Das Verkehrslexikon

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Verwaltungsgericht Aachen Urteil vom 09.08.2011 - 2 K 604/08 - Zur Ausnahmegenehmigung zum Schleppen von Kraftfahrzeugen

VG Aachen v. 09.08.2011: Zur Ausnahmegenehmigung zum Schleppen von Kraftfahrzeugen


Das Verwaltungsgericht Aachen (Urteil vom 09.08.2011 - 2 K 604/08) hat entschieden:
Das Schleppen, das heißt das Ziehen eines betriebsunfähigen oder betriebsfähigen Kraftfahrzeugs, ist grundsätzlich nach § 33 Abs. 1 Satz 1 StVZO verboten. Das Verbringen eines Kfz zu einem ausländischen Standort ist kein erlaubnisfreies Abschleppen. Die Begrenzung einer Schleppgenehmigung auf maximal 100 km ist zulässig.


Siehe auch Schleppen und Abschleppen von Fahrzeugen und Güterkraftverkehr


Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zum Schleppen von Kraftfahrzeugen gemäß § 33 der Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) ohne Beschränkung des Schleppvorgangs auf eine Entfernung von 100 km und auf vier Bundesländer. Er betreibt u.a. einen internationalen Transport- und Abschleppdienst mit Sitz in L. -F. / Belgien und schleppt defekte, im Bundesgebiet liegengebliebene Busse und LKW in ihre belgischen Heimatstandorte. Seinen Angaben zufolge ist er in der Transport- und Logistikbranche der erste Ansprechpartner für diese Abschleppdienste und hat dazu in entsprechende (Spezial-)Abschleppfahrzeuge investiert. Bis zum letzten Quartal 2002 verfügte der Kläger dazu über eine unbeschränkte Ausnahmegenehmigung für das gesamte Bundesgebiet (Genehmigung vom 15. Oktober 2001 - gültig bis 14. Oktober 2002 -). Unter dem 22. Februar 2006 erteilte die Beklagte dem Kläger erstmalig eine auf das Gebiet des Landes Nordrhein-Westfalen und auf eine Entfernung von 100 km beschränkte Schleppgenehmigung (gültig bis 25. Februar 2007). Den dagegen erhobenen Widerspruch wies die Bezirksregierung Köln mit Widerspruchsbescheid vom 14. Februar 2008 zurück.

Der Kläger beantragte unter dem 8. Februar 2008 erneut eine Ausnahmegenehmigung zum Schleppen von Kraftfahrzeugen. Mit Bescheid vom 20. Februar 2008 erteilte die Beklagte dem Kläger eine bis zum 25. Februar 2011 gültige Ausnahmegenehmigung unter Widerrufsvorbehalt zum Schleppen von Kraftfahrzeugen für ein näher bezeichnetes Abschleppfahrzeug beschränkt auf Schleppvorgänge von 100 km und auf die Länder Nordrhein-Westfalen, Hessen, Rheinland-Pfalz und Niedersachsen.

Der Kläger hat am 20. März 2008 Klage erhoben und ausgeführt, dass die Beschränkung auf Abschleppvorgänge bis zu 100 km und in bestimmten Bundesländern nicht rechtmäßig sei. Zwar stehe die Erteilung der Ausnahmegenehmigung im Ermessen der Beklagten, jedoch könne sie sich nicht auf eine Ermessensbindung durch den zugrundegelegten Erlass des Ministeriums für Verkehr, Energie und Landesplanung des Landes Nordrhein-Westfalens vom 14. April 2003 stützen. Es handele sich insoweit lediglich um einen Runderlass, welcher die Behörde gerade nicht davon entbinde, ihr Ermessen auszuüben. Der Beklagte habe jedoch selbst gar kein Ermessen ausgeübt. Im Übrigen verstoße die Beschränkung der Ausnahmegenehmigung gegen die durch Art. 49 des EG-Vertrages (EG) garantierte Dienstleistungsfreiheit. Die Genehmigungspraxis in den Bundesländern sei unterschiedlich. So erteile z. B. das Land Rheinland-Pfalz Ausnahmegenehmigungen für das gesamte Bundesgebiet und ohne eine Entfernungsbegrenzung, wie ein ihm vorliegender Bescheid aus diesem Bundesland vom 30. August 2007 - gerichtet an einen anderen Unternehmer - belege. Ein deutscher Abschleppunternehmer aus einem anderen Bundesland könne dort eine unbeschränkte Ausnahmegenehmigung erlangen. Auf diese Weise werde die durch Art. 49 EG geschützte Dienstleistungsfreiheit verletzt. Als in Belgien ansässiger Unternehmer könne er seine Ausnahmegenehmigung nur in Nordrhein-Westfalen beantragen und werde diskriminiert, weil es seinen Mitbewerbern aus anderen Bundesländern erlaubt sei, belgische LKW oder Busse unbegrenzt abzuschleppen. Die rechtliche Prüfung müsse sich selbstverständlich auf das gesamte Bundesgebiet beziehen und nicht nur auf das Land Nordrhein-Westfalen, da es sich vorliegend nicht um die Anwendung von Landesrecht handele. Ferner liege auch ein Verstoß gegen Art. 12 des Grundgesetzes (GG) vor, da ein EU-Bürger sich diesbezüglich im Inland ebenfalls auf dieses Grundrecht berufen könne. Die Unternehmen, die über eine unbegrenzte Ausnahmegenehmigung verfügen, hätten darüber hinaus einen enormen Wettbewerbsvorteil ihm gegenüber, da sie in der Regel wesentlich günstiger Angebote erstellen könnten. Die Beschränkung der Abschleppgenehmigung führe dazu, dass in Fällen, in denen ein belgischer Transportunternehmer sein in Deutschland gestrandetes Fahrzeug nur in Belgien reparieren lassen wolle, entweder lediglich ein deutscher Mitbewerber z.B. aus Rheinland-Pfalz den gesamten Abschleppvorgang durchführen könne oder dass er - der Kläger - das Fahrzeug in den genannten Bundesländern lediglich 100 km weit abschleppen könne und dann ein anderer Unternehmer das defekte Fahrzeug übernehmen müsse und nach Belgien bringen könne. Derartige Staffelfahrten seien jedoch logistisch und finanziell sehr aufwändig. Deshalb hätten Unternehmer mit einer unbeschränkten, bundesweit geltenden Ausnahmegenehmigung in gewisser Weise eine Art Monopolstellung. Schließlich sei die Beschränkung des Abschleppvorganges auf bestimmte Bundesländer und Fahrtstrecken auch nicht aus Gründen der Verkehrssicherheit gerechtfertigt. Vielmehr könne eine derartige Beschränkung zu den genannten Staffelfahrten führen, durch die die Sicherheit des Straßenverkehrs sogar gefährdet werde. Das Ab- und Aufladen eines geschleppten Fahrzeugs von einem LKW auf den anderen jeweils nach 100 km beeinträchtige die Sicherheit des Straßenverkehrs und diene entgegen der Auffassung der Beklagten nicht zu deren Schutz.

Die Beklagte hat dem Kläger nach Ablauf der bisher streitgegenständlichen Ausnahmegenehmigung auf seinen Antrag am 19. April 2011 eine bis zum 13. April 2014 geltende gleichlautende Ausnahmegenehmigung erteilt.

Der Kläger beantragt nunmehr,
die Beklagte unter - teilweiser - Aufhebung der Ausnahmegenehmigung vom 19. April 2011 zu verpflichten, ihm eine Ausnahmegenehmigung zum Schleppen von Kraftfahrzeugen ohne Beschränkung der Fahrtstrecke auf eine Entfernung von 100 km und auf bestimmte Bundesländer zu erteilen,

hilfsweise den Antrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zum Schleppen von Kraftfahrzeugen ohne Beschränkung der Fahrtstrecke auf eine Entfernung von 100 km und auf bestimmte Bundesländer unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die durch Art. 49 EG garantierte Dienstleistungsfreiheit finde vorliegend keine Anwendung, da insoweit die Bereichsausnahme des Art. 51 Abs. 1 EG greife, der Dienstleistungen auf dem Gebiet des Verkehrs ausdrücklich ausklammere und den Sonderregelung der Art. 70 ff EG unterstelle. Vorliegend handele es sich beim Transport von Kraftfahrzeugen insoweit um eine entsprechende Dienstleistung im Bereich des Verkehrs. Der Abschleppvorgang wirke sich letztlich faktisch genauso auf den Straßenverkehr aus wie ein Frachtguttransport (Art. 80 EG). Darüber hinaus fehle es selbst bei einer Anwendbarkeit des Art. 49 EG an einer rechtserheblichen Benachteiligung des Klägers gegenüber anderen inländischen Wirtschaftsteilnehmern. Die modifizierende Gewährung der Schleppgenehmigung in Nordrhein-Westfalen stelle insofern keine Beeinträchtigung dar, da die Erlassregelung für alle Wirtschaftsteilnehmer in Nordrhein-Westfalen gleichermaßen gelte. Selbst wenn von einem Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit auszugehen sei, wäre dieser jedoch aus zwingenden Gründen des Allgemeinwohls, insbesondere im Hinblick auf die entgegenstehenden Grundrechte anderer Verkehrsteilnehmer sowie zum Schutz der Sicherheit des Straßenverkehrs gerechtfertigt. Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung sei die Sicherheit des Straßenverkehrs, der die Bestimmung des § 33 Abs. 1 Satz 1 StVZO diene, ein zwingendes Erfordernis, das Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit ausnahmsweise erlaube. Die Beschränkung des Schleppvorganges auf 100 km trage dem Interesse der Verkehrssicherheit Rechnung und gewährleiste, dass das Schleppen von Fahrzeugen im Bundesgebiet begrenzt auf einen bestimmten Radius möglich bleibe.

Die Kammer hat am 29. Juni 2010 eine mündliche Verhandlung durchgeführt und zur weiteren Sachverhaltsaufklärung Auskünfte des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung vom 16. September 2010 und des Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen vom 20. Oktober 2010 eingeholt. Wegen des Inhalts wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung und die jeweiligen Auskunftsschreiben Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgangs Bezug genommen.


Entscheidungsgründe:

Die Entscheidung kann ohne mündliche Verhandlung ergehen, da die Beteiligten auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet haben, § 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Die Klage ist als Verpflichtungsklage zulässig, da der Kläger eine unbeschränkte Ausnahmegenehmigung begehrt und es sich bei den streitgegenständlichen Beschränkungen um räumliche Inhaltsbestimmungen der Ausnahmegenehmigung und nicht um selbständig anfechtbare Auflagen i.S. des § 36 Abs. 2 Nr. 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) handelt,
vgl. dazu Stelkens in Stelkens/Bonk, Verwaltungsverfahrensgesetz, 7. Auflg. 2008, § 36 Rz. 93 ff. (Inhaltsbestimmung), 82 ff. (Auflage), 95, 54ff, 52 (Rechtsschutz), jeweils m.w. Nw.
Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

Die Ausnahmegenehmigung vom 19. April 2011 ist, soweit diese eine räumliche Beschränkung auf die Bundesländer Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Hessen und Niedersachsen enthält, rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 und 5 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Der Kläger hat nach der hier maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung einen Anspruch auf Erteilung einer bundesweit gültigen Ausnahmegenehmigung zum Schleppen von Kraftfahrzeugen; er hat jedoch keinen Anspruch auf eine Ausnahmegenehmigung ohne Beschränkung des Schleppvorgangs auf eine Entfernung von 100 Kilometer. Insoweit besteht auch kein Anspruch auf Neubescheidung seines Antrages unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts, § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO.

Rechtsgrundlage für die begehrte Ausnahmegenehmigung ist § 33 Abs. 1 der Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO). Danach dürfen Fahrzeuge, die nach ihrer Bauart zum Betrieb als Kraftfahrzeug bestimmt sind, nicht als Anhänger betrieben werden. Gemäß Satz 2 der Vorschrift können die Verwaltungsbehörden (Zulassungsbehörden) in Einzelfällen Ausnahmen genehmigen.

Die Beklagte ist für die Erteilung der begehrten Ausnahmegenehmigung sachlich und örtlich zuständig. Maßgeblich ist insoweit die Vorschrift des § 70 Abs. 1 Nr. 2 StVZO, der nach seiner Änderung (zum 1. März 2007 mit VO vom 25. April 2006, BGBl I, 988), nunmehr u.a. für Ausnahmegenehmigungen nach § 33 Abs. 1 Satz 2 StVZO ausschließlich die Zuständigkeit der obersten Landesbehörden oder der von ihnen bestimmten oder nach Landesrecht zuständigen Stellen vorsieht und im Falle von erheblichen Auswirkungen der Ausnahmen auf das Gebiet anderer Länder ein Einvernehmen mit den zuständigen Behörden dieser Länder fordert,
vgl. noch zu § 70 Abs. 1 Nr.2 StVZO a.F. und der daraus folgenden Zuständigkeit des Bundesverkehrsministeriums: Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 14. April 2005 - 3 C 3/04 -, juris, welches u.a. Anlass für die Gesetzesänderung war - vgl. Begründung des Bundesrates zu § 70 Abs. 1 Nr. 2 - abgedruckt in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 41. Auflage 2011, zu § 70 StVZO.
Die sachliche Zuständigkeit der Beklagten als Kreisordnungsbehörde ergibt sich danach aus § 70 Abs. 1 Nr. 2 StVZO i.V.m. § 2 Nr. 1 der Verordnung über die Bestimmung der zuständigen Behörden nach der Straßenverkehrszulassungsordnung vom 6. Januar 1999 (ZustVO StVZO) und ist auch zwischen den Beteiligten nicht mehr streitig. Für die örtliche Zuständigkeit der Beklagten ist im Hinblick auf den Wohnsitz des Klägers und Sitz seines Betriebes in L. -F. , Belgien, unter Heranziehung des § 3 Abs. 1 Nr. 4 VwVfG NRW maßgeblich der gewöhnliche Grenzübertritt des Schleppfahrzeuges, vgl. dazu Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil vom 3. Dezember 2003 - 8 A 1793/03 -, Rz. 29 f., juris. Dieser liegt hier im Zuständigkeitsbereich der Beklagten.

Der Kläger bedarf für den von ihm betriebenen Rücktransport von defekten, im Bundesgebiet liegengebliebenen Bussen und LKW an bestimmte belgische (Heimat-) Standorte einer Ausnahmegenehmigung. Bei diesem Vorgang werden zum Betrieb als Kraftfahrzeug bestimmte Fahrzeuge an das (Spezial-)Abschleppfahrzeug angekoppelt und damit als Anhänger betrieben. Dieses Schleppen, d.h. das Ziehen eines betriebsunfähigen oder betriebsfähigen Kraftfahrzeugs, ist grundsätzlich nach § 33 Abs. 1 Satz 1 StVZO verboten. Es handelt sich insoweit i.d.R. auch nicht mehr um ein erlaubnisfreies Abschleppen i.S. von § 15 a der Straßenverkehrsordnung (StVO), da die betriebsunfähigen Fahrzeuge nicht (i.S. einer Notbehelfsmaßnahme) nur zu einem möglichst nahegelegenen geeigneten Bestimmungsort (z.B. Werkstatt, Schrottplatz),
vgl. dazu bereits BGH, Beschluss vom 27. August 1969 - 4 StR 192/69 -, juris; OVG NRW, Urteil vom 3. Dezember 2003 - 8 A 1793/03, juris und Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 41. Auflage 2011, § 33 Rz. 8, m.w.Nw.;
sondern zu einem von dem Fahrzeughalter/-eigentümer bestimmten Ort in Belgien (Heimat-/Betriebsstandort, Firmensitz - in einigen Fällen auch Hersteller) gezogen werden. Der Kläger hat diesbezüglich u.a. in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass er in der Regel nicht mit der "Bergung" der liegengebliebenen Fahrzeuge befasst ist, sondern mit deren Rücktransport. Diese Transporte erfolgen nicht mehr im Rahmen einer Notbehelfsmaßnahme, sondern sind vorwiegend aus wirtschaftlichen Gründen veranlasst, vgl. dazu eingehend: OVG NRW, Urteil vom 3. Dezember 2003 - 8 A 1793/03 -, Rz. 32 ff., juris. Nach dem Wortlaut des § 33 Abs. 1 Satz 2 StVZO steht die Erteilung der Ausnahmegenehmigung im Ermessen der Behörde. Die behördliche Ermessensentscheidung ist dabei lediglich einer eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung gemäß § 114 Satz 1 VwGO dahin zugänglich, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

Die Beklagte hat ihrer Entscheidung den Erlass des Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen und Verkehr (heutige Bezeichnung) des Landes Nordrhein-Westfalen vom 14. April 2003 (Az.: III B 2-21-31/02-22-15a-) zu Ausnahmegenehmigungen für das Abschleppen und Schleppen von Fahrzeugen nach § 15 a StVO und § 33 Abs. 1 StVZO zugrunde gelegt. Dieser Runderlass wurde nach Abstimmung mit dem Bundesverkehrsministerium und den Ländern neu gefasst und sieht u.a. unter Ziffer 2.2 vor, dass Einzelausnahmegenehmigungen erteilt werden können, wobei ein strenger Maßstab anzulegen ist. In besonders begründeten Fällen dürfen gemäß Ziffer 2.3 Dauerausnahmegenehmigungen erteilt werden, die auf drei Jahre zu befristen und mit einem Widerrufsvorbehalt zu versehen sind. Nach Ziffer 2.4. ist der Schleppvorgang auf 100 km Entfernung und auf die Länder Nordrhein-Westfalen, Hessen, Rheinland-Pfalz und Niedersachsen zu beschränken. Dies gilt auch für Abschleppfahrzeuge der "neueren Generation" und für Schleppvorgänge ausländischer Unternehmen.

Die streitgegenständliche (Dauer-)Ausnahmegenehmigung der Beklagten entspricht zwar den Vorgaben des ermessenslenkenden Erlasses, allerdings muss sich dieser auch an dem Zweck der Ermessensermächtigung messen lassen und darf nicht die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschreiten.

Zweck der Regelung des § 33 Abs. 1 Satz 2 StVZO wie auch des § 70 Abs. 1 Nr. 2 StVZO ist, es einer besonderen Ausnahmesituation Rechnung zu tragen, die bei strikter Anwendung des Schleppverbots in § 33 Abs. 1 Satz 1 StVZO nicht hinreichend berücksichtigt werden kann. Dabei ist die Ausnahmesituation Bestandteil der Ermessensentscheidung, die zudem die Zielsetzung des gesetzlichen Schleppverbots beachten muss,
vgl. etwa zu § 70 StVZO: BVerwG, Urteil vom 21. Februar 2002 - 3 C 33/01 -, juris; OVG NRW, Urteile vom 29. September 2009 - 8 A 1531/09 - und 3. Dezember 2003 - 8 A 1793/03 -, juris, jeweils m.w.Nw..
Insoweit ist zu berücksichtigen, dass das Schleppverbot in § 33 Abs. 1 Satz 1 StVZO den besonderen Gefahren bei dem Betrieb von Kraftfahrzeugen als Anhänger begegnen will und in erster Linie der Erhaltung der Sicherheit und Ordnung auf den öffentlichen Straßen dient.

Nach diesen Maßgaben ist die in dem Erlass und in der Genehmigung vorgesehene Beschränkung des Schleppvorgangs auf eine Entfernung von 100 km nicht zu beanstanden (a). Allerdings ist die räumliche Beschränkung des Schleppvorgangs auf die vier genannten Bundesländer ermessensfehlerhaft (b), der Kläger hat insoweit einen Anspruch auf eine bundesweit gültige Ausnahmegenehmigung.

(a) Die Beschränkung des Schleppvorgangs auf eine Entfernung von 100 km ist im Hinblick auf die auch bei Erteilung der Ausnahmegenehmigung zu berücksichtigende Sicherheit des Verkehrs gerechtfertigt. So entstehen bei den hier zu beurteilenden Schleppvorgängen unterschiedliche Fahrzeugkombinationen aus Schleppfahrzeug und (betriebsunfähigen) Bussen, Trucks oder LKW, deren Fahrzeugtyp im Falle der Erteilung von Dauerausnahmegenehmigungen - wie vorliegend - ebenfalls nicht bekannt ist. Dementsprechend entstehen verschieden lange und schwere Fahrzeugkombinationen, deren Fahr- und Bremsverhalten bei jedem Schleppvorgang unterschiedlich ist. Insbesondere Busse und LKW stellen schon wegen ihres Gewichts eine erhöhte Gefährdung des Verkehrs dar, wenn sie abgeschleppt werden. Die Verkehrssicherheit derartiger Fahrzeugkombinationen und des Schleppvorgangs steht regelmäßig nicht fest, und die Schleppvorgänge bringen eine erhebliche Gefährdung des allgemeinen Verkehrs mit sich. Zudem ist im Hinblick auf das Schleppen betriebsunfähiger Fahrzeuge gerade bei der Erteilung von Dauerausnahmegenehmigungen zu berücksichtigen, dass auch der jeweilige Schaden an dem zu schleppenden Fahrzeug und dessen Einfluss auf das Fahr- und Bremsverhalten der Fahrzeugkombination sowie die Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit vorher nicht bekannt sind. Die Vielzahl möglicher Schäden birgt insoweit eine weitere Gefahr.
Vgl. dazu eingehend und unter Bezugnahme auf die Ausführungen eines Dipl.-Ingenieurs des Verkehrsministeriums NRW: OVG NRW, Urteil vom 3. Dezember 2003 - 8 A 1793/03 -, Rz. 58 f., juris.
Es besteht daher ein erhebliches öffentliches Interesse daran, diese Schleppvorgänge - ähnlich wie im Fall des Abschleppens von betriebsunfähigen Fahrzeugen i.S. von § 15 a StVO - zu begrenzen, da die Gefahren für die Verkehrssicherheit beim Schleppen von Fahrzeugen um so größer sind, je länger die Schleppfahrt dauert. Aus diesem Grund dürfen betriebsunfähige Fahrzeuge grundsätzlich - wie bereits oben zu § 15 a StVO ausgeführt - nur bis zu einem möglichst nahe gelegenen geeigneten Bestimmungsort (z.B. Werkstatt) abgeschleppt werden.

27 Vor diesem Hintergrund kann der Kläger keine Dauerausnahmegenehmigung für nach Kilometern unbegrenztes Schleppfahren im Bundesgebiet beanspruchen. Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass durch diese Beschränkungen möglicherweise "Staffelfahrten" ausgelöst werden, die mit einem weiteren Ab- und Aufladen des zu schleppenden Fahrzeugs und möglicherweise mit weiteren Verkehrsgefahren verbunden wären. Der Kläger selbst hat in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass derartige Staffelfahrten unwirtschaftlich, teuer und realitätsfern seien. Ferner stehen nicht die - wirtschaftlichen - Interessen des Klägers und der Fahrzeugeigentümer oder -besitzer entgegen, die die defekten Fahrzeuge wegen bestehender Leasing- bzw. Versicherungsverträge oder des Sitzes der Herstellerwerkstätten zurücktransportieren lassen wollen. Es ist nicht ermessensfehlerhaft, dass das oben dargestellte - aus Gründen der Verkehrssicherheit bestehende - erhebliche öffentliche Interesse an einer Begrenzung der Schleppvorgänge als gewichtiger angesehen wird. Soweit ausnahmsweise die erforderliche Reparatur eines defekten Busses oder LKW's im Bundesgebiet nicht in Betracht kommen sollte, besteht jedenfalls die Möglichkeit, eine Einzelausnahmegenehmigung für den betreffenden Schleppvorgang unter Angabe des Fahrzeugtyps, des Schadens, der Fachwerkstatt und der Schleppstrecke zu beantragen. Allerdings dürfte dies angesichts von Infrastruktur, Anzahl und Qualität der Fachwerkstätten im Bundesgebiet nicht der Regelfall sein. (aa) Ein Anspruch des Klägers auf die begehrte unbegrenzte Dauerausnahmegenehmigung ergibt sich auch nicht auf Grund einer - vom Erlass - abweichenden Verwaltungspraxis der Beklagten oder im Land Nordrhein-Westfalen. Anhaltspunkte für eine derartige abweichende Verwaltungspraxis der Beklagten bestehen nicht. Ebenso hat das Ministerium für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen in seiner Stellungnahme vom 20. Oktober 2010 auf Nachfrage des Gerichts ausgeführt, dass ihm keine Fälle abweichender Genehmigungserteilungen bekannt geworden seien. Bei entsprechenden Anfragen der zuständigen Straßenverkehrsbehörden sei immer wieder auf die Erlasslage hingewiesen worden. Das Ministerium hält weiterhin an dem Erlass fest und hat auch seine Bereitschaft verdeutlicht, diesen im Falle bewusster Abweichungen mittels Maßnahmen der Fachaufsicht durchzusetzen.

Der Kläger kann im Übrigen auch unter Berufung auf den Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) keinen Rechtsanspruch aus dem Umstand herleiten, dass in den einzelnen Bundesländern eine unterschiedliche Genehmigungspraxis besteht, wie der Stellungnahme des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung vom 16. September 2010 und der von dem Kläger vorgelegten Ausnahmegenehmigung aus Rheinland-Pfalz an einen anderen Unternehmer entnommen werden kann. Die Praxis in den einzelnen Bundesländern geht von einer Entfernungsbegrenzung von ebenfalls 100 km (Bremen, Baden-Württemberg, Niedersachsen und Hessen), 150 km (Schleswig-Holstein) oder 250 km (Bayern) bis zu einer Genehmigungserteilung ohne Entfernungsbeschränkung (Rheinland-Pfalz und Mecklenburg-Vorpommern). Ein Anspruch auf Gleichbehandlung steht dem Einzelnen jedoch nur gegenüber dem nach der Kompetenzverteilung konkret zuständigen Träger öffentlicher Gewalt zu,
vgl. etwa Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Urteil vom 12. Mai 1987 - 2 BvR 1226/83 u.a. -, juris Rz. 151 zur unterschiedlichen Verwaltungspraxis in den Bundesländern bzgl. der Wartezeiten bei dem Familiennachzug, m.w.Nw. zur Rspr. des BVerfG.
Bei der Straßenverkehrszulassungsordnung handelt es sich um eine Bundesverordnung, die bundesweit gilt, deren Ausführung jedoch gemäß Art. 83 ff und Art. 30 GG den Ländern obliegt. Dieser Verwaltungsföderalismus gestattet allerdings auch eine unterschiedliche Vollzugspraxis, da die grundgesetzliche Entscheidung zum Ländervollzug strukturell die regionalen Unterschiede der Länder einschließt. Insoweit verletzt die Verwaltungsentscheidung einer Behörde in einem Bundesland nicht den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs.1 GG, wenn eine Behörde in einem anderen Bundesland den gleichen Sachverhalt anders behandelt und eine andere Entscheidung trifft, soweit sich diese Entscheidungen im Rahmen der bundesgesetzlichen Vorgaben halten. Gefährden länderbezogene Vollzugsunterschiede allerdings die notwendige Bundeseinheitlichkeit, so kann der Bundesgesetzgeber zum einem seine ihm nach Art. 83 ff. GG zustehenden Aufsichtsrechte ausüben oder die ihm durch diese Vorschriften eingeräumte Befugnis zum Erlass vom allgemeinen Verwaltungsvorschriften (vgl. etwa Art. 84 Abs. 2 und Art 85 Abs. 2 GG) wahrnehmen,
vgl. dazu auch Kirchhof in Maunz/Herzog/Dürig, Kommentar zum Grundgesetz, Stand: Januar 2011, Art. 83 Rz. 53,92; Jarass in Jarass/Pieroth, Grundgesetz, 9. Auflage 2007, Art. 3 Rz. 4a.
Zu derartigen Maßnahmen bzw. Regelungen hat sich der Bundesgesetzgeber bisher - wohl auch angesichts der unterschiedlichen Infrastruktur und des unterschiedlichen Verkehrsaufkommens in den einzelnen Bundesländern - nicht veranlasst gesehen; eine Richtlinie des Bundesministeriums zur Durchführung des § 33 Abs. 1 Satz 2 StVZO gibt es nicht. Anhaltspunkte dafür, dass das Schleppverbot in den Bundesländern nicht beachtet wird, liegen derzeit nicht vor. Die unterschiedliche Verwaltungspraxis in den Bundesländern bei der Erteilung der Ausnahmegenehmigung ist dem zuständigen Bundesministerium bekannt, wobei insbesondere die kilometermäßige Entfernungsbeschränkung in den genannten Bundesländern auf Grund der Beratungen in den Bund-Länder-Fachausschüsse erfolgte, wie sich auch der Einleitung zu dem oben genannten Erlass in Nordrhein-Westfalen vom 14. April 2003 entnehmen lässt. Danach wurde dieser nach Abstimmung mit dem Bundesverkehrsministerium und den Ländern neu gefasst. Ferner hat das Bundesverkehrsministerium dargelegt, dass einige Länder die Vorschläge einer Länderarbeitsgruppe im Jahr 2000 zur Begrenzung von Ausnahmegenehmigungen für Abschleppvorgänge auf Autobahnen nach § 46 Abs. 1 Nr. 4 c StVO auf einen Abschleppradius von 100 km vom Firmenstandort ebenfalls für Ausnahmegenehmigungen zum Schleppen nach § 33 Abs. 1 Satz 2 StVZO anwenden. Derzeit befindet sich im Übrigen eine Änderungsverordnung zu §§ 33 und 70 Abs. 1 StVZO mit einer ergänzenden Richtlinie für Schleppfahrzeuge nach Mitteilung des Bundesverkehrsministeriums vom 16. September 2009 im Entwurfsstadium.

(bb) Der Kläger kann sich ferner im Hinblick auf das grundsätzliche Erfordernis einer Ausnahmegenehmigung und die unterschiedliche Verwaltungspraxis in den Bundesländern nicht auf eine Verletzung seiner aus Art. 56, 57 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (- AEUV -; zuvor Art. 49, 50 EG) folgenden Dienstleistungsfreiheit berufen. Dies gilt auch, soweit der Kläger darauf hinweist, dass er als in Belgien ansässiger Unternehmer die nach nationalem Recht erforderliche Ausnahmegenehmigung nur in Nordrhein-Westfalen beantragen könne und dadurch benachteiligt werde, dass es seinen Mitbewerbern aus anderen Bundesländern (etwa Rheinland-Pfalz) erlaubt sei, belgische LKW oder Busse ohne eine Entfernungsbegrenzung im Bundesgebiet abzuschleppen.

Art. 56 Abs. 1 AEUV verbietet zwar Beschränkungen des freien Verkehrs von Dienstleistungen innerhalb der Union für Angehörige der Mitgliedstaaten, die in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen des Leistungsempfängers ansässig sind. Allerdings gelten gemäß Art. 58 Abs. 1 AEUV (zuvor Art. 51 EG) für den freien Dienstleistungsverkehr auf dem Gebiet des Verkehrs die Bestimmungen des Titels Verkehr, d.h. die Art. 90 ff (zuvor Art. 70 ff. EG). Die in Art. 56, 57 AEUV geregelte Dienstleistungsfreiheit betrifft den freien Dienstleistungsverkehr im Allgemeinen und ist auf den vorliegenden Sachverhalt nicht unmittelbar anwendbar. Die Dienstleistungsfreiheit im Bereich Verkehr muss gemäß Art. 90, 91 AEUV durch die Verwirklichung einer gemeinsamen Verkehrspolitik erreicht werden. Ist in dem betreffenden Bereich eine Harmonisierung durchgeführt worden, sind die entsprechenden sekundärrechtlichen Vorschriften heranzuziehen,
vgl. EuGH, Urteil vom 22. Dezember 2010, Rechtssache (Rs.) C-338/09 (Yellow Cab), Rz. 29 f., curia; Urteil vom 25. Januar 2011, Rs. C-382/08 (Neukirchinger), Rz. 22 ff, curia; Urteil vom 13. Dezember 1989, Rs. C-49/89 (Corsica Ferries), Rz. 10 f., Slg. 1989, 4441; Urteil vom 13. Juli 1989, Rs. 4/88 (Lambregts Transportbedrijf), Rz. 9 ff, Slg. 1989, 2583; Randelzhofer/Forsthoff in Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Stand: März 2011, Art. 58 AEUV Rz. 1-4; Epiney in Dauses, Handbuch des EU-Wirtschaftsrechts, Stand: Oktober 2010, L Rz. 181, 182.
Die von dem Kläger angebotene - grenzüberschreitende - Dienstleistung fällt in den Bereich des Verkehrs und zwar im Besonderen in den Bereich der Beförderungen im Straßenverkehr i.S. von Art. 100 Abs. 1 AEUV (zuvor Art. 80 Abs. 1 EG). Bei dem im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen Schleppen defekter Busse oder LKW handelt es sich zudem um eine Beförderung i.S. der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 des Rates vom 26. März 1992 über den Zugang zum Güterkraftverkehrsmarkt in der Gemeinschaft für Beförderungen aus oder nach einem Mitgliedstaat oder durch einen oder mehrere Mitgliedstaaten (VO-EWG 881/92), Anm.: Die Verordnung ist noch bis zum 3. Dezember 2011 gültig und wird anschließend von der Verordnung (EG) Nr. 1072/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über gemeinsame Regeln für den Zugang zum Markt des grenzüberschreitenden Güterkraftverkehrs - Neufassung - abgelöst.

Diese Verordnung wurde im Rahmen der - nach Art. 90, 91 AEUV (zuvor Art. 70, 71 EG) erforderlichen - gemeinsamen Verkehrspolitik erlassen und erstellt gemeinsame Regelungen für den Marktzugang im grenzüberschreitenden Güterkraftverkehr im Gemeinschaftsgebiet. Durch diese Marktzugangsreglung wird die Dienstleistungsfreiheit in diesem Bereich hergestellt. Dazu wurden die in der Vergangenheit bestehenden Fahrten-Kontingente oder Mengenbegrenzungen sowie Diskriminierungen aus Gründen der Staatsangehörigkeit oder des Betriebssitzes aufgehoben und eine Gemeinschaftslizenz (Art. 3 VO-EWG 881/92) als Marktzugangsregelung eingeführt.

Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen ist das Fortbewegen der Güter mit Hilfe eines Kraftfahrzeugs, wobei gleichgültig ist, ob die Güter auf dem Kraftfahrzeug oder einem Anhänger, der von einem Kraftfahrzeug gezogen wird, geladen sind oder ob das Kraftfahrzeug nur als Zugkraft für einen beladenen oder unbeladenen fremden Anhänger oder ein abzuschleppendes Fahrzeug benutzt wird,
vgl. Hein/Eichhoff/Pukall/Krien, Güterkraftverkehrsrecht, Stand: Juni 2011, § 1 Anm. 2.
Soweit allerdings gemäß dem Anhang II der VO-EWG 881/92 unter Ziffer 2 die Beförderung von beschädigten oder reparaturbedürftigen Fahrzeugen von dem Erfordernis einer Gemeinschaftslizenz und sonstigen Genehmigungspflichten befreit ist, vgl. auch die im Wesentlichen entsprechende Vorschrift des § 2 Abs. 1 Nr. 2 GüKG, wonach das GüKG - und damit auch die Erlaubnispflicht nach § 3 GüKG - nicht auf die Beförderung von beschädigten oder reparaturbedürftigen Fahrzeugen aus Gründen der Verkehrssicherheit oder zum Zweck der Rückführung anwendbar ist, wird davon nicht die streitgegenständliche Ausnahmegenehmigung für das Schleppen von Fahrzeugen nach § 33 Abs. 1 Satz 2 StVZO erfasst. Die Freistellung betrifft - wie sich dem oben ausgeführten Sinn und Zweck der Verordnung entnehmen lässt - ausschließlich den Zugang eines Transportunternehmens zum Güterkraftverkehrsmarkt. Um eine derartige Marktzugangsregelung handelt es sich bei der Vorschrift des § 33 StVZO ersichtlich nicht. Sie stellt keine zusätzlichen Voraussetzungen für die Zulassung zum grenzüberschreitenden Güterkraftverkehr auf, sondern trifft einschränkende Regelungen für das Schleppen von Fahrzeugen im Straßenverkehr, nämlich ob und wie im Einzelfall das Schleppen von Fahrzeugen durchgeführt werden kann. Der grenzüberschreitende Güterkraftverkehr bleibt davon unberührt. Der Kläger ist nicht gehindert, im Bundesgebiet mit Fahrzeugen beschädigte oder reparaturbedürftige Fahrzeuge zu befördern,
vgl. OVG NRW, Urteil vom 3. Dezember 2003 - 8 A 1793/03 -, a.a.O., Rz. 50 - unter Rz. 66 ff hat das Gericht allerdings eine Verletzung der allgemeinen Dienstleistungsfreiheit geprüft und letztlich offen gelassen, weil es eine Rechtfertigung aus zwingenden Gründe des Allgemeininteresses bejaht hat.
Die Kammer vermag ferner keinen Verstoß gegen das allgemeine Diskriminierungsverbot des Art. 18 AEUV erkennen. Die Anwendung dieser Vorschrift ist allerdings nicht wie die in Art. 56, 57 AEUV niedergelegte Dienstleistungsfreiheit durch Art. 58 Abs. 1 AEUV gesperrt,
vgl. EuGH, Urteil vom 25. Januar 2011, Rs. C-382/08 (Neukirchinger), Rz. 29, curia; Randelzhofer/Forsthoff in Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Stand: März 2011, Art. 58 AEUV Rz. 4.
Danach ist im Anwendungsbereich der Verträge jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verboten. Wie bereits oben ausgeführt unterfällt das streitgegenständliche Schleppen bzw. die Beförderung defekter Busse und LKW dem Anwendungsbereich des Vertrages. Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH verbieten die Vorschriften über die Gleichbehandlung von Inländern und Ausländern nicht nur offene Diskriminierungen auf Grund der Staatsangehörigkeit - bzw. bei Gesellschaften des Sitzes -, sondern auch alle verdeckten Formen der Diskriminierung, die durch Anwendung anderer Unterscheidungsmerkmale tatsächlich zu dem gleichen Ergebnis führen,
vgl. EuGH, Urteil vom 25. Januar 2011, Rs. C-382/08 (Neukirchinger), Rz. 32 , curia, m.w.Nw. zur Rspr. des EuGH; von Bogdandy in Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Stand: März 2011, Art. 18 Rz. 6 - 18.
Weder das Erfordernis einer Ausnahmegenehmigung für das Schleppen von Fahrzeugen nach § 33 Abs. 1 StVZO noch die auf Grund des Erlasses erfolgte Beschränkung des Schleppvorgangs auf eine Entfernung von 100 km enthält eine solche Diskriminierung, da diese Regelungen In - und Ausländer nicht unterschiedlich behandeln, sondern diese vielmehr gleichermaßen betroffen sind. Der Kläger wird weder auf Grund seiner Staatsangehörigkeit von der Erteilung einer Ausnahmegenehmigung ausgeschlossen, noch wird die Erteilung der Ausnahmegenehmigung an Kriterien geknüpft oder weisen die Regelungen andere Unterscheidungsmerkmale auf, die sich typischerweise zum Nachteil ausländischer Unternehmen bzw. anderer Staatsangehöriger auswirken. 45 Dies ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass der Kläger auf Grund seines Wohnsitzes bzw. Unternehmenssitzes in Belgien die Ausnahmegenehmigung nur in Nordrhein-Westfalen beantragen kann und nicht in einem Bundesland, welches nach Kilometern unbeschränkte Ausnahmegenehmigungen erteilt. Der Kläger kann sich insoweit nicht auf eine Diskriminierung auf Grund der nach Bundesrecht unterschiedlichen Verwaltungspraxis bei der Erteilung der Ausnahmegenehmigung berufen, da sie insoweit Inländer als auch andere Staatsangehörige gleichermaßen betrifft. In diesem Zusammenhang ist ebenfalls zu beachten, dass es sich um unterschiedliche Hoheitsträger handelt, die nach dem nationalen Recht berechtigt und verpflichtet sind, Bundesrecht auszuführen, wobei eine unterschiedliche Vollzugspraxis - nach den obigen Ausführungen - nicht ausgeschlossen ist. Soweit der Kläger darauf hinweist, dass es dadurch zu einer Wettbewerbsverzerrung kommt, weil Unternehmen mit einer unbeschränkten Ausnahmegenehmigung über eine Gesamtstrecke abschleppen könnten und dadurch einen Wettbewerbsvorteil hätten, werden diese Beschränkungen oder Behinderungen nicht von Art. 18 AEUV erfasst. Das Diskriminierungsverbot des Art. 18 AEUV ist nach der bisherigen Rechtsprechung des EuGH kein Beschränkungsverbot. So ist Art. 18 AEUV etwa nicht verletzt, wenn ein Mitgliedstaat durch eine gesetzliche Bestimmung, die weder unmittelbar noch mittelbar nach der Staatsangehörigkeit unterscheidet, eine Situation schafft, die die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaftsteilnehmer, für die sie gilt, beeinträchtigt,
vgl. etwa EuGH, Urteil vom 14. Juli 1981, Rs. 155/80 (Oebel), Rz. 8, EUR-Lex, - zum Nachtbackverbot -; von Bogdandy in Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Stand: März 2011, Art. 18 Rz. 12, 19, 53, m.w. Nw. zur Rspr. d. EuGH.
Der Kläger wird durch die nach Kilometern beschränkte Ausnahmegenehmigung auch nicht in der grundsätzlich nur Deutschen vorbehaltenen Berufsfreiheit aus Art. 12 GG beeinträchtigt, deren Anwendung sich über Art. 18 AEUV auch auf Unionsbürger erstrecken kann,
vgl. dazu von Bogdandy in Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Stand: März 2011, Art. 18 Rz.48, m.w.Nw.; Jarass in Jarass/Pieroth, Grundgesetz, 9. Auflage 2007, Art. 12 Rz. 10 und 19 Rz. 10.
Es handelt sich insoweit lediglich um eine mittelbare Einschränkung, die sich angesichts der oben aufgeführten Gründe der Verkehrssicherheit auch im Hinblick auf die wirtschaftlichen Interessen des Klägers als verhältnismäßig erweist. Die von dem Kläger getroffenen wirtschaftlichen Investitionen (Abschleppfahrzeug) geht nicht ins Leere, da er seine Fahrzeuge weiterhin auch im Bundesgebiet einsetzen kann,
vgl. so bereits OVG NRW, Urteil vom 3. Dezember 2003 - 8 A 1793/03 -, juris, Rz. 77 f..
Schließlich liegt, soweit der Kläger auf eine Wettbewerbsverzerrung hinweist, keine Verletzung des europäischen Wettbewerbsrechts in Art. 101 ff. AEUV vor. Regelungsgegenstand der Art. 101 ff AEUV ist insbesondere das Verbot von Handlungen, die typischerweise zu Wettbewerbsbeeinträchtigungen führen, so etwa das Kartellverbot in Art. 101 Abs. lit. a)-e) AEUV, der nicht abschließend typische Verhaltensweisen aufzählt, oder das Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung in Art. 102 AEUV. Zwar betreffen diese Vorschriften grundsätzlich nur das (private) Verhalten von Unternehmen und nicht (staatliche) Maßnahmen der Mitgliedstaaten. Nach der Rechtsprechung des EuGH verbieten die Vorschriften im Zusammenhang mit Art. 4 Abs. 3 des Vertrages über die Europäische Union (EUV), der eine Pflicht zur Zusammenarbeit begründet, auch den Mitgliedstaaten, Maßnahmen - etwa in Form von Gesetzen und Verordnungen - zu treffen oder beizubehalten, die die praktische Wirksamkeit der für die Unternehmen geltenden Wettbewerbsregeln aufheben könnten. Danach liegt etwa eine Verletzung des Art. 101 AEUV i.V.m. Art. 4 Abs. 3 EUV vor, wenn ein Mitgliedstaat gegen Art. 101 AEUV verstoßende Kartellabsprachen vorschreibt oder begünstigt oder die Auswirkungen solcher Absprachen verstärkt oder wenn er seiner eigenen Regelung dadurch ihren staatlichen Charakter nimmt, dass er die Verantwortung für in die Wirtschaft eingreifende Entscheidungen privaten Wirtschaftsteilnehmern überträgt,
vgl. EuGH, Urteil vom 22. Dezember 2010, Rs. C-338/09 (Yellow Cab), Rz. 24, curia, , m. w. Nw. zur Rspr. d. EuGH.
Derartige Fallgestaltungen sind vorliegend offensichtlich nicht gegeben.

(b) Der Kläger hat jedoch einen Anspruch auf Erteilung einer bundesweit gültigen Ausnahmegenehmigung. Die in der streitgegenständlichen Ausnahmegenehmigung vom 19. April 2011 und im Erlass des Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen und Verkehr (damalige Bezeichnung) des Landes Nordrhein-Westfalen vom 14. April 2003 (Az.: III B 2-21-31/02-22-15a-) vorgesehene Beschränkung auf vier Bundesländer ist ermessensfehlerhaft. Wie bereits zuvor ausgeführt handelt es sich bei Straßenverkehrszulassungsordnung um eine Bundesverordnung mit bundesweiter Geltung, deren Vollzug den Ländern obliegt. Dies hat zur Folge, dass die auf der Grundlage der StVZO durch die Länger erteilten Genehmigungen und Ausnahmegenehmigungen im gesamten Bundesgebiet Geltung haben,
vgl. Kirchhof in Maunz/Herzog/Dürig, Kommentar zum Grundgesetz, Stand: Januar 2011, Art. 83 Rz. 53; OVG NRW, Urteil vom 3. Dezember 2003 - 8 A 1793/03 -, juris.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Neufassung der Vorschrift des § 70 Abs. 1 Nr. 2 StVZO. Danach ergeht die Entscheidung über die Ausnahmegenehmigung in Fällen, in denen die Ausnahmen erhebliche Auswirkungen auf das Gebiet anderer Länder haben, im Einvernehmen mit den zuständigen Behörden dieser Länder. Dies kann für den Fall, dass ein Einvernehmen nicht erzielt werden kann, zur Folge haben, dass eine Beschränkung des örtlichen Geltungsbereiches der Ausnahmegenehmigung vorzunehmen ist. Davon kann jedoch vorliegend nicht ausgegangen werden. Zunächst ist die Änderung des § 70 Abs. 1 Nr. 2 StVZO zeitlich erst nach dem hier maßgeblichen Erlass erfolgt. Zum anderen ist bisher auch nicht erkennbar oder dargelegt, dass Ausnahmegenehmigungen nach § 33 Abs. 1 Satz 2 StVZO "erhebliche" Auswirkungen auf das Gebiet der anderen - in der streitgegenständlichen Genehmigung nicht genannten - Bundesländer hätten. Der Verkehrssicherheit wird im Übrigen bereits durch die Entfernungsbegrenzung von 100 km für den Schleppvorgang hinreichend Rechnung getragen. Angesichts dieser Gesetzeslage steht dem Kläger ein Anspruch auf eine bundesweite gültige Ausnahmegenehmigung zu, da eine anderweitige Entscheidung der Beklagten nicht in Betracht kommt (Ermessensreduktion auf Null).

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 155 Abs. 1 VwGO.

Die übrigen Nebenentscheidungen folgen aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).