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OLG Celle Urteil vom 12.05.2011 - 5 U 196/10 - Zur Haftungsverteilung bei Kurveschneiden und Tankstellenausfahrer

OLG Celle v. 12.05.2011: Zur Haftungsverteilung bei Kollision zwischen einem beim Linkseinbiegen in eine Tankstelle die Kurve schneidenden Kfz-Führers und einem die Tankstelle verlassenden Fahrzeug


Das OLG Celle (Urteil vom 12.05.2011 - 5 U 196/10) hat entschieden:
Schneidet ein vorfahrtberechtigter Kfz-Führer beim Linksabbiegen in eine Tankstelle die Kurve und kollidiert mit einem von einem Tankstellengelände ausfahrenden Kfz, so ist hälftige Schadensteilung angemessen.


Siehe auch Schneiden von Kurven und Rechtsfahrgebot


Gründe:

I.

Die Parteien streiten um die Regulierung eines Verkehrsunfalls vom 23. April 2010 in L.

Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf das angefochtene Urteil (Bl. 112 ff.) Bezug genommen. Das Landgericht hat dem Klagantrag nach einer Haftungsquote von 70 zu 30 zu Lasten der Beklagten teilweise stattgegeben. Dagegen wenden sich die Beklagten mit ihrer Berufung, mit der sie ihren Klagabweisungsantrag in vollem Umfang weiter verfolgen. Sie sind der Auffassung, der Kläger hafte im Ergebnis für den Unfall allein, weil er beim Linksabbiegen die Kurve geschnitten habe und der Beklagte zu 1 nicht damit habe rechnen müssen, dass ein Vorfahrtsberechtigter die Kurve derartig stark schneide, dass es auch dann noch zum Zusammenstoß komme, wenn er sich auf seiner Fahrbahnseite äußerst rechts halte.


II.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig und hat in der Sache dahin Erfolg, dass der vorliegende Schadensfalls nach einer Quote von 50 zu 50 zu regulieren ist.

Nach der Anhörung der unfallbeteiligten Fahrer im Termin ist davon auszugehen, dass der Beklagte zu 1 bei seinem Anfahren von dem Tankstellengelände nicht hinreichend auf den Kläger geachtet hat, Verstoß gegen §§ 8, 10 StVO. Der Beklagte hat eingeräumt, nach dem Verlassen der Tankstelle allenfalls kurz im Bereich der Haltelinie gestanden und beim Einfahren nicht auf den Gegenverkehr aus der Bundesstraße geachtet zu haben. Hiergegen hat der Kläger bei seinem Linksabbiegen die Kurve deutlich "geschnitten", Verstoß gegen § 2 Abs. 2 StVO.

Der Kläger hat den Abbiegevorgang erkennbar so vorgenommen, wie er aufgrund der spitzwinkligen Einmündung naheliegend ist und nicht den gebotenen "großen" Bogen gewählt.

Die Unfallursächlichkeit dieses "Kurvenschneidens" spiegelt sich nach Auffassung des Senates in der vom Landgericht gefundenen Quote nicht hinreichend wider. Der Verstoß des Beklagten zu 1, der beim Ausfahren aus dem Tankstellengelände sich ausschließlich nach hinten orientiert und den Kläger nicht hinreichend beachtet zu haben, wiegt in etwa so schwer, wie das unrichtige Linksabbiegen des Klägers. Der Senat erachtet daher eine hälftige Teilung des Schadens für angemessen, §§ 7, 17 StVG.

In zweiter Instanz ist die Schadenshöhe mit 5.134,57 € unstreitig. Die Hälfte davon war dem Kläger daher zuzusprechen, die Klage im Übrigen abzuweisen. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288, 286 BGB. Aus dem veränderten Wert des begründeten Anspruches ergeben sich vorgerichtliche Anwaltskosten in zuerkannter Höhe.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, §§ 711, 713 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 543 ZPO.



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