Das Verkehrslexikon

A     B     C     D     E     F     G     H     I     K     L     M     N     O     P     Q     R     S     T     U     V     W     Z    

OLG Celle Urteil vom 30.11.2011 - 14 U 182/10 - Zum Anspruch auf Kapitalabfindung

OLG Celle v. 30.11.2011: Zum Anspruch auf Kapitalabfindung bei Erwerbsunfähigkeit des Geschädigten und zu den Anforderungen an die Prognosebildung hinsichtlich seiner beruflichen Entwicklung


Das OLG Celle (Urteil vom 30.11.2011 - 14 U 182/10) hat entschieden:
  1. Ein wichtiger Grund, der eine Kapitalabfindung statt fortlaufender Rentenzahlung rechtfertigen kann, liegt vor, wenn der Zweck der Ersatzleistung durch die Abfindung in einem Betrag eher als durch fortlaufende Zahlungen erreicht wird. Die Voraussetzungen des wichtigen Grundes hat die berechtigte Person nachzuweisen Bei der Frage, ob ein wichtiger Grund vorliegt, sind objektive und subjektive Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Maßgeblich ist, ob die einmalige Abfindung zur Ausgleichung von dauernden Nachteilen die im zu beurteilenden Sachverhalt geeignete Form bildet. Danach kommt besondere Bedeutung der Frage zu, wie sich der Zustand des Verletzten günstiger entwickeln wird. Hierbei darf aber nicht außer Acht gelassen werden, dass Ziel der Abfindung i. S. d. § 843 Abs. 3 BGB ist, den angemessenen Ausgleich wirklich sicherzustellen. Es muss auch die bestimmungsgemäße Verwendung des Geldes gewährleistet sein.

  2. Ist die voraussichtliche berufliche Entwicklung eines Geschädigten ohne das Schadensereignis zu beurteilen (§§ 252 BGB, 287 ZPO), muss der Geschädigte soweit wie möglich konkrete Anhaltspunkte für die erforderliche Prognose dartun. Doch dürfen insoweit keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn das haftungsauslösende Ereignis den Geschädigten zu einem Zeitpunkt getroffen hat, als er noch in der Ausbildung oder - wie vorliegend - am Anfang seiner beruflichen Entwicklung stand und deshalb noch keine Erfolge in der von ihm angestrebten Tätigkeit nachweisen konnte. Soweit sich keine Anhaltspunkte ergeben, die überwiegend für einen Erfolg oder einen Misserfolg sprechen, liegt es nahe, nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge von einem voraussichtlich durchschnittlichen Erfolg des Geschädigten in seiner Tätigkeit auszugehen und auf dieser Grundlage die weitere Prognose der entgangenen Einnahmen anzustellen und den Schaden gemäß § 287 ZPO zu schätzen; verbleibenden Risiken kann durch gewisse Abschläge Rechnung getragen werden.


Siehe auch Erwerbsschaden - Einkommensnachteile - Verdienstausfall und Prognosebildung bezüglich des hypothetischen Zukunftseinkommens


Gründe:

I.

Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche nach einem Verkehrsunfall vom 2. September 2005, infolge dessen die im Unfallzeitpunkt 24-jährige Klägerin ab dem Halswirbel 1/2 abwärts komplett querschnittsgelähmt ist und ständig künstlicher Beatmung und Ernährung bedarf; sie ist vollkommen bewegungsunfähig und kann auch nicht sprechen, Verständigung mit ihrer Umwelt erfolgt allein durch Bedienung eines Computers mit Hilfe des Augenlides und ihres Mundwinkels. Die Beklagte ist für die Unfallfolgen unstreitig zu 100 % einstandspflichtig.

Vorprozessual hat die Beklagte an die Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 500.000,00 € entrichtet und zahlt überdies fortlaufend eine Schmerzensgeldrente von 500,00 € monatlich. Darüber hinaus leistete die Beklagte in der Zeit bis zum 10. September 2007 einen Vorschuss von 100.000,00 € und überwies ferner gemäß Schreiben vom 12. September 2008 weitere 58.909,56 € an die Klägerin, dessen Verrechnung jedoch streitig ist. Die Beklagte hat außerdem verschiedene Zahlungen zum Ausgleich des Verdienstausfallschadens der Klägerin erbracht.

Die Klägerin begehrt Ersatz für einen Haushaltsführungsschaden (für die Vergangenheit und zukünftig), Verdienstausfallschaden (vergangen und zukünftig), erhöhte Wohnnebenkosten, Mehrkosten für behindertengerechte Fahrzeuge (vergangen und zukünftig), Kosten für Pflege und Betreuung durch ihre Eltern, Kosten für die Anmietung einer Wohnung in der Zeit vom 1. Februar bis 31. Dezember 2008, anteilige Kosten für den Erwerb eines Grundstücks und Mehrkosten für die behindertengerechte Ausstattung eines noch zu errichtenden Wohnhauses, außerdem Ersatz der Kosten aus weiteren vermehrten persönlichen Bedürfnissen für Telefon, Büromaterial, Fahrtkosten, Pflege- und Stärkungsmittel und rollstuhlgerechte Kleidung, Besuch von Konzerten (mit Hilfe ihrer Eltern - das Hörvermögen der Klägerin ist unbeeinträchtigt) sowie Wochenendurlaube in behindertengerechten Hotels.

Wegen der Einzelheiten der geltend gemachten Ansprüche nimmt der Senat Bezug auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (insbesondere LGU 5 f.) und die dort genannten Schriftsätze der Klägerin.

Die Klage hat vor dem Landgericht teilweise Erfolg gehabt. Die Kammer hat zum Teil einen Anspruch auf Ersatz eines Haushaltsführungs- und eines Verdienstausfallschadens zuerkannt sowie teilweise auch die künftige Ersatzpflicht der Beklagten. Die Kammer hat aber der Klage insbesondere insoweit nicht stattgegeben, als mit ihr eine Gesamtabfindung der Ansprüche der Klägerin in Kapital (statt Rentenzahlung) begehrt wird. Hierfür bestünde kein wichtiger Grund im Sinne des § 843 Abs. 3 BGB (LGU 13 f.). Wegen der Einzelheiten nimmt der Senat Bezug auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (LGU 10 bis 27).

Gegen dieses Urteil wenden sich die Parteien jeweils mit selbständigen Rechtsmitteln.

Die Klägerin verfolgt mit ihrer Berufung ihr Klageziel der ersten Instanz fort:

Sie möchte trotz der äußerst schwerwiegenden Unfallfolgen eine Abfindung ihrer Ansprüche (s. Bl. 3 d. A. und LGU 8) statt einer Rentenzahlung erreichen und begründet das damit, dass sie diese Beträge für den Bau einer behindertengerechten Wohnung einsetzen wolle (Bl. 415 d. A.). Für die Kapitalabfindung bestünde ein wichtiger Grund gemäß § 843 Abs. 3 BGB. Eine Gesamtabfindung sei psychisch für sie besser und würde sie insgesamt weniger belasten (Bl. 418 f. d. A.). Ein behinderungsspezifischer Wohnbedarf könne auch nur mit einem Neubau gedeckt werden. Mit einer Rente könne das Bauvorhaben nicht realisiert werden. Außerdem könne der Bau der Klägerin einen Lebenssinn geben (Bl. 419 d. A. - LGU 14).

Beim Haushaltsführungsschaden hält die Klägerin - wie vom Landgericht angesetzt (LGU 12) - einen Stundensatz von 10,00 € für richtig, meint jedoch, das Landgericht habe den für den Haushalt der Klägerin erforderlichen Aufwand zu gering eingeschätzt.

Die Ausführungen des Landgerichts zum Verdienstausfall seien auf das Schärfste zu kritisieren und könnten nur mit Mühe geduldig ertragen werden (Bl. 420 d. A.). Das Landgericht hat diese Positionen im Einzelnen begründet (LGU 14 bis 17). Die Klägerin will demgegenüber die Feststellungen des Landgerichts anders bewertet sehen. Es ergäben sich danach beste Voraussetzungen für eine aussichtsreiche berufliche Laufbahn, wie z.B. die Karrieren von "Schulversagern ohne Ausbildung, die lange Zeit als Taxifahrer arbeiteten und später "Außenminister der BRD und Honorarprofessor geworden sind" (Bl. 421 d. A.) zeigten; aus den Zeugnissen der Klägerin sei eine bessere Prognose abzuleiten, als vom Landgericht erstellt. Dem stehe auch nicht der ausgeprägte Kinderwunsch der Klägerin entgegen, wie das Beispiel der Bundesarbeitsministerin von der Leyen zeige (Bl. 421 unten d. A.).

Auch erhöhte Wohnnebenkosten habe die Kammer zu Unrecht abgewiesen. Der Vortrag erster Instanz sei ausreichend gewesen (entgegen LGU 18). Die Klägerin nennt allerdings auch in der Berufungsbegründung keinen konkreten Betrag für die erhöhten Nebenkosten. Das Landgericht hat im Übrigen die Ersatzverpflichtung ab dem 9. Februar 2009 festgestellt (LGU 18, Ziff. 3b). Das greift die Berufung nicht an.

Zu den Mehrkosten für behindertengerechte Fahrzeuge (LGU 18/19) hat die Kammer die Klage abgewiesen, weil der Anspruch schon ausgeglichen sei. Für die Zukunft hat die Kammer keinen Anlass für eine Rente gemäß § 843 Abs. 1 BGB gesehen, sondern lediglich für einen Feststellungsausspruch (LGU 19, Ziffer 4 c), ebenfalls von der Berufung nicht angegriffen.

In Bezug auf die Pflegeleistungen der Eltern, die nach Auffassung der Kammer (LGU 20) im Einzelnen nicht dargelegt worden seien, wiederholt die Klägerin den erstinstanzlichen Vortrag, dass ein großer Teil der Pflege durch die Eltern der Klägerin und nicht durch das Pflegepersonal durchgeführt werde (Bl. 425 d. A.). Es sei zwar auch in der Vergangenheit vorgekommen, dass die Eltern nicht immer bei der Klägerin anwesend gewesen seien, dies habe jedoch bei ihr zu "Angst, bis hin zu Panikattacken und Schweißausbrüchen mit einem Gefühl höchster Beklemmung bis hin zur Todesangst" geführt (Bl. 425 d. A.). Weiterer Vortrag zu den Pflegeleistungen der Eltern der Klägerin folgt mit der Berufungsbegründung nicht.

Zu den Kosten für die Anmietung einer behindertengerechten Wohnung hat das Landgericht (LGU 21) ausgeführt, insoweit sei trotz gerichtlichen Hinweises nicht nachvollziehbar dargelegt worden, dass die Pflege der Klägerin in der angemieteten Wohnung sichergestellt gewesen sei. Die Klägerin meint, es sei "vom Gegenteil auszugehen", und nimmt insoweit Bezug auf den erstinstanzlichen Vortrag (Bl. 426 d. A.).

Zu den anteiligen Grundstückskosten (LGU 22) heißt es in der Berufung, "aufgrund des besonderen Pflegebedarfs der Klägerin [habe] die optimale und auch die notwendige Pflege nur menschenwürdig in einem Neubau, der speziell für die besonderen Bedürfnisse der Klägerin ausgerichtet ist, erfolgen können" (Bl. 427 d. A.).

Auch bei den Mehrkosten für die behindertengerechte Ausstattung eines Hauses (LGU 22) hält die Klägerin das Urteil für unangemessen und verweist insoweit ohne weitere Ausführungen auf das Urteil BGH, NJW 2006, 1271. Zu dem dort (BGH) in Bezug genommenen Lebensstandard enthält die Berufungsbegründung keine Ausführungen.

Ebenso hält die Klägerin zu den weiteren vermehrten Bedürfnissen (LGU 23 f.) ihren erstinstanzlichen Vortrag für ausreichend. Die Wertentscheidung des Landgerichts (LGU 25) sei nicht nachvollziehbar (Bl. 428 d. A.). Im Übrigen sei auch der erstinstanzlich vorgenommene Verweis auf Unterlagen, Tabellen, Darstellungen und den Vortrag in den Mappen I bis VI im Interesse der Prozessökonomie ausreichend gewesen. Wenn das Gericht mitgeteilt hätte, dass der Vortrag nicht ausreicht, wäre ein entsprechender Schriftsatz ("von weit über 50 Seiten") eingereicht worden (der Schriftsatz ist allerdings auch im Berufungsverfahren nicht vorgelegt worden).

Die Beklagte verteidigt gegenüber der Berufung der Klägerin das angefochtene Urteil (Bl. 460 f. d. A.):

Die Klägerin greife die Feststellungen des Landgerichts nicht an, sondern nehme lediglich Bezug auf ihr erstinstanzliches Vorbringen. Das sei unzureichend. Außerdem sei die Darstellung der Klägerin, die Kapitalisierung zu benötigen, um eine Immobilie anzuschaffen, nicht richtig. Die Klägerin lege insoweit ihre Gründe nicht offen. Denn sie erhebe eine wesentlich höhere kapitalisierte Forderung, als sie für die Anschaffung einer behindertengerechten Wohnung benötigte. Sie habe außerdem schon ganz erhebliche Mittel von der Beklagten zur Verfügung gestellt bekommen, z. B. eine Schmerzensgeldkapitalzahlung von 500.000,00 €. Für die Kommunikation mit anderen Personen verwende die Klägerin außerdem einen Computer, den sie bedienen könne, und der ihr von der Beklagten finanziell zur Verfügung gestellt worden sei. Im Übrigen werde die Klägerin 24 Stunden am Tag betreut und von Pflegekräften umsorgt. Es treffe deshalb auch nicht zu, dass es immer wieder zu Notfällen komme, die nur von den Eltern gelöst werden könnten. Die Beklagte habe sich stets bemüht, die Ansprüche der Klägerin zu erfüllen. Insbesondere bei der Berechnung des Verdienstausfalls habe sie sich auf die von der Rentenversicherung der Klägerin ermittelten und ihrem Anspruch selbst zugrunde gelegten Tatsachen und Zahlen gestützt und die entsprechenden Unterlagen auch vorgelegt. Von Rechts wegen stehe der Klägerin kein Anspruch auf Kapitalisierung von Rentenzahlungen gegenüber der Beklagten zu. Ein wichtiger Grund im Sinne des § 843 Abs. 3 BGB liege nicht vor. Die Beklagte sei eine solvente Schuldnerin; die von ihr geschuldeten Rentenzahlungen seien langjährig für die vollständige Laufzeit sichergestellt. Demgegenüber würde bei einer Abfindung die Sicherheit nicht bestehen. Die Klägerin habe für die Zukunft keine laufenden Einnahmen mehr. Sie hat im Übrigen eine erhebliche immaterielle Kapitalentschädigung schon bekommen, mit der sie einverstanden sei, und bekommt überdies eine laufende Schmerzensgeldrente. Die Zahlungen würden regelmäßig und pünktlich entrichtet.

Auch der Verdienstausfall würde entsprechend dem Urteil des Landgerichts Hannover bezahlt und sei auch schon vor diesem Urteil ausgeglichen worden. Ein einfaches Wahlrecht der Klägerin, statt der laufenden Zahlungen eine Kapitalisierung zu fordern, bestehe von Gesetzes wegen nicht. Die Klägerin könne ihren Wohnbedarf nicht nur in einem Neubau decken. Sie verfüge bereits über eine angemessene, behindertengerechte Mietwohnung. Es sei auch ganz unklar, wie hoch der Finanzierungsbedarf der Klägerin für eine behindertengerechte Eigentumswohnung sei. Im Übrigen wohne der Vater der Klägerin in ihrer Wohnung mit. Die Pflegemaßnahmen würden optimal durchgeführt. Der Vortrag zu den Panikattacken der Klägerin bei Abwesenheit ihrer Eltern werde bestritten. Es bestehe nicht der geringste Anlass, eine Kapitalisierung von Renten durchzuführen.

Die Prognoseentscheidung des Landgerichts zum Verdienstausfall sei auch richtig. Es bestehe kein Anhaltspunkt, dass die Klägerin ihren eingeschlagenen Berufsweg zukünftig hätte abbrechen und ein Studium beginnen wollen. Vergleiche mit dem früheren Außenminister der Bundesrepublik Deutschland oder der gegenwärtigen Bundesarbeitsministerin lägen neben der Sache. Die Zitate aus der Rechtsprechung des BGH seien aus dem Zusammenhang gerissen. Es sei nämlich von einer durchschnittlichen Entwicklung auszugehen, wenn es an entsprechenden Anknüpfungstatsachen für eine andere Entwicklung fehle. Hierfür gebe es aber keine Tatsachen und Zahlen seitens der Klägerin.

Das von ihr angeschaffte behindertengerechte Fahrzeug habe die Beklagte bezahlt. Eine Rentenzahlung für die Zukunft anzufügen, sei nicht begründet. Das angeschaffte Fahrzeug werde noch jahrelang halten.

Für eine Anmietung einer behindertengerechten Wohnung während der stationären Unterbringung der Klägerin im Krankenhaus habe keine Veranlassung bestanden. Insoweit habe es sich ohnehin um frustrierte Aufwendungen gehandelt. Stattdessen verlange die Klägerin von der Beklagten doppelte Unterkunftskosten. Schadensersatzleistung wegen eines Grundstücksankaufs stehe ihr ebenfalls nicht zu. Sie habe bereits für den entrichteten Kaufpreis den vollen Gegenwert eines Grundstücks bekommen. Eine Vermögenseinbuße sei ihr nicht entstanden.

Die Beklagte meint weiter, die Klägerin könne nicht vermehrte Bedürfnisse in Form von Umbaukosten für eine Immobilie fiktiv abrechnen. Es sei auch nicht Aufgabe des Gerichts gewesen, sich durch ungeordnete Anlagen und Belege hindurchzusuchen. Die Unterlagen seien zudem widersprüchlich und undurchsichtig. Für eine Haushaltsführung in der Wohnung der Klägerin bestehe sowieso kein Raum, weil sämtliche Haushaltsleistungen schon von den professionellen Pflegekräften erbracht würden. Nach der Entscheidung des Senats vom 17. Januar 2007 (14 U 101/06, Schaden-Praxis 2008, 7) stehe der Klägerin auch kein Ersatz für Haushaltsführungsschaden zu, insbesondere betreffe das den Stundensatz. Die Beklagte habe zudem Vorschussleistungen von 150.000,00 € erbracht.

Die Beklagte greift das Urteil mit ihrer Berufung an:

Zunächst rügt sie die Berechnungen des Haushaltsführungsschadens durch die Kammer. Statt der angesetzten 10,00 € pro Stunde dürften nur 8,00 € pro Stunde berechnet werden. Die Klage sei zum Haushaltsführungsschaden schon nicht schlüssig gewesen. Die Pflegekräfte arbeiteten 24 Stunden pro Tag. Für diese Kosten habe zunächst die Krankenversicherung und dann die Beklagte einzustehen. Das Urteil leide auch unter einem Rechenfehler. Die Kammer habe den Haushaltshilfeaufwand der Klägerin auf 108,00 € pro Woche geschätzt, gehe dann aber bei der Schätzung von 10,1 Wochenstunden aus, obwohl - ebenfalls nach dem Urteil - eine Stunde Hausarbeit gemäß § 116 SGB X bereits auf die … Ersatzkasse übergegangen sei und deshalb nur 9,1 Wochenstunden Hausarbeit angesetzt hätten werden dürfen. Da nach dem angefochtenen Urteil die Haushaltshilfeleistungen bis zum 72. Lebensjahr in Ansatz gebracht würden, handele es sich linear berechnet schon um einen Unterschiedsbetrag von mehr als 22.000,00 € (vgl. Bl. 387 d. A.).

Unabhängig davon stehe der Klägerin sowieso kein Anspruch wegen Ausfalls im Haushalt zu. Wie erwähnt, werde der gesamte Haushalt schon durch Pflegekräfte übernommen, was etwa 25.000 € pro Monat koste und von der Beklagten bezahlt werde. Für Tätigkeiten von Bekannten oder Verwandten bliebe kein Raum. Das gelte für sämtliche Tätigkeiten wie Geschirrspülen (sämtliche Räume und auch das Geschirr müssten sowieso keimfrei gehalten werden) und Einkaufen, weil die Klägerin lediglich künstlich versorgt werde und entsprechende Ernährung benötige. Bei dem Haushalt der Klägerin handele es sich um keinen normalen Haushalt. Irgendwelche Tabellen aus Handbüchern könnten da nicht weiterhelfen. Das verkenne die Klägerin; es fehle deshalb ein entsprechender Vortrag. Das Landgericht habe hier keine Sachkunde gehabt. Selbst wenn aber nach entsprechendem Vorbringen der Klägerin ein Haushaltsführungsschaden bestehen sollte, müsste dieser mit der Vorschusszahlung vom 7. Dezember 2007 in Höhe von 100.000,00 € verrechnet werden (Bl. 389 d. A.). In jedem Fall müsste der Haushaltsführungsschaden befristet werden. Das OLG Celle habe eine zeitliche Begrenzung bis zum 72. Lebensjahr bejaht (ZfS 1983, 291). Das Lebensende wäre für die Rente immer die Obergrenze.

Das betreffe ebenso den Ausspruch zur Verdienstausfallrente.

Im Feststellungsausspruch müssten die verschiedenen Vorschusszahlungen der Beklagten Berücksichtigung finden (vgl. dazu im Einzelnen Bl. 390 f. d. A.). Nach den Zahlungen von 350.000,00 € bis zum 7. Dezember 2007 seien 250.000,00 € auf die Kapitalzahlung für das Schmerzensgeld verrechnet worden; 100.000,00 € blieben als Vorschusszahlung stehen, ohne dass diese verrechnet worden seien. Das betreffe auch weitere 50.000,00 € Vorschusszahlung vom 12. September 2008.

Ferner müsse auch im Feststellungsausspruch klargestellt werden, dass er sich nicht auf solche Ansprüche der Klägerin beziehe, die durch das Urteil im Übrigen abgewiesen worden seien.

Im Übrigen gehe das Urteil des Landgerichts im Feststellungsausspruch über den von der Klägerin gestellten Antrag hinaus, weil dort die geleisteten Zahlungen nicht berücksichtigt worden seien. Die Kapitalzahlung müsse ebenso wie die Schmerzensgeldrente bei dem immateriellen Feststellungsausspruch berücksichtigt werden.

Bei den Rechtsanwaltskosten nehme die Beklagte eine Verrechnung aus der Vorschusszahlung in Höhe von 100.000,00 € vor. Insoweit sei die Klage deshalb auch unbegründet und abzuweisen.

Die Kostenentscheidung müsse entsprechend angepasst werden (Bl. 393 d. A.).

Die Beklagte trägt noch ergänzend zu den jeweiligen Zahlungen vor (Bl. 482 f. d. A.).

Demgegenüber verteidigt die Klägerin das angefochtene Urteil (Bl. 434 f. d. A.). Zum Haushaltsführungsschaden meint sie, die Pflegepersonen machten nicht die im Haushalt täglich anfallenden Arbeiten wie Wäschewaschen, Staubputzen und Staubsaugen, Bettenbeziehen, Bodenwischen und Vorhängereinigen; dies mache die Familie. 10,00 € pro Stunde seien angemessen. Bei den Vorschussleistungen der Beklagten handele es sich nicht um einen auf die Klageforderung anzurechnenden Vorschuss, sondern um eine Anspruchsbefriedigung des Pflegedienstes.

Die Klägerin beantragt,
das angefochtene Urteil abzuändern und nach den Schlussanträgen erster Instanz (Protokoll vom 29. September 2010, Bl. 291 d. A. bzw. LGU 9) zu entscheiden;

hilfsweise:

die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Kammer des Landgerichts zurückzuverweisen;

äußerst hilfsweise:

die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Hannover zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil in folgenden Punkten abzuändern:

  1. Ziffer 1 des angefochtenen Urteils wird dahingehend abgeändert, dass die Klage abgewiesen wird;

  2. Ziffer 2a des Urteils - Haushaltsrente - wird dahingehend abgeändert, dass die Klage abgewiesen wird;

  3. Ziffer 2b - Verdienstausfallrente - wird dahingehend ergänzt, dass die Rente höchstens bis zum Lebensende zu zahlen ist;

  4. Ziffer 3 des Urteilstenors wird dahingehend ergänzt, dass im 1. Abs., 4. Zeile vor "verpflichtet" eingefügt wird: "sowie unter Berücksichtigung der von der Beklagten zur eigenen freien Verrechnung geleisteten Vorschusszahlung in Höhe von 150.000 €";

  5. nach Ziffer 3, 3. Abs. wird hinter dem Wort "Beklagten" folgender Halbsatz ergänzend eingefügt: "soweit die Ansprüche der Klägerin nicht durch dieses Urteil abgewiesen werden";

  6. Ziffer 3 letzter Abs. des Tenors wird dahingehend abgeändert, dass anstelle des im Tenor des Urteils ab 2. September 2005 enthaltenen Halbsatzes folgender Halbsatz eingefügt wird:

    "wobei zu berücksichtigen ist, dass die Beklagte aufgrund einer außergerichtlichen Vereinbarung zwischen den Parteien 500.000 € Kapitalentschädigung für das Schmerzensgeld gezahlt hat und eine monatliche Schmerzensgeldrente bis zum Lebensende der Klägerin in Höhe von 500 € gezahlt hat und zahlt";

  7. Ziffer 4 des Urteilstenors wird dahingehend abgeändert, dass die Klage abgewiesen wird;
  8. Ziffer 6 des Urteilstenors wird von Amts wegen dem Ergebnis des Berufungsverfahrens angepasst.

Beide Parteien beantragen jeweils die Zurückweisung des Rechtsmittels der Gegenseite.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird Bezug genommen auf die Protokolle der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 21. Juni 2011 (Bl. 486 f. d. A.) und vom 1. November 2011 (Bl. 581 f. d. A.), den Hinweisbeschluss des Senats vom 10. August 2011 (Bl. 541 bis 554 d. A.) sowie den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.


II.

Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg. Die Berufung der Beklagten ist teilweise begründet.

A. Berufung der Klägerin:

1. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Kapitalisierung sämtlicher oder einzelner mit der Klage geltend gemachter Ansprüche zu. Es fehlt insoweit an einem wichtigen Grund i. S. d. § 843 Abs. 3 BGB.

Ein wichtiger Grund, der eine Kapitalabfindung statt fortlaufender Rentenzahlung rechtfertigen kann, liegt vor, wenn der Zweck der Ersatzleistung durch die Abfindung in einem Betrag eher als durch fortlaufende Zahlungen erreicht wird.

Die Voraussetzungen des wichtigen Grundes hat die berechtigte Person - also die Klägerin - nachzuweisen (vgl. Pardey, Berechnung von Personenschäden, 4. Aufl., Rdnr. 1348). Als ein wichtiger Grund ist in diesem Sinne von der Rechtsprechung z. B. der Aufbau einer neuen Existenz, ein günstiger Einfluss auf den Zustand des Geschädigten oder auch eine zu befürchtende Schwierigkeit hinsichtlich der weiteren Durchsetzung des Ersatzanspruchs angenommen worden (vgl. insoweit die Nachweise der Rechtsprechung bei Küppersbusch, Ersatzansprüche bei Personenschaden, 10. Aufl., Rdnr. 853 m. Fn. 2 f.). Der Senat hat in seinem Hinweisbeschluss vom 10. August 2011 (Ziff. IV. 1., Bl. 543 f. d. A.) im Einzelnen dargestellt, dass bei der Frage, ob ein wichtiger Grund vorliegt, objektive und subjektive Gesichtspunkte zu berücksichtigen sind; maßgeblich jedoch ist, ob die einmalige Abfindung zur Ausgleichung von dauernden Nachteilen die im zu beurteilenden Sachverhalt geeignete Form bildet (BGH - VI ZR 108/79 -, VersR 1982, 238). Danach kommt besondere Bedeutung der Frage zu, wie sich der Zustand der Klägerin günstiger entwickeln wird (so auch Schwintowski, VersR 2010, 149, 151 m. w. N.). Hierbei darf aber nicht außer Acht gelassen werden, dass Ziel der Abfindung i. S. d. § 843 Abs. 3 BGB ist, den angemessenen Ausgleich wirklich sicherzustellen (Pardey, a. a. O., Rdnr. 1350). Dabei muss auch die bestimmungsgemäße Verwendung des Geldes gewährleistet sein (Pardey, a. a. O., Rdnr. 1349). Gerade bei der gerichtlichen Kapitalisierung kommt also der Sicherstellung der finanziellen Bedürfnisse der Klägerin besondere Bedeutung zu (Küppersbusch, a. a. O., Rdnr. 854 m. w. N.).

Die subjektive Einschätzung der Klägerin ist unmittelbar kaum überprüfbar (so auch schon Hinweisbeschluss vom 10. August 2011). Nach Darstellung ihrer Eltern, insbesondere des Vaters und Betreuers, den der Senat persönlich angehört hat, verspricht sich die ganze Familie von dem geplanten Neubau eines Hauses eine günstigere persönliche Wohnsituation der Klägerin und damit für sie auch ein besseres Lebensgefühl. Der Senat hat keinen Anlass, diese Einschätzung, insbesondere des Vaters der Klägerin, in Zweifel zu ziehen. Sie genügt jedoch angesichts der außergewöhnlichen Umstände dieses Falles nicht, eine Kapitalabfindung zu begründen. Die außergewöhnlichen irrreversiblen Schäden, die die Klägerin infolge des Unfalls erlitten hat, erfordern ihre fortlaufende 24-stündige Betreuung in einer entsprechenden Umgebung. Dabei soll der im Wege der Kapitalabfindung erhaltene Betrag einmalig umfassend zum Erwerb einer Immobilie und entsprechenden Ausstattung des Hauses und Grundstücks verwendet werden. Die Klägerin würde sich dadurch aller Sicherheiten und Ansprüche auf fortlaufende Zahlung entledigen. Das ist umso weniger nachvollziehbar und wirtschaftlich betrachtet vernünftig, als die Klägerin (bzw. ihre Prozessbevollmächtigten) der Ansicht sind, es sei von einer ungeminderten Lebenserwartung der Klägerin im Bereich von etwa 80 Jahren auszugehen (wie insbesondere noch zuletzt vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin im Verhandlungstermin vom 1. November 2011 mit Nachdruck vertreten).

Der Senat vermag diese Sicht der Dinge nach wie vor nicht zu teilen. Bei der Bewertung der streitbefangenen Positionen kommt gerade hinsichtlich der von der Klägerin gewünschten Kapitalisierung der Ansprüche ihrer voraussichtlichen Lebenserwartung wesentliche Bedeutung zu. Die herkömmlichen Daten und "Sterbetafeln" sind in Anbetracht des praktisch nahezu singulären Schicksals der Klägerin nicht aussagekräftig. Nach den Erörterungen in der mündlichen Verhandlung vom 21. Juni 2011 und den hier überreichten Unterlagen (Schweiz Med. Forum 2004, S. 1167; The 2010 Annual Statistical Report for the Spinal Cord Injury Model Systems, S. 32 - Anlage Bl. 495a d. A.) sowie des Krankheitsbildes der Klägerin dürfte bei der für eine Kapitalisierung erforderlichen Prognose eine ungeminderte Lebenserwartung auszuschließen sein. Unter Bezug auf die prozentuale Verkürzung der Lebenserwartung von vollständig gelähmten, künstlich ernährten und künstlich beatmeten Patienten erscheint dem Senat die in den gen. statistischen Erhebungen angenommene weitere Lebenserwartung von weniger als 20 Jahren nicht unrealistisch.

Gerade wenn man aber - mit den Prozessbevollmächtigten der Klägerin - von einer ungeminderten Lebenserwartung ausgeht, erscheint eine Kapitalabfindung für die Klägerin persönlich nachteilig und nicht interessengerecht. Denn der prognostizierte Zeitraum müsste dann auch die Jahre umfassen, in denen sie nicht mehr von ihren Eltern betreut werden könnte. Der Vater der Klägerin, der seiner eigenen Erklärung nach die Hauptbezugsperson für sie ist, ist bereits 57 Jahre alt und - wie er gegenüber dem Senat dargelegt hat - gesundheitsbedingt nicht mehr berufstätig; die Mutter der Klägerin ist bald 64 Jahre alt (vgl. Protokoll Bl. 488 d. A.). Der Vater der Klägerin hat erklärt, er erbringe persönliche Dienstleistungen zugunsten der Klägerin, die vom Pflegedienst nicht erbracht würden (vgl. Protokoll Bl. 487 d. A.). Das betreffe insbesondere Haushaltsarbeiten wie Waschen, Staubsaugen und Putzen, soweit es nicht den unmittelbaren Bereich um das Bett herum betreffe, und vor allem die anderen Räume der Wohnung. Das Pflegeteam kümmere sich lediglich um den Raum, in dem seine Tochter liege. Die Hausarbeit in den übrigen Räumen verrichte er.

Wenn die Klägerin eine Kapitalabfindung erhielte, die - wie seitens der Klägerin wiederholt vorgetragen - insgesamt für den Neubau eines Hauses und die behindertengerechte Ausstattung der Immobilie verwendet würde, bliebe gerade für den Zeitraum, in dem die Eltern der Klägerin für die persönliche Pflege nicht mehr zur Verfügung stünden, was aufgrund des Lebensalters der Eltern der Klägerin und deren Gesundheitszustands auch schon mittelfristig denkbar erscheint, kein finanzieller Spielraum mehr, um hier evtl. andere Hilfskräfte für die bislang nicht von dem Pflegeteam erbrachten Leistungen bezahlen zu können. Auch innerhalb der vom Senat eher für wahrscheinlich gehaltenen maximalen Lebenserwartung von nicht mehr als 20 Jahren dürfte dieser Zustand schon eintreten; bei einer angesetzten ungeminderten Lebenserwartung der Klägerin von noch etwa 50 Jahren wird diese Situation in jedem Fall eintreten. Für diesen Fall wäre eine Kapitalisierung der weiteren Ansprüche im gegenwärtigen Zeitpunkt ganz unvertretbar.

Auch der geplante Zweck der Geldverwendung kann nicht außer Betracht bleiben. Die Klägerin ist vollständig hilflos und bedarf ständig höchst kostspieliger Pflegeleistungen, um überleben zu können. Die Kapitalabfindung und die anschließende Verwendung des ausgezahlten Betrags nimmt der Klägerin jede Reserve, um künftig wenigstens eine gewisse wirtschaftliche Dispositionsfreiheit zu behalten.

In Anbetracht der über einen längeren Zeitraum kaum kalkulierbaren Geldentwertung und sonstigen wirtschaftlichen Entwicklung verlangt gerade die Sicherstellung eines angemessenen Ausgleichs der unfallbedingten schrecklichen Einbußen, unter denen die Klägerin lebenslang leiden wird, den weitestgehenden Erhalt der wirtschaftlichen Dispositionsfähigkeit der Klägerin, um so mehr, als sie ihrem Vortrag nach versucht - soweit es ihre Schwerstbehinderung zulässt - auch außerhalb der Wohnung am Leben teilzunehmen (durch gelegentliche Ausflüge, Konzert- und Theaterbesuche). Diese Aktivitäten erfordern besonderen Betreuungsaufwand und somit finanzielle Leistungsfähigkeit.

Überdies darf hier nicht unbeachtet bleiben, dass die bereits erhaltenen umfangreichen Zahlungen von weit über eine halbe Million Euro auch nicht in jeder Hinsicht nachvollziehbar verwendet wurden (vgl. LGU 4): 148.000 € wurden für einen anscheinend nicht zielführenden Grundstückserwerb verbraucht, weitere Beträge in geringerem Umfang für einen Pkw; die Verwendung des größeren Teils des Geldes ist ungeklärt. Natürlich unterfällt die Verwendung des Geldes der Dispositionsfreiheit der Geschädigten; doch bei der Frage "Abfindung oder Rente" kann auch dieser Gesichtspunkt nicht übergangen werden.

Dass der Neubau eines behindertengerechten Hauses das Wohlbefinden der Klägerin verbessern könnte, ist im Gesamtkontext damit nicht von überragendem Gewicht. Die Klägerin wohnt bereits behindertengerecht und wird entsprechend betreut. In dieser Gesamtkonstellation kommt deshalb der subjektiven Sicht der Klägerin (soweit sie feststellbar bzw. von ihren Prozessbevollmächtigten oder ihrem Vater geschildert worden ist) nicht die allein entscheidende Bedeutung zu. Aus Sicht des Senats ist unbedingt die dauerhafte wirtschaftliche Sicherheit der Klägerin zu gewährleisten. Da auf Seiten des Schädigers kein zweifelhaft solventer Schuldner vorhanden ist, besteht auch nicht die Gefahr, dass der Klägerin Ansprüche entgehen, wenn sie ihr Geld nicht im Wege einer einmaligen Zahlung erhält. Schwierigkeiten hinsichtlich der Durchsetzung ihres Ersatzanspruchs sind nicht ersichtlich. Die Beklagte als ein großer Versicherer, dessen wirtschaftliche Leistungsfähigkeit außer Streit steht, hat auch in der Vergangenheit gezeigt, dass sie stets zu allen anfallenden Zahlungen in der Lage ist.

Der Senat vermag nach alledem keinen wichtigen Grund i. S. d. § 843 Abs. 3 BGB für eine Kapitalabfindung zu erkennen. Der Klägerin steht damit kein Wahlrecht zwischen Kapitalisierung und Rentenzahlung zu. Im Ergebnis hält der Senat deshalb die Wertung des Landgerichts, keine Abfindung in Kapital auszusprechen, für richtig. Eine Abänderung des Urteils ist insoweit nicht gerechtfertigt. Eine fortlaufende Zahlung wird den mit der Lebensstellung der Klägerin und den gesamten damit verbundenen Unsicherheiten nach Ansicht des Senats eindeutig besser gerecht.

2. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Ersatz eines Haushaltsführungsschadens über den vom Landgericht zuerkannten Umfang hinaus zu. Auf diesen und ebenso die anschließenden (II.A.Nr. 3 bis 12) Punkte hat der Senat schon im Einzelnen in seinem Hinweisbeschluss vom 10. August 2011 hingewiesen, ohne dass die Klägerin demgegenüber wesentlich etwas erinnert hätte. Der Senat hat keine Veranlassung, von den im Hinweisbeschluss geäußerten Wertungen abzugehen:

Die Kammer hat im Hinweisbeschluss vom 10. Februar 2010 (Bl. 215 f. d. A.) im Einzelnen darauf hingewiesen, dass die Klägerin darzulegen hat, inwieweit sie Inhaberin eines Ersatzanspruchs gegen die Beklagte ist, weil sie im Bereich Haushaltsführung bereits Ersatzleistungen durch die …Ersatzkasse als Krankenkasse und durch eine bestehende Pflegeversicherung erhält (§ 116 SGB X - vgl. Bl. 222 f. d. A.). Die Ansicht der Klägerin, den Haushaltsführungsschaden habe "selbstverständlich die Beklagte und nicht die Krankenversicherung zu tragen, da hier das Verschuldensprinzip heranzuziehen ist" (Bl. 253 unten d. A.), geht fehl.

Das Landgericht hat danach im Urteil für einen Teil dieses Anspruchs die Aktivlegitimation der Klägerin verneint (LGU 12). Die Berufungsbegründung übergeht dies (vgl. Bl. 420 d. A. - dort wird lediglich die Einschätzung des Landgerichts zum anzusetzenden Aufwand für die Haushaltsführung gerügt). Das ist unzureichend und rechtfertigt keine Änderung dieser Position zugunsten der Klägerin.

Im Übrigen geht der Senat nach den Erörterungen in der mündlichen Verhandlung davon aus, dass die Eltern der Klägerin und insbesondere deren Vater erhebliche Leistungen im Haushalt vollbringen, die nicht von den Pflegern erbracht werden. Insoweit ist also das Urteil des Landgerichts aus Sicht der Klägerin also nicht zu beanstanden.

3. Verdienstausfall:

a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist von diesen Grundsätzen auszugehen (vgl. insbes. Urteil vom 9. November 2010 - VI ZR 300/08, VersR 2011, 229; sowie Urteil vom 5. Oktober 2010 - VI ZR 186/08, NZV 2011, 79; auch aktuell Senat, Urteil vom 9. November 2011 - 14 U 98/11, juris-Rdnr. 28 f. - dieser Fall betraf ebenfalls ein - allerdings vergleichsweise weniger schwer - querschnittgelähmtes Verkehrsunfallopfer):

Ist die voraussichtliche berufliche Entwicklung eines Geschädigten ohne das Schadensereignis zu beurteilen (§§ 252 BGB, 287 ZPO), muss der Geschädigte soweit wie möglich konkrete Anhaltspunkte für die erforderliche Prognose dartun. Doch dürfen insoweit keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn das haftungsauslösende Ereignis den Geschädigten zu einem Zeitpunkt getroffen hat, als er noch in der Ausbildung oder - wie vorliegend - am Anfang seiner beruflichen Entwicklung stand und deshalb noch keine Erfolge in der von ihm angestrebten Tätigkeit nachweisen konnte. Soweit sich keine Anhaltspunkte ergeben, die überwiegend für einen Erfolg oder einen Misserfolg sprechen, liegt es nahe, nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge von einem voraussichtlich durchschnittlichen Erfolg des Geschädigten in seiner Tätigkeit auszugehen und auf dieser Grundlage die weitere Prognose der entgangenen Einnahmen anzustellen und den Schaden gemäß § 287 ZPO zu schätzen; verbleibenden Risiken kann durch gewisse Abschläge Rechnung getragen werden. Insoweit sind dem weiten Ermessen des Tatrichters zur Schadensschätzung allerdings auch Grenzen gesetzt. Insbesondere darf er sich nicht über Vorbringen des Schädigers, das für die Schadensschätzung von Bedeutung ist, ohne weiteres hinwegsetzen oder dies ohne den Ausweis eigener Sachkunde und die Hinzuziehung sachverständiger Hilfe als unerheblich oder widerlegt ansehen.

In dem Urteil vom 5. Oktober 2010 hatte der Bundesgerichtshof dabei den Werdegang eines schon im Rahmen des Geburtsvorgangs geschädigten Klägers zu bewerten. Mangels näherer Anhaltspunkte im Ausbildungsgang hat der BGH dabei auch auf die Vor- und Weiterbildung der Eltern, deren Qualifikation in der Berufstätigkeit, die beruflichen Pläne für das Kind etc. abstellt. Aber auch in jenem Fall wird letztlich mangels anderer Anhaltspunkte vom BGH für die Prognose empfohlen, von einem dem normalen beruflichen Werdegang entsprechenden Verlauf auszugehen.

Dem entspricht die obergerichtliche Rechtsprechung in jüngster Zeit (vgl. beispielhaft OLG Brandenburg - 12 U 184/09, Schaden-Praxis 2010, 288; OLG München - 10 U 1748/07, juris; OLG München - 20 U 3013/09, Baurecht 2010, 1813, bzw. juris; Senat Urteil vom 9. November 2011 - 14 U 98/11, juris-Rdnr. 28 f.).

b) Das Landgericht hat die im Urteil vorgenommene Prognose im Einzelnen ausführlich begründet und dabei insbesondere auf den Werdegang der Klägerin und ihre beruflichen und persönlichen Lebensumstände abgestellt. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat auch darauf Bezug. Was die Berufung demgegenüber vorbringt, überzeugt nicht und kann im Rahmen der Prognose (§ 287 ZPO) keine Berücksichtigung finden. Das betrifft nicht nur die ganz ungewöhnlichen Lebensverläufe von Joseph Martin Fischer oder Ursula von der Leyen, die für den gewöhnlichen Lauf der Dinge im weiteren Leben der Klägerin unmaßgeblich sind. Es betrifft auch die Auseinandersetzung mit der prognostizierten Verdienstentwicklung der Klägerin in ihrem zum Unfallzeitpunkt ausgeübten Beruf. Die durch nichts begründete Behauptung der Klägerin (bzw. ihrer Prozessbevollmächtigten), Grundlage der Berechnung müsse der Beruf einer Kauffrau mit Weiterbildung und BWL-Studium und letztlich einer Tätigkeit im Management sein (Bl. 302 d. A.), ist aus den dargelegten Gründen unbeachtlich. Es finden sich weder im Lebensweg der Klägerin noch in dem der Eltern - der Vater arbeitete zuletzt als Lagerleiter, die Mutter ist gelernte Schneiderin (Protokoll Bl. 487 d. A.) - Anhaltspunkte dafür, dass sie ohne den Unfall BWL studiert und letztlich im Management eine Tätigkeit übernommen hätte. Die Klägerin hatte zudem zum Unfallzeitpunkt noch keine konkreten Vorkehrungen zur Aufnahme weiter bildender Maßnahmen ergriffen.

Soweit sich die Klägerin überdies auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs meint beziehen zu können, lässt sie die zuvor erwähnten Grundsätze, nach denen mangels näherer Anhaltspunkte eben nur von einem durchschnittlichen Erfolg im weiteren beruflichen Werdegang auszugehen ist, außer Acht. Eine Abänderung des Urteils ist in diesem Punkt nicht begründbar.

4. Erhöhte Wohnnebenkosten:

Die Kammer hat einen nachvollziehbaren Vortrag zur konkreten Höhe der behaupteten erhöhten Nebenkosten verlangt. Dieser Vortrag wird auch im Berufungsverfahren nicht gehalten. Auf welcher Grundlage das Urteil des Landgerichts abgeändert werden soll, ist dem Senat nicht klar. Dass die Klägerin im Übrigen durch den Feststellungsausspruch geschützt ist, wird übergangen.

5. Mehrkosten für behindertengerechte Fahrzeuge:

Es gelten die vorstehenden Ausführungen zu den erhöhten Wohnnebenkosten entsprechend. In der Rechtsprechung finden sich zwar Entscheidungen, in denen ein Ersatzanspruch für die Anschaffung eines behindertengerechten Pkw infolge eines Unfalls zuerkannt wird (vgl. OLG Brandenburg, Urt. v. 20. Mai 2010 - 12 U 113/09, VRR 2010, 242; OLG Schleswig - 7 U 81/06, ZfS 2009, 159). Das ist hier aber nicht umstritten. Die Berufungsbegründung setzt sich nicht damit auseinander, dass der Anspruch bereits - zumindest teilweise - ausgeglichen wurde und im Übrigen ein Feststellungsanspruch zuerkannt worden ist. Die Kammer hat die Position zutreffend dargestellt (LGU 19).

6. Pflegeleistungen der Eltern:

Die Klägerin erhält unstreitig 24 Stunden am Tag Pflegeleistungen. Was demgegenüber in der Klage und auch in der Berufungsbegründung aufgeführt wird, betrifft einen immateriellen Gesichtspunkt. Denn auch die Klägerin trägt nicht vor, dass das Pflegepersonal unzureichend sei, sie zu pflegen, oder hierfür nicht die genügende Ausbildung oder die erforderlichen Kenntnisse besitzt. Im Gegenteil ist für die Betreuung der Klägerin (künstliche Beatmung, künstliche Ernährung, Haltung einer möglichst keimfreien Wohnung etc.) das Fachpersonal hinreichend qualifiziert. Der Senat verkennt allerdings nicht, dass die Betreuung durch Fremde nicht die liebende Fürsorge der Eltern ersetzen kann. Das ist aber - wie erwähnt - ein immaterieller Gesichtspunkt, der im Rahmen der Schmerzensgeldbemessung Berücksichtigung finden muss, der nicht Streitgegenstand ist.

7. Anmietung einer behindertengerechten Wohnung:

Unstreitig befand sich die Klägerin in dem hier betroffenen Zeitraum ununterbrochen in stationärer Behandlung (vgl. Bl. 3 d. A. - danach war die Klägerin auch noch über drei Jahre nach dem Verkehrsunfall vom 2. September 2005 bei Klageeinreichung Ende 2008 in stationärer Behandlung). Warum neben der stationären Behandlung für das ganze Jahr 2008 gleichzeitig eine Wohnung angemietet wurde und warum hierfür die Beklagte die Kosten übernehmen soll, bleibt trotz der Erörterung dieses Punktes in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht nachvollziehbar. Das Landgericht hat sich schon mit der Frage auseinandergesetzt, dass nach einem Gutachten vom 24. Dezember 2007 eine Entlassung der Klägerin aus dem Krankenhaus im Frühjahr 2008 angedacht war. Die Kammer hat deshalb in dem erwähnten Hinweisbeschluss vom 10. Februar 2010 (Bl. 216 f. d. A.) ausführlich dargelegt, warum die Klägerin dazu vortragen muss, dass und inwieweit die Anmietung der Wohnung geboten war, insbesondere die komplizierte Pflege der Klägerin hätte sichergestellt werden können. Dazu hat die Klägerin aber nichts vorgetragen. Die Berufungsbegründung bestätigt diese Sicht. Es heißt dort (Bl. 426 d. A.), es habe kein geeignetes Pflegepersonal zur Verfügung gestanden. Noch Ende September 2008 habe der damals involvierte Pflegedienst mitgeteilt, dass er sich außerstande sehe, ein Team zusammenzustellen, das die Klägerin in der fraglichen Wohnung pflegen könnte. Daran habe sich auch bis Ende 2008 nichts geändert. Erst im Februar 2009 sei eine entsprechende Pflege sichergestellt gewesen. Warum die Klägerin dann aber schon vorher - Anfang 2008 - eine Wohnung angemietet hat, bleibt unklar.

8. Anteilige Grundstückskosten:

Dass die notwendige Pflege der Klägerin nur menschenwürdig in einem Neubau erfolgen kann, ist von Rechts wegen nicht begründbar. Denn hier käme es darauf an, ob der Klägerin ein materieller Schaden entstanden ist. Dass die Klägerin unfallbedingt und dem Schädiger bzw. der Beklagten zurechenbar ein Grundstück kaufen musste, ist nicht ersichtlich.

9. Mehrkosten für behindertengerechte Ausstattung eines Hauses:

Nach den Anforderungen der Rechtsprechung (vgl. insbesondere BGH, vgl. Urteil vom 12. Juli 2005 - VI ZR 83/04, VersR 2005, 1559, insb. juris-Rdnr. 31 f.) bemisst sich der Mehrbedarf für behindertengerechten Wohnraum nach den Dispositionen, die ein verständiger Geschädigter in seiner besonderen Lage getroffen hätte unter Berücksichtigung der vom Geschädigten zumutbar gewählten Lebensgestaltung. Im Rahmen der Schaffung behindertengerechten Wohnraums ist dann auch zu prüfen, ob dadurch ein Vermögenszuwachs bewirkt wird, mit dem Vorteile verbunden sind, die über den Zweck, ein dauerndes, jedoch auf Lebenszeit des Verletzten begrenztes erhöhtes Bedürfnis zu befriedigen, weit hinausgehen.

Was die Klägerin bzw. ihre Prozessbevollmächtigten demgegenüber unter Bezug auf eine Entscheidung des BGH (NJW 2006, 1271) und "Umbaukosten für das Schloss V." meinen (Bl. 428 d. A.), bleibt unklar. Denn bislang hat die Beklagte sämtliche Kosten für die behindertengerechte Ausstattung der Wohnung der Klägerin getragen. Dass dies in Zukunft anders ist, ist nicht ersichtlich und wird auch nicht behauptet. Im Übrigen sind Kosten für einen Neubau noch nicht entstanden.

10. Weitere vermehrte Bedürfnisse:

Hier fehlt es an einer Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen. Das Landgericht hat ausführlich dargelegt, warum es die betreffenden weiteren Kosten nicht zuerkannt hat. Die Berufungsbegründung setzt sich damit nicht auseinander.

11. Hilfsanträge:

Der zunächst gestellte Hilfsantrag, das Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Kammer des Landgerichts zurückzuverweisen, findet im Gesetz keine Stütze.

Der äußerst hilfsweise gestellte Antrag, das Urteil und Verfahren aufzuheben und die Sache an das Landgericht Hannover zurückzuverweisen, ist unbegründet. Die Berufungsbegründung zeigt keinen Verfahrensfehler der Kammer auf.

12. Auch für eine Kapitalisierung des Schmerzensgeldes besteht aus den dargelegten Gründen kein Raum.

Insgesamt erweist sich die Berufung der Klägerin damit als unbegründet.


B. Berufung der Beklagten: Die Berufung hat überwiegend Erfolg.

1. Der Haushaltsführungsschaden ist gegenüber der Berechnung des Landgerichts sowohl in der Gesamtzahlung gemäß Tenor Ziffer 1 und auch in der Rentenzahlung vierteljährlich ab dem 1. Oktober 2010 herabzusetzen.

a) Entgegen der Ansicht der Beklagten hat sich der Senat davon überzeugen können, dass im Haushalt der Klägerin noch Haushaltsarbeiten anfallen. Der Vater der Klägerin hat dies im Einzelnen vor dem Senat dargestellt (Protokoll Bl. 487 f. d.A., worauf zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird). Danach bestehen unfallbedingt fortlaufend erhebliche vermehrte eigene Bedürfnisse der Klägerin, die zusätzlich zu den Pflegeleistungen des 24 Stunden vor Ort anwesenden Pflegedienstes von dem Vater der Klägerin im Haushalt erbracht werden und nicht zumutbar durch Umorganisation ausgeglichen werden können. Das betrifft u. a. die Wäsche und die Reinigung der Nebenzimmer in der von der Klägerin bewohnten Wohnung. Die Ansicht der Beklagten demgegenüber, aufgrund der umfassend erbrachten Pflegeleistungen falle im Haushalt der Klägerin überhaupt keine ersatzfähige Hausarbeit mehr an, ist nach Würdigung des Senats aufgrund der detaillierten und ohne weiteres nachvollziehbaren Darstellung zu den Haushaltsarbeiten (Protokoll Bl. 487 f. d. A.) nicht nachvollziehbar.

Der Senat hält deshalb die Berechnung des Landgerichts zum Zeitaufwand der in der Wohnung der Klägerin anfallenden ausgleichspflichtigen Hausarbeit - wie im Einzelnen im Urteil dargestellt (LGU 11 f.) - für zutreffend. Auch insoweit wird auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen. Mit der Kammer setzt der Senat einen Zeitaufwand von 9,1 Wochenstunden für die im Einzelnen verbleibenden aufwendigen Reinigungsarbeiten in der Wohnung (samt Wäschewaschen, Staubsaugen und Staubwischen) an, was einem ersatzfähigen täglichen Stundenaufwand von (9,1 : 7 =) 1,3 entspricht.

Gegenstand der Klage ist für den bezifferten Haushaltsführungsschaden der Zeitraum vom 9. Februar 2009 bis zum 30. September 2010. Das sind 599 Tage (326 Tage in 2009 und 273 Tage in 2010). Es ergibt sich damit ein ersatzfähiger Zeitraum vom 599 Tage à 1,3 Stunden =) 778,7 Stunden.

b) Die Berufung hat jedoch insoweit Erfolg, als der Senat entgegen der Berechnung des Landgerichts in ständiger Rechtsprechung (seit dem Urteil vom 9. September 2004 - 14 U 32/04, NJW-RR 2004, 1673) bei der Berechnung des Haushaltsführungsschadens einen Stundensatz von 8 € - nicht von 10 € - zugrunde legt. Dies ist gerechtfertigt, weil es sich nicht um den Ausgleich einer tatsächlich entstandenen Rechnung handelt, sondern um eine fiktive Schadensberechnung. Insbesondere ist hier nicht die Orientierung an einem Bruttolohn geboten (vgl. auch BGH, Urteil vom 6. Juni 1989 - VI ZR 66/88, NJW 1989, 2539, juris-Rdnr. 9 m. w. N.). Ebensowenig fallen Beiträge zur Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung wie Lohnsteueranteile an.

Die Klägerin hat damit für den betroffenen Zeitraum vom 9. Februar 2009 bis zum 30. September 2010 (Tenor zu Ziffer 1) Anspruch auf Ausgleich ihres Haushaltsführungsschadens in Höhe von (599 x 1,3 x 8 =) 6.229,60 €.

2. Der übrige Haushaltsführungsschaden war im Wege einer Rente für die Zeit ab dem 1. Oktober 2010 - wie vom Landgericht ausgeurteilt, jedoch unter Ansatz der dargelegten geänderten Berechnungsgrundlage - bis zum Lebensende der Klägerin zuzuerkennen. Die Arbeit im Haushalt ist entgegen der Ansicht der Beklagten und der (überholten) Rechtsprechung (OLG Celle ZfS 1983, 291) nicht nur bis zum 72. Lebensjahr ausgleichsfähig. Haushaltsarbeit nimmt im Alter zwar in der Regel ab; sie unterbleibt aber nicht - erst recht nicht ab einem bestimmten Zeitpunkt (wie beim Eintritt in die Rente) - vollständig. Auch im hohen Alter bleiben einfache Arbeiten im Haushalt - um die es hier allein geht - möglich.

Die Klägerin hat demnach jährlich Anspruch auf Ausgleich eines Haushaltsführungsschadens in Höhe von (1,3 Stunden pro Tag à 8 € x 365 =) 3.796 €. Dies entspricht einer vierteljährlichen Zahlung von 949 €.

3. Für die Fortzahlung der Verdienstausfallrente (Ziffer 2b des Tenors) besteht aufgrund der vorstehenden Ausführungen (Ziffer II.A.3.) dem Grund und der Höhe nach ebenfalls ein Anspruch in dem vom Landgericht ausgeurteilten Umfang, jedoch nicht uneingeschränkt bis zum 31. August 2048. Wie bereits dargelegt (Ziffer II.A.1.) ist eine entsprechende Lebenserwartung der Klägerin bis zum Jahr 2048 unter den gegebenen Umständen kaum wahrscheinlich. Der Senat muss dies hier aber nicht endgültig entscheiden. Der Klägerin steht in jedem Fall nur ein Anspruch bis zu ihrem Lebensende zu. Klarstellend war der Tenor im Sinne der Berufung der Beklagten zu ergänzen.

4. Das gilt entsprechend für die weiteren Ergänzungen und Klarstellungen des Urteilsausspruchs des Landgerichts. Zu Recht weist die Beklagte darauf hin, dass die von ihr geleisteten Vorschusszahlungen und Kapitalentschädigungen wie auch die gezahlte Schmerzensgeldrente im Tenor zu berücksichtigen sind.

5. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288 BGB, wie im angefochtenen Urteil dargelegt (LGU 27).

6. Hinsichtlich der Freistellung gegenüber Gebührenansprüchen der Prozessbevollmächtigten der Klägerin ist von einem geringeren Gegenstandswert auszugehen, als ihn das Landgericht zugrunde gelegt hat (LGU 27). Ausgehend von dem jeweils fünffachen Betrag des einjährigen Bezugs (§ 42 Abs. 1 GKG) ergibt sich für die Rentenzahlung ein gebührenrechtlich anzusetzender Wert von 18.980 € (Haushaltsführungsschaden) und 9.601,80 € (Verdienstausfall). Dazu kommt der bezifferte Betrag des zuerkannten Haushaltsführungsschadens von 6.229,60 €. Die Feststellungen wurden - entsprechend der Wertfestsetzung erster Instanz (Bl. 342 d. A.) und den Angaben des Prozessbevollmächtigten der Klägerin folgend (Bl. 23 d. A.) mit 50.000 € berücksichtigt. Die Summe dieser Beträge führt in die Gebührenstufe bis 95.000 €.

Der sich danach ergebende Freistellungsanspruch von 1.999,32 € vermindert sich um 1.761,08 €, weil die Beklagte insoweit unbestritten eine Verrechnung aus ihrer Vorschusszahlung in Höhe von 100.000 € vorgenommen hat (S. 9 der Berufungsbegründung der Beklagten vom 24. Januar 2011, Bl. 393 d. A.). Es verbleibt damit ein Freistellungsanspruch in Höhe von 238,24 € zugunsten der Klägerin.

Insgesamt war damit das Urteil nur auf die Berufung der Beklagten hin teilweise abzuändern. Die Berufung der Klägerin bleibt erfolglos.


III.

Die Kostenentscheidung beruht für die erste Instanz auf § 92 Abs. 1 und für das Berufungsverfahren auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil es an den dafür erforderlichen Voraussetzungen gemäß § 543 Abs. 2 ZPO fehlt.