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OLG Karlsruhe Urteil vom 10.02.2014 - 13 U 213/11 - Hoher Nutzungsausfall bei wirtschaftlichem Totalschaden
OLG Karlsruhe v. 10.02.2014: Ersatzumfang bei niedrigem Wiederbeschaffungswert und nur leicht höheren Reparaturkosten und drohendem hohem Ausfallschaden
Das OLG Karlsruhe (Urteil vom 10.02.2014 - 13 U 213/11) hat entschieden:
- Entstehen im Falle der Schadensberechnung auf wirtschaftlicher Totalschadensbasis und der Anschaffung eines Ersatzfahrzeugs (hier: Rettungswagen) unverhältnismäßig hohen Mietwagenkosten ist der Geschädigte auf die - technisch mögliche - Reparatur zu verweisen, wenn dabei für den Geschädigten erkennbar die Ausfallzeit erheblich geringer ist, insbesondere wenn die Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert nach dem Schadensgutachten nur knapp übersteigen (hier: Mietwagenkosten bei der Anschaffung eines Neufahrzeugs von über € 100.000 bei einem Wiederbeschaffungswert von 9.500,-€ brutto und Reparaturkosten von 9.802,57 €).
- Ist das verunfallte Fahrzeug mit einem geringen Kosten- und Zeitaufwand in einen verkehrssicheren Zustand zu versetzten, aufgrund dessen es in dem zu überbrückenden Zeitraum bis zur Auslieferung des Neufahrzeugs ohne Bedenken als Rettungswagen von der Klägerin eingesetzt werden kann, besteht der zu ersetzende Schaden in dem Wiederbeschaffungswert und den Kosten der "Notreparatur".
Siehe auch Nutzungsausfall oder Vorhaltekosten bei gewerblich bzw. geschäftlich oder gemischt privat-geschäftlich genutzten Fahrzeugen und Interimsfahrzeug - Interimsreparatur - Notreparatur
Gründe:
I.
Bei einem Verkehrsunfall am 08.01.2009 wurde ein Rettungswagen (RTW) der Klägerin beschädigt. Die vollumfängliche Haftung der Beklagten dem Grunde nach ist unstreitig.
Das von der Klägerin eingeholte Schadensgutachten vom 16.01.2009 wies einen Wiederbeschaffungswert von 9.500,-€ brutto und Reparaturkosten von 9.802,57 € brutto aus. Als Wiederbeschaffungsdauer wurden 14 Tage angegeben.
Die Klägerin bestellte ein Neufahrzeug und mietete vom 14.01. bis 08.05.2009 ein Ersatzfahrzeug an, wodurch ihr Mietwagenkosten von insgesamt 103.951,26 € entstanden. Die Beklagte Ziff. 2 zahlte vorgerichtlich die bis zum 16.02. angefallenen Mietwagenkosten von insgesamt 31.011,-€, weigerte sich aber, weitere Kosten zu übernehmen. Daraufhin klagte die Klägerin einen Betrag von 70.938,27 € ein, wovon ihr durch das angefochtene Urteil 69.879,26 € zugesprochen wurden.
Hinsichtlich der weiteren tatsächlichen Feststellungen wird auf das erstinstanzliche Urteil Bezug genommen mit nachfolgenden Ergänzungen.
Die Beklagten erstreben mit ihrer Berufung in der Hauptsache weiterhin Klagabweisung, akzeptieren aber den Urteilsausspruch Ziff. 2 hinsichtlich der Freistellung der Klägerin von einer Forderung auf vorgerichtliche Kosten ihrer Prozessbevollmächtigten in der Höhe von 1.307,81 €, was einer Berechnung auf der Grundlage eines Gegenstandwerts von 31.011,99 € entspricht, dem Betrag, den die Beklagte Ziff.2 insgesamt vorgerichtlich auf die Mietwagenkosten bezahlt hat.
Die Klägerin beantragt außer der Zurückweisung der Berufung der Beklagten im Wege der Anschlussberufung, ihrem Klagantrag Ziff. 2 in vollem Umfang (Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 2.118,44 €) stattzugeben.
Die Klägerin beantragt Zurückweisung der Anschlussberufung.
Der Senat hat mit Verfügung vom 28.06.2012 den Parteien Hinweise erteilt, dass angesichts der im vorliegenden Fall infolge des Erwerbs eines Neufahrzeugs entstandenen immensen Mietwagenkosten von insgesamt über 100.000,00 € bei einem Wiederbeschaffungswert des verunfallten Fahrzeugs von 9.500,00 € ein Vergleich der Reparaturkosten mit dem Wiederbeschaffungswert für die Schadensberechnung seine Aussagekraft verlieren könne, wenn die Ausfallzeiten bei Wiederbeschaffung einerseits und Reparatur andererseits in einem krassen Missverhältnis zu einander stünden. Da die Klägerin von Anfang an bei der Bestellung des Neufahrzeugs davon habe ausgehen können und müssen, dass Mietwagenkosten von mindestens 95.000,00 € entstehen würden, spräche alles dafür, dass in diesem Fall die Reparatur des Fahrzeugs zu einer erheblich kürzeren Ausfallzeit geführt hätte und damit bei einer Gesamtbetrachtung in diesem Ausnahmefall die Durchführung der Reparatur der wirtschaftlich erheblich günstigere und damit allein sinnvolle Weg der Schadensbehebung gewesen wäre (II, 97 - 103).
Die Klägerin hat daraufhin umfangreich dazu vorgetragen, dass der Sachverständige B. in seinem Gutachten vom 16.01.2009 gar nicht die im Falle einer Reparatur tatsächlich anfallenden Kosten vollständig erfasst habe, weil er nicht den Sonderausbau des Basis-Kastenwagens zum RTW berücksichtigt habe. Da dieser Sonderaufbau von der Firma S stamme, hätte eine Reparatur auch nur bei dieser Spezialfirma durchgeführt werden können. Dabei wären insgesamt, mit der zusätzlich erforderlichen Überprüfung aller medizinischen Geräte, Gesamtkosten von 28.000,00 € entstanden. Außerdem hätte die Durchführung einer solchen Reparatur - ohne etwaige durch den Geschäftsablauf bei der Firma S bedingte Wartezeiten - rund 8 Wochen erfordert.
Eine Notreparatur des Fahrzeuges sei aus tatsächlichen Gründen nicht möglich gewesen. Bei dem Unfall sei die B-Säule beschädigt worden. Der Gutachter vom Büro B habe den Austausch der Trennwand zwischen Fahrerhaus und Patientenraum in seinem Gutachten vom 16.01.2009 aufgenommen, wodurch dokumentiert werde, dass die Krafteinwirkung auf die B-Säule derart intensiv gewesen sei, dass eine Rückverformung der B-Säule ausgeschieden sei. Allein der dadurch notwendig gewordene Austausch der Trennwand hätte bedeutet, dass der komplette Innenausbau hätte entfernt und wieder aufgebaut werden müssen. All dies hätte von keiner anderen Firma als der Firma S durchgeführt werden können.
Insoweit beruft sich die Klägerin zum notwendigen Gang, dem Umfang und der Dauer der Reparatur auf eine Dokumentation der Firma S.
Der Beklagte bestreitet, dass die B-Säule beschädigt gewesen sei. Aus dem Gutachten B ergebe sich dies gerade nicht. Hier sei lediglich ein Austausch der Beplankung über der Tür, der B-Säule und dem Einstieg vorgesehen.
Da sich der Schaden an der Karosserie auf die Außenhaut beschränkt habe, sei zur Behebung solcher Schäden das Carbon-Miracle-System besonders geeignet. Bei Anwendung dieses Reparatursystems ergebe sich ein geringerer Zeitaufwand, weil weder die Inneneinrichtung an den beschädigten Karosserieteilen, noch die Trennwand hätte ausgebaut werden müssen.
Unabhängig davon hätte die hier erforderliche Reparatur in jeder auf Karosseriebau spezialisierten Fachwerkstatt durchgeführt werden können. Allenfalls hätte die Überprüfung der medizinischen Geräte in einer Spezialwerkstatt durchgeführt werden müssen, was jedoch unabhängig von der Reparatur des Fahrzeugs hätte erfolgen können.
Nach diesem Vortrag der Parteien wurde durch Beweisbeschluss vom 03.04.2013 (II 221 - 227) zu den dargestellten Behauptungen der Parteien die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens angeordnet.
Auf das daraufhin erstellte schriftliche Gutachten des Sachverständigen C vom Sachverständigenbüro Dr. L, vom 04.08.2013 ( II, 247-283) wird Bezug genommen.
Zu diesem Gutachten haben die Parteien jeweils Stellung genommen, ohne die Ladung des Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung seines Gutachtens zu beantragen. Die Klägerin hat eine weitere schriftliche Stellungnahme des Herrn L vom Ingenieurbüro B vom 03.09.2013 (KE 14, II, 313) vorgelegt.
Anschließend haben beide Parteien ihre Zustimmung zu einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren erteilt.
II.
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und auch begründet. Die Anschlussberufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet.
1. Berufung:
Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagten auf Ersatz weiterer Mietwagenkosten. Bei den der Klägerin tatsächlich entstandenen restlichen 69.679,26 €, die sie von den Beklagten zusätzlich zu der von diesen auf die Mietwagenkosten bereits bezahlten Summe von 31.011,99 € ersetzt verlangt, handelt es sich nicht um den „erforderlichen“ Herstellungsaufwand für das beschädigte Fahrzeug, den der Schädiger gemäß § 249 Satz 2 BGB zu ersetzen hat.
a) Dieses Tatbestandsmerkmal enthält das Gebot zu wirtschaftlich vernünftiger Schadensbehebung. Zwar verlangt es vom Geschädigten nicht, zugunsten des Schädigers zu sparen oder sich in jedem Fall so zu verhalten, als ob er den Schaden selbst zu tragen hätte. Aber es bedeutet, dass nur diejenigen Aufwendungen gemäß § 249 Satz 2 BGB vom Schädiger zu tragen sind, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen, wobei eine Betrachtung ex ante anzustellen ist. Die Vorschrift des § 254 Abs. 2 BGB findet im Rahmen des § 249 S. 2 BGB sinngemäß, d.h. mit ihrem letztlich auf § 242 BGB zurückzuführenden Grundgedanken Anwendung.
Das Risiko unangemessen ausgedehnter Mietwagenkosten voll auf den Schädiger abzuwälzen, kann mit diesem Grundgedanken mitunter nicht mehr zu vereinbaren seien, so dass der Geschädigte unter Umständen gehalten sein kann, einen Gebrauchtwagen als Interimsfahrzeug anzuschaffen oder sich zunächst einmal mit einer Notreparatur zufrieden zu geben (s. zu Vorstehendem: BGH, Entscheidung vom 02.03.1982, NJW 1982, 1518; Entscheidung vom 04.12.1984, NJW 1985, 793; Entscheidung vom 15.10.1991, NJW 1992, 302).
b) Gemessen an diesen Grundsätzen sprengt der hier entstandene Aufwand für Mietwagenkosten für die Zeit vom 14.01. bis 08.05.2009 in Höhe von 103.951,26 € jeden Maßstab einer wirtschaftlich vernünftigen Schadensbehebung. Kein verständiger, wirtschaftlich denkender Geschädigter würde - auch ohne überobligationsmäßige Einschränkung - solche Unkosten entstehen lassen, und sie als zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen beurteilen.
aa) In einem solchen Ausnahmefall, wie er hier vorliegt, in dem von vorneherein feststeht, dass die Beschaffung eines Ersatzfahrzeuges mindestens 3 Monate dauert und die Anmietung eines Spezialfahrzeuges wie eines Rettungswagens über einen solchen Zeitraum immense Kosten verursacht, muss der Geschädigte, der grundsätzlich gehalten ist, unter mehreren zum Schadensausgleich führenden Möglichkeiten der Naturalrestitution diejenige zu wählen, die den geringsten Aufwand erfordert, in den jeweiligen Kostenvergleich nicht nur die Kosten der Reparatur einerseits und den Wiederbeschaffungswert andererseits einstellen, sondern auch die Mietwagenkosten, wenn diese bei beiden Arten der Schadensregulierung erkennbar gravierend differieren und - ebenfalls erkennbar - den bei Weitem höchsten Schadensposten darstellen.
Dass der bloße Vergleich der Reparaturkosten mit dem Wiederbeschaffungswert in einem solchen Fall seine Aussagekraft verlieren kann, hat der Bundesgerichtshof in dem bereits zitierten Urteil vom 15.10.1991 (a.a.O.) ausdrücklich sogar für den Fall entschieden, dass der Geschädigte die Reparatur wählen und die in diesem Fall wegen des Integritätsinteresses zugebilligte 130 %-Grenze ausschöpfen möchte. Der BGH hat in dem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass diese 130 %-Grenze bei einem Vergleich der Gesamtkosten beider Restitutionswege (also einschließlich der Mietwagenkosten) überschritten werden könne.
Dass eine solche Gesamtbetrachtung beider Wege dann um so mehr dazu führen kann, bei unverhältnismäßig hohen Mietwagenkosten im Falle der Abrechnung auf wirtschaftlicher Totalschadensbasis und Anschaffung eines Ersatzfahrzeugs, den Geschädigten auf die - technisch mögliche - Reparatur zu verweisen, wenn dabei die Ausfallzeit erheblich geringer ist, liegt insbesondere dann auf der Hand, wenn die Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert - wie hier - nach dem Schadensgutachten nur knapp übersteigen.
Dies gilt allerdings nur dann, wenn für den Geschädigten nach Erhalt des Schadensgutachtens bereits ein gravierender Unterschied hinsichtlich der jeweiligen Ausfallzeit und damit der entstehenden Mietwagenkosten bei beiden Wegen der Schadensbehebung erkennbar ist.
Im vorliegenden Fall braucht nicht abschließend entschieden zu werden, ob hier ein solcher Fall gegeben ist.
Im Beweisbeschluss vom 03.04.2013 (II, 221 - 229) wurde der beauftragte Sachverständige C vom Büro Dr. L, ausdrücklich angewiesen, die Beweisfrage, welchen Gesamtkostenaufwand und welche Reparaturdauer die Durchführung einer Vollreparatur des beschädigten Rettungsfahrzeugs erfordert hätte, nur dann zu beantworten, wenn nicht bereits die ihm ebenfalls gestellte Frage nach der Möglichkeit einer Notreparatur mit einem wesentlich geringeren Aufwand zu einem eindeutigen Ergebnis führen sollte.
Da Letzteres der Fall ist, konnte die Frage, ob die Klägerin im vorliegenden Fall - ausnahmsweise - gehalten war, doch auf Reparaturkostenbasis abzurechnen, offen bleiben.
bb) Denn die Klägerin hätte auch bei Anschaffung eines Ersatzfahrzeuges als wirtschaftlich vernünftig handelnde Geschädigte bei dem verunfallten Fahrzeug eine Notreparatur durchführen lassen müssen, wodurch insgesamt weniger Kosten entstanden wären, als sie von der Beklagten Ziff. 2 bereits gezahlt worden sind.
Wenn die Klägerin sich im vorliegenden Fall entschloss, ein Neufahrzeug bei der Firma S zu bestellen, dessen Auslieferung vom Zeitpunkt der Bestellung an mindestens drei Monate dauern würde, war sie gehalten, alle in Frage kommenden Möglichkeiten zu ergreifen, mit denen die Kosten für ein anzumietendes Ersatzfahrzeug in wirtschaftlich vertretbaren Grenzen würden gehalten werden können.
Aufgrund des schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen C vom 04.08.2013 (II, 247 - 263) steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass das verunfallte Fahrzeug mit einem geringen Kosten- und Zeitaufwand in einen verkehrssicheren Zustand hätte versetzt werden können, aufgrund dessen es in dem zu überbrückenden Zeitraum bis zur Auslieferung des Neufahrzeugs ohne Bedenken als Rettungswagen von der Klägerin hätte eingesetzt werden können. Dabei kommt es nicht darauf an, ob man eine solche Reparatur als „Notreparatur“ oder als „Einfachreparatur“ bezeichnen will. Entscheidend ist, dass es diese Möglichkeit gab, die den entstehenden Gesamtschaden in einem wirtschaftlich vertretbaren Rahmen halten konnte.
Aus dem Gutachten des Sachverständigen C ergibt sich in eindeutiger, für das Gericht überzeugender Weise, dass bei dem klägerischen Fahrzeug die B-Säule unter verkehrssicherheitstechnischen Gesichtspunkten nicht hätte ausgetauscht werden müssen, weil bei dieser nur das Außenblech lokal gestaucht war, aber keine Schäden an deren Innenblech entstanden waren. Dies lässt sich anhand der dem Gutachten beigefügten Lichtbilder (ursprüngliche Bilddokumentation zum Gutachten B) ohne Weiteres nachvollziehen. Gegenteiliges ergibt sich auch weder aus dem Gutachten B vom 16.01.2009 (K 1), noch aus der Stellungnahme des Herrn L vom Büro B vom 03.09.2013 (KE 14, II, 313). Es ist auch eindeutig, dass die Trennwand zwischen Fahrerkabine und Patientenraum nicht beschädigt wurde.
Nach den überzeugenden Darlegungen des Sachverständigen C in seinem schriftlichen Gutachten lassen die Beschädigungen am Außenblech der rechten B-Säule nach den heutigen Reparaturmöglichkeiten einer Fachwerkstatt eine Instandsetzung der B-Säule zu, ohne dass - bis auf die Einschränkung einer nochmaligen Instandsetzung bei einem erneuten Schaden in diesem Bereich - eine Beeinträchtigung am Fahrzeug verbleibt. Nach dem Entfernen der im Einschweißbereich der Außenbeplankung der B-Säule aufgesteckten Türdichtungen ist der Schadensbereich gut zugänglich.
Die zur Instandsetzung derartiger Schäden erforderlichen Auszieh- und Ausbeulwerkzeuge - wie beispielsweise das Miracle-System - gehören zur Standardausrüstung von Karosseriefachbetrieben oder Werkstätten, die sich mit der Reparatur von Unfallfahrzeugen befassen (Gutachten Blatt 6 oben, II, 257).
Der Sachverständige C erklärt weiter, dass sich weder aus der Kalkulation, noch aus den Fotos zum Gutachten B Hinweise darauf ergäben, dass die Krafteinwirkung auf die B-Säule derart intensiv gewesen sei, dass zur Instandsetzung des RTW Richtarbeiten am Innenteil der B-Säule oder der Austausch der Trennwand erforderlich gewesen wären.
Weshalb der Sachverständige B in seinem Schadensgutachten den Austausch der B-Säule und das dadurch bedingte Aus- und Wiedereinbauen der Trennwand vorgesehen hat, wird aus der bereits erwähnten Stellungnahme vom 03.09.2013 (KE 14, II, 313) deutlich. Hier heißt es nämlich, dass eine Instandsetzung der B-Säule zwar rein technisch grundsätzlich möglich sei, aber deshalb abzulehnen sei, da im Falle einer erneuten und weitaus kleineren Beschädigung in diesem Bereich eine weitere Instandsetzung äußerst schwierig durchzuführen und nur mit erheblichen Mehrkosten zu bewerkstelligen wäre, so dass bei einer Instandsetzung der Fahrzeughalter im gegenständlichen Fall schlechter gestellt werden würde als vor dem Schaden. Was letzteren Gesichtspunkt betrifft, besteht Übereinstimmung mit dem Sachverständigen C, der in seinem schriftlichen Gutachten hinsichtlich einer Reparatur der B-Säule auch die Einschränkung macht, dass dadurch keine Beeinträchtigung am Fahrzeug verbleibe außer bei einer nochmaligen Instandsetzung bei einem erneuten Schaden in diesem Bereich (Blatt 6 oben des Gutachtens, II, 257).
Wenn auch die Klägerin eine solche Beeinträchtigung im Falle einer Naturalrestitution durch eine Vollreparatur nicht hinnehmen müsste, so stellt sich eine solche Frage bei einer Notreparatur im hier dargestellten Sinne dagegen gar nicht.
Als Ergebnis steht damit fest, dass aus technischer Sicht das Fahrzeug der Klägerin mit einem von dem Sachverständigen C ermittelten Kostenaufwand von allenfalls (bei der teureren Variante mit dem Austausch der Beifahrertüre) 2.614,24 € brutto verkehrssicher und auch - jedenfalls vorübergehenden - optischen Ansprüchen genügend (mit Beilackierungen) hätte hergerichtet werden können, und zwar in jeder normalen Fachwerkstatt innerhalb einer Arbeitszeit von 3 - 4 Arbeitstagen.
cc) Was die Notwendigkeit der Überprüfung der im verunfallten Fahrzeug befindlichen medizinischen Geräte betrifft, zitiert der Sachverständige C die DIN EN 1789, auf die sich die Klägerin beruft wie folgt:
„Befestigung von Gerät-/Crashsicherheit nach allen Seiten bei Aufprallenergien von 10 G (4.5.9 und 6.3.5). Prüfung aller fest eingebauten und beweglichen Teile und Ausstattung nach Aufprall und/oder Erschütterung bei Geschwindigkeiten zwischen 30 km/h und 32 km/h (5.3.) nochmals (Fahrtragen, Tragstühle, Sitze, SI-Gurte an Sitzen, Tragen und Tragstühlen, Halterungen der MT-Technik, Patienten-Schwebetischen usw.)“.
Er führt hierzu aus, dass sich weder aus der Kalkulation noch aus den Fotos zum Gutachten B Hinweise ergäben, dass der Mercedes Benz Sprinter bei dem streitgegenständlichen Unfall einem Anstoß gegen die rechte Fahrzeugseite mit einer Aufprallenergie von 10 g oder einem Aufprall bei Geschwindigkeiten zwischen 30 und 32 km/h ausgesetzt und daher die Krafteinwirkung derart intensiv war, dass die Aufprallenergie die Überprüfung der medizinischen Geräte erfordert hätte.
Selbst, wenn man im vorliegenden Fall aber die Notwendigkeit der Überprüfung der Geräte bejaht, wären hierfür nur die Überprüfungskosten als solche angefallen, die in der Stellungnahme des Herrn L vom Sachverständigenbüro B vom 03.09.2013 mit Ein- und Ausbau mit höchstens 600,00 € angegeben werden bei einem Zeitrahmen von ca. 2 Arbeitstagen von der Auftragsannahme bis zur Endabnahme.
Da die Überprüfung der Geräte unstreitig keinerlei Beschädigungen ergeben hat, sondern diese in dem von der Klägerin erworbenen Neufahrzeug weiterverwendet werden konnten - ein weiterer Hinweis auf die geringe Anstoßenergie beim Unfall - sind insoweit keine weiteren Kosten angefallen.
Die Durchführung einer „Notreparatur“ im dargestellten Sinne hätte also allenfalls Reparaturkosten von rund 2.600,00 € plus Überprüfungskosten von 600,00 € sowie Mietwagenkosten für höchstens 8 Tage (4 Arbeitstage für die Reparatur, 2 Arbeitstage für die Überprüfung der medizinischen Geräte, wenn diese nicht z.T. parallel hätte erfolgen können, plus 1 Wochenende) verursacht.
dd) Die Klägerin kann sich nicht darauf berufen, dass das Fahrzeug für eine Notreparatur gar nicht zur Verfügung gestanden hätte, da es ja auf ausdrückliche Weisung der Rechtsvorgängerin der Beklagten Ziff. 2, der K Versicherung, verkauft worden sei.
Das Schreiben der K Versicherung vom 04.02.2009 (K 14) in dem sie die Klägerin anweist, das von ihr ermittelte Kaufangebot anzunehmen, weil es höher lag als der vom Sachverständige angegebene Restwert, erging offensichtlich auf der Grundlage des ihr von der Klägerin übermittelten Gutachtens des Sachverständigen B, in dem eine Wiederbeschaffungsdauer von 14 Tagen genannt war. Selbst wenn vielleicht mit einer gewissen Überschreitung dieses Zeitraums durchaus zu rechnen war, war der K Versicherung jedoch - im Gegensatz zur Klägerin - nicht bekannt, dass sich die voraussichtliche Lieferzeit für das Neufahrzeug bis Mitte/Ende April und damit über einen Zeitraum von mehr als drei Monaten nach dem Unfall erstrecken würde.
Die Klägerin hat unstreitig bereits am 14.01.2009 bei der Firma S ein Ausbauangebot für ein Neufahrzeug eingeholt und dieses Angebot bereits am 19.01.2009 (Tag des Eingangs des Gutachtens B bei ihr) angenommen (s. auch K 2). Unstreitig wusste sie da bereits, dass die Lieferzeit voraussichtlich bis Mitte/Ende April dauern würde, lediglich die dann tatsächlich eingetretene Verzögerung bis 08. Mai war noch nicht bekannt.
Zu diesem Zeitpunkt hatte sie (seit 14.01.) auch bereits das Fahrzeug bei der Firma M angemietet, so dass ihr bekannt war, dass von nun an Mietwagenkosten von 890,12 € pro Tag für Tagespauschale, Haftungsreduzierung, Winterausrüstung und medizinische Ausstattung anfallen würden, so dass sich diese - ohne Berücksichtigung von Einmalkosten - für den prognostizierten Zeitraum bis Ende April auf knapp 95.000,00 € belaufen würden, wenn nicht auf andere Weise Abhilfe geschaffen würde. Hierfür kam grundsätzlich in Frage der Erwerb eines - gebrauchten - Interimsfahrzeugs oder eine „Notreparatur“ im oben dargestellten Sinne.
Wenn die Klägerin sich nach dem Unfall nach ihrem Vortrag parallel zu der Bestellung des Neufahrzeugs auch um den Erwerb eines Interimsfahrzeugs bemühte, so hat sie doch nach ihrem eigenen Vortrag binnen kurzem erkannt, dass kein geeignetes Rettungsfahrzeug auf den Gebrauchtwangenmarkt zu erwerben war, weshalb sie dann, nachdem sie die Zeit vom 08.01. bis 13.01.2009 mit dem behelfsmäßigen Umbau eines Krankentransportwagens zu einem Not-Behelfs-RTW überbrückt hatte, ab dem 14.01.2009 bei der Firma M den ab dann zur Verfügung stehenden RTW anmietete.
Bei dieser Sachlage, bei der offenbar von vorne herein die Chancen, einen Gebrauchtwagen mit einem S-Aufbau, auf den die Klägerin nach ihrem Vortrag angewiesen war, kurzfristig zu erwerben, gering war, musste sich der Klägerin die Frage nach einer möglichen Notreparatur des Fahrzeugs von Anfang an aufdrängen. Dies ergab sich schon aus dem Unfallablauf und der Geringfügigkeit der erkennbaren Beschädigungen am Fahrzeug anhand der dem Gutachten B beigefügten Fotos. Da das Schadensgutachten selbst zu einer „behelfsmäßigen“ Herrichtung des Fahrzeugs in einen verkehrssicheren Zustand ohne Ausbau der gesamten Inneneinrichtung keine Aussagen macht, hätte die Klägerin insofern beim Sachverständigenbüro B oder einem anderen Sachverständigen unter Hinweis auf die Eilbedürftigkeit nachfragen müssen. Es kann ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass sie dann die Antwort bekommen hätte, die das Sachverständigen-Gutachten C enthält. Denn - wie bereits dargestellt - folgt auch aus der Stellungnahme des Herrn L vom Sachverständigenbüro B vom 13.09.2013, dass man auch dort der Auffassung war, eine Herstellung der Verkehrssicherheit des Fahrzeugs sei ohne Austausch der B-Säule möglich.
Wenn man der Klägerin erst 2 - 3 Tage Recherche nach einem Interimsfahrzeug zugesteht, ohne gleich parallel beim Sachverständigen anzufragen, kann jedenfalls davon ausgegangen werden, dass die Klägerin zumindest innerhalb einer Zeitspanne von 14 Tagen erfahren hätte, dass das Fahrzeug für die Zeit bis zur Auslieferung des Neufahrzeugs innerhalb eines Zeitraums von 3 - 4 Arbeitstagen mit einem Kostenaufwand von unter 3.000,00 € in einen verkehrssicheren und auch optisch zumutbaren Zustand versetzt werden könnte. Sie hätte dann sogar parallel dazu bereits die medizinischen Geräte von der Firma S ausbauen und überprüfen lassen können, wobei dann festgestellt worden wäre, dass diese in dem hergerichteten Fahrzeug hätten weiter verwendet werden können. Dies alles hätte also abgeklärt werden können, bevor ein Verkauf des beschädigten Fahrzeugs in die Wege geleitet worden wäre.
Es kann ohne Weiteres unterstellt werden, dass die K Versicherung am 04.02.2009 nicht eine umgehende Verwertung des Unfallfahrzeugs verlangt hätte, wenn sie geahnt hätte, dass dann von diesem Zeitpunkt an (04.02.) zwangsläufig weitere Mietwagenkosten für einen Zeitraum von mindestens weiteren 2 ½ Monaten auf sie zukommen würden.
Die Klägerin behauptet nicht, vor dem 12.02.2009 der K Versicherung gegenüber die lange Lieferzeit erwähnt bzw. die damit verbundenen immensen Kosten angesprochen zu haben. Die Aussage im Fax der K Versicherung an die Anwälte der Klägerin vom 03.03.2009 (KE 7) geht lediglich dahin, dass in einem Telefonat am 12.02. von Seiten eines Herrn W von der Klägerin die „Problematik der Ersatzbeschaffung“ erläutert wurde. Zu diesem Zeitpunkt war aber bereits der größte Teil der endgültig übernommenen Mietwagenkosten bezahlt. Auf jeden Fall hat die K Versicherung dann die Übernahme weiterer Mietwagenkosten über den 16.02. hinaus abgelehnt.
ee) Wenn die Klägerin auf die beschriebene Weise dem Gebot, sich wie ein vernünftig und wirtschaftlich denkender Geschädigter zu verhalten, nachgekommen wäre, wären lediglich (bei durchgehender Berechnung zugunsten der Klägerin) folgende Schadenspositionen entstanden:
- Wiederbeschaffungswert von 9.500,00 € brutto abzüglich gemäß Gutachten kalkulierter Restwert von 3.500,00 € = 6.000,00 €.
Von der ersten Position haben die Beklagten bis auf 640,00 € (höherer Restwert von 4.140,00 € durch den tatsächlich realisierten Verkauf des geschädigten Fahrzeugs) den Schaden der Klägerin beglichen.
Hieraus folgt, dass ein von den Beklagten darüber hinaus zu übernehmender Schadensbetrag von höchstens rund 24.000,00 € entstanden wäre, so dass die Beklagte Ziff. 2 mit den von ihr insgesamt bezahlten 31.011,99 € auf die Mietwagenkosten schon rund 7.000,00 € mehr bezahlt hat.
Der Klägerin steht daher auch dann kein weiterer Anspruch gegen die Beklagten mehr zu, wenn man ihre Überlegungsfrist bis zur Einleitung der „Notreparatur“ noch um ca. 7 Tage länger ansetzen würde.
2. Aus vorliegenden Darstellungen ergibt sich bereits, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Freistellung von vorgerichtlichen Kosten ihrer Prozessbevollmächtigten hat, der über den Betrag hinausgeht, den die Beklagten zugestehen. Dieser Betrag von 1.307,81 € ergibt sich unter Zugrundelegung der Abrechnung der Klägerin im Übrigen bei einem Streitwert von 31.011,99 €, der dem Betrag entspricht, den die Beklagte Ziff. 2 auf Anforderung der Klägerin auf die Mietwagenkosten noch bezahlt hat.
3. Anschlussberufung:
Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich die Unbegründetheit der Anschlussberufung.
4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 91, 92 Abs. 2 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Es besteht kein Grund, die Revision zuzulassen (§ 543 Abs. 2 ZPO), da mit dieser Entscheidung, in der es um einen Ausnahmefall geht, von keiner höchstrichterlichen Entscheidung abgewichen wird.