Das Verkehrslexikon
VGH München (Beschluss vom 22.12.2005 - 24 C 05.2200 - Zum kostenpflichtigen Abschleppen bei Parken vor einem abgesenkten Bordstein
VGH München v. 22.12.2005: Zum kostenpflichtigen Abschleppen bei Parken vor einem abgesenkten Bordstein
Der VGH München (Beschluss vom 22.12.2005 - 24 C 05.2200) hat entschieden:
Ein Fahrzeugführer, der vor einer abgesenkten Bordsteinkante parkt, behindert damit verbotswidrig die bestimmungsgemäße Benutzung der öffentlichen Verkehrsfläche (§ 24 StVG, § 12 Abs. 3 Nr. 9 StVO) und schafft damit eine gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung.
Siehe auch Bordsteinabsenkung / abgesenkter Bordstein und Kfz-Umsetzung und Abschleppkosten bei verbotenem Parken vor einem abgesenkten Bordstein
Gründe:
I.
Der Kläger parkte am 4. März 2005 gegen 10.43 Uhr das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen ... ... im Kreuzungsbereich der Destouchesstr./ Bismarckstr. in München vor einem an dieser Stelle abgesenkten Bordstein. Um 11.15 wurde das Fahrzeug abgeschleppt. Mit Bescheid vom 4. März 2005 zog die Polizei den Kläger zur Erstattung der Abschleppkosten heran. Der Widerspruch dagegen blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid des Polizeipräsidiums München vom 10. Mai 2005).
Mit der gegen die Kostenforderung erhobenen Klage beantragte der Kläger die Bewilligung von Prozesskostenhilfe.
Mit Beschluss vom 18. Juli 2005 lehnte das Verwaltungsgericht den Antrag ab. Das Abstellen des Fahrzeugs vor der Bordsteinabsenkung sei nach Art. 25 Nr. 1, Art. 9 Abs. 1 Satz 1 PAG rechtmäßig gewesen, weil das Parken vor einer Bordsteinabsenkung gegen § 12 Abs. 3 Nr. 9 StVO verstoße. Auf die Frage, ob in unmittelbarer oder zumutbarer Entfernung ein Überqueren der Straße aufgrund einer anderweitigen Absenkung des Bordsteins möglich sei, komme es nicht an. Die Maßnahme sei ermessensfehlerfrei und verhältnismäßig gewesen; in der Nähe seien ein Kindergarten und eine Schule.
Dagegen erhob der Kläger Beschwerde mit dem Antrag (sinngemäß),
den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 18. Juli 2005 aufzuheben und ihm Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Michael Schmelcher, Donauwörth, zu bewilligen.
Für den Kläger sei die Bordsteinabsenkung aufgrund Schneefalls nicht ersichtlich gewesen. Eltern, Kleinkinder, Schulanfänger oder Fußgänger würden durch § 12 Abs. 3 Nr. 9 StVO nicht geschützt. Eine Verwarnung oder ein Bußgeld wären ausreichend gewesen. 15 Meter entfernt sei eine Bordsteinabsenkung, wo Rollstuhlfahrer die Straße gefahrloser überqueren könnten.
Der Beklagte beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die beigezogene Behördenakte und auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde bleibt erfolglos, weil das Verwaltungsgericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Recht abgelehnt hat. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung hat keine hinreichende Erfolgsaussicht (§ 166 VwGO, § 114 ZPO).
Der Kläger wurde rechtmäßig zur Zahlung der Abschleppkosten herangezogen, weil sein Fahrzeug nach Art. 25 Nr. 1 PAG sichergestellt werden durfte. Es behinderte verbotswidrig die bestimmungsgemäße Benutzung der öffentlichen Verkehrsfläche (§ 24 StVG, § 12 Abs. 3 Nr. 9 StVO) und stellte damit eine gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dar. Die Absenkung des Bordsteins hätte der Kläger bei genügender Aufmerksamkeit erkennen können, da die Absenkung des Bordsteins wegen der zuvor durchgeführten Schneeräumung - wie die in der Behördenakte befindlichen Lichtbilder belegen - sichtbar war.
Die Abschleppmaßnahme war zur Beseitigung der Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nicht unverhältnismäßig. Selbst wenn der Zweck der Absenkung des Bordsteins dem Schutz von Rollstuhlfahrern dient und nicht, wie der Kläger meint, auch dem Schutz von Fußgängern, so ist jedenfalls für Rollstuhlfahrer die Nutzung der Absenkung des Bordsteins durch das Verhalten des Klägers erschwert oder sogar unmöglich gewesen. Besonders Rollstuhlfahrern war es nicht zumutbar, eine weiter entfernte Bordsteinabsenkung zu benutzen. Die Ahndung des Verstoßes durch eine Verwarnung oder Geldbuße hätte die damalige Gefahrenlage nicht beseitigt und war deshalb kein milderes Mittel.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Eine Streitwertfestsetzung erübrigt sich, da gemäß Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses (§ 3 Abs. 2 GKG) eine Festgebühr anfällt.