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BGH Urteil vom 14.04.2011 - 4 StR 501/10 - Zum Verfahren bei der Täteridentifizierung durch Lichtbildvorlage
BGH v. 14.04.2011: Zum Verfahren bei der Täteridentifizierung durch Lichtbildvorlage
Der BGH (Urteil vom 14.04.2011 - 4 StR 501/10) hat entschieden:
- Dem Ergebnis einer sequentiellen Wahllichtbildvorlage kommt in der Regel ein höherer Beweiswert zu als dem einer gleichzeitigen Vorlage aller Bilder. Dies beruht bei sequentiell vorgenommener Vorlage von Lichtbildern ebenso wie bei einer solchen Form der Wahlgegenüberstellung vor allem auf dem Umstand, dass dem Zeugen in Ermangelung zeitgleich vorgelegter (weiterer) Lichtbilder oder vorgeführter Personen die Identifizierung im Wege eines – in der Praxis häufig vorkommenden – Ausschlussverfahrens am Maßstab eines (relativen) Ähnlichkeitsurteils regelmäßig verschlossen ist. Der Zeuge kann und muss vielmehr bei jedem einzelnen Bild bzw. bei jeder einzelnen Person ausschließlich auf sein aktuelles Erinnerungsbild zurückgreifen.
- Die Ermittlungsbehörden haben bei Wahllichtbildvorlagen wie auch bei Wahlgegenüberstellungen alles zu unterlassen haben, was den jeweiligen Zeugen in seiner Unvoreingenommenheit beeinflussen kann. Es ist aber unschädlich, wenn dem Zeugen seitens des Vernehmungsbeamten bei der Wahlbildvorlage mitgeteilt wird, in jeder der Lichtbildserien befinde sich das Bild eines Tatverdächtigen.
- Auch das (wiederholte) Wiedererkennen in der Hauptverhandlung kann einen, wenn auch eingeschränkten, Beweiswert haben.
Siehe auch Lichtbildbeweis und Beweiswürdigung
Gründe:
Das Landgericht hat die Angeklagten vom Vorwurf der gemeinschaftlichen räuberischen Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Hiergegen wendet sich der Nebenkläger mit seiner auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
I.
1. Das Landgericht hat sich auf Grund der glaubhaften Angaben des Nebenklägers davon überzeugt, dass dieser am 19. Juli 2008 gegen 4.00 Uhr am Baldeneysee in Essen, wo er in seinem auf einem Parkplatz abgestellten Wohnmobil schlief, von insgesamt vier Tätern überfallen wurde. Diese forderten die Herausgabe von Wertsachen, Mobiltelefonen oder Geld und verliehen ihren Forderungen zunächst durch Schläge gegen das Wohnmobil und durch Beschimpfungen Nachdruck. Der Nebenkläger, der angesichts der zunehmend aggressiv vorgehenden Täter Angst bekam und sich in seinen Verteidigungsmöglichkeiten eingeschränkt sah, weil er unbekleidet war, reichte ihnen durch ein spaltbreit aufgeschobenes Fenster etwa fünf Euro Münzgeld heraus. Einer der vier Angreifer, die seiner Versicherung, über kein weiteres Geld mehr zu verfügen, keinen Glauben schenkten, schlug daraufhin das Schiebefenster des Wohnmobils mit einem Radmutterschlüssel ein. Nachdem der Nebenkläger unter dem Eindruck dieses Vorgehens nunmehr auch eines seiner Mobiltelefone herausgegeben hatte, versuchte einer der Täter, ihn von außen durch das vollständig zersplitterte Fenster mit dem Radmutterschlüssel zu schlagen. Das gelang jedoch nicht, weil der Nebenkläger in das Innere des Fahrzeugs auswich. Ein weiterer der vier Täter schlug sodann das Fenster der Fahrertür ein, öffnete die Tür, lehnte sich über den Fahrersitz nach hinten und schlug den Nebenkläger mehrfach mit einem Fahrradspanngurt, der an den Enden mit Metallhaken versehen war. Der Nebenkläger, der dadurch mehrere Striemen am Oberkörper davontrug, verteidigte sich seinerseits mit einer Metall-Taschenlampe. Es gelang ihm, dem Täter am Schiebefenster vorübergehend den Radmutterschlüssel zu entwinden, nachdem dieser das zweite Mobiltelefon des Nebenklägers durch das zerbrochene Fenster an sich genommen hatte, er gab das Werkzeug aber nach Androhung des Einsatzes einer Schusswaffe wieder zurück. Der in den Fahrerbereich des Wohnmobils eingedrungene Angreifer hatte in der Zwischenzeit von dem Nebenkläger abgelassen und nahm aus der Frontablage ein Navigationsgerät, ein Ladekabel, mehrere CDs sowie den Zündschlüssel für das Firmenfahrzeug des Nebenklägers an sich. Daraufhin entfernten sich die Angreifer mit den entwendeten Gegenständen unter Benutzung eines unbeleuchteten Pkws.
2. Die Strafkammer hat nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit feststellen können, dass die Angeklagten, die den Tatvorwurf bestritten und sich dahin eingelassen haben, sie seien zum Tatzeitpunkt jeweils zu Hause gewesen, zusammen mit zwei weiteren, unbekannt gebliebenen Personen die Täter waren. Insbesondere bestehen aus Sicht des Landgerichts begründete Zweifel daran, dass der Nebenkläger die Angeklagten zuverlässig wiedererkannt hat.
a) Dem liegt Folgendes zu Grunde:
Bei Anzeigeerstattung noch in der Tatnacht (19. Juli 2008) bekundete der Nebenkläger, die Täter nicht einzeln beschreiben zu können, da sie alle „irgendwie gleich ausgesehen“ hätten. Es habe sich um etwa 1,80 Meter große, ca. 25 Jahre alte männliche Personen mit schwarzen, kurzen Haaren, südländischem Aussehen und kräftigen Staturen gehandelt, bei denen er eine türkische Herkunft vermute. Sie hätten die deutsche Sprache mit einem leichten Akzent gesprochen und eine schwarze, viertürige Limousine benutzt. Er nehme an, es sei ein Pkw Audi 80 älterer Bauart mit abgerundeter Karosserie gewesen. Am 29. Dezember 2008 führte die Polizei zwei computergestützte Wahllichtbildvorlagen durch, wobei jede Vorlage aus acht Lichtbildern bestand, von denen jeweils eines einen der beiden Tatverdächtigen, die sieben anderen computergenerierte Bilder nicht existierender Personen zeigten. Die Bilder wurden dem Nebenkläger am Computerbildschirm einzeln nacheinander gezeigt (sog. sequentielle Wahllichtbildvorlage). Der Nebenkläger, dem zu Beginn der Vorlage mitgeteilt worden war, dass sich in jeder der Lichtbildvorlagen jeweils einer der Tatverdächtigen befinden würde, erkannte den Angeklagten H. beim ersten Durchgang auf Bild Nr. 8 zu 100 %; die anderen Personen erkannte er nicht wieder. Im zweiten Durchgang erkannte er bereits auf Bild Nr. 2 den Angeklagten J. , ebenfalls mit 100%-iger Sicherheit. Die auf dem ersten Bild dieser zweiten Vorlage abgebildete Person erkannte der Nebenkläger nicht. Entsprechend den einprogrammierten Systemvorgaben wurde der gesamte Vorgang unmittelbar nach Wiedererkennung des zweiten Angeklagten beendet. Am 30. Januar 2009 legte die Polizei dem Nebenkläger eine weitere Lichtbildvorlage mit acht Personen arabischen bzw. afrikanischen Aussehens vor; er erkannte jedoch niemanden. In der Hauptverhandlung am 12. April 2010 hat der Geschädigte die Angeklagten ebenfalls wiedererkannt.
b) Nach Auffassung der Strafkammer spricht die Wiedererkennungsleistung des Nebenklägers zwar für sich betrachtet für deren Richtigkeit. Sie sei aber nicht ohne Beeinflussung des Zeugen zustande gekommen, da dieser jeweils vor Beginn der Vorlage beider Lichtbildserien darüber informiert worden sei, dass sich in jeder Serie einer der Verdächtigen befinde. Es könne zwar offen bleiben, ob diese Beeinflussung des Zeugen allein geeignet sei, die Zuverlässigkeit der Wiedererkennung in Frage zu stellen. Zahlreiche weitere Unstimmigkeiten begründeten jedoch jeweils für sich gesehen und in der Gesamtschau erhebliche Zweifel an der Täterschaft der Angeklagten. So sei die sequentielle Wahllichtbildvorlage erst fünf Monate nach der Tat durchgeführt worden, die vom Nebenkläger abgegebene, sehr allgemeine Beschreibung der Täter noch in der Tatnacht stimme mit deren tatsächlichen Merkmalen nicht überein, ferner habe der Angeklagte H. zum Tatzeitpunkt keinen schwarzen Pkw der Marke Audi in ständiger Benutzung gehabt, sondern einen roten Pkw Opel Vectra, der im Übrigen zum Tatzeitpunkt an anderer Stelle in Essen-Bredeney gesehen worden sei. Außerdem sei ein Fingerspurenabgleich negativ verlaufen.
II.
Der Freispruch hat keinen Bestand.
1. Spricht der Tatrichter einen Angeklagten frei, weil er Zweifel an seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag, so ist dies vom Revisionsgericht regelmäßig hinzunehmen. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters. Ihm allein obliegt es, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen (BGH, Urteil vom 7. Oktober 1966 – 1 StR 305/66, BGHSt 21, 149, 151). Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein; es genügt, dass sie möglich sind (BGH, Beschluss vom 7. Juni 1979 – 4 StR 441/78, BGHSt 29, 18, 20). Die revisionsgerichtliche Prüfung beschränkt sich darauf, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlichrechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen die Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 6. November 1998 – 2 StR 636/97, BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 16 m.w.N.). Insbesondere sind die Beweise auch erschöpfend zu würdigen (BGH, Beschluss vom 7. Juni 1979 aaO). Das Urteil muss erkennen lassen, dass der Tatrichter solche Umstände, die geeignet sind, die Entscheidung zu Gunsten oder zu Ungunsten des Angeklagten zu beeinflussen, erkannt und in seine Überlegungen einbezogen hat (BGH, Urteil vom 14. August 1996 – 3 StR 183/96, BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 11). Bei einem Freispruch unterliegt der Überprüfung auch, ob der Tatrichter überspannte Anforderungen an die für eine Verurteilung erforderliche Gewissheit gestellt hat (BGH, Urteil vom 6. November 1998 aaO; Urteil vom 26. Juni 2003 – 1 StR 269/02, NStZ 2004, 35, 36). Insbesondere dann, wenn er nach den Feststellungen nicht nahe liegende Schlussfolgerungen zieht, muss der Tatrichter tragfähige Gründe anführen, die sein Ergebnis stützen können. Denn es ist weder im Hinblick auf den Zweifelssatz noch sonst geboten, zugunsten des Angeklagten Tatvarianten zu unterstellen, für deren Vorliegen keine zureichenden Anhaltspunkte vorhanden sind (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2003 aaO; Urteil vom 17. März 2005 – 4 StR 581/04, NStZ-RR 2005, 209; Urteil vom 21. Oktober 2008 – 1 StR 292/08, NStZ-RR 2009, 90, jeweils m.w.N.).
2. Gemessen daran begegnet die Beweiswürdigung in mehrfacher Hinsicht durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
a) Zum einen lassen die Ausführungen im angefochtenen Urteil besorgen, dass die Strafkammer an die für eine Verurteilung der Angeklagten erforderliche Gewissheit zu hohe Anforderungen gestellt hat. Dies gilt namentlich für die Bewertung der Wiedererkennungsleistung des Nebenklägers.
aa) Entgegen der Ansicht der Revision hat die Strafkammer in den Urteilsgründen zwar noch hinreichend dargelegt, auf welche Weise die sog. sequentielle Wahllichtbildvorlage mit dem Nebenkläger durchgeführt wurde (vgl. dazu nur Senatsbeschluss vom 27. Februar 1996 – 4 StR 6/96, NStZ 1996, 350 m.w.N.). Die Wertung der Strafkammer, die von dem Nebenkläger bei dieser Lichtbildvorlage gezeigte Wiedererkennungsleistung sei in ihrem Beweiswert schon deshalb gemindert, weil dem Zeugen vor Durchführung der Vorlage mitgeteilt worden sei, in jeder der beiden Lichtbildserien befinde sich das Bild eines Tatverdächtigen, vermag der Senat nicht zu teilen.
bb) Es trifft zwar zu, dass die Ermittlungsbehörden bei Wahllichtbildvorlagen wie auch bei Wahlgegenüberstellungen alles zu unterlassen haben, was den jeweiligen Zeugen in seiner Unvoreingenommenheit beeinflussen kann. Danach versteht es sich von selbst, dass Kommentare seitens der Vernehmungsbeamten aus Anlass der Vorlage einzelner Lichtbilder das Ergebnis einer Wiedererkennungsleistung ebenso entscheidend entwerten können wie die fehlerhafte Ausgestaltung von Lichtbildbögen (vgl. nur BGH, Beschluss vom 7. Januar 1993 – 4 StR 588/92, StV 1993, 234 [Beamter weist auf das Lichtbild des Verdächtigen besonders hin]; BGH, Urteil vom 19. November 1997 – 2 StR 470/97, NStZ 1998, 266 [Bild des Verdächtigen größer als die anderen]). So liegt der Fall hier aber nicht. Das Landgericht stützt seine Annahme, der Nebenkläger sei suggestiv beeinflusst worden, allein auf die ihm von dem Vernehmungsbeamten gegebene Information, in jeder Bildserie befinde sich das Bild eines der Verdächtigen (ebenso wohl OLG Karlsruhe, Beschluss vom 17. März 1983 – 3 HEs 77/83, NStZ 1983, 377). Eine solche Mitteilung stellt jedoch noch keine unzulässige Suggestion des betroffenen Tatzeugen dar, es sei denn, dass die Unbefangenheit des Zeugen beim Wiedererkennungsvorgang durch Hinzutreten besonderer Umstände unsachgemäß in eine bestimmte Richtung gelenkt wird. Auch im vergleichbaren Fall der Wahlgegenüberstellung wird deren Beweiswert nicht schon dadurch gemindert oder in Frage gestellt, dass der Zeuge, sei es mit oder ohne eine entsprechende Information, weiß oder jedenfalls davon ausgeht, dass sich unter den Auswahlpersonen auch die Person des Tatverdächtigen befindet.
cc) Die Strafkammer hätte in diesem Zusammenhang auch nicht unerörtert lassen dürfen, dass dem Ergebnis einer sequentiellen Wahllichtbildvorlage in der Regel ein höherer Beweiswert zukommt als dem einer gleichzeitigen Vorlage aller Bilder (so schon Senatsbeschluss vom 9. März 2000 – 4 StR 513/99, NStZ 2000, 419 zur sequentiellen Wahlgegenüberstellung). Dies beruht bei sequentiell vorgenommener Vorlage von Lichtbildern ebenso wie bei einer solchen Form der Wahlgegenüberstellung vor allem auf dem Umstand, dass dem Zeugen in Ermangelung zeitgleich vorgelegter (weiterer) Lichtbilder oder vorgeführter Personen die Identifizierung im Wege eines – in der Praxis häufig vorkommenden – Ausschlussverfahrens am Maßstab eines (relativen) Ähnlichkeitsurteils regelmäßig verschlossen ist. Der Zeuge kann und muss vielmehr bei jedem einzelnen Bild bzw. bei jeder einzelnen Person ausschließlich auf sein aktuelles Erinnerungsbild zurückgreifen. Es kommt hinzu, dass die Wiedererkennungssicherheit im vorliegenden Fall trotz der verstrichenen Zeit in beiden Durchgängen einhundert Prozent betrug. Da das Landgericht alle Beweisanzeichen einer Gesamtbetrachtung unterzogen hat, ist nicht auszuschließen, dass bei einer anderen Gewichtung der Wiedererkennungsleistung die Entscheidung anders ausgefallen wäre.
dd) Die Erwägung, gegen eine sichere und fehlerfreie Wiedererkennung der Täter durch den Angeklagten sprächen die schlechten Beleuchtungsverhältnisse auf dem Parkplatz in Tatortnähe, erweist sich vor dem Hintergrund der zum unmittelbaren Tathergang getroffenen Feststellungen auch als lückenhaft. Danach war der in das Wohnmobil eingedrungene Täter nicht nur in der Lage, den Geschädigten durch Schläge mit einem Fahrradspanngurt zu treffen. Er durchsuchte im Anschluss daran den Fahrer- bzw. Beifahrerbereich des Fahrzeugs gezielt nach Beute und nahm aus der dortigen Ablage verschiedene Gegenstände an sich, u. a. den Schlüssel für das Firmenfahrzeug des Geschädigten. Warum dem Täter dies trotz der mangelhaften Beleuchtungsverhältnisse möglich war, war daher unter den gegebenen Umständen erörterungsbedürftig.
b) Die Beweiserwägungen des Landgerichts erweisen sich auch in anderer Hinsicht als teilweise lückenhaft und widersprüchlich.
aa) Nach den Feststellungen der Strafkammer befand sich der vom Angeklagten H. ständig genutzte rote Pkw Opel Vectra in der Tatnacht gegen 4.00 Uhr, besetzt mit drei bis vier nicht identifizierten Personen, in Essen-Bredeney, etwa fünfzehn Autominuten vom Tatort entfernt. Dort bemerkte der Mitarbeiter eines privaten Sicherheitsdienstes, der Zeuge T. , der in dieser Gegend mit Objektschutzaufgaben betraut war, das Fahrzeug und notierte sich dessen amtliches Kennzeichen. Als die Insassen des Fahrzeugs den Zeugen bemerkten, schalteten sie die Fahrzeugbeleuchtung aus und entfernten sich mit hoher Geschwindigkeit.
bb) Für das Landgericht ergeben sich aus dieser Begebenheit weitere Zweifel an der Täterschaft der Angeklagten, da diese sich, so die Strafkammer, nicht zur selben Zeit an zwei Orten gleichzeitig hätten aufhalten können. Abgesehen davon, dass in den Urteilsgründen an anderer Stelle ausdrücklich offen gelassen wird, ob sich die Angeklagten und ihre Mittäter überhaupt in dem Pkw befanden, könnte sich diese Erwägung, worauf die Revision zutreffend hinweist, zu Gunsten der Angeklagten nur dann als tragfähig erweisen, wenn eine genaue Tatzeit feststünde. Aus den Urteilsgründen ergibt sich für die Tatausführung aber ein Zeitfenster von mindestens einer Stunde. Angesichts der geringen Entfernung des von dem Zeugen T. bemerkten roten Opel Vectra zum Tatort hätte dies genauerer Erörterung bedurft. Die nahe liegende Möglichkeit, dass die Angeklagten zur Erschwerung ihrer Identifizierung mit einem anderen Fahrzeug als mit dem vom Angeklagten H. ständig genutzten Pkw zum Tatort gefahren sind, wird vom Landgericht nicht in Betracht gezogen. Indem die Strafkammer in diesem Zusammenhang darlegt, es erscheine nicht lebensfern, dass der Angeklagte H. sein Fahrzeug in der Tatnacht anderen Personen zur Begehung von Straftaten geliehen haben könnte, unterstellt sie vielmehr zu Gunsten der Angeklagten eine Geschehensvariante, die in den übrigen Feststellungen keine Stütze findet.
Es ist nicht auszuschließen, dass der Freispruch auf den aufgezeigten Rechtsfehlern beruht. Die Sache muss daher neu verhandelt und entschieden werden.
3. Für die neue Verhandlung und Entscheidung weist der Senat darauf hin, dass auch das (wiederholte) Wiedererkennen in der Hauptverhandlung einen, wenn auch eingeschränkten, Beweiswert haben kann (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 21. Juli 2009 – 5 StR 235/09, NStZ 2010, 53, Tz. 15) und insoweit die Wiedergabe der von einem Zeugen gegebenenfalls besonders hervorgehobenen Wiedererkennungs- und Identifizierungsmerkmale eines Täters in den Urteilsgründen wünschenswert ist. Im Hinblick auf die Bewertung der Beschreibung der Täter durch den Nebenkläger noch in der Tatnacht wird der neue Tatrichter andererseits bedenken müssen, dass es kaum je zu erwarten ist, dass ein Tatopfer sich alle persönlichen Merkmale eines Täters einprägt und mit der gleichen Zuverlässigkeit alle Merkmale wiedergeben kann. Es bedarf insoweit jeweils einer umfassenden Abwägung, bei der die besonderen Umstände des Falles – hier: nächtlicher Angriff von vier Tätern auf ein schlafendes Opfer – zu bedenken sind (vgl. dazu BGH, Urteil vom 29. September 1998 – 1 StR 416/98, NStZ 1999, 153; Urteil vom 28. Oktober 1992 – 3 StR 410/92, BGHR StGB § 177 Abs. 1 Beweiswürdigung 14). Für den Fall, dass es für die Überzeugungsbildung auch auf eine sog. Weg-Zeit-Berechnung ankommen sollte, weist der Senat vorsorglich auf den möglicherweise eingeschränkten Beweiswert einer solchen Berechnung hin (vgl. dazu BGH, Urteil vom 28. Oktober 1992 aaO).