsgericht dahin, dass an der Darstellung der Klage hinsichtlich der Unabsichtlichkeit des Zusammenstoßes ganz erhebliche Zweifel bestünden, es bestehe vielmehr der starke Verdacht einer Kollision.
Angesichts dessen ist das Berufungsgericht der Ansicht, dass eine Haftung des Beklagten nach §§ 7, 18 StVG iVm § 3 Nr 1 PflVG schon am mangelnden Nachweis des erforderlichen Unfallcharakters des Geschehens scheitere. Auch § 823 Abs 1 BGB scheide als Haftungsgrundlage aus. Schon dass eine (gewisse) Beschädigung des Eigentums des Klägers durch den Zusammenstoß rechtswidrig erfolgt sei, sei angesichts der Wahrscheinlichkeit einer Verabredung fernliegend und nicht erwiesen. Vor allem lasse sich aber nicht ausschließen, dass der Wagen des Klägers infolge von Vorschäden bereits nahezu wertlos gewesen sei. Aber auch soweit durch den Zusammenstoß selbst zumindest eine zusätzliche Beschädigung eingetreten sein sollte, fehle es insoweit an jedem Anhalt für eine Schätzung nach § 287 ZPO.
Überdies sei die im Rahmen des § 823 BGB bestehende Vermutung für die Rechtswidrigkeit einer Eigentumsverletzung hier durch die ernsthafte Möglichkeit einer Kollision "entkräftet". Sofern man indessen von einer vollen Beweispflicht des Schädigers für die Einwilligung ausgehen wolle, dann könne dies jedenfalls nicht bei der Direktklage (§ 3 PflVG) zu Lasten des Versicherers gehen. Denn diesem könne nach der Gesamtlage die Führung des vollen Beweises für ein Zusammenwirken zu seinen Lasten nicht zugemutet werden. Bei anderer Beurteilung dieser Frage müsste ein Schadensersatzanspruch jedenfalls am fehlenden Nachweis des Verschuldens des Beklagten scheitern. Denn eine etwaige tatsächliche Vermutung für Verschulden sei hier jedenfalls aufgrund der für eine Kollision sprechenden Umstände "erschüttert".
Für den Schmerzensgeldanspruch gelte Entsprechendes, da der Kläger die Verletzungen, deretwegen er sich anschließend in eine Klinik habe verbringen lassen, durchaus auch schon bei einem früheren Unfall erlitten haben könne.
2. Gegen diese Begründung des angefochtenen Urteils bestehen Bedenken.
Offensichtlich haben sich in den letzten Jahren betrügerisch vorgetäuschte Kraftfahrzeugunfälle gehäuft. Der Gesamtschaden, der durch den Erfolg solcher Machenschaften der Versicherungswirtschaft entsteht, ist erheblich. Die Wichtigkeit der dabei entstehenden Beweisprobleme zeigt schon die große Zahl der von den Berufungsgerichten in letzter Zeit entschiedenen Fälle (VersR 1975, 959; 1977, 938; 1978, 260; 1978, 334; s auch das Urteil des Senats vom heutigen Tage - VI ZR 36/76; weitere Verfahren wird der Senat demnächst entscheiden). Dabei wurde auf verschiedenen Wegen versucht, der schwierigen Beweislage der - direkt oder mittelbar - in Anspruch genommenen Versicherer Rechnung zu tragen.
a) Im Bereich der Unfallversicherung hat die Frage, wer die Unfreiwilligkeit des Schadensereignisses zu beweisen hat und welche Anforderungen insoweit zu stellen sind, bereits seit langem die Rechtsprechung beschäftigt (vgl schon RGZ 145, 322, 327 mwNachw). In RGZ 156, 113, 118 hat das Reichsgericht insoweit folgende "Rechtsregeln" aufgestellt: Dass es sich um einen echten, nämlich unfreiwilligen Unfall gehandelt habe, habe der Versicherte (Versicherungsnehmer) zu beweisen und nicht etwa der Versicherer zu widerlegen; indessen seien insoweit nicht die "gewöhnlichen Regeln über die Beweisführung" anzuwenden, vielmehr seien an die Beweisführung des Versicherungsnehmers keine hohen Anforderungen zu stellen, solange für ihn die Lebenserfahrung streite, dass niemand sich freiwillig selbst verletze (ebenso BGH Urteile vom 23. April 1969 - IV ZR 611/68 - VersR 1969, 609 und vom 23. Dezember 1971 - IV ZR 63/70 - VersR 1972, 244). Inzwischen hat allerdings für die in mancher Hinsicht besonders gelagerte Personenunfallversicherung der neue § 180a VVG die Beweislast schon im Ansatz dem Versicherer überbürdet.
aa) Dem Berufungsgericht mag eine ähnlich elastische Beweislastverteilung dahin vorschweben, dass in Fällen der vorliegenden Art der Beweis für ein "echtes" Unfallereignis zwar dem angeblich Geschädigten obliegt, ihm aber dabei in der Regel der Beweis des ersten Anscheins zugutekommt. Dann hätte in der Tat der Versicherer die Möglichkeit, den Anschein durch den Nachweis hinreichend verdächtiger Umstände zu erschüttern, so dass dem Kläger wieder der volle Beweis obliegt.
bb) Der Senat hält diesen Weg nicht für gangbar. Gegen ihn spricht schon, dass sich die erwähnten "Rechtsregeln" nur auf das Versicherungsvertragsverhältnis (ggf unter Einbeziehung eines begünstigten Versicherten) beziehen. Hier aber geht es zunächst um den gesetzlichen Schadensersatzanspruch des außerhalb des Versicherungsverhältnisses stehenden Dritten. Nur im Rahmen des Versicherungsverhältnisses erscheint indessen eine vertragliche Modifikation der Beweislast denkbar (vgl RGZ 157, 83, 86). Nun besteht allerdings der Direktanspruch aus § 3 PflVG, der im Streitfall erhoben ist, sozusagen aus zwei Teilen: einem deliktsrechtlichen Teil, dem Haftpflichtanspruch, und einem versicherungsrechtlichen Teil, dem gegen den Versicherer gerichteten Deckungsanspruch, der von Hause aus nur dem durch den Versicherungsvertrag unmittelbar Begünstigten zusteht, den aber § 3 PflVG dem ersatzberechtigten Dritten zur Verfügung stellt (vgl dazu BGHZ 57, 265, 269/270; BGH Urt vom 18. Dezember 1973 - VI ZR 25/72 - VersR 1974, 254). Diese mehr willkürliche Verbindung des Haftpflichtanspruchs mit Elementen des Deckungsanspruchs kann aber nicht dazu führen, dass sich hinsichtlich der Grundlagen des ersten Anspruchs die Beweislage verschiebt. Dies wird besonders deutlich, wenn man sich vergegenwärtigt, dass der Geschädigte auch den früher üblichen Weg der Klage gegen den Schädiger in Verbindung mit Pfändung und Überweisung des Deckungsanspruchs noch heute - wenigstens im Falle eines "gesunden" Versicherungsverhältnisses - beschreiten kann (BGHZ 69, 153, 156/157), und dass auch der Erfolg der Direktklage zur dem Versicherungszweck entsprechenden Freistellung des Schädigers mindestens dem Geschädigten gegenüber führt, schließlich dass sie vor allem zum Schutze der Verkehrsopfer eingeführt worden ist.
Soweit aber der Haftpflichtanspruch in einem besonderen Prozess gegen den - dabei in der Regel durch den Versicherer vertretenen (§ 10 Abs 5 AKB) - Versicherten verfolgt wird, ist seit langem das sogenannte Trennungsprinzip anerkannt (RGZ 167, 243, 245; Prölß/Martin VVG 21. Aufl § 149 VVG Anm 5 A). Das bedeutet, dass die Entscheidung über den haftungsbegründenden Tatbestand grundsätzlich dem Haftpflichtprozess vorbehalten ist und in einem Deckungsprozess nicht wieder aufgerollt werden kann; diese sachliche Bindungswirkung ergibt sich aus der Natur des Haftpflicht-Versicherungsvertrages (vgl BGHZ 28, 132, 139; BGH Urt v 19. Februar 1959 - II ZR 171/57 - VersR 1959, 256; st Rspr); die bei anderen Versicherungsarten geltenden Beweisgrundsätze haben demgegenüber zurückzutreten.
Angesichts der übereinstimmenden Interessenlage kann somit auch die Zusammenfassung des Haftpflichtstreits und des Deckungsstreits in einem einzigen Verfahren nicht dazu führen, dass dem Geschädigten der Beweis des Haftpflichttatbestandes gegenüber den sonst gültigen Regeln erschwert wird. Sonst würde nicht nur der vertragliche Schutzanspruch des Versicherten bedenklich ausgehöhlt, sondern auch der Schutz, den die Direktklage (ähnlich schon §§ 158c ff VVG) dem Geschädigten bestimmungsgemäß gewähren soll.
b) Nach allem können für die Frage, ob ein haftungsbegründender Tatbestand vorliegt, hier keine anderen Beweisgrundsätze gelten als die, die allgemein für einen Haftpflichtprozess verbindlich sind.
aa) Deshalb hat hier der Kläger zunächst den äußeren Tatbestand der Rechtsgutverletzung zu beweisen. Dieser ist aber, jedenfalls soweit es sich um die bloße Kollision handelt (siehe dazu aber unten zu II) unstreitig. Der beklagte Versicherer wendet lediglich ein, der Kläger sei mit dieser Verletzung seines Rechtsguts einverstanden gewesen, habe sie sogar gewünscht. Die Einwilligung des Verletzten ist aber als Rechtfertigungsgrund nach allgemeiner Meinung vom Schädiger darzutun und zu beweisen (BGHZ 39, 103, 108; BGH GSZ 24, 21, 27). Die Angriffe, die das Schrifttum gegen den genannten Beschluss des Großen Senats für Zivilsachen erhoben hat, richten sich, soweit ersichtlich, nirgends gegen diesen Grundsatz, sondern nur dagegen, dass das verkehrsrichtige Verhalten als besonderer Rechtfertigungsgrund und nicht etwa das verkehrswidrige Verhalten als Tatbestandsmerkmal betrachtet wird. Hier geht indessen der Streit um einen Tatumstand, der sich unbestrittenermaßen als echter Rechtfertigungsgrund darstellen müsste. Hiervon geht offenbar auch das Berufungsgericht, soweit es über die Klage gegen den erstbeklagten Schädiger entscheidet, aus; soweit es meint, im Verhältnis zu dem mittels Direktklage in Anspruch genommenen Versicherer müsse eine andere Beweislastverteilung gelten, ist dies, wie hier bemerkt werden soll, nicht richtig (vgl das oben erwähnte Urteil des Senats vom heutigen Tage in der Parallelsache VI ZR 36/76 - zur Veröffentlichung bestimmt). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann auch dann nichts anderes gelten, wenn der Anspruch des Geschädigten etwa auf die §§ 7, 18 StVG gestützt wird. Dass dann ein "Unfall" zum anspruchsbegründenden Tatbestand gehören mag (vgl dazu Steffen in Krumme, Straßenverkehrsrecht § 7 StVG Rdn 18), ändert nichts daran, dass das Einverständnis des Verletzten als besonderer Rechtfertigungsgrund auch hier nach den allgemeinen Grundsätzen vom Beklagten zu beweisen ist.
bb) Auch ein Anscheinsbeweis für die betrügerische Vortäuschung eines Unfallgeschehens, die die Rechtswidrigkeit der Schädigung ausschlösse, wird nur in Ausnahmefällen denkbar sein, so dass auch unter diesem Gesichtspunkt für die vom Berufungsgericht ins Auge gefasste "Entkräftung" kein Raum ist. Es liegt gerade im Wesen der Unfallmanipulation, dass die Möglichkeit, ja Wahrscheinlichkeit eines unbeabsichtigten Schadensereignisses offenbleiben soll. Damit wäre die Entkräftung eines etwaigen Anscheins gewissermaßen "eingebaut". Die Häufung von Beweisanzeichen für eine Manipulation wird also nur der unmittelbaren Überzeugungsbildung des Tatrichters dahin dienen können, dass eine solche vorliegt. Gerade in Fällen der vorliegenden Art sollte der Tatrichter sich bewusst sein, dass eine Überzeugungsbildung nicht immer eine mathematisch lückenlose Gewissheit voraussetzt (vgl BGHZ 53, 245, 256; BGH Urt v 21. Dezember 1960 - VIII ZR 145/59 - NJW 1961, 777, 779).
Manches spricht dafür, dass unter diesen Gesichtspunkten die im Streitfall vom Berufungsgericht festgestellten Tatsachen doch für eine solche Überzeugungsbildung ausgereicht hätten. So verbot vor allem der Umstand, dass der Kläger sich zwar in einer großen Anzahl von Fällen des versuchten oder vollendeten Versicherungsbetrugs verdächtig gemacht hatte, indessen in keinem Einzelfall dessen überführt worden war, nicht den Schluss, dass ihm angesichts dieser sonst nicht zu erklärenden Häufung ähnlicher Verläufe insgesamt solche früheren Straftaten zur Last fallen müssen. Allerdings hätte die Tatsache allein, dass ihm solche Taten nicht fremd sind, nicht genügt, den Beklagten eine sie im vorliegenden Falle treffende Beweislast abzunehmen; im Rahmen einer tatrichterlichen Gesamtwürdigung konnte sie aber immerhin Bedeutung gewinnen.
Das Berufungsgericht stellt außerdem fest, dass der Kläger selbst und Personen, deren Handeln ihm in diesem Zusammenhang möglicherweise zugeordnet werden kann, die Aufklärung des angeblichen Schadensfalles erschwert oder teilweise vereitelt haben. Es war Sache des Tatrichters, inwieweit er dies in Anwendung des der Vorschrift des § 444 ZPO zugrundeliegenden allgemeinen Rechtsgedankens (vgl etwa Baumbach/Hartmann, ZPO 36. Aufl Anm 2 zu § 444) zu Lasten des Klägers berücksichtigte. Auch ob sich das Berufungsgericht dieser Möglichkeit bewusst gewesen ist, erscheint nicht zweifelsfrei.
Doch kommt es darauf, wie im folgenden zu zeigen ist, für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht an.
II.
Die Entscheidung des Berufungsgerichts erweist sich nämlich schon deshalb als zutreffend, weil es sich nicht davon zu überzeugen vermag, dass die Berührung der beiden Fahrzeuge überhaupt zu einem feststellbaren Schaden des Klägers geführt hat. Insofern fehlt es also schon an den Voraussetzungen des Deliktsanspruchs.
1. Als jedenfalls eine Ursache der Berührung der beiden Fahrzeuge ist unstreitig, dass der Erstbeklagte verkehrswidrig und schuldhaft auf die linke Fahrbahnhälfte geraten ist. Soweit dadurch das Eigentum des Klägers beschädigt worden ist, hätte, wie oben ausgeführt, die Zweitbeklagte einen etwaigen Rechtfertigungsgrund zu beweisen. Dann wäre von der Haftung des Erstbeklagten für die Schäden auszugehen, die der Kläger als Folge der Fahrzeugberührung erlitten hat.
2. Jedoch bleibt auch dann der Kläger nach allgemeinen Grundsätzen für das Zustandekommen und den Umfang dieser Schäden beweisbelastet. Den Beweis dafür, dass die etwa festzustellenden Sachschäden und auch Körperschäden eben durch jene Kollision verursacht worden sind, hat er aber nicht geführt. Vielmehr hält es das Berufungsgericht für in hohem Maße wahrscheinlich, dass solche Schäden gegebenenfalls schon früher vorhanden waren und vom Kläger dem streitbefangenen Unfall unterschoben werden.
Gegen diese tatrichterliche Feststellung würden Bedenken nur dann bestehen, wenn man aus dem erwähnten Grundsatz, dass die Verletzung des Eigentums die Rechtswidrigkeit "indiziert", entnehmen wollte, das Gericht müsse, wenn ein Rechtfertigungsgrund nicht dargetan ist, auch hinsichtlich der Schadensfeststellung von einem Verlauf ausgehen, nach dem der in Frage stehende Rechtfertigungsgrund mangels Beweises nicht angenommen werden darf. Der Senat hält das jedenfalls für die hier gegebene Fallgruppe nicht für richtig. Eine solche Erstreckung des Grundsatzes der indizierten Rechtswidrigkeit auf weitere Bereiche würde hier die Wahrheitsfindung nicht fördern und den beklagten Versicherer - wie das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend bemerkt - in unbillige Beweisnot bringen.
Bei alledem darf nicht außer Betracht bleiben, dass, wenn ein Fahrzeug unmittelbar nach einem wenn auch ganz leichtem Zusammenstoß von der Fahrbahn abkommt, der erste Anschein für einen ursächlichen Zusammenhang sprechen wird. Dieser Anschein ist aber hier - und damit ist dem Berufungsgericht im Ergebnis zuzustimmen - entkräftet. Denn die oben erwähnte ganz ungewöhnliche Häufung suspekter und in gewissem Sinne gleichförmiger Unfälle beim Kläger mochte zwar in keinem Einzelfall nach strafprozessualen Grundsätzen seine Überführung als Versicherungsbetrüger erlauben. Sie erlaubt jedoch im Zivilprozess die Feststellung, dass dem Kläger im Gegensatz zu anderen Kraftfahrern derartige Machenschaften insgesamt nicht fremd sind. Die mindestens ernstliche Möglichkeit eines anderen Verlaufs ist erwiesen.
Nach allem ist die Klage gegen die Zweitbeklagte zu Recht abgewiesen.
2. Die Revision des Erstbeklagten.
1. Der Erstbeklagte hat sich dahin eingelassen, dass der Zusammenstoß der Fahrzeuge nicht verabredet und seinerseits nicht beabsichtigt gewesen sei. Dies hat das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler als Geständnis (§ 288 ZPO) gewertet. Dagegen wendet sich die Revision nicht, meint aber, dass das Geständnis wegen offenbarer Unwahrheit nicht habe berücksichtigt werden dürfen. Im übrigen hat der Erstbeklagte die Schadensbehauptungen der Klage mit Nichtwissen bestritten.
Wenn das Berufungsgericht demnach, gestützt auf dies Geständnis, die Klage gegen den Erstbeklagten dem Grunde nach für berechtigt erklärt hat, statt sie abzuweisen, dann lässt dies entgegen der Ansicht der Revision keinen Rechtsirrtum erkennen. Denn es hat sich trotz starken Verdachts eben nicht davon zu überzeugen vermocht, dass das Geständnis auf einen Betrug zu Lasten der Zweitbeklagten hinzielte, was allerdings seine Nichtbeachtung gerechtfertigt haben würde (BGH Urt v 22. Mai 1970 - IV ZR 1084/68 - VersR 1970, 826, 827). Damit aber durfte es den eingestandenen Sachverhalt seinen Feststellungen durchweg, also auch hinsichtlich der Schadensermittlung, zugrundelegen. Und dann war es mindestens nicht selbstverständlich, dass es die Verursachung eines Schadens durch die Kollision in gleicher Weise wie gegenüber der Zweitbeklagten alsbald verneinen konnte.
2. Dies alles mag indessen dahinstehen. Denn mit der gegenwärtigen, sogleich rechtskräftigen Entscheidung wird, wie oben ausgeführt, im Verhältnis des Klägers zur Zweitbeklagten bestätigt, dass jenem gegen den Erstbeklagten ein Ersatzanspruch nicht zusteht. Diese Feststellung wirkt aber gemäß § 3 Nr 8 PflVG Rechtskraft auch gegenüber dem Erstbeklagten. Die Vorschrift des § 561 Abs 1 ZPO steht der Berücksichtigung dieser weiteren prozessualen Entwicklung nach ihrem Zweck nicht entgegen. Da sich die Rechtskrafterstreckung nur auf ein Entscheidungselement bezieht, ist die Klage gegen den Erstbeklagten zwar nicht als unzulässig (vgl BGHZ 36, 365, 367), wohl aber als unbegründet abzuweisen. Dass die vom Berufungsgericht festgestellte hohe Wahrscheinlichkeit für die bewusste Unwahrheit des Geständnisses, aufgrund dessen der Erstbeklagte im zweiten Rechtszug unterlegen ist, hieran etwas ändern könnte, ist nicht ersichtlich. Dem versicherungsrechtlichen Grundsatz, der Haftpflichtversicherte dürfe keinesfalls der Gefahr ausgesetzt werden, dass die Haftungsfrage im Haftpflichtverhältnis anders beurteilt wird als im Deckungsverhältnis (vgl Prölß/Martin, VVG 21. Aufl Anm 5 zu § 149 VVG, der auch für die Vorschrift des § 3 Nr 8 PflVG bestimmend war), muss gegenüber etwaigen pönalen Erwägungen der Vorrang zukommen.
Damit führt die Revision des Erstbeklagten infolge der weiteren prozessualen Entwicklung dazu, dass die Klage nun auch insoweit abgewiesen werden muss.