Das Verkehrslexikon

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OVG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 11.06.2009 - OVG 5 M 16.09 - Keine Wahrung der Schriftform für eine Beschwerde im Verwaltungsstreitverfahren durch eine E-Mail

OVG Berlin-Brandenburg v. 11.06.2009: Keine Wahrung der Schriftform für eine Beschwerde im Verwaltungsstreitverfahren durch eine E-Mail


Das OVG Berlin-Brandenburg (Beschluss vom 11.06.2009 - OVG 5 M 16.09) hat entschieden:
Eine per E-Mail eingelegte Beschwerde stellt weder eine zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegebene Erklärung dar noch wahrt sie die Schriftform. Für Dokumente, die einem schriftlich zu unterzeichnenden Schriftstück gleichstehen, bestimmt § 55 a Abs. 1 Satz 3 VwGO jedoch zwingend, dass in der die Übermittlung elektronischer Dokumente zulassenden Rechtsverordnung eine qualifizierte elektronische Signatur im Sinne des § 2 Nr. 3 des Signaturgesetzes vorzuschreiben ist. Dementsprechend bestimmt § 2 Abs. 3 Satz 1 und 2 der Verordnung, dass, sofern für Einreichungen die Schriftform vorgeschrieben ist, elektronische Dokumente mit einer qualifizierten elektronischen Signatur im Sinne des Signaturgesetzes zu versehen sind, wobei die Signatur und das ihr zugrunde liegende Zertifikat durch das adressierte Gericht überprüfbar sein müssen.


Siehe auch E-Mail und E-Mail-Verkehr mit Gerichten


Gründe:

Die dem Verwaltungsgericht unter dem 18. Februar 2009 als elektronisches Dokument übermittelte Beschwerde des Klägers gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren ist unzulässig. Sie ist nicht formgerecht erhoben worden.

Nach § 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist die Beschwerde bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung einzulegen. Das elektronische Dokument vom 18. Februar 2009 stellt - abgesehen von der fehlerhaften Adressierung (vgl. § 2 Abs. 1 und 2 der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr im Land Brandenburg vom 14. Dezember 2006, GVBl. II/06, S. 558 [im Folgenden: Verordnung]) - weder eine zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegebene Erklärung dar noch wahrt sie die Schriftform. Nach § 55 a Abs. 1 Satz 1 VwGO können die Beteiligten einem Gericht der Verwaltungsgerichtsbarkeit elektronische Dokumente nur dann übermitteln, wenn dies durch Rechtsverordnung der Bundesregierung oder einer Landesregierung für ihren Zuständigkeitsbereich zugelassen worden ist. Das trifft für das Verwaltungsgericht Potsdam zwar zu (vgl. die Anlage zu § 1 der Verordnung, Nr. 20). Für Dokumente, die einem schriftlich zu unterzeichnenden Schriftstück gleichstehen, bestimmt § 55 a Abs. 1 Satz 3 VwGO jedoch zwingend, dass in der die Übermittlung elektronischer Dokumente zulassenden Rechtsverordnung eine qualifizierte elektronische Signatur im Sinne des § 2 Nr. 3 des Signaturgesetzes vorzuschreiben ist. Dementsprechend bestimmt § 2 Abs. 3 Satz 1 und 2 der Verordnung, dass, sofern - wie hier - für Einreichungen die Schriftform vorgeschrieben ist, elektronische Dokumente mit einer qualifizierten elektronischen Signatur im Sinne des Signaturgesetzes zu versehen sind, wobei die Signatur und das ihr zugrunde liegende Zertifikat durch das adressierte Gericht überprüfbar sein müssen. Diesen Anforderungen, auf die der Kläger in dem parallel geführten vorläufigen Rechtsschutzverfahren - 3 L 596/08 - mehrfach hingewiesen worden ist, genügt die dem Verwaltungsgericht auf elektronischem Wege übermittelte Beschwerdeschrift des Klägers nicht.

Auf den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 15. Juli 2008 - X ZB 8.08 - (NJW 2008, 2649), wonach dem Unterschriftserfordernis genügt ist, wenn die Datei durch Einscannen eines unterzeichneten Schriftsatzes hergestellt ist, kann sich der Kläger für seine gegenteilige Ansicht nicht mit Erfolg stützen. Die für Zivilprozesse geltende Vorschrift des § 130 a ZPO, auf die sich die genannte Entscheidung bezieht, ist lediglich eine Sollvorschrift. Damit entspricht sie zwar der durch das Gesetz zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts und anderer Vorschriften an den modernen Rechtsverkehr vom 13. Juli 2001 in die Verwaltungsgerichtsordnung eingefügten Vorschrift des § 86 a Abs. 1, nach der es zur Wahrung des Schriftformerfordernisses im elektronischen Rechtsverkehr noch nicht zwingend einer qualifizierten elektronischen Signatur bedurfte. Im Gegensatz zu dem bis heute unverändert gebliebenen § 130 a ZPO aber hat der Gesetzgeber die Anforderungen für den Bereich der Verwaltungsgerichtsbarkeit mit der Einfügung der - § 86 a VwGO (a.F.) ersetzenden - Vorschrift des § 55 a VwGO durch Art. 2 Nr. 2 des Justizkommunikationsgesetzes vom 22. März 2005 (BGBl. I S. 837) mit Wirkung vom 1. April 2005 verschärft (zu den Gründen vgl. die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 15/4067, S. 25 ff. <37/38>). Die vom Kläger herangezogene Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist mithin nicht einschlägig.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 127 Abs. 4 ZPO. Einer Streitwertfestsetzung bedarf es wegen der gesetzlich bestimmten Festgebühr nicht.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).



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