Das Verkehrslexikon

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Verwaltungsgericht Saarlouis Urteil vom 06.07.2000 - 6 K 75/98 - Zum Abschleppen eines unmittelbar vor einer Einfahrt und Ausfahrt und zudem auf einer Bordsteinabsenkung abgestellten Fahrzeug

VG Saarlouis v. 06.07.2000: Zum Abschleppen eines unmittelbar vor einer Einfahrt und Ausfahrt und zudem auf einer Bordsteinabsenkung abgestellten Fahrzeug


Das Verwaltungsgericht Saarlouis (Urteil vom 06.07.2000 - 6 K 75/98) hat entschieden:
Auch wenn ein Fahrzeug auf einem ausgewiesenen Parkstreifen geparkt wird, kommt dem Verbot, vor Ein- oder Ausfahrten oder vor oder auf einem abgesenkten Bordstein zu parken der Vorrang zu, weil nach dem Zweck der gesetzlichen Regelung dem zum Benutzen der Grundstückseinfahrten bzw. -ausfahrt Berechtigten oder dem von diesem Ermächtigten diese Fläche zum Befahren, aber auch zum Parken unbeschränkt offenstehen soll. Der Vorrang vor der angeordneten Parkzone kommt dann aber auch der gesetzlichen Parkverbotsregelung des § 12 Abs. 3 Nr. 9 StVO zu.


Siehe auch Bordsteinabsenkung / abgesenkter Bordstein und Kfz-Umsetzung und Abschleppkosten bei verbotenem Parken vor einem abgesenkten Bordstein


Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zur Erstattung von Abschleppkosten und Gebühren für polizeiliche Amtshandlungen.

Am 28.03.1997, gegen 22.00 Uhr, war das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen ... in Saarbrücken, B. Straße, abgestellt. In dem Formular für Abschleppmaßnahmen aus polizeilichen Gründen ist eingetragen, der PKW sei auf dem Parkstreifen, direkt im Bereich einer gut erkennbaren Ausfahrt - abgesenkter Gehweg , Baulücke zwischen 2 Gebäuden mit Bretterzaun und darin integriertem Einfahrtstor; Metallposten in den Gehweg eingelassen, die ein Befahren desselben an dieser Stelle verhindern - geparkt gewesen und habe dadurch ein ausfahrendes Fahrzeug behindert. Eine Halterfeststellung ergab, dass der Kläger Halter des PKWs ist, er aber über keinen Telefonanschluss verfügt. Zur Beseitigung der nach Ansicht der im Einsatz befindlichen Polizeibeamten gegebenen Störung der öffentlichen Sicherheit wurde ein Abschleppdienst angefordert, der das Fahrzeug abschleppte. Für diese Dienstleistung stellte die Firma W. einen Betrag in Höhe von 230,-- DM in Rechnung. Dieser Betrag wurde aus dem Polizeihaushalt bezahlt. Durch Bescheid vom 24.04.1997 zog die Beklagte den Kläger zur Erstattung der Abschleppkosten auf der Grundlage der §§ 4 Abs. 1 in Verbindung mit 46 Abs. 1 und 90 des Saarl. Polizeigesetzes (SPolG) heran. Daneben wurde für die polizeiliche Amtshandlung eine Gebühr nach der Polizeikostenverordnung (PolKostVO) vom 12.04.1990 - §§ 1, 3 und 4 in Höhe von 55,-- DM erhoben. Am 23.05.1997 erhob der Kläger gegen den Bescheid Widerspruch. Zur Begründung verwies er darauf, sein Fahrzeug am fraglichen Tag auf dem dort ausgewiesenen Parkstreifen in einer freien Parkbucht geparkt zu haben. Es sei zwar richtig, dass der Bordstein an dieser Stelle abgesenkt gewesen sei. Es sei jedoch durch keinerlei Beschilderung im übrigen feststellbar gewesen, ob hierüber eine Ein- bzw. Ausfahrt aus dem Hof neben dem Anwesen Nr. 25 erfolgte. Der Parkstreifen sei durchgängig entlang der Straße und es habe sich hierauf keine Markierung oder Beschilderung befunden. Allein die Absenkung des Bordsteins reiche zur Markierung einer Ein- und Ausfahrt nicht aus, denn diese könne z.B. dazu dienen, Rollstuhlfahrern das Fahren vom Bürgersteig auf die Straße zu erleichtern. Der Hof, aus dem eine Anwohnerin mit ihrem PKW habe wegfahren wollen, sei ca. 5 m von der Stelle, an der er seinen Wagen geparkt gehabt habe, entfernt. Der Hof sei nicht einsehbar, denn er sei durch einen Lattenzaun zwischen den Häusern zur Straße bzw. zum Bürgersteig hin abgegrenzt. In den Lattenzaun sei zwar ein großes Tor eingelassen. Die Bretter seien jedoch durchgängig gleich und es sei nicht ohne weiteres, insbesondere bei Dunkelheit zu erkennen, dass in diesem Bretterzaun ein Tor eingelassen sei und dieses möglicherweise eine Ein- bzw. Ausfahrt von einem Hof darstelle. Das Tor sei zu der Zeit, zu der er seinen Wagen abgeparkt habe, geschlossen gewesen und sei daher nicht zu erkennen gewesen. In der fraglichen Straße sei an verschiedenen Stellen, z.B. 20 m weiter, erneut der Bordstein abgesenkt, ohne dass sich dort eine Einfahrt befinde. Die Stelle, an der er geparkt habe, sei nicht mit einem Parkverbotsschild gekennzeichnet. Der gesamte Parkstreifen sei mit der Beschilderung versehen, dass in der Zeit zwischen 8.00 Uhr und 18.00 Uhr eine Parkscheibe zu benutzen sei. Auch die auf dem Rad bzw. Gehweg seitlich des Tores angebrachten Metallpfosten hätten nicht ohne weiteres darauf hingedeutet, dass es sich hierbei um eine Einfahrt handele. Eine Beschilderung sei auf dem Tor bzw. Lattenzaun nicht angebracht gewesen. Darüber hinaus müsse bezweifelt werden, dass das Fahrzeug so die Ein- und Ausfahrt aus dem Hof des Anwesens Nr. 25 behindert habe, dass ein Abschleppen gerechtfertigt und notwendig gewesen sei. Fotos seien am Einsatztag nicht gefertigt worden. Die in den Akten befindliche Skizze sei nicht aussagekräftig, da es sich nur um eine grobe Skizzierung handele.

In einem Vermerk der Polizeiinspektion Saarbrücken West vom 27.05.1997 ist ausgeführt, man sei aufgrund der Beschwerde der Zeugin D., die ihre deutlich erkennbare Hofausfahrt nicht habe benutzen können, tätig geworden. Die Zeugin habe dem Beamten erklärt, sie sei selbst bereits seit etwa 30 Min. in allen benachbarten Gaststätten und Spielotheken gewesen und habe dort nach dem Fahrer des PKWs gesucht. Diese Suche sei jedoch negativ verlaufen. Da sie dringend habe wegfahren müssen, habe sie die Polizei informiert und um Hilfe gebeten. Polizeikommissar C. und POM Z. hätten erneut die benachbarten Gaststätten aufgesucht und nachgefragt. Auch ihre Bemühungen seien erfolglos geblieben. Da zwischenzeitlich von der Dienststelle aus der Fahrer und sein Aufenthalt fernmündlich nicht habe in Erfahrung gebracht werden können, sei ein Abschleppdienst angefordert worden. Zwischenzeitlich sei es bereits 22.45 Uhr gewesen. Die Skizze auf Blatt 4 d. Akte spiegele den tatsächlichen Sachverhalt wieder. Der Stellungnahme beigefügt sind zwei Polaroidaufnahmen, die die Örtlichkeit am 27.05.1997, um 16.30 Uhr zeigen. Die Zeugin D. gab in einer schriftlichen Stellungnahme vom 05.06.1997 an, sie habe am 28.03.1997 abends mit ihrem Wagen wegfahren wollen. Sie besitze eine Garage im Hof B. Straße. Zur Durchfahrt zum Hof sei ein großes Tor angebracht. Hierauf befänden sich zwei gelbe Hinweisschilder mit den Aufschriften "Ausfahrt freihalten" und "Einfahrt freihalten". Der Bürgersteig sei an dieser Stelle tiefer gelegt. Das Fahrzeug des Klägers habe diese Toreinfahrt versperrt, so dass ein Hinein- bzw. Hinausfahren nicht mehr möglich gewesen sei. Nach etwa 45 Min. Wartezeit habe sie die Polizei informiert, damit ihr aus dieser Situation herausgeholfen werde. Sie selbst habe in den benachbarten Gaststätten ohne Erfolg versucht, den Fahrer ausfindig zu machen. Von Seiten der Polizeibeamten sei ihr mitgeteilt worden, dass eine Halterfeststellung ebenfalls nicht dazu geführt habe, dass man den Fahrer habe erreichen können. Die Polizei habe dann den Wagen abschleppen lassen.

Das Ministerium des Innern wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 17.11.1997 zurück. Zur Begründung ist ausgeführt, wie der Stellungnahme der in der Sache tätig gewordenen Beamten der Polizeiinspektion Saarbrücken West sowie einer das Geschehen wiedergebenden Lageskizze zu entnehmen sei, habe der Kläger sein Fahrzeug am 28.03.1997 in der B. Straße in Saarbrücken vor dem Anwesen Nr. ... verbotswidrig unmittelbar vor einer Grundstückseinfahrt und -ausfahrt geparkt. Er habe damit gegen die Bestimmung des § 12 Abs. 3 Nr. 3 StVO verstoßen. Da in jedem Verstoß gegen öffentlich rechtliche Normen gleichzeitig eine Störung der öffentlichen Sicherheit im Sinne des § 8 Abs. 1 SPolG liege, seien die Beamten insoweit zum Einschreiten berechtigt gewesen. Die Maßnahme sei auch verhältnismäßig, weil eine Fahrzeugführerin wegen des verkehrsbehindernd geparkten Wagens daran gehindert gewesen sei, mit ihrem Fahrzeug das Grundstück B. Straße zu verlassen. Das Abschleppen sei die einzig geeignete, aber auch erforderliche Maßnahme zur Beseitigung dieser Störung der öffentlichen Sicherheit gewesen. Soweit zur Begründung des Widerspruchs vorgetragen werde, es sei nicht hinreichend erkennbar gewesen, dass es sich um eine Grundstückseinfahrt und -ausfahrt gehandelt habe, entspreche dies nicht den tatsächlichen Gegebenheiten. Ausweislich der Stellungnahme der Beamten, der bei den Akten befindlichen Lichtbilder sowie der Lageskizze sei die in Rede stehende Aus- und Einfahrt nämlich insbesondere durch die seitlich eingelassenen Metallpfosten nicht zuletzt aber auch durch die Absenkung des Bordsteins aufgrund ihres Gesamtbildes deutlich und zweifelsfrei als solche wahrzunehmen gewesen und hätte vom Kläger bei entsprechender Sorgfalt erkannt werden müssen. Die an der Örtlichkeit vorgefundenen Gegebenheiten genügten ohne jeden Zweifel den in der Rechtsprechung herausgearbeiteten Anforderungen an die Erkennbarkeit von Grundstückseinfahrt und -ausfahrten als solche. Insbesondere sei es nach dieser Rechtsprechung nicht erforderlich, dass derartige bereits aufgrund ihrer Eigenarten deutlich erkennbare Ein- und Ausfahrten zusätzlich noch mit einem auf das ohnehin bestehende Haltverbot hinweisenden Schild gekennzeichnet sind. Der Umstand, dass der dortige Parkstreifen durchgängig mit einem Hinweisschild gekennzeichnet sei, wonach beim Parken die Parkscheibe zu verwenden sei, bedeute im übrigen rechtlich nicht, dass deshalb das Parken vor einer in diesem Bereich befindlichen Grundstückseinfahrt und -ausfahrt erlaubt wäre. Die Erstattung der Abschleppkosten wurde auf § 5 SPolG in Verbindung mit § 46 Abs. 1 SPolG gestützt und die Anforderung der Gebühren für die polizeiliche Amtshandlung wurde auf § 90 SPolG in Verbindung mit § 1 Nr. 4 der Polizeikostenverordnung vom 12.04.1990, zuletzt geändert durch Verordnung vom 06.03.1997 gestützt. Darüber hinaus wurde gem. 9a Saarl. Gebührengesetz in Verbindung mit den Richtlinien vom 26.09.1995 eine Widerspruchsgebühr von 62,-- DM und die Zustellungsgebühr von 11.00 DM festgesetzt.

Der Bescheid wurde dem Kläger z. Hd. seines Prozessbevollmächtigten am 20.11.1997 zugestellt.

Mit der am 03.12.1997 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Zur Begründung verweist er im wesentlichen auf seinen Vortrag im Verwaltungsverfahren. Soweit auf den in der Akte befindlichen Fotos, die am 27.05.1997 aufgenommen worden sind, Schilder auf dem Lattenzaun zu erkennen seien, seien diese am Einsatztag, dem 28.03.1997, dort nicht angebracht gewesen. Darüber hinaus trug er vor, das Bußgeldverfahren vor dem Amtsgerichts Saarbrücken sei zwischenzeitlich eingestellt worden. Bei der Hauptverhandlung habe sich herausgestellt, dass die vor dem Lattenzaun mit dem Tor auf dem Geh- und Radweg angebrachten Metallpfosten keinesfalls von den Grundstückseigentümern oder den Garagenbesitzern dort angebracht worden seien und diese Metallpfosten insbesondere nicht den Zweck der Kennzeichnung der Ein- und Ausfahrt aus dem Hof des Anwesens Nr. 25 hätten. Der als Zeuge geladene Polizeikommissar C. habe in seiner Vernehmung erklärt, die Metallpfosten seien von der Stadt Saarbrücken dort angebracht worden, um zu verhindern, dass Lieferfahrzeuge über den Parkstreifen und den abgesenkten Bürgersteig nach rechts und links auch auf den Geh- und Radweg fahren, um die dortigen Geschäfte zu beliefern, und somit Fußgänger und Radfahrer gefährden. Dies sei in der Vergangenheit öfters beobachtet worden, da insbesondere auf dem Parkstreifen oft keine Parkplätze für die Lieferfahrzeuge frei gewesen seien. Die Beklagte könne sich daher nicht mehr darauf berufen, die Aus- und Einfahrt sei durch die seitlich eingelassenen Metallpfosten deutlich und zweifelsfrei als solche wahrzunehmen gewesen. Darüber hinaus habe der Polizeikommissar C. dem Amtsgericht Saarbrücken erklärt, er könne sich nicht mehr daran erinnern, ob am Tattag, dem 28.03.1997, an dem Lattenzaun bzw. dem Tor ein Schild mit der Aufschrift "Ausfahrt/Einfahrt freihalten" angebracht gewesen sei oder nicht. Fotos der Örtlichkeit vom Tatzeitpunkt existierten nicht. Die vorgelegten Fotos seien erst später aufgenommen worden. Zu den Gegebenheiten am Tatzeitpunkt seien sie jedoch nicht aussagekräftig.

Der Kläger beantragt,
den Erstattungsbescheid der Beklagten vom 24.04.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Ministeriums des Innern vom 17.11.1997 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie führt an, auf der gesamten, ca. 400 m langen Strecke der B. Straße zwischen den Einmündungen K.- und J., befänden sich nur die vor der betreffenden Garagenausfahrt quer zum Bürgersteig eingelassenen Metallpfosten. Weitere Pfosten gäbe es in dem gesamten Bereich nicht. Diese Pfosten habe der Kläger beim Aussteigen aus dem Fahrzeug zweifelsfrei sehen müssen. Dies hätte ihn auch auf die Ein- und Ausfahrt aufmerksam machen müssen, unabhängig, aus welchem Grund die Pfosten an der Örtlichkeit angebracht worden seien. Die Mitteilung, dass diese Pfosten von der Stadt Saarbrücken angebracht worden seien, damit das Befahren des Geh- und Radwegs unterbunden werden solle, bestätigten gerade die Tatsache, dass an dieser Stelle eine Ein- bzw. Ausfahrt bestehe. Auf der genannten Streckenlänge von ca. 400 m gäbe es auch nur 2 Bereiche, in denen der Bürgersteig abgesenkt sei. Ein Bereich sei der, in dem der Kläger das Fahrzeug geparkt habe. Der zweite Bereich sei in Fahrtrichtung gesehen etwa 50 m hinter dem betreffenden Ausfahrbereich. An dieser Absenkung sei tatsächlich keine Garage, was für die betreffende Garagenausfahrt jedoch unerheblich sei. Die Ausfahrt sei durch eine etwa 2 m hohen Lattenzaun zum öffentlichen Straßenverkehr abgegrenzt. Der Lattenzaun stehe in einer Baulücke, in der ansonsten 4-5stöckigen durchgehenden Bebauung. Allein dieser Bruch in der ansonsten durchgehenden Bebauungslage lenke beim Abstellen des Fahrzeugs die Aufmerksamkeit auf sich. Zudem seien an dem Lattenzaun zwei gelbe Hinweisschilder, die auf die Nutzung als Ein- und Ausfahrt hindeuten, angebracht. Der Lattenzaun sei nach Aussage der Eigentümerin des Grundstücks im August 1996 neu errichtet worden und mit den beiden Hinweisschildern versehen worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsunterlagen der Beklagten und der beigezogenen Akten der Staatsanwaltschaft Saarbrücken - 66 Js 2331/97 - betreffend das Ordnungswidrigkeitsverfahren. Dieser war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.


Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 24.04.1997 und der Widerspruchsbescheid des Ministeriums des Innern vom 17.11.1997 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die angefochtenen Bescheide sind formell und materiell rechtmäßig.

Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides sind die §§ 46 Abs. 1 Satz 2, 90 Abs. 1 und 2 SPolG i.V.m. §§ 1 Nr. 4, 2 und 3 der Polizeikostenverordnung vom 12.04.1990 (Amtsblatt S. 482) i.d.F. der Verordnung zur Änderung der Polizeikostenverordnung vom 06.03.1997 (Amtsblatt S. 331).

Nach den genannten Bestimmungen kann die Polizeibehörde von dem Pflichtigen für die Ausführung der Ersatzvornahme Kosten erheben. Hierin liegt die Ermächtigung zum Erlass eines entsprechenden Leistungsbescheides, sofern das polizeiliche Vorgehen rechtmäßig war, was vorliegend zu bejahen ist.

Die Entscheidung der Beamten der Beklagten, hinsichtlich des Fahrzeuges des Klägers Abschleppmaßnahmen einzuleiten, entsprach den sich aus den §§ 1 Abs. 2, 4 Abs. 1, 5 Abs. 1, 8 Abs. 1, 44 Abs. 2, 45 Abs. 1 Nr. 1, 46 Abs. 1 Satz 1, 50 Abs. 1 Satz 3 SPolG ergebenden Anforderungen. Die hierdurch entstandenen Kosten hat der Kläger der Beklagten zu erstatten.

Zum Zeitpunkt des polizeilichen Einschreitens lag eine Störung der öffentlichen Sicherheit i.S.d. § 8 Abs. 1 SPolG vor.

Zwar hat der Kläger unstreitig auf einem ausgewiesenen Parkstreifen geparkt. Gleichwohl war das Fahrzeug unter Verstoß gegen § 12 Abs. 3 Nr. 3 StVO vor einer Grundstücksausfahrt abgestellt. Darüber hinaus lag auch ein Verstoß gegen § 12 Abs. 3 Nr. 9 StVO vor, weil das Fahrzeug auch unstreitig vor einer Bordsteinabsenkung stand. Dem Parkverbot vor Grundstückseinfahrten bzw. -ausfahrten kommt gegenüber der Parkzonenregelung der Vorrang zu.
Vgl. Jagusch-Hentschel, Straßenverkehrsrecht, § 12 StVO Rdnr. 47 m.w.N.
Begründet wird dies mit Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung, dass dem zum Benutzen der Grundstückseinfahrten bzw. -ausfahrt Berechtigten oder dem von diesem Ermächtigten diese Fläche zum Befahren, aber auch zum Parken unbeschränkt offenstehen soll. Der Vorrang ergibt sich aber auch aus der Systematik des Gesetzes, das das Parken etwa vor Ein- oder Ausfahrten für unzulässig erklärt. Ob an der fraglichen Örtlichkeit eine Parkzone angeordnet ist oder das Parken am rechten Fahrbahnrand erlaubt ist (§ 12 Abs. 4 StVO) spielt insofern keine Rolle. Der Vorrang vor der angeordneten Parkzone kommt dann aber auch der gesetzlichen Parkverbotsregelung des § 12 Abs. 3 Nr. 9 StVO zu. Zum einen folgt dies schon aus den oben angeführten systematischen Erwägungen, zum anderen aber auch daraus, dass die Regel des § 12 Abs. 3 Nr. 9 StVO auch dort gilt, wo - wie hier - die Absenkung die Zufahrt zu einem Grundstück bildet, so dass auch der zum Parken vor seiner Grundstücksausfahrt Berechtigte dort unter Verstoß gegen § 12 Abs. 3 Nr. 9 StVO parken würde (vgl. Jagusch-Hentschel, § 12 StVO Rdnr. 57 a, Hentschel, NJW 1992, 2062). Schließlich lässt sich das bei der Begründung des Vorrangs des Parkverbots gemäß § 12 Abs. 3 Nr. 3 StVO gegenüber einer Parkzonenregelung herangezogene Argument vom Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung auf das vorliegende Konkurrenzverhältnis übertragen. Das Parkverbot vor Bordsteinabsenkungen trägt dem Umstand Rechnung, dass Städte und Kommunen vermehrt sogenannte Rollstuhlabsenkungen an Bordsteinkanten einrichten, um Rollstuhlfahrern die Auf- und Abfahrt zu erleichtern. Kommt demnach dieser baulichen Beschaffenheit der Örtlichkeit eine ganz bestimmte Funktion zu, die durch die Vorschrift des § 12 Abs. 3 Nr. 9 StVO auch gesetzlich gewährleistet werden soll, gilt die Parkzonenregelung in diesem Bereich nicht.

Nach alledem bedarf es keiner Aufklärung und Entscheidung der Frage, ob der Kläger hier die Grundstückseinfahrt bzw. ausfahrt hätte erkennen können, da unabhängig von der Frage, ob ihm aufgrund der Erkennbarkeit der Grundstückseinfahrt bzw. -ausfahrt ein normgemäßes Verhalten überhaupt möglich war, hier jedenfalls ein Verstoß gegen § 12 Abs. 3 Nr. 9 StVO und damit eine Störung der öffentlichen Sicherheit i.S.v. § 8 Abs. 1 SPolG anzunehmen ist. dass die Beschaffenheit der Örtlichkeit bei den im Falle des Abstellens eines PKW zu beachtenden Sorgfaltsanforderungen (vgl. insofern OVG Münster, Beschluss vom 11.06.1997 - 5 A 4278/95 -, m.w.N., NJW 1998, 331 und das Urteil der Kammer vom 14.01.1999 - 6 K 11/98 -, ZfSch 2000, 43f.) hätte erkannt werden können oder sogar erkannt wurde, steht außer Frage.

Angesichts dieser Sachlage war eine tragfähige Grundlage für das Einschreiten der Polizeibeamten zur Beseitigung der fortdauernden Störung gegeben. Die Einleitung einer Abschleppmaßnahme war hierzu ein geeignetes Mittel. Sie war auch im konkreten Fall mit dem aus Verfassungsrecht folgenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der in § 2 SPolG seine einfachgesetzliche Ausprägung gefunden hat, vereinbar.

Das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 14.05.1992 - 3 C 3/90 -, BVerwGE 90, 189, ausgeführt, dass es keinem Zweifel unterliegt, dass ein Abschleppen verbotswidrig abgestellter Fahrzeuge im Falle der Behinderung von anderen Verkehrsteilnehmern geboten erscheine. Dies könne u.a. beim Verstellen des gesamten Bürgersteigs oder einem Hineinragen des Fahrzeuges in die Fahrbahn, aber auch bei Funktionsbeeinträchtigungen einer Fußgängerzone oder beim rechtswidrigen Parken auf einem Behindertenparkplatz, in Feuerwehranfahrtszonen oder auch bei einem Abschleppen zur Verhinderung von Straftaten der Fall sein. Auf eine konkrete Behinderung kommt es dabei gar nicht an. Auch das OVG Münster hat die Entfernung eines Fahrzeugs bei Beeinträchtigung der verkehrsregelnden Funktion (dort einer Haltezone) ohne konkrete Behinderung als rechtmäßig angesehen (OVG Münster, Urteil vom 24.03.1998 - 5 A 183/96 -, NJW 1998, 2465). Das VG Schwerin (vgl. Urteil vom 15.05.1998 - 1 A 1393/96 -, DAR 1998, 405-406 - zitiert nach juris) hat die Möglichkeit einer Behinderung bei einem Parken vor einer Bordsteinabsenkung ebenfalls als ausreichend erachtet, um eine Abschleppmaßnahme anzuordnen. Eine solche fortdauernde Funktionsbeeinträchtigung lag hier aber hinsichtlich des abgesenkten Bordsteins vor.

Andere, den Kläger weniger belastende Mittel standen in dem maßgeblichen Zeitpunkt der Einleitung der Abschleppmaßnahme nicht zur Verfügung. Ausweislich des Vermerks des PHM S. vom 27.05.1997 wurde vor Einleitung der Maßnahme versucht, den Kläger in den benachbarten Gaststätten ausfindig zu machen, um ihm selbst Gelegenheit zum Wegfahren des Fahrzeuges zu geben. Die Bemühungen blieben jedoch ohne Erfolg.

Da einerseits der Kläger bei der Feststellung der eingetretenen Störung der öffentlichen Sicherheit durch die Polizeibeamten weder anwesend war, noch seine alsbaldige Rückkehr zu seinem Fahrzeug feststand, noch ein Hinweis auf seinen konkreten Aufenthalt gegeben war, andererseits die konkrete Behinderung der Zeugin D., die mit ihrem Fahrzeug aus der Hofeinfahrt ausfahren wollte und daran bereits seit geraumer Zeit gehindert wurde, und auch die fortdauernde Funktionsbeeinträchtigung ein weiteres Abwarten nicht zuließen, entfiel gemäß § 50 Abs. 1 S. 3 SPolG auch das Erfordernis der vorherigen Androhung der Ersatzvornahme.

dass sich die Polizeibeamten zur Beseitigung der fortdauernden Störung zum Abschleppen des klägerischen Fahrzeuges entschieden, ist nicht zu beanstanden.

Das Fahrzeug des Klägers stand objektiv verbotswidrig i.S.v. § 12 Abs. 3 Nr. 3 und Nr. 9 StVO.

Ist nach alledem die Ermessensentscheidung der Beamten der Beklagten, hinsichtlich des Fahrzeuges des Klägers Abschleppmaßnahmen einzuleiten, rechtlich nicht zu beanstanden (§ 114 VwGO), so gilt dies auch für die Entscheidung der Beklagten, den Kläger zum Ersatz der angefallenen Kosten heranzuziehen.

Richtiger Kostenschuldner ist der Kläger als Verhaltens- (§ 4 Abs. 1 SPolG) bzw. Zustandsstörer (§ 5 Abs. 1 SPolG).

Die Entscheidung, ob ein Störer zum Kostenersatz herangezogen wird, steht zwar ebenfalls im pflichtgemäßen Ermessen der Polizei (vgl. Gerichtsbescheid der 5. Kammer vom 17.11.1992 - 5 K 66/91 - in zfs 93, 215). Dies ist mit Rücksicht auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geboten, um Härten zu vermeiden, die sich gerade aus der strengen Zustandshaftung ergeben können. Denn die polizeiliche Verantwortung für den Zustand einer Sache entfällt nach herrschender Meinung selbst dann nicht, wenn die Gefahr durch außergewöhnliche Ereignisse verursacht wurde, in der Risikosphäre der Allgemeinheit wurzelt oder unvorhersehbar war. Solchen Unbilligkeiten kann beim Erlass von Polizeiverfügungen nur auf der Rechtsfolgeseite im Rahmen der Ermessensentscheidung begegnet werden, indem zwar an der Polizeipflicht und der Zulässigkeit dieser Maßnahmen im Interesse einer wirksamen Gefahrenabwehr festgehalten, jedoch durch eine Ermessensentscheidung über die Kostenerhebung unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit in atypischen Fällen ein Ausgleich ermöglicht wird.

Ein atypischer Fall ist dabei anzunehmen, wenn von einem Fahrzeug, das ohne Verstoß gegen straßen- und straßenverkehrsrechtliche Vorschriften geparkt worden ist, eine Störung ausgeht, die nicht vorhersehbar war und nicht in der Risikosphäre des Halters oder Fahrers liegt.
vgl. auch VGH Mannheim, Urteil vom 11.06.1991 - 1 S 2967/90 - in zfs 92, 396
Durch atypische Besonderheiten solcher Umstände ist der vorliegende Fall nicht gekennzeichnet, mit der Folge, dass die entstandenen Kosten von dem Störer (hier: dem Kläger) zu erheben sind und nicht der Allgemeinheit angelastet werden können.

Rechtsgrundlage der im angefochtenen Leistungsbescheid zugleich geforderten Gebühr in Höhe von 55,- DM (Ausführung der Ersatzvornahme) sind die §§ 90 Abs. 1 und 2 SPolG i.V.m. §§ 1 Nr. 4, 3 und 4 Polizeikostenverordnung.

Da auch die im Widerspruchsbescheid unter Berufung auf § 9a SaarlGebG i.V.m. den Richtlinien vom 26.09.1995 erfolgte Festsetzung der Gebühren und Kosten für das Widerspruchsverfahren keinen rechtlichen Bedenken unterliegt, ist die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.