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OVG Münster Urteil vom 03.12.2003 - 8 A 1793/03 - Zur Dauerausnahmegenehmigung zum Schleppen
OVG Münster v. 03.12.2003: Zur Dauerausnahmegenehmigung zum Schleppen
Das OVG Münster (Urteil vom 03.12.2003 - 8 A 1793/03) hat entschieden:
- Für die Erteilung einer Dauerausnahmegenehmigung nach § 33 StVZO an einen Fahrzeughalter mit (Wohn-)Sitz im Ausland ist die untere Verwaltungsbehörde örtlich zuständig, in deren Gebiet der gewöhnliche Grenzübertritt des Schleppfahrzeugs liegt.
- Die Genehmigungspflicht für das Schleppen von Fahrzeugen gemäß § 33 Abs 1 Satz 2 StVZO stellt keine die Gemeinschaftslizenz betreffende Regelung oder eine sonstige Genehmigungspflicht dar, von der die Beförderung beschädigter oder reparaturbedürftiger Fahrzeuge gemäss Nr 2 des Anhangs II der Verordnung (EWG) Nr 881/92 des Rates vom 26.3.1992 (EWGV 881/92) über den Zugang zum Güterkraftverkehrsmarkt in der Gemeinschaft für Beförderungen aus oder nach einem Mitgliedsstaat oder durch einen oder mehrere Mitgliedsstaaten befreit ist.
- Bei der Erteilung einer Dauerausnahmegenehmigung nach § 33 Abs 1 Satz 2 StVZO ist die Beschränkung des Schleppvorgangs auf eine Entfernung von 100 km auch für Schleppfahrzeuge der "neueren Generation" rechtlich nicht zu beanstanden.
Siehe auch Schleppen und Abschleppen von Fahrzeugen und Güterkraftverkehr
Tatbestand:
Die Klägerin ist ein in den Niederlanden ansässiges Busunternehmen. Sie verfügt über 20 Reisebusse, die in ganz Europa unterwegs sind, sowie ein vierachsiges Bergungsfahrzeug, mit dem sie defekte eigene Busse, aber auch liegen gebliebene Busse und LKW's anderer Firmen im gesamten Bundesgebiet zur Reparatur nach Hause schleppt. Mit Bescheid vom 31. März 2000 erteilte der Beklagte der Klägerin eine Ausnahmegenehmigung zum Schleppen von Fahrzeugen als Dauergenehmigung für den Zeitraum vom 31. März 2000 bis 31. März 2001. Gemäß der damit verbundenen Auflage wurde die Rückführung von defekten Zugmaschinen, LKW's und Omnibussen der Fabrikate DAF und Scania genehmigt, sofern nicht in Deutschland eine vom Ort des Schleppens näher gelegene Werkstatt vorhanden ist, die in der Lage ist, die erforderliche Reparatur durchzuführen.
Am 18. Februar 2001 beantragte die Klägerin die Erteilung einer weiteren Ausnahmegenehmigung zum Schleppen von Fahrzeugen.
Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 2. April 2001 mit der Begründung ab, nach Auffassung der obersten Verkehrsbehörden der Länder sollten künftig keine Ausnahmegenehmigungen mehr für den Bereich der Bundesrepublik Deutschland erteilt werden. Es sei nur noch möglich, in wenigen Einzelfällen Ausnahmegenehmigungen zu erteilen, wobei der örtliche Bereich auf Nordrhein-Westfalen und der Schleppvorgang auf 100 km Entfernung zu beschränken sei. Eine derartige Genehmigung wurde der Klägerin auf ihren weiteren Antrag unter dem 22. Mai 2001 für die Dauer eines Jahres erteilt.
Gegen den Bescheid vom 2. April 2001 legte die Klägerin unter dem 23. April 2001 Widerspruch ein, mit dem sie geltend machte: 80% ihrer Busse würden in den Niederlanden hergestellt. Deshalb sei es vor allem bei größeren Reparaturen nicht immer möglich, den Schaden im Ausland zu beheben. In Anbetracht der Auslastung der Busse sei es dringend erforderlich, diese schnellstens zur Reparatur nach Hause zu holen. Eine Einschränkung des Schleppvorgangs auf 100 km sei nicht realisierbar. In das Spezialabschleppfahrzeug sei ein Betrag von 400. 000,- NLG investiert worden. Ihr sei bekannt, dass einigen Kollegen in den Niederlanden eine Ausnahmegenehmigung zum Schleppen ohne Zeitdauer erteilt worden sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26. Juli 2001 wies die Bezirksregierung E. den Widerspruch zurück. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Dauerausnahmegenehmigung für den Bereich der Bundesrepublik Deutschland lägen nicht vor. Das Schleppen eines Fahrzeugs beeinträchtige die Sicherheit des Verkehrs in erheblichem Maße und müsse daher so kurz wie möglich gehalten werden. Fahrzeuge, die nicht betriebsfähig seien, sollten so schnell als möglich zu einem möglichst nahe gelegenen Bestimmungsort gebracht werden. Dem stehe entgegen, wenn, wie von der Klägerin vorgesehen, Reisebusse durch das gesamte Bundesgebiet geschleppt würden. Zudem sei zu berücksichtigen, dass die Reisebusse der Klägerin in einem erheblichen Umfang in Deutschland eingesetzt würden und so recht häufig Schleppvorgänge notwendig werden könnten. Die Erteilung einer Dauerausnahmegenehmigung für den Bereich der Bundesrepublik Deutschland widerspreche dem Zweck der Regelung, die einer Gefährdung der Verkehrssicherheit entgegenwirken solle. Es würden grundsätzlich zeitlich befristete Ausnahmegenehmigungen erteilt.
Die Klägerin hat am 28. August 2001 Klage erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen, die Regelung des § 33 Abs. 1 StVZO sei auf das Abschleppen betriebsunfähiger Fahrzeuge nicht anwendbar. Sie schleppe die Fahrzeuge nicht mit einer Schleppstange ab, sondern verankere sie auf einem schweren, hydraulischen Liftarm. Bremsen und Beleuchtung würden an das Zugfahrzeug angeschlossen. Des weiteren sei die Beförderung von beschädigten oder reparaturbedürftigen Fahrzeugen nach der EWG-Verordnung Nr. 881/92 vom 26. März 1992 von allen die Gemeinschaftslizenz betreffenden Regelungen und sonstigen Genehmigungspflichten befreit. Durch die Erteilung der Ausnahmegenehmigung sei ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden, da die Klägerin im Hinblick hierauf das Spezial-Abschleppfahrzeug erworben habe.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 2. April 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung E. vom 26. Juli 2001 zu verpflichten, der Klägerin die beantragte Ausnahmegenehmigung zum Schleppen von Fahrzeugen gemäß § 33 StVZO zu erteilen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat er auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide verwiesen.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 23. Januar 2003 abgewiesen. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung lägen nicht vor. Es sei bereits zweifelhaft, ob der Beklagte für die Erteilung von Erlaubnissen der beantragten Art überhaupt sachlich und örtlich zuständig sei. Aus der Zuständigkeitszuweisung nach § 2 ZustVO StVZO folge keine Zuweisung der Entscheidung über Ausnahmegenehmigungen nach § 33 Abs. 1 Satz 2 StVZO an die Kreisordnungsbehörden. Die örtliche Zuständigkeit bestimme sich nicht nach § 68 Abs. 2 Satz 1 StVZO, da die Klägerin weder einen Wohnort noch einen Aufenthaltsort noch eine Niederlassung in Deutschland habe. Eine andere Zuständigkeitsbestimmung finde sich nicht. Die Klage könne auch deshalb keinen Erfolg haben, weil die getroffene Ermessensentscheidung nicht zu beanstanden sei. Die Behörde habe sich von dem Erlass des Ministeriums für Wirtschaft und Mittelstand, Energie und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen vom 10. Oktober 2000 leiten lassen. Danach sei für das Schleppen von Fahrzeugen ein strenger Maßstab anzulegen. Der örtliche Bereich sei auf Nordrhein-Westfalen und der Schleppvorgang auf 100 km zu beschränken. Das gelte auch für Schleppvorgänge ausländischer Unternehmen. Dies entspreche Sinn und Zweck der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung, wonach betriebsunfähige Fahrzeuge aus Gründen der Verkehrssicherheit nur bis zur nächstgelegenen Werkstatt abgeschleppt werden könnten. Das von der Klägerin benutzte Schleppfahrzeug begründe auf Grund seines Gewichts und seiner Länge ein erhebliches Verkehrshindernis. Aus einer bisher geübten Praxis könne die Klägerin keinen Rechtsanspruch auf Erteilung einer Dauerausnahmegenehmigung für die Zukunft herleiten. Die Verordnung (EWG) Nr. 881/92 des Rates vom 26. März 1992 über den Zugang zum Güterkraftverkehrsmarkt in der Gemeinschaft für Beförderungen aus oder nach einem Mitgliedstaat oder durch einen oder mehrere Mitgliedstaaten finde keine Anwendung, da das Schleppen von reparaturbedürftigen oder betriebsunfähigen Bussen oder LKW's nicht den Zugang zum Güterverkehrsmarkt betreffe.
Der Senat hat die Berufung der Klägerin mit Beschluss vom 13. August 2003 zugelassen.
Die Klägerin begründet ihre Berufung im wesentlichen damit, dass der Ablehnungsbescheid bereits wegen Fehlens einer Zuständigkeitszuweisung an den Beklagten aufzuheben sei. Für das konkrete Begehren der Klägerin bedürfe es keiner besonderen Genehmigung. Die EWG-Verordnung Nr. 881/92, die jedenfalls analog anwendbar sei, lasse die Intention des Gesetzgebers erkennen, auch im Bereich des Straßenverkehrs einen Beitrag zur Vollendung des Binnenmarktes leisten zu wollen. Der Anwendungsbereich der Verordnung sei nicht auf den grenzüberschreitenden gewerblichen Güterkraftverkehr beschränkt. Auch die grenzüberschreitende Beförderung von beschädigten LKW's und Bussen unterfalle dem gesetzgeberischen Gedanken, den beruflichen Kraftverkehr zu erleichtern und den beruflichen Wettbewerb auf der Straße zu egalisieren. Grenzüberschreitender Verkehr sei zudem jede Beförderung. In den Niederlanden bestünden für vergleichbare Transporte keine Zugangsbeschränkungen. Die Versagung der begehrten uneingeschränkten Dauergenehmigung für das Schleppen eigener und fremder nicht betriebsbereiter Fahrzeuge greife in das Recht der freien Berufsausübung der Klägerin ein. Von einer Verweigerung jeglicher Ausnahmegenehmigungen sei in dem Erlass des Ministeriums für Wirtschaft und Mittelstand, Energie und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen an keiner Stelle die Rede. Mit der Möglichkeit einer sachgerechten (positiven) Ermessensentscheidung setze sich der Ablehnungsbescheid nicht auseinander. Die Transportfahrten der Klägerin beeinträchtigten auch nicht die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Straßenverkehrs. Die streitgegenständliche Fahrzeugkombination entspreche technisch, in der Gesamtlänge und von der Geschwindigkeit her einem normalen Dreiachs-LKW mit einem Zentralachsanhänger. Eine Anpassung an den normal fließenden Verkehr sei ohne weiteres möglich. Durch die mehrfache Erteilung der Genehmigungen sei ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden, der zu erheblichen wirtschaftlichen Dispositionen der Klägerin geführt habe.
Die Klägerin beantragt,
das angefochtene Urteil zu ändern und den Beklagten zu verpflichten, unter Aufhebung seines Bescheides vom 2. April 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung E. vom 26. Juli 2001 der Klägerin die beantragte Ausnahmegenehmigung zum Schleppen von Fahrzeugen gemäß § 33 StVZO zu erteilen,
hilfsweise festzustellen, dass der von der Klägerin bezeichnete Fahrzeugeinsatz einer Erlaubnis nicht bedarf.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat sind die beim Schleppen bestehenden spezifischen Gefahren von Dipl.-Ing. L. vom Ministerium für Verkehr, Energie und Landesplanung näher erläutert worden. Während es bei normalen Zugkombinationen definierte Fahrzeuge mit bekanntem Fahr- und Bremsverhalten gebe, sei bei einem Schleppvorgang das Brems- und Fahrverhalten in der Kombination nicht bekannt, weil das geschleppte Fahrzeug nicht als Anhänger zugelassen sei. Je nach Bauweise der Busse verändere sich die Gesamtlänge der Zugkombination und damit auch das Fahr- und Bremsverhalten. Besondere Gefahren ergäben sich daraus, dass die hier in Rede stehenden Schleppkombinationen üblicherweise länger als 18 m seien. Zwar könne mit einem Zuggutachten die Verkehrssicherheit einer bestimmten, genau definierten Kombination hinreichend sicher festgestellt werden. Das Zuggutachten könne sich aber immer nur entweder auf betriebsbereite Fahrzeuge beziehen oder auf Fahrzeuge, die näher definierte Schäden aufwiesen. Ergänzend wird auf die Niederschrift vom 3. Dezember 2003 verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang.
Entscheidungsgründe:
Die zugelassene und auch im übrigen zulässige Berufung der Klägerin hat weder mit dem Haupt- noch mit dem Hilfsantrag Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Versagung der beantragten Ausnahmegenehmigung durch den Bescheid des Beklagten vom 2. April 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids der Bezirksregierung E. vom 26. Juli 2001 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO).
1. Die mit dem Hauptantrag erhobene Verpflichtungsklage, mit der die Klägerin die Erteilung einer unbeschränkten Dauerausnahmegenehmigung zum Schleppen von eigenen und Fremdfahrzeugen aus und durch die Bundesrepublik Deutschland begehrt, ist zulässig. Nach ihrem erkennbaren und in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellten Ziel war die Klage - ebenso wie das vorangegangene Verwaltungsverfahren - nicht auf die Verlängerung der unter Auflagen erteilten Genehmigung vom 31. März 2000 beschränkt.
2. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zum Schleppen von Fahrzeugen nach § 33 Abs. 1 StVZO.
Für die Erteilung der begehrten Ausnahmegenehmigung ist im vorliegenden Fall der Beklagte örtlich und sachlich zuständig (a). Bei den von der Klägerin beabsichtigten Transportvorgängen handelt es sich nicht um ein zulässiges Abschleppen im Sinne des § 18 Abs. 1 StVZO, sondern um ein Schleppen von Fahrzeugen im Sinne des § 33 StVZO. Kraftfahrzeuge als Anhänger zu betreiben, ist gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 StVZO grundsätzlich unzulässig und nur in Ausnahmefällen mit Genehmigung der Zulassungsbehörde erlaubt (b). Der Erteilung einer Ausnahmegenehmigung bedarf es auch für ausländische Fahrzeuge (c). Die Bestimmung in Nr. 3 des Anhangs II der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 des Rates vom 26. März 1992 über den Zugang zum Güterkraftverkehrsmarkt in der Gemeinschaft für Beförderungen aus oder nach einem Mitgliedstaat oder durch einen oder mehrere Mitgliedstaaten, die die Beförderung von beschädigten oder reparaturbedürftigen Fahrzeugen von allen die Gemeinschaftslizenz betreffenden Regelungen und sonstigen Genehmigungspflichten befreit, steht der Anwendbarkeit des § 33 StVZO nicht entgegen (d). Die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung steht im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde. Ermessensfehler sind nicht ersichtlich (e).
a) Für die Erteilung einer Genehmigung auf der Grundlage von § 33 Abs. 1 Satz 2 StVZO ist der Beklagte sachlich zuständig. Gemäß § 68 Abs. 1 Satz 1 StVZO wird diese Verordnung, soweit nicht die höheren Verwaltungsbehörden zuständig sind, von den nach Landesrecht zuständigen unteren Verwaltungsbehörden oder den Behörden, denen durch Landesrecht die Aufgaben der unteren Verwaltungsbehörde zugewiesen werden, ausgeführt. Untere Verwaltungsbehörden im Sinne des § 68 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. StVZO sind gemäß § 1 der Verordnung über die Bestimmung der zuständigen Behörden nach der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (ZuständigkeitsVO StVZO - ZustVO StVZO) vom 6. Januar 1999 (GV. NRW. 1999, S. 33) die Kreisordnungsbehörden. Demgegenüber betrifft die Zuständigkeitszuweisung an die Kreisordnungsbehörden nach § 68 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. StVZO i.V.m. § 2 Nr. 2 ZustVO StVZO die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung gemäß § 70 Abs. 1 Nr. 2 StVZO. Danach können die zuständigen obersten Landesbehörden oder die von ihnen bestimmten oder nach Landesrecht zuständigen Stellen von allen Vorschriften dieser Verordnung in bestimmten Einzelfällen oder allgemein für bestimmte einzelne Antragsteller Ausnahmen genehmigen. Es kann offen bleiben, ob die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung auf der Grundlage von § 33 Abs. 1 Satz 2 StVZO eine abschließende Regelung darstellt oder ob daneben die Möglichkeit der Genehmigung einer Ausnahme vom Verbot des Schleppens von Fahrzeugen gemäß § 70 Abs. 1 Nr. 2 StVZO besteht,
vgl. zur Ausnahmebestimmung des § 15 e Abs. 2 Nr. 1 StVZO a.F.: BVerwG, Urteil vom 8. Dezember 1993 - 11 C 40/92 -, NVwZ-RR 1995, 169
Der Beklagte hat sich bei seiner Entscheidung über den Antrag der Klägerin nur auf § 33 StVZO bezogen und die Möglichkeit einer Ausnahmegenehmigung nach § 70 Abs. 1 Nr. 2 StVZO (zuständigkeitshalber) unerörtert gelassen. Für die Genehmigung von Ausnahmen von den Bau- und Betriebsvorschriften der StVZO für Fahrzeuge über einem zulässigen Gesamtgewicht von 3,5 t ist gemäß § 70 Abs. 1 Nr. 2 StVZO i.V.m. § 2 Nr. 2 ZustVO StVZO die oberste Landesbehörde zuständig.
Der Beklagte ist für die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 33 StVZO auch örtlich zuständig. Eine ausdrückliche Regelung hierfür fehlt allerdings. Grundsätzlich ist gemäß § 68 Abs. 2 StVZO, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, die Behörde des Wohnorts örtlich zuständig, mangels eines solchen die Behörde des Aufenthaltsorts des Antragstellers oder Betroffenen, bei juristischen Personen, Handelsunternehmen oder Behörden die Behörde des Sitzes oder des Orts der beteiligten Niederlassung oder Dienststelle. § 33 Abs. 1 Satz 2 StVZO erklärt die Zulassungsbehörden für zuständig. Zulassungsbehörden sind nach § 23 Abs. 1 Satz 1 StVZO die Verwaltungsbehörden, in deren Bezirk das Fahrzeug seinen regelmäßigen Standort haben soll. Ein regelmäßiger Standort im Inland soll für das in den Niederlanden zugelassene Bergungsfahrzeug jedoch nicht begründet werden. Die Zuständigkeitsregelung in § 68 Abs. 2 StVZO führt ebenfalls nicht weiter. Den hier vorliegenden Fall, dass der Antragsteller oder Betroffene im Inland weder einen Wohn- noch einen Aufenthaltsort hat, und als juristische Person oder Handelsunternehmen auch nicht über einen Sitz oder eine Niederlassung in Deutschland verfügt, erfasst § 68 Abs. 2 StVZO nicht. Die mangelnde Regelung der örtlichen Zuständigkeit hat jedoch nicht zur Folge, dass die den unteren Verwaltungsbehörden aufgrund ihrer sachlichen Zuständigkeit (§ 68 Abs. 1 Satz 1 StVZO) obliegenden Verwaltungstätigkeiten unterbleiben. Vielmehr kann in dem Fall, in dem keine abschließende spezielle Zuständigkeitsregelung besteht, ergänzend auf die Vorschrift des § 3 VwVfG NRW zurückgegriffen werden.
Vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl., § 3 Rn. 3.
Nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 VwVfG NRW ist die Behörde örtlich zuständig, in deren Bezirk der Anlass für die Amtshandlung hervortritt. Sind nach § 3 Abs. 1 VwVfG NRW mehrere Behörden zuständig, so entscheidet die Behörde, die zuerst mit der Sache befasst worden ist (§ 3 Abs. 2 Satz 1 VwVfG NRW). Bei einem Schleppvorgang sind als Anlass für die Amtshandlung mehrere Anknüpfungspunkte denkbar. Jedenfalls dann, wenn - wie hier - die Erteilung einer Dauerausnahmegenehmigung für das Schleppen von Fahrzeugen mit einem ausländischen Bergungsfahrzeug begehrt wird, erscheint es in Anlehnung an § 3 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 VwVfG NRW sachgerecht, wenn zur Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit auf den Ort des gewöhnlichen Grenzübertritts des Schleppfahrzeugs abgestellt wird. Eine vergleichbare Regelung ist in der Richtlinie für die Erteilung von Ausnahmegenehmigungen nach § 70 StVZO für bestimmte Arbeitsmaschinen und bestimmte andere Fahrzeugarten (Richtlinie zu § 70 StVZO) vom 12. Mai 1980 (VkBl. S. 433) getroffen. Nach Vorbemerkung Nr. 8 dieser Richtlinie erteilen Ausnahmegenehmigungen von den Vorschriften der §§ 32 und 34 StVZO für Halter außerdeutscher Kraftfahrzeuge und Anhänger, die nach der Verordnung über den internationalen Kraftfahrzeugverkehr zum vorübergehenden Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland zugelassen werden sollen, die zuständigen Behörden, in deren Gebiet die Grenzübergangsstelle liegt. Der Senat merkt insoweit an, dass es in Anbetracht der Vielzahl unterschiedlicher Lebenssachverhalte bei Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 33 StVZO für ausländische Schleppfahrzeuge sinnvoll wäre, eine entsprechende klarstellende Regelung zu treffen.
b) Die Klägerin bedarf für die von ihr beabsichtigten Schleppvorgänge einer Ausnahmegenehmigung nach § 33 Abs. 1 StVZO. Fahrzeuge, die nach ihrer Bauart zum Betrieb als Kraftfahrzeuge bestimmt sind, dürfen gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 StVZO nicht als Anhänger betrieben werden. Beim Schleppen im Sinne dieser Vorschrift handelt es sich um das Mitführen eines Kraftfahrzeugs auf dessen Rädern hinter einem anderen Kraftfahrzeug, soweit kein zulässiges Abschleppen vorliegt. Dabei kann es sich sowohl um ein betriebsfähiges Kraftfahrzeug handeln als auch um ein betriebsunfähiges Kraftfahrzeug, sofern bei diesem die Voraussetzungen des Abschleppens nicht gegeben sind.
Vgl. Reichart, Strafrechtliche Aspekte des Schleppens und Abschleppens im öffentlichen Straßenverkehr, NJW 1994, 103.
Busse und LKWs, die im Bundesgebiet liegen geblieben sind und mit Hilfe eines Bergungsfahrzeugs in die eigene Werkstatt der Klägerin in den Niederlanden transportiert werden sollen, sind zum Betrieb als Kraftfahrzeug bestimmte Fahrzeuge, die gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 StVZO als Anhänger verwendet werden. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Busse und LKWs, die die Klägerin abtransportieren möchte, im konkreten Einzelfall betriebsfähig oder betriebsunfähig sind, d.h. wegen technischer Mängel nicht in Betrieb gesetzt werden können oder aus Sicherheitsgründen nicht in Betrieb gesetzt werden dürfen. Ein zulässiges Abschleppen im Sinne des § 18 Abs. 1 StVZO liegt bei den von der Klägerin beabsichtigten Fahrten nicht vor. Nach dieser Vorschrift sind Kraftfahrzeuge, die als betriebsunfähig abgeschleppt werden, nicht als Anhänger zu betrachten, so dass für den Abschleppvorgang weder die Zustimmung der Zulassungsstelle erforderlich ist, noch die Sondervorschriften des § 33 Abs. 2 StVZO gelten.
Vgl. BGH, Beschluss vom 27. August 1969 - 4 StR 192/69 -, NJW 1969, 2155; OLG Celle, Urteil vom 30. Oktober 1961 - 5 U 42/61 -, DAR 1962, 153; OLG Hamm, Urteil vom 26. November 1965 - 3 Ss 1116/65 -, VRS 30, 137; Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 36. Aufl., § 33 StVZO, Rn. 3.
Die Bestimmung des § 18 Abs. 1 StVZO ist als Ausnahmevorschrift im Interesse der Verkehrssicherheit eng auszulegen. Voraussetzung für ihre Anwendung ist, dass gerade die Betriebsunfähigkeit des Fahrzeugs zu einer derartigen Notmaßnahme zwingt. Neben der Notwendigkeit, betriebsunfähige Fahrzeuge möglichst schnell vom öffentlichen Verkehrsgrund zu entfernen, können auch wirtschaftliche Belange des Fahrzeughalters die für das Abschleppen gewährten Erleichterungen rechtfertigen. Dabei ist unerheblich, ob das Fahrzeug zur Instandsetzung oder Verwertung gebracht wird, soweit es nur zu einem möglichst nahe gelegenen geeigneten Bestimmungsort geschleppt wird. Ob als Ziel des Abschleppens eine besondere Fachwerkstätte in Anspruch genommen werden darf oder ob andere Werkstätten dieser Qualität näher liegen, hängt von den gegebenen Umständen, insbesondere der Art des Fahrzeugs und seines instandsetzungsbedürftigen Schadens und der Leistungsfähigkeit der Werkstätten ab.
Vgl. BayObLG, Beschluss vom 11. Juni 1991 -1 St 105/91 -, DAR 1992, 362.
Um ein solches Abschleppen im Sinne des § 18 Abs. 1 StVZO handelt es sich hier nicht. Ziel der Klägerin ist es, liegen gebliebene Busse und LKWs unabhängig von Standort, Schaden und Fahrzeugtyp abzutransportieren. Die Fahrzeuge sollen gerade nicht zum nächsten geeigneten Bestimmungsort geschleppt werden, sondern zum Betriebsstandort der Klägerin in den Niederlanden. Zu einer derartigen, allein den wirtschaftlichen Belangen der Klägerin dienenden Beförderung im Schlepp - ggf. über weite Strecken - zwingt die Betriebsunfähigkeit der Busse und LKWs in aller Regel nicht. Die beabsichtigten Fahrten sind von dem Notbehelfsgedanken des § 18 Abs. 1 StVZO nicht mehr gedeckt; sie sind grundsätzlich unzulässig (§ 33 Abs. 1 Satz 1 StVZO) und nur in Ausnahmefällen mit Genehmigung der Zulassungsbehörde erlaubt.
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c) Die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung gemäß § 33 Abs. 1 Satz 2 StVZO für das grundsätzlich unzulässige Schleppen von Bussen und LKWs ist auch nicht deshalb entbehrlich, weil es sich bei dem Bergungsfahrzeug der Klägerin und/oder den geschleppten Fahrzeugen um ausländische Fahrzeuge handelt. Nach § 18 Abs. 1 StVZO dürfen Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger auf öffentlichen Straßen nur in Betrieb gesetzt werden, wenn sie durch Erteilung einer Betriebserlaubnis und durch Zuteilung eines amtlichen Kennzeichens von der zuständigen Verwaltungsbehörde zum Verkehr zugelassen sind. Hiervon macht § 1 Abs. 1 der Verordnung über den internationalen Kraftfahrzeugverkehr vom 12. November 1934 (RGBl I S. 1137), zuletzt geändert am 20. Juli 2000 (BGBl I S. 437) - im folgenden: IntVO - eine Ausnahme für ausländische Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger. Diese sind zum vorübergehenden Verkehr auf öffentlichen Straßen im Inland zugelassen, wenn für sie von der zuständigen Stelle entweder ein internationaler Zulassungsschein oder ein ausländischer Zulassungsschein ausgestellt und im Inland kein regelmäßiger Standort begründet ist. § 1 Abs. 1 IntVO stellt im Ausland zugelassene Kraftfahrzeuge und ihre Anhänger nicht nur von den inländischen Vorschriften über das Zulassungsverfahren, sondern auch von den sachlich-rechtlichen Bestimmungen, d.h. von den Beschaffenheitsvorschriften und Ausrüstungsvorschriften des inländischen Zulassungsrechts frei. Dies ergibt sich einmal daraus, dass der Zweck des § 1 Abs. 1 IntVO, den Kraftfahrzeugverkehr auch über die Staatsgrenzen hinweg zu ermöglichen, angesichts der in den verschiedenen Rechtsordnungen geltenden unterschiedlichen Beschaffenheitsvorschriften und Ausrüstungsvorschriften gar nicht zu erreichen wäre, zum anderen auch daraus, dass § 3 IntVO die Vorschriften über Gewicht und Abmessungen (§§ 32, 34 StVZO) ausdrücklich auch auf ausländische Kraftfahrzeuge und Anhänger anwendbar erklärt; letztere Regelung setzt als selbstverständlich voraus, dass im übrigen die Beschaffenheitsvorschriften und Ausrüstungsvorschriften der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung für unter § 1 Abs. 1 IntVO fallende ausländische Kraftfahrzeuge nicht gelten.
Vgl. BayObLG München, Urteil vom 27. Juli 1977 - 1 Ob Owi 102/77 -, DAR 1978, 110, m.w.N.
Für die Klägerin bedeutet das, dass sie auf der Grundlage von § 1 Abs. 1 IntVO ihre in den Niederlanden zugelassenen Fahrzeuge (Busse, Bergungsfahrzeug) vorübergehend auch im Inland auf öffentlichen Straßen verwenden darf, ohne dass diese in Deutschland zugelassen und den Beschaffenheits- und Ausrüstungsvorschriften der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung entsprechen müssen. Aus § 1 Abs. 1 IntVO folgt jedoch nicht, dass das Schleppen liegen gebliebener Busse und LKWs im Bundesgebiet durch die Klägerin zugelassen ist und einer Ausnahmegenehmigung nicht bedarf. § 33 Abs. 1 StVZO stellt weder für das schleppende Fahrzeug noch für das geschleppte Fahrzeug sachlich-rechtliche Zulassungsvoraussetzungen auf, von denen die Vorschrift des § 1 Abs. 1 IntVO freistellt. Das schleppende Fahrzeug ist, je nach dem, ob es sich um ein in- oder ausländisches Kraftfahrzeug handelt, entweder gemäß § 18 StVZO oder gemäß § 1 Abs. 1 IntVO bereits zum (vorübergehenden) Verkehr im Inland zugelassen; ggf. bedarf es einer Ausnahmegenehmigung von den Vorschriften über Gewicht und Abmessungen nach § 70 Abs. 1 StVZO. Das geschleppte Fahrzeug wird entgegen seiner Bestimmung als Kraftfahrzeug als Anhänger verwendet. Als solcher ist das Fahrzeug nicht zum Verkehr zugelassen. Die Erteilung der für den Betrieb erforderlichen Ausnahmegenehmigung hat zur Folge, dass das geschleppte Fahrzeug als zulassungsfreier Anhänger gilt (§ 33 Abs. 2 Nr. 2 StVZO); eine Zulassung im Sinne des § 18 StVZO liegt darin nicht. Die für den genehmigten Schleppvorgang geltenden Sondervorschriften des § 33 Abs. 2 StVZO stellen keine Zulassungsvorschriften dar.
Die Freistellung vorübergehend im Inland verkehrender ausländischer Kraftfahrzeuge von den inländischen Vorschriften über das Zulassungsverfahren sowie den inländischen Beschaffenheits- und Ausrüstungsvorschriften steht der Anwendbarkeit des § 33 StVZO darüber hinaus auch deshalb nicht entgegen, weil § 1 Abs. 1 IntVO nicht die vorübergehende Benutzung eines im Ausland zugelassenen Kraftfahrzeugs als Anhänger im Inland gestattet. Gemäß § 1 Abs. 2 IntVO müssen ausländische Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger, die nach § 1 Abs. 1 IntVO mit internationalem oder ausländischem Zulassungsschein zum vorübergehenden Verkehr zugelassen sind, hinsichtlich Bau und Ausrüstung mindestens den Bestimmungen der Artikel 38 und 39 und der Anhänge 4 und 5 des Übereinkommens über den Straßenverkehr vom 8. November 1968 (BGBl. 1977 II S. 809) entsprechen. Nach Anhang 5 Abs. 2 findet der Ausdruck "Anhänger" nur auf solche Anhänger Anwendung, die dazu bestimmt sind, an ein Kraftfahrzeug angehängt zu werden. Dazu gehören Fahrzeuge, die nach ihrer Bauart zum Betrieb als Kraftfahrzeug bestimmt sind, nicht. Das schließt es aus, dass ausländische Kraftfahrzeuge gemäß § 1 Abs. 1 IntVO aufgrund eines internationalen oder ausländischen Zulassungsscheins als Anhänger zum vorübergehenden Verkehr im Inland zugelassen sind. Sie dürfen daher ebenso wenig wie inländische Fahrzeuge als Anhänger betrieben werden. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 7 Abs. 2 IntVO. Die Vorschrift regelt die Zulassung von nicht zum Verkehr zugelassenen Kraftfahrzeugen bzw. Kraftfahrzeuganhängern, die im Inland keinen regelmäßigen Standort haben und mit eigener Triebkraft bzw. hinter einem Kraftfahrzeug aus dem Geltungsbereich der Verordnung verbracht werden sollen. Kraftfahrzeuge, die als Anhänger in das Ausland geschleppt werden sollen, sind davon nicht erfasst.
Das grundsätzliche Verbot des Schleppens von Fahrzeugen gemäß § 33 StVZO gilt nach alledem für alle im Inland auf öffentlichen Straßen verkehrenden Fahrzeuge. Das entspricht auch Sinn und Zweck der Vorschrift, die den Gefahren bei der Verwendung von Kraftfahrzeugen als Anhänger entgegenwirken und damit der Erhaltung der Ordnung und Sicherheit auf den öffentlichen Verkehrsflächen dienen soll.
d) Die Bestimmung gemäß Nr. 2 des Anhangs II der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 des Rates vom 26. März 1992 über den Zugang zum Güterkraftverkehrsmarkt in der Gemeinschaft für Beförderungen aus oder nach einem Mitgliedstaat oder durch einen oder mehrere Mitgliedstaaten (VO-EWG Nr. 881/92), nach der die Beförderung von beschädigten oder reparaturbedürftigen Fahrzeugen von allen die Gemeinschaftslizenz betreffenden Regelungen und sonstigen Genehmigungspflichten befreit ist, hat nicht zur Folge, dass die Klägerin einer Ausnahmegenehmigung nach § 33 Abs. 2 StVZO nicht bedarf. Bei dem von der Klägerin beabsichtigten Schleppen defekter Busse und LKWs handelt es sich zwar um eine Beförderung im Sinne der VO-EWG Nr. 881/92. Beförderung von Gütern mit einem Kraftfahrzeug ist das Fortbewegen der Güter mit Hilfe eines Kraftfahrzeugs. Dabei ist es gleichgültig, ob die Güter auf dem Kraftfahrzeug oder einem Anhänger, der von einem Kraftfahrzeug gezogen wird, geladen sind oder ob das Kraftfahrzeug nur als Zugkraft für einen beladenen oder unbeladenen fremden Anhänger oder ein abzuschleppendes Fahrzeug benutzt wird.
Vgl. Hein/Eichhoff/Pukall/Krien, Güterkraftverkehrsrecht, 3. Band, N § 1 Nr. 1.
Soll ein beschädigtes oder reparaturbedürftiges Fahrzeug im Sinne der Nr. 2 des Anhangs II zur VO-EWG Nr. 881/92 befördert werden, spielt es keine Rolle, ob das beschädigte Fahrzeug geschleppt oder auf der Ladefläche eines LKW transportiert wird.
Vgl. zur entsprechenden Vorschrift in § 2 Abs. 1 Nr. 3 GÜKG: Lammich/Pöttinger, Gütertransportrecht, § 2 GÜKG Rn. 10.
Die Genehmigungspflicht für das Schleppen von Fahrzeugen gemäß § 33 Abs. 1 Satz 2 StVZO stellt jedoch keine die Gemeinschaftslizenz betreffende Regelung oder eine sonstige Genehmigungspflicht im Sinne des Anhangs II der VO-EWG Nr. 881/92 dar. Die Freistellung betrifft nur Bestimmungen, die den Zugang des Transportunternehmers (vgl. Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie) zum Güterkraftverkehrsmarkt regeln. Das ergibt sich aus dem Zusammenhang sowie Sinn und Zweck der Verordnung Nr. 881/92. Die Verordnung stellt gemeinsame Regeln für den Marktzugang im grenzüberschreitenden Güterkraftverkehr im Gebiet der Gemeinschaft auf. Ziel ist die Herstellung der Dienstleistungsfreiheit. Zu diesem Zweck wurden die früher bestehenden, bilateralen Fahrten-Kontingente oder Mengenbegrenzungen ebenso beseitigt wie Diskriminierungen aus Gründen der Staatsangehörigkeit oder des Betriebssitzes. Stattdessen wurde mit der Gemeinschaftslizenz eine Marktzugangsregelung eingeführt, die allein auf qualitativen Kriterien beruht, denen die Güterkraftverkehrsunternehmer genügen müssen. Der Bewerber muss in einem Mitgliedsstaat gemäß dessen Rechtsvorschriften niedergelassen und dort nach den Bestimmungen über den Zugang zum Beruf des Verkehrsunternehmers zur Durchführung von grenzüberschreitendem Güterkraftverkehr berechtigt sein (Art. 3 Abs. 2 VO-EWG Nr. 881/92). Voraussetzung für die Erteilung der Gemeinschaftslizenz und damit für den Marktzugang ist demnach die Erfüllung der subjektiven Bedingungen für den Berufszugang.
Vgl. Hein/Eichhoff/Pukall/Krien, a.a.O., T 215 Art. 3.
Die Freistellung von den die Gemeinschaftslizenz betreffenden Regelungen und sonstige Genehmigungspflichten bedeutet mithin, dass für die in Anhang II genannten, verkehrswirtschaftlich unbedeutenden Beförderungen die Berufszugangsvoraussetzungen nicht erfüllt sein müssen. Um eine solche Marktzugangsregelung, von der Beförderungen beschädigter oder reparaturbedürftiger Fahrzeuge befreit sind, handelt es sich bei § 33 StVZO ersichtlich nicht. Die Vorschrift schafft keine zusätzliche Voraussetzung für die Zulassung zum grenzüberschreitenden Güterkraftverkehr, sondern beschränkt die Ausübung der Tätigkeit, indem sie regelt, ob und wie im Einzelfall die Beförderung eines defekten Fahrzeugs durchgeführt werden kann. Der freie Dienstleistungsverkehr im Gebiet der Gemeinschaft bleibt unberührt. Die Klägerin ist nicht gehindert, auch im Bundesgebiet mit ihrem Bergungsfahrzeug beschädigte oder reparaturbedürftige Fahrzeuge zu befördern.
e) Nach § 33 Abs. 1 Satz 2 StVZO steht der zuständigen Behörde bei der Erteilung der Ausnahmegenehmigung ein Ermessen zu. Die Ermessensentscheidung des Beklagten kann das Gericht nur eingeschränkt daraufhin überprüfen, ob er die gesetzlichen Grenzen seines Ermessens überschritten hat oder ob er von seinem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (§ 114 VwGO).
Bei der Entscheidung, ob das Schleppen von Fahrzeugen gemäß § 33 Abs. 1 Satz 2 StVZO gestattet werden kann, ist zu beachten, dass das Merkmal der Ausnahmesituation nicht als eigenständige Tatbestandsvoraussetzung verselbstständigt, sondern Bestandteil der der Behörde obliegenden Ermessensentscheidung ist.
Vgl. zu § 70 StVZO: BVerwG, Urteil vom 21. Februar 2002 - 3 C 33/01 - NZV 2002, 426; Urteil des Senats vom 12. Mai 2000 - 8 A 2698/99 - NZV 2000, 514.
Die im Einzelfall mögliche Ausnahme vom Verbot des Schleppens durch eine behördliche Ermessensentscheidung hat sich ferner an den Zielen des § 33 Abs. 1 Satz 1 StVZO sowie an den Zwecksetzungen der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage in § 6 Abs. 1 Nr. 2 StVG zu orientieren,
vgl. Beschluss des Senats vom 9. Juli 2003 - 8 B 1362/03 -; VGH München, Urteil vom 10. Februar 1992 - 11 B 91. 552 -, VRS 84, 65,
d.h. in erster Linie an der Erhaltung der Sicherheit und Ordnung auf den öffentlichen Straßen.
Nach diesen Maßstäben ist die Versagung der am 18. Februar 2001 beantragten Ausnahmegenehmigung zum Schleppen von liegen gebliebenen Bussen und LKWs für den Bereich der Bundesrepublik Deutschland rechtlich nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat seiner Entscheidung den Erlass des Ministeriums für Wirtschaft und Mittelstand, Energie und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen vom 10. Oktober 2000 - VI B 2-21-31/02-22-15a - zu Ausnahmegenehmigungen für das Abschleppen und Schleppen von Fahrzeugen nach § 15 a StVO und § 33 Abs. 1 StVZO zugrunde gelegt. Danach ist bei der Genehmigung von Ausnahmen nach § 33 Abs. 1 Satz 2 StVZO) ein strenger Maßstab anzulegen. Dauerausnahmegenehmigungen werden nur in besonders begründeten Fällen erteilt. Der örtliche Bereich ist auf Nordrhein-Westfalen und der Schleppvorgang auf 100 km zu beschränken. Dies gilt auch für Abschleppfahrzeuge der "neueren Generation" sowie für Schleppvorgänge ausländischer Unternehmen. Diese Erwägungen sind im wesentlichen nicht zu beanstanden. Allerdings bestehen erhebliche Bedenken gegen eine örtliche Begrenzung der Ausnahmegenehmigung auf Nordrhein-Westfalen; hierauf kommt es jedoch im vorliegenden Zusammenhang nicht an.
Das Schleppverbot gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 StVZO soll den besonderen Gefahren bei dem Betrieb von Kraftfahrzeugen als Anhänger begegnen. Bei der hier in Rede stehenden Fahrzeugkombination wird das geschleppte Kraftfahrzeug als Anhänger verwendet, obwohl es nicht als Anhänger gebaut ist. Fahrzeuge, die zum Betrieb als Kraftfahrzeug bestimmt sind, haben keine Betriebserlaubnis oder EG-Typgenehmigung als Anhänger und entsprechen folglich nicht den in der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung und sonstigen Vorschriften geregelten Anforderungen an Ausrüstung und Beschaffenheit eines Anhängers (§ 19 StVZO). Das Fahr- und Bremsverhalten in der Kombination ist bei einem Schleppvorgang - anders als bei normalen Zugkombinationen - folglich nicht bekannt. Das gilt typischerweise dann, wenn, wie hier, eine die Besonderheiten des einzelnen Schleppvorgangs nicht berücksichtigende Dauerausnahmegenehmigung erteilt werden soll. Eine solche Genehmigung erstreckt sich grundsätzlich auf alle Bus- und LKW-Typen, erfasst also sowohl zwei-, drei- und vierachsige Busse als auch LKWs mit Anhänger. Weder die Länge noch das Gewicht des zu schleppenden Fahrzeugs ist vorher definiert. Entsprechend unterschiedlich ist die Gesamtlänge der Zugkombination und damit auch das Brems- und Fahrverhalten bei jedem einzelnen Schleppvorgang. Die Achsen verschieben sich je nach Fahrzeugtyp und -länge, wie Dipl.-Ing. L. vom Ministerium für Verkehr, Energie und Landesplanung Nordrhein-Westfalen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat im Einzelnen näher erläutert hat. Die Verkehrssicherheit einer unbestimmten Schleppkombination steht regelmäßig nicht fest mit der Folge, dass das Schleppen in dem typischen Fall, welcher dem generellen Verbot nach § 33 Abs. 1 Satz 1 StVZO zugrunde liegt, eine erhebliche Gefährdung des allgemeinen Verkehrs mit sich bringt. Die Sicherheitsbedenken gelten im Hinblick auf die Vielzahl der möglichen Fahrzeugkombinationen erst recht bei der Erteilung einer Dauerausnahmegenehmigung. Etwas anderes ergibt sich jedenfalls bei einer solchen Dauergenehmigung auch nicht aus der Verwendung spezieller Abschleppfahrzeuge. Zwar mag ein Gespann aus Abschleppfahrzeug und beschädigtem Fahrzeug im Einzelfall sowohl von der Länge als auch vom Fahrverhalten her mit herkömmlichen LKW-Zügen oder Sattelkraftfahrzeugen vergleichbar sein, wie die Klägerin unter Bezugnahme auf das von ihr vorgelegte Gutachten des TÜV S.-Q. vom ... Januar 1998 vorgetragen hat. Abgesehen davon, dass diesem Gutachten ein anderes Abschleppfahrzeug sowie eine bestimmte, genau definierte Zugkombination von einer Gesamtlänge unter 18 m zugrunde lag, verändert sich im Gegensatz zu normalen Zugkombinationen bei nahezu jeder Schleppkombination sowohl die Gesamtlänge als auch das Brems- und Fahrverhalten, so dass die Verkehrssicherheit beim einzelnen Schleppvorgang nicht hinreichend sicher feststeht.
Das öffentliche Interesse an der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs rechtfertigt grundsätzlich die im Erlass des Ministeriums für Wirtschaft und Mittelstand, Energie und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen vom 10. Oktober 2000 vorgesehene Beschränkung des Schleppvorgangs auf eine Entfernung von 100 km. Es liegt auf der Hand, dass die Gefahren beim Schleppen von Fahrzeugen umso größer sind, je länger die Schleppfahrt dauert.
Unter diesem Gesichtspunkt bestehen allerdings erhebliche Zweifel, ob die im Erlass vorgesehene zusätzliche Eingrenzung des örtlichen Geltungsbereichs der Ausnahmegenehmigung auf das Land Nordrhein-Westfalen - bzw. auf die in dem neuen Erlass vom 14. April 2003 genannten Bundesländer - ermessensfehlerfrei ist. Den Verkehrssicherheitszwecken wird mit der Beschränkung des Schleppvorgangs auf eine bestimmte Distanz hinreichend Rechnung getragen. Sollte mit der Begrenzung auf Nordrhein-Westfalen der Ausschluss ausländischer Abschleppunternehmer oder solcher aus anderen Bundesländern beabsichtigt sein, wäre dies vom Zweck des § 33 StVZO nicht gedeckt. Auch die Tatsache, dass für die Erteilung von Ausnahmegenehmigungen gemäß § 68 StVZO Landesbehörden zuständig sind, rechtfertigt nicht die Beschränkung des Geltungsbereichs der Genehmigung auf das jeweilige Bundesland. Bei der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung handelt es sich um eine Bundesverordnung, die bundesweit gilt und durch die Länder ausgeführt wird. Sie verleiht den auf ihr beruhenden Verwaltungsakten Geltung im gesamten Bundesgebiet.
Vgl. näher Seibert, Die Bindungswirkung von Verwaltungsakten, 1989, S. 274 f. m.w.N.
Dementsprechend stellt § 68 Abs. 2 Satz 3 StVZO ausdrücklich klar, dass die Verfügungen der nach § 68 Abs. 2 Sätze 1 und 2 StVZO örtlich zuständigen Behörde im (gesamten) Inland wirksam sind. Auf die vorstehenden Erwägungen kommt es hier im Ergebnis jedoch nicht an. Der Erlass unterliegt unter Berücksichtigung der mit dem Schleppen verbundenen Gefahren jedenfalls insoweit keinen rechtlichen Bedenken, als darin eine Entfernungsbeschränkung des Schleppvorgangs auf 100 km vorgesehen ist. Auf diese generelle Begrenzung hat der Beklagte seine Entscheidung, die von der Klägerin begehrte Dauerausnahmegenehmigung für unbegrenzte Schleppfahrten durch das gesamte Bundesgebiet zu versagen, selbstständig tragend gestützt.
Zu Recht hat der Beklagte bei seiner Ermessensentscheidung ferner auf den abzuschleppenden Fahrzeugtyp sowie auf die Häufigkeit der Schleppvorgänge abgestellt. Busse stellen - ebenso wie LKWs - allein wegen ihres erheblichen Gewichts eine erhöhte Gefährdung des Verkehrs dar, wenn sie abgeschleppt werden. Besondere Gefahren ergeben sich überdies daraus, dass die in Rede stehenden, von einer Dauerausnahmegenehmigung umfassten, Schleppkombinationen üblicherweise länger als 18 m sind. Die höchstzulässige Länge bei Zügen bzw. bei Zügen, die aus einem LKW und einem Anhänger zur Güterbeförderung bestehen, beträgt 18, 00 m bzw. 18,75 m (§ 32 Abs. 4 Nr. 3 und 4 StVZO). Dass der Beklagte die Betriebsunfähigkeit der abgeschleppten Busse in seine Abwägung eingestellt hat, lässt ebenfalls keine Rechtsfehler erkennen. Betriebsunfähige Fahrzeuge sollen mit Rücksicht auf die Verkehrssicherheit möglichst schnell aus dem Verkehr gezogen werden. Das Befördern eines betriebsunfähigen Kraftfahrzeugs ist daher gemäß § 18 Abs. 1 StVZO grundsätzlich nur bis zum nächsten geeigneten Bestimmungsort zulässig, wenn und soweit die Betriebsunfähigkeit des Fahrzeugs zu einer derartigen Maßnahme zwingt.
Vgl. BGH, Beschluss vom 27. August 1969 - 4 StR 192/69 -, a.a.O.
Diese Erwägungen sind grundsätzlich auch auf den Fall übertragbar, dass ein betriebsunfähiges Fahrzeug gemäß § 33 StVZO geschleppt wird. Bedenken gegen die Betriebssicherheit eines Kraftfahrzeugs, das als Anhänger betrieben werden soll, bestehen erst recht, wenn das betreffende Fahrzeug wegen technischer Mängel oder eines Schadens nicht mehr in Betrieb gesetzt werden kann. Gerade bei Erteilung einer Dauerausnahmegenehmigung ist die gesamte Bandbreite möglicher Schäden und ihrer im Einzelfall nicht bekannten Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit in Rechnung zu stellen. Vor diesem Hintergrund musste der Senat dem hilfsweise gestellten Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Bestätigung des Vorbringens, dass das streitgegenständliche Schleppgespann nicht dadurch an Verkehrssicherheit einbüßt, dass auch verkehrsübliche Zwei-, Drei- und Vierachsbusse oder vergleichbare Fahrzeuge mit ihm geschleppt werden, nicht nachgehen. Diese Feststellung kann ein Sachverständiger ohne hinreichende Substantiierung des Beweisthemas in Anbetracht der nahezu unbegrenzten Zahl möglicher Schäden beim geschleppten Fahrzeug nicht treffen. Es ist bereits nicht möglich, ihm die tatsächlichen Grundlagen zu verschaffen, deren er für sein Gutachten bedarf. Ferner steht außer Frage, dass es Schadensbilder gibt, wie etwa bestimmte Defekte an der Bremsanlage des geschleppten Fahrzeugs, die kein verkehrssicheres Schleppen in dem von der Klägerin beschriebenen Sinne erlauben. Wenn im Einzelfall die Verkehrssicherheit einer konkreten Schleppkombination mit einem genau definierten Schadensbild nachgewiesen ist oder sonst feststeht, kann hierfür die Erteilung einer Einzelausnahmegenehmigung beantragt werden. Demgegenüber liegt die bei Erteilung einer Dauerausnahmegenehmigung zu beachtende typische Gefahr, die sich aus dem unbekannten Brems- und Fahrverhalten der Schleppkombination in Verbindung mit unzähligen möglichen Schadensbildern ergibt, gerade darin, dass sie nicht im Vorhinein ausgeschlossen werden kann.
Die mit dem Schleppen von Bussen und LKWs verbundenen Gefahren rechtfertigen die Versagung der beantragten Ausnahmegenehmigung für Schleppfahrten durch das gesamte Bundesgebiet. Die Klägerin wird in ihrer Dienstleistungsfreiheit nach Art. 49 EG nicht dadurch verletzt, dass, wie sie vorträgt, Genehmigungspflichten für vergleichbare Transporte deutscher Transportunternehmer in den Niederlanden nicht bestehen. Die Dienstleistungsfreiheit garantiert nicht die gleichen Bedingungen in allen Mitgliedstaaten der Gemeinschaft. Sie schützt lediglich vor unmittelbaren und mittelbaren Diskriminierungen des Leistungserbringers aufgrund seiner Staatsangehörigkeit oder des Umstands, dass er in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen ansässig ist, in dem die Dienstleistung erbracht wird.
Vgl. EuGH, Urteil vom 17. Dezember 1981 - 279/80 -, Sammlung der Rechtsprechung 1981 S. 3305; BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2001 - 5 C 13/01 -, juris.
Das Erfordernis einer Ausnahmegenehmigung für das Schleppen von Fahrzeugen gemäß § 33 StVZO enthält aber keine solche Diskriminierung, da es In- und Ausländer nicht unterschiedlich behandelt und weder bezweckt noch bewirkt, dem nationalen Markt einen Vorteil gegenüber den Dienstleistenden aus anderen Mitgliedstaaten zu verschaffen.
Vgl. Kort, Schranken der Dienstleistungsfreiheit im europäischen Recht, JZ 1996, 132 (135) m.w.N.
Art. 49 EG verbietet allerdings nicht nur diskriminierende Ungleichbehandlungen, sondern auch sonstige Beschränkungen, die sich aus der unterschiedslosen Behandlung von in- und ausländischen Dienstleistungserbringern ergeben. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn eine Maßnahme unterschiedliche Auswirkungen auf in- und ausländische Dienstleistungen hat.
Vgl. Pache, in: Ehlers, EuGRZ, 2003, § 11 Rn. 49; Hakenberg, Grundzüge des Europäischen Gemeinschaftsrechts, 2. Aufl., 5. Teil, II, Nr. 3; Kort, a.a.O., S. 136.
Hindernisse für die Dienstleistungsfreiheit, die sich aus unterschiedslos anwendbaren nationalen Maßnahmen ergeben, sind nur dann zulässig, wenn diese Maßnahmen durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind, wenn sie geeignet sind, die Verwirklichung des mit ihnen angestrebten Zieles zu gewährleisten, und wenn sie nicht über das hierfür Erforderliche hinausgehen.
Vgl. etwa Müller-Graff, in: Streinz, EuV/EGV, Art. 49 EVG, Rdnr. 106 ff.; Holoubek, in: Schwarze, EU-Kommentar, Art. 49 EGV, Rdnr. 99 ff.; Randelzhofer/Forsthoff, in: Grabitz/Hilf, Art. 49/50 EGV Rdnr. 88 ff. (Stand: Mai 2001) jeweils m.w.N.
Ob das regelmäßige Verbot des Schleppens im Bundesgebiet eine solche Beschränkung der Klägerin in ihrer Dienstleistungsfreiheit darstellt oder ob es in- und ausländische Abschleppunternehmen rechtlich wie tatsächlich in der gleichen Weise berührt, kann der Senat offen lassen. Das Schleppverbot gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 StVZO ist jedenfalls durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt. Die Sicherheit des Straßenverkehrs, der die Bestimmung des § 33 Abs. 1 Satz 1 StVZO dient, ist ein zwingendes Erfordernis, das Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit ausnahmsweise erlaubt.
Vgl. EuGH, Rs. C-55/98, Van Schaik, Slg. 1994, I-4837 Rn. 19; Rs. C-451/99, Cura/ASL, Slg. 2002, I-3193 Rn. 59; Hakenberg, a.a.O. , 5. Teil , II, Nr. 3 b, bb.
Zur Verwirklichung dieses Zwecks ist das regelmäßige Verbot des Schleppens gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 StVZO mit der Möglichkeit der Erteilung von Einzel- und Dauerausnahmegenehmigungen nach Maßgabe des Erlasses des Ministeriums für Wirtschaft und Mittelstand, Energie und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen vom 10. Oktober 2000 geeignet und erforderlich. Die Beschränkung des Schleppvorgangs auf 100 km bei der Erteilung von Ausnahmegenehmigungen trägt dem Interesse der Verkehrssicherheit Rechnung und gewährleistet, dass das Schleppen von Fahrzeugen im Bundesgebiet begrenzt auf einen bestimmten Radius möglich bleibt.
Ungeachtet der Frage, ob der Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG auch Bürger der Europäischen Union erfasst, oder ob der Schutz der Berufsfreiheit von EU-Bürgern durch Art. 2 Abs. 1 GG zu gewähren ist,
vgl. Wieland, in: Dreier, Grundgesetz, Art. 12 Rn. 66,
wird die Klägerin durch die Versagung einer Ausnahmegenehmigung für das Schleppen im gesamten Bundesgebiet in ihrem Recht auf Berufsfreiheit nicht in unzumutbarer Weise eingeschränkt. Die Maßnahme beeinträchtigt die Klägerin nur mittelbar in ihrer Berufsausübung. Auch unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Interessen der Klägerin erweist sich die Versagung der beantragten Genehmigung als verhältnismäßig. Die getroffenen Investitionen gehen nicht ins Leere. Die Klägerin kann ihr Bergungsfahrzeug weiterhin unbeschränkt in den Niederlanden einsetzen und darüber hinaus, wenn auch auf eine maximale Entfernung von 100 km beschränkt, im Inland tätig werden. Die Zahl der Schleppvorgänge ist unbegrenzt. Eine entsprechende Genehmigung wurde der Klägerin unter dem 22. Mai 2001 für die Dauer eines Jahres erteilt. Von einer Verweigerung jeglicher Ausnahmegenehmigung kann daher keine Rede sein.
Das Grundrecht aus Art. 14 GG ist nicht als Prüfungsmaßstab heranzuziehen. Dabei kann offen bleiben, ob sich die Klägerin als ausländische juristische Person überhaupt auf die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG berufen kann (vgl. Art. 19 Abs. 3 GG).
Vgl. Depenheuer, in: von Mangoldt/Klein/Starck, Bonner Grundgesetz, 4. Aufl., Art. 14 Rn. 191, m.w.N.
Denn der Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG erstreckt sich nur auf den konkreten Bestand an Rechten und Gütern, nicht auf bloße Erwerbschancen. Die Versagung der Ausnahmegenehmigung nach § 33 Abs. 1 Satz 2 StVZO betrifft nicht das Eigentum der Klägerin an dem zu ihrem Betrieb gehörenden Bergungsfahrzeug, sondern allein die Auslastungschancen ihres Abschleppwagens. Darin liegt keine Regelung, die in die Substanz des Betriebs eingreift, zumal das Fahrzeug weiter im In- und Ausland eingesetzt werden kann.
Auf Vertrauensschutz kann sich die Klägerin nicht berufen. Vertrauensschutz setzt eine zugunsten eines einzelnen bestehende Rechtsposition voraus, auf deren Bestand der Betroffene schutzwürdig vertraut und sich einrichtet. Es muss daher von der Behörde ein Tatbestand geschaffen worden sein, aufgrund dessen die Klägerin erwarten konnte, dass ihr weitere Dauerausnahmegenehmigungen für den unbegrenzten Schleppverkehr im gesamten Bundesgebiet erteilt werden. Das ist - auch unter Berücksichtigung des langen Zeitraums, in dem die Klägerin Fahrzeuge aus dem Bundesgebiet in die Niederlande schleppt - fraglich, weil die Ausnahmegenehmigungen jeweils zeitlich befristet erteilt wurden. Darüber hinaus ist im Hinblick auf den Einsatz des Bergungsfahrzeugs in den Niederlanden zweifelhaft, ob die Klägerin das Fahrzeug ausschließlich deshalb angeschafft hat, weil sie auf die Erteilung weiterer Schleppgenehmigungen für das Bundesgebiet vertraut hat. Das kann jedoch dahinstehen. Ein an frühere Ausnahmegenehmigungen anknüpfender Vertrauensschutz kann sich nur auf die Fortsetzung der bisherigen Genehmigungspraxis richten. Danach galt die Ausnahmegenehmigung zwar innerhalb des gesamten Bundesgebiets. Die Rückführung defekter Busse und LKWs der Fabrikate DAF und Scania war gemäß der damit verbundenen Auflage jedoch nur erlaubt, soweit nicht in Deutschland eine vom Ort des Schleppens näher gelegene Werkstatt vorhanden ist, die in der Lage ist, die erforderliche Reparatur durchzuführen. Das wird in Anbetracht der Infrastruktur, Anzahl und Qualität der Fachwerkstätten im Bundesgebiet die Regel sein. Auch markenungebundene Werkstätten sind regelmäßig in der Lage, eine Reparatur durchzuführen. Die von der Klägerin offenbar geübte Praxis, liegen gebliebene Fahrzeuge unabhängig von den konkreten Umständen an ihren Betriebsstandort in den Niederlanden zu schleppen, war hiernach auch von den bisher erteilten Ausnahmegenehmigungen nicht gedeckt.
3. Der Hilfsantrag ist ebenfalls unbegründet. Nach den obigen Ausführungen bedarf auch ein niederländisches Unternehmen wie die Klägerin einer Erlaubnis für das Schleppen von Fahrzeugen gemäß § 33 Abs.1 Satz 2 StVZO.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision ist zuzulassen. Die Konkretisierung der näheren Voraussetzungen des § 33 StVZO unter Berücksichtigung des Europarechts ist über den vorliegenden Fall hinaus von grundsätzlicher Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).