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VGH München Beschluss vom 05.07.2012 - 11 CS 12.1321 - Wiedererlangung der Fahreignung nach Medikamentenabhängigkeit
VGH München v. 05.07.2012: Zur Wiedererlangung der Fahreignung nach Medikamentenabhängigkeit
Der VGH München (Beschluss vom 05.07.2012 - 11 CS 12.1321) hat entschieden:
- Wer psychoaktiv wirkende Arzneimittel, bei denen es sich zugleich um Betäubungsmittel im Sinn des Betäubungsmittelgesetzes handelt, missbräuchlich eingenommen hat und hierdurch abhängig geworden ist, verliert die Fahreignung.
- Eine wegen Betäubungsmittelkonsums verloren gegangene Fahreignung kann nach der Nummer 9.5 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung u.a. nur dann wiedergewonnen werden, wenn der Betroffene sich ein Jahr lang nachweislich des Gebrauchs von Betäubungsmitteln jedweder Art (unter gewissen Umständen mit Ausnahme von Cannabis) enthalten hat.
- Da es sich bei Methadon um ein Betäubungsmittel im Sinn der Anlage III zum Betäubungsmittelgesetz handelt, verwirklicht der Konsument dieser Substanz fortlaufend zumindest den Verlusttatbestand der Nummer 9.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung. Bei Personen, die Methadon im Rahmen einer Substitutionsbehandlung konsumieren, beginnt die Einjahresfrist, nach deren Ablauf nicht mehr von einem im Sinn von § 11 Abs. 7 FeV feststehenden Verlust der Fahreignung ausgegangen werden darf, frühestens mit dem Ende der Substitutionstherapie.
- Bei einer Person, die mit Methadon substituiert wird, ist das Verlangen, ein auf diese Bestimmung gestütztes Fahreignungsgutachten beizubringen, dann entbehrlich, wenn gesichert ist, dass die Voraussetzungen, bei denen ungeachtet der Einnahme dieses Betäubungsmittels eine (bedingte) Fahreignung u. U. zu bejahen sein kann, schlechthin nicht vorliegen können.
Siehe auch Medikamentenabhängigkeit und Abstinenznachweis zur Wiederherstellung der Fahreignung nach Alkohol- und Drogenkonsum
Gründe:
I.
Der 1979 geborene Antragsteller verzichtete am 12. Mai 2003 auf seine Fahrerlaubnis, nachdem ein am 22. Januar 2003 über ihn erstelltes ärztliches Fahreignungsgutachten zu dem Ergebnis gelangt war, dass bei ihm aufgrund jahrelangen gewohnheitsmäßigen Konsums von Cannabis, Amphetamin, Ecstasy, Heroin und Beruhigungsmitteln eine fortgeschrittene Drogenproblematik mit Abhängigkeitsanzeichen vorgelegen habe, und in einem vom 29. April 2003 stammenden medizinisch-psychologischen Fahreignungsgutachten dargelegt worden war, es sei zu erwarten, dass der Antragsteller, bei dem von einer psychischen und/oder körperlichen Abhängigkeit auszugehen sei, unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln oder anderen psychoaktiven Stoffen oder deren Nachwirkungen Fahrzeuge im Straßenverkehr führen werde.
Zu der gleichen Prognose gelangte ein medizinisch-psychologisches Fahreignungsgutachten, das der Antragsteller am 22. September 2004 im Rahmen eines auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis gerichteten Verwaltungsverfahrens hatte erstellen lassen. Er habe zwischenzeitlich zwar auf Drogen verzichtet. Nach einer Neuerteilung sei jedoch ein Rückfall in die Suchterkrankung wahrscheinlich, da der Antragsteller seine Kräfte falsch einschätze und er dem Konsum von Alkohol und Medikamenten unkritisch gegenüberstehe.
Nachdem der Antragsteller ein vom 13. Januar 2005 stammendes medizinisch-psychologisches Gutachten vorgelegt hatte, das die von ihm behauptete Drogenabstinenz als glaubhaft einstufte und das die Gefahr einer Verkehrsteilnahme unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln oder anderen psychoaktiven Stoffen verneinte, erteilte ihm das Landratsamt Fürth eine Fahrerlaubnis der Klassen A, BE und C1E.
Mit Schreiben vom 25. November 2010 teilte eine bei einem Träger der gesetzlichen Krankenversicherung gebildete "Ermittlungsgruppe Abrechnungsmanipulation" der Landespolizei mit, dass zwischen Januar 2008 und August 2010 in Bezug auf den Antragsteller, in geringerem Umfang auch in Bezug auf seinen Bruder, Arzneimittel (es handelt sich vor allem um die Präparate bzw. Wirkstoffe Fentanyl, Lyrica, Oxycodon, Tetrazepam, Tilidin und Valoron) in ungewöhnlich hohen Mengen abgerechnet worden seien. Allein am 12. August 2010 seien vier Ärzte aufgesucht worden, die sieben Verordnungen ausgestellt hätten.
Bei seiner polizeilichen Einvernahme als Beschuldigter am 29. März 2011 sagte der Antragsteller im Beisein seines anwaltlichen Bevollmächtigten aus, er habe vor zwei bis drei Jahren "aus Gaudi" damit begonnen, Fentanyl auszuprobieren; einen therapeutischen Grund dafür habe es nicht gegeben. Als er abhängig geworden sei, habe er sich wohl im Sommer 2009 zu Entzugszwecken in das Bezirkskrankenhaus Erlangen begeben. Danach sei er "von Drogen und Tabletten weg" gewesen. Am 22. April 2010 habe er einen schweren Motorradunfall erlitten. Zur Schmerzbekämpfung sei er mit Oxycodon und Tilidin behandelt worden. Tilidin habe er wegen massiver Rücken- und Knieprobleme teilweise bereits vor dem Unfall eingenommen. Als die Schmerzen wegen des Motorradunfalls unerträglich geworden seien und das Tilidin nicht mehr ausgereicht habe, habe er das stärkere Oxycodon erhalten. Als er und sein Bruder erfahren hätten, wie einfach es sei, sich Medikamente verschreiben zu lassen, hätten sie sich erkundigt, welcher Arzt sich gerade im Urlaub befinde. Dann hätten sie sich an den vertretenden Arzt gewandt und behauptet, sie befänden sich bei dem in Urlaub befindlichen Arzt in Behandlung und benötigten dringend "die entsprechenden Präparate". Einen Arzt hätten sie nur äußerst selten zu Gesicht bekommen; meist hätten die an der Rezeption tätigen Mädchen das Rezept ausgestellt, das der Arzt nur unterschrieben habe. Zwei Rezepte habe er zudem von einem Ausländer gekauft und diese in Apotheken eingelöst. Er und sein Bruder hätten alle Medikamente selbst konsumiert; Handel getrieben hätten sie damit nicht. Seit der polizeilichen Durchsuchung seiner Wohnung (sie fand nach Aktenlage am 22.11.2010 statt) würden er und sein Bruder versuchen, sich von den Medikamenten zu lösen. Derzeit erhalte er wegen seiner Beinschmerzen (der Antragsteller benutzte am 29.3.2011 Krücken und trug an einem Bein einen Verband) allerdings noch Oxycodon. Sobald er gesund sei, könne er bei einer Baufirma eine Beschäftigung aufnehmen.
Mit Schreiben vom 23. Dezember 2011 forderte das Landratsamt Fürth den Antragsteller, gestützt auf § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 FeV, auf, das Gutachten eines in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung tätigen Arztes beizubringen. Diesem Verlangen kam der Antragsteller nicht nach. Stattdessen legte er der Behörde ein vom 24. Januar 2012 stammendes Attest des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. B. vor. Darin wird ausgeführt, der Antragsteller stehe seit dem 10. Mai 2011 bei Dr. B in regelmäßiger Betreuung, um eine Oxycodonabhängigkeit zu entwöhnen. Seither werde er mit Methadon in absteigender Dosierung behandelt. Bei unangekündigten Kontrollen sei ein Beigebrauch nicht mehr nachgewiesen worden. Beim Antragsteller bestehe ein stabiler Gesundheitszustand, der das Führen von Kraftfahrzeugen ohne Einschränkungen erlaube.
In einem Attest vom 27. Februar 2012 bescheinigte Dr. B. dem Antragsteller, dieser habe Substitution aus eigenem Antrieb und eigener Einsicht begonnen. Seit Mai 2011 hätten zehn unangekündigte Urintests stattgefunden, bei denen nie ein Beigebrauch festgestellt worden sei. Ohne Hinweis auf eine Persönlichkeitsstörung sei der Antragsteller "in dieser Zeit in vorbildlicher Weise seinem Beruf Bauarbeiter ohne Unterbrechung nachgekommen". Die Methadondosis habe von 13 ml auf zurzeit 6 ml reduziert werden können. Aus der Sicht von Dr. B. sei der Antragsteller "weiterhin geeignet, ein Fahrzeug zu führen"; ggf. sei eine medizinisch-psychologische Begutachtung anzustreben.
Der Antragsteller brachte außerdem die vom 27. Februar 2012 stammende Bescheinigung einer psychosozialen Beratungsstelle bei, die sich ihrem Briefkopf zufolge der Beratung und Behandlung Suchtkranker widmet. In ihr wird ausgeführt, der Antragsteller erhalte seit dem 11. Juli 2011 seitens dieser Beratungsstelle eine "psychosoziale Begleitbetreuung für Substitution".
Durch für sofort vollziehbar erklärten Bescheid vom 21. März 2012 entzog das Landratsamt dem Antragsteller die Fahrerlaubnis der Klassen A und C1E einschließlich der darin eingeschlossenen Berechtigungen und verpflichtete ihn unter Androhung unmittelbaren Zwanges zur Abgabe des ihm ausgestellten Führerscheins. Zur Begründung verwies die Behörde darauf, dass in der Person des Antragstellers die Tatbestandsmerkmale der Nummer 9.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung erfüllt seien, so dass von seiner fehlenden Fahreignung ausgegangen werden müsse. Besondere Umstände im Sinn der Vorbemerkung 3 zur Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung, in Anbetracht derer eine Person, bei der eine Methadonsubstitution durchgeführt werde, ausnahmsweise als fahrgeeignet angesehen werden könne, lägen nicht vor, da die Methadonsubstitution des Antragstellers noch nicht - wie das erforderlich sei - ein Jahr lang andauere. Auch stünden weder Abstinenznachweise zur Verfügung, noch könnten sie im notwendigen Umfang nachträglich beigebracht werden.
Über den Widerspruch, den der Antragsteller am 5. April 2012 gegen diesen Bescheid eingelegt hat, wurde nach Aktenlage noch nicht entschieden.
Den am gleichen Tag beim Verwaltungsgericht Ansbach eingereichten Antrag, die sofortige Vollziehung des Bescheids vom 21. März 2012 auszusetzen, wertete das Verwaltungsgericht als Rechtsschutzgesuch nach § 80 Abs. 5 VwGO und lehnte es durch Beschluss vom 27. April 2012, den Bevollmächtigten des Antragstellers zugestellt am 10. Mai 2012, ab. Wer von Oxycodon - einem Betäubungsmittel im Sinn des Betäubungsmittelgesetzes - abhängig sei, sei nach der Nummer 9.3 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung nicht fahrgeeignet. Dass der Antragsteller zumindest vor dem Beginn der Substitutionsbehandlung am 10. Mai 2011 oxycodonabhängig gewesen sei, stelle er selbst nicht in Abrede. Zudem liege bei ihm eine missbräuchliche Einnahme von psychoaktiv wirkenden Arzneimitteln im Sinn der Nummer 9.4 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung vor. Die Voraussetzungen für eine Wiedererlangung der Fahreignung nach der Nummer 9.5 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung seien schon deshalb nicht erfüllt, weil eine Entgiftung und Entwöhnung im Sinn dieser Bestimmung allenfalls seit dem Beginn der Substitutionsbehandlung angenommen werden könne. Ab etwa dem 10. Mai 2011 (richtig: 2012) sei allerdings vom Ablauf der sog. "verfahrensrechtlichen Einjahresfrist" im Sinn der Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 9. Mai 2005 (BayVBl 2006, 18) auszugehen. Da der Antragsteller geltend mache, zumindest seit dem 10. Mai 2011 abstinent zu leben, dürfe ab dem 10. Mai 2012 seine fortbestehende Nichteignung nicht mehr unterstellt werden. Vielmehr bestünden von da an nur noch Fahreignungszweifel, die im gegebenen Fall "gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 FeV" durch ein medizinisch-psychologisches Fahreignungsgutachten zu klären seien. Der Ausgang des Widerspruchs- und eines sich eventuell anschließenden Hauptsacheverfahrens sei deshalb als offen anzusehen. Die erforderliche Interessenabwägung falle zu Lasten des Antragstellers aus. Zu seinen Gunsten spreche zwar, dass er ab Mitte Mai 2011 wohl eine grundsätzlich ausreichend lange Abstinenz durchgehalten habe. Es müsse jedoch noch verkehrspsychologisch geklärt werden, ob dieses Abstinenzverhalten auch von Dauer sein werde. Angesichts der Entwicklung seines Drogenkonsums ab etwa 2002 erscheine es nicht völlig ausgeschlossen, dass ihm eine vorteilhafte Prognose zu stellen sein könnte. Andererseits lasse sein Verhalten bei der Beschaffung betäubungsmittelhaltiger Medikamente den Schluss zu, dass bei ihm mit hoher Wahrscheinlichkeit verfestigte Konsumgewohnheiten bestünden. Die Verkehrssicherheit gebiete es vor diesem Hintergrund, an der sofortigen Vollziehbarkeit des Ausgangsbescheids festzuhalten.
Mit der von ihm eingelegten Beschwerde beantragt der Antragsteller, den Beschluss vom 27. April 2012 aufzuheben und dem Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung stattzugeben. Die vom Verwaltungsgericht erwähnte Einjahresfrist sei am 9. Mai 2012 abgelaufen; ernsthafte Zweifel an seiner Fahreignung könnten - zumal angesichts der durch das Attest vom 27. Februar 2012 erfolgten Glaubhaftmachung - nicht mehr bestehen. Das Verwaltungsgericht habe unberücksichtigt gelassen, dass er wegen der schwer schmerzhaften Verletzungen, die er sich bei dem Unfall am 22. April 2010 zugezogen habe, sowie unabhängig davon wegen erheblicher Rücken- und Knieprobleme mit Oxycodon und Tilidin behandelt worden sei. Zur Glaubhaftmachung dieses Vorbringens legte der Antragsteller das vom 24. Mai 2012 stammende Attest eines Internisten vor, in dem über die Verordnung von Oxycodon an ihn berichtet wird. Außerdem fügte er der Beschwerdebegründung vorläufige Arztbriefe einer chirurgischen Klinik bei, in denen der Verlauf und die Ergebnisse stationärer Behandlungen dargestellt werden, denen er sich vom 17. April 2010 bis zum 27. April 2010 sowie am 24. März 2011 unterzogen habe. Der Antragsteller machte außerdem geltend, er sei bereit, Auflagen jedweder Art zu akzeptieren, insbesondere unangekündigte Urinproben durchführen und ein medizinisch-psychologisches Fahreignungsgutachten erstellen zu lassen. Würde ihm die Fahrerlaubnis entzogen, würde er seinen Arbeitsplatz verlieren; zudem ginge das für ihn mit einem erheblichen Ansehensverlust an seinem Wohnort einher.
Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Aus der Nummer 9.5 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung folge, dass bei eingetretener Betäubungsmittelabhängigkeit die verfahrensrechtliche (ebenso wie die materiellrechtliche) Einjahresfrist erst nach erfolgter Entgiftung und Entwöhnung anlaufen könne. Auch im Widerspruchsverfahren seien deshalb wohl weitergehende Ermittlungen nicht veranlasst. Die Richtigkeit der vom Verwaltungsgericht vorgenommenen Interessenabwägung ergebe sich daraus, dass der Antragsteller bereits vor seinem Motorradunfall Betäubungsmittel missbräuchlich konsumiert habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und den vom Verwaltungsgericht beigezogenen Vorgang des Landratsamts verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde erweist sich mit der Einschränkung als unbegründet, dass dem Antragsgegner die aus der Nummer I des Beschlusstenors ersichtliche Auflage zu erteilen war.
1. Das Verwaltungsgericht ging - was auch die Beschwerdebegründung nicht in Abrede stellt - zutreffend davon aus, dass der Antragsteller die Fahreignung nach den Nummern 9.3 und 9.4 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung verloren hat, da er psychoaktiv wirkende Arzneimittel, bei denen es sich zugleich um Betäubungsmittel im Sinn des Betäubungsmittelgesetzes handelt, missbräuchlich eingenommen hat und er hierdurch abhängig geworden ist.
2. Zu Unrecht hat das Verwaltungsgericht allerdings unter Bezugnahme auf die im Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 9. Mai 2005 (a.a.O.) aufgestellten Grundsätze angenommen, dass der Verlust der Fahreignung des Antragstellers nur bis zum 10. Mai 2012 als feststehend im Sinn von § 11 Abs. 7 FeV angesehen werden dürfe, während seither von der Möglichkeit ausgegangen werden müsse, dass der Antragsteller die Fahreignung im Hinblick auf eine von ihm ggf. praktizierte Betäubungsmittelabstinenz u. U. wiedererlangt haben könnte.
Diesem rechtlichen Ansatz steht bereits entgegen, dass eine wegen Betäubungsmittelkonsums verloren gegangene Fahreignung nach der Nummer 9.5 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung u.a. nur dann wiedergewonnen werden kann, wenn der Betroffene sich ein Jahr lang nachweislich des Gebrauchs von Betäubungsmitteln jedweder Art (unter gewissen Umständen mit Ausnahme von Cannabis) enthalten hat. Angesichts der vom Antragsteller selbst eingeräumten fortlaufenden Einnahme von Methadon ist diese Voraussetzung nicht erfüllt. Da es sich auch bei Methadon um ein Betäubungsmittel im Sinn der Anlage III zum Betäubungsmittelgesetz handelt, verwirklicht der Konsument dieser Substanz vielmehr fortlaufend zumindest den Verlusttatbestand der Nummer 9.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung. Bereits im Beschluss vom 6. November 2007 (Az. 11 CS 07.1069 RdNr. 17) hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof deshalb zum Ausdruck gebracht, dass auch bei Personen, die Methadon im Rahmen einer Substitutionsbehandlung konsumieren, die Einjahresfrist, nach deren Ablauf nicht mehr von einem im Sinn von § 11 Abs. 7 FeV feststehenden Verlust der Fahreignung ausgegangen werden darf, frühestens mit dem Ende der Substitutionstherapie beginnt. Daran ist mit der Maßgabe festzuhalten, dass die Einjahresfrist nur dann in diesem Zeitpunkt in Gang gesetzt wird, wenn während der Substitutionsbehandlung bereits die nach der Nummer 9.5 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung erforderliche körperliche Entgiftung und psychische Entwöhnung stattgefunden hat.
3. Gleichwohl ging das Verwaltungsgericht im Ergebnis zu Recht davon aus, dass es grundsätzlich als offen gelten muss, wie über den eingelegten Widerspruch zu entscheiden sein wird. Denn bei mit Methadon substituierten Personen muss - wenngleich die Wahrscheinlichkeit einer solchen Konstellation gering ist - mit der Möglichkeit gerechnet werden, dass bei ihnen ein "Ausnahmefall" im Sinn der Vorbemerkung 3 zur Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung vorliegen könnte. Im Beschluss vom 23. Mai 2005 (Az. 11 C 04.2992 RdNr. 20) hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof ausgeführt:
"In Rechtsprechung und Schrifttum besteht - soweit ersichtlich - Einvernehmen darüber, dass die Fahreignung von Personen, die sich in einer lege artis durchgeführten Methadonsubstitution befinden, in Einzelfällen zu bejahen sein könnte, obwohl bei dieser Behandlungsform von einer fortbestehenden Betäubungsmittelabhängigkeit auszugehen ist. Das Oberverwaltungsgericht Bremen hat bereits im Beschluss vom 31. Januar 1994 (NZV 1994, 206) ausgeführt, es gebe zahlreiche Studien (vornehmlich aus dem angelsächsischen Raum), die zu dem Ergebnis gelangt seien, dass mit Methadon substituierte Patienten nur relativ wenige signifikante Verschlechterungen in den fahrrelevanten psychophysischen Leistungen gegenüber Personen aus Kontrollgruppen zeigten. Anderen Untersuchungen zufolge seien mit Methadon substituierte Personen - als Gruppe betrachtet - als nicht fahrgeeignet anzusehen; bei den (wenigen) Patienten, deren Verhalten im Sinne der Methadontherapie als optimal zu kennzeichnen sei, hänge die Einschätzung ihres verkehrssicheren Verhaltens nicht so sehr vom psychophysischen Leistungsbefund als vielmehr vom Ausmaß der Persönlichkeitsstörung und deren Bewertung für das Verkehrsverhalten ab (OVG Bremen vom 31.1.1994, ebenda). Berghaus und Friedel (NZV 1994, 377/379) fassen das Ergebnis von etwa zehn bis zum Erscheinen dieses Aufsatzes vorliegenden Studien dahingehend zusammen, dass in der überwiegenden Mehrzahl die psychophysische Leistungsfähigkeit von Substitutionspatienten mit der von Vergleichsprobanden (nämlich gesunden Personen bzw. drogenfreien ehemaligen Heroinabhängigen) als gleichwertig anzusehen sei; sofern die Substitutionspatienten zusätzlich zum Methadon keine psychotropen Medikamente einnähmen und sie über einen so langen Zeitraum substituiert worden seien, dass nach der Adaption an die Dosis eine gesundheitliche Stabilisierung erreicht worden sei, werde man sie als fahrtüchtig bezeichnen müssen (Berghaus/Friedel, a.a.O., S. 380). Bei Erfüllung näher bezeichneter Voraussetzungen seien diese Personen zu einer medizinisch-psychologischen Untersuchung zuzulassen; bei positiver Bewertung könne ihnen die Fahrerlaubnis unter Auflagen erteilt werden (Berghaus/Friedel, ebenda). Unter Bezugnahme auf den Aufsatz von Berghaus und Friedel hielt auch das Oberverwaltungsgericht Hamburg (Beschluss vom 6.12.1996 NZV 1997, 247) fest, dass mit Methadon substituierte Personen nicht ausnahmslos fahruntauglich seien, sondern dass es unter ihnen einige gebe, deren Fahreignung bejaht werden könne. Von einer solchen Möglichkeit, die allerdings nur in 'seltenen Ausnahmefällen' und nur dann Platz greife, 'wenn besondere Umstände dies im Einzelfall rechtfertigen', gehen auch die Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahrereignung (Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Mensch und Sicherheit, Heft M 115, Bremerhaven 2000, Abschnitt 3.12.1) des Gemeinsamen Beirats für Verkehrsmedizin beim Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen und beim Bundesministerium für Gesundheit aus. Auf der am 11. Juli 2001 in München zum Thema 'Substitution und Fahrerlaubnis' abgehaltenen Tagung (vgl. den hierüber unter dem gleichen Titel von der Bayerischen Akademie für Suchtfragen in Forschung und Praxis e.V. herausgegebenen Tagungsbericht) schließlich stimmten alle Referenten darin überein, dass mit Methadon substituierte Patienten bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen (vgl. die von Tretter auf S. 11 des Tagungsberichts aufgelisteten Erfordernisse, ferner den ebenda von Kannheiser auf Seite 18 referierten Kriterienkatalog des TÜV Süddeutschland) als fahrgeeignet anzusehen sein könnten. Allerdings bedürfe es einer sorgfältigen Einzelfallprüfung (Tretter, a.a.O., S. 11); es sei davon auszugehen, dass nur ein sehr geringer Prozentsatz der mit Methadon substituierten Patienten im Rahmen einer nach § 14 FeV angeordneten Untersuchung eine positive Prognose - und damit eine Fahrerlaubnis - erhalten werde (Kannheiser, a.a.O., S. 21). Psychodiagnostische Gespräche hätten nur bei einem von 22 Patienten zu einer positiven Beurteilung und bei zwei weiteren zu einer günstigen Tendenz geführt (Berghaus im Tagungsbericht 'Substitution und Fahrerlaubnis', S. 32). Selbst bei den grundsätzlich fahrgeeigneten Methadon-Substitutionspatienten könne u. U. nur eine bedingte Fahreignung bejaht werden, bei der wiederkehrende Nachuntersuchungen und forensisch gesicherte Drogenscreenings erforderlich seien (Kannheiser, a.a.O., S. 21)."
Rechtsgrundlage für die Anforderung eines medizinisch-psychologischen Fahreignungsgutachtens bildet in solchen Fällen entgegen der von Kannheiser (a.a.O., S. 21) beiläufig vertretenen Auffassung Satz 2 der Vorbemerkung 3 zur Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung. § 14 Abs. 2 Nr. 2 FeV ist demgegenüber dann einschlägig, wenn - wie das in dem vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof am 6. November 2007 (a.a.O.) entschiedenen Verfahren der Fall war - ermittelt werden muss, ob die Voraussetzungen für eine Wiedererlangung der Fahreignung nach der Nummer 9.5 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung vorliegen (d.h. hinreichend gewichtige Anhaltspunkte dafür zur Verfügung stehen, dass eine erforderliche Entgiftung und Entwöhnung bereits stattgefunden hat, und sich der Antragsteller wenigstens ein Jahr lang des Konsums von Betäubungsmitteln unter Einschluss von Methadon - mit etwaiger Ausnahme von Cannabis - enthalten hat).
Bereits nach dem Wortlaut des Satzes 2 der Vorbemerkung 3 zur Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung ist die Anforderung eines Fahreignungsgutachtens allerdings nur dann veranlasst, wenn das Vorliegen eines "Ausnahmefalles" im Sinn des Satzes 1 der Vorbemerkung 3 als Möglichkeit ernsthaft in Erwägung gezogen werden muss. Bei einer Person, die mit Methadon substituiert wird, ist das Verlangen, ein auf diese Bestimmung gestütztes Fahreignungsgutachten beizubringen, dann entbehrlich, wenn gesichert ist, dass die Voraussetzungen, bei denen ungeachtet der Einnahme dieses Betäubungsmittels eine (bedingte) Fahreignung u. U. zu bejahen sein kann, schlechthin nicht vorliegen können. Anders als das der Bayerische Verwaltungsgerichtshof im Beschluss vom 10. Oktober 2003 (Az. 11 CS 03.2241 ) angenommen hat, lassen sich diese Voraussetzungen im Fall des Antragstellers gegenwärtig nicht mit einem so hohen Grad an Gewissheit verneinen, dass die Verpflichtung des Antragsgegners, auch die einem Beteiligten günstigen Umstände zu erforschen (vgl. Art. 24 Abs. 2 BayVwVfG), von vornherein nicht besteht.
Die Erfordernisse, bei deren Erfüllung eine mit Methadon substituierte Person ggf. als (bedingt) fahrgeeignet angesehen werden kann, ergeben sich vor allem aus dem letzten Absatz des Abschnitts 3.12.1 der Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahrereignung, ferner aus den Kriterien D 1.3 N bis D 1.6 N der von der Deutschen Gesellschaft für Verkehrspsychologie und der Deutschen Gesellschaft für Verkehrsmedizin entwickelten "Beurteilungskriterien" (veröffentlicht von Schubert/Mattern unter dem Titel "Urteilsbildung in der Medizinisch-Psychologischen Fahreignungsdiagnostik - Beurteilungskriterien", 2. Aufl. 2009). Ergänzend können - ohne Anspruch auf Vollständigkeit - der vom TÜV Süddeutschland erstellte Kriterienkatalog für die Begutachtung von mit Methadon substituierten Personen (Fachinfo 09/01 des TÜV Süddeutschland) sowie die von Tretter auf Seite 11 des Tagungsberichts "Substitution und Fahrerlaubnis" (a.a.O.) aufgelisteten Erfordernisse herangezogen werden. Bedacht werden muss bei jedem Rückgriff auf diese fachlichen Empfehlungen allerdings, dass es sich bei ihnen nicht um Rechtsnormen handelt, so dass die Nichterfüllung eines oder einiger darin aufgestellter Voraussetzungen nicht von vornherein die Verneinung eines "Ausnahmefalles" im Sinn der Vorbemerkung 3 zur Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung rechtfertigt (ebenso BayVGH vom 23.5.2005, a.a.O., RdNr. 22).
Aus den Akten ergibt sich nicht, dass auch nur eines dieser - in den vorgenannten fachlichen Ausarbeitungen im Kern übereinstimmend aufgeführten - Erfordernisse beim Antragsteller keinesfalls erfüllt sein kann. Bedenken bestehen allerdings hinsichtlich des Gebots, dass sich der Betroffene während der gesamten Dauer der Methadonsubstitution des Beigebrauchs anderer psychotroper Stoffe (einschließlich des Konsums von Alkohol) enthalten haben muss. Dr. B. hat im Attest vom 27. Februar 2012 zwar behauptet, bei zehn seit Mai 2011 unangekündigt durchgeführten Urintests sei niemals ein solcher Beigebrauch festgestellt worden. Die Verlässlichkeit dieser Tests ist jedoch deshalb ungesichert, weil die Urinabgabe nach eigener Einlassung des Antragstellers (vgl. den letzten Absatz auf Seite 4 der Antragsschrift vom 5.4.2012) nicht unter direkter Sichtkontrolle des Arztes stattfand; vielmehr habe ihm Dr. B. die Möglichkeit eingeräumt, Urin unbeobachtet auf der Toilette abzugeben. Damit ist eines der Erfordernisse (nämlich das sog. "CTU-Kriterium 2" in Verbindung mit dem zugehörigen Indikator 1) nicht gewahrt, deren Einhaltung unverzichtbar ist, damit chemisch-toxikologische Untersuchungsbefunde als zuverlässig und gerichtsverwertbar anerkannt werden können (vgl. zum Inhalt des CTU-Kriteriums 2 Schubert/Mattern, a.a.O., S. 175, zur Maßgeblichkeit der CTU-Kriterien auch im vorliegenden Fall den Indikator 9 zum Kriterium D 1.3 N, Schubert/Mattern, a.a.O., S. 131 f.). Die vom Antragsteller behauptete, der Urinabgabe jeweils vorausgegangene körperliche Untersuchung vermag an diesem Ergebnis nichts zu ändern, da eine solche Untersuchung auch dann, wenn sie wirklich stets in der geschilderten Art und Weise stattgefunden haben sollte, ihn nicht daran gehindert hätte, auf natürlichem Weg abgegebenen Urin in der Toilette mit dem dort verfügbaren Wasser nachträglich zu verdünnen. Verstärkt wird das Gewicht dieses gegen die Korrektheit der Vorgehensweise von Dr. B. sprechenden Einwands durch den Umstand, dass die auf seine Veranlassung hin erstellten Laborbefunde derzeit nicht zur Verfügung stehen. Das Gericht vermag deshalb nicht anhand des ermittelten Kreatininwertes festzustellen, ob der Antragsteller weder intern noch extern verdünnten Urin abgeliefert hat. Da es jedoch möglich erscheint, dass sich das Unterbleiben eines Beigebrauchs anderer Rauschmittel während der gesamten Zeit der Methadoneinnahme durch den Antragsteller noch anderweitig (nämlich durch eine Haaranalyse) ermitteln lässt, führt dieser Umstand nicht dazu, dass eine der zentralen Voraussetzungen für das ausnahmsweise Bestehen von Fahreignung einer mit Methadon substituierten Person bereits aus diesem Grund verneint werden muss.
4. Die Interessenabwägung, auf die es angesichts der grundsätzlichen Offenheit der Erfolgsaussichten des anhängigen Widerspruchsverfahrens ausschlaggebend ankommt, gebietet es, an der sofortigen Vollziehbarkeit des Ausgangsbescheids festzuhalten, diese Entscheidung jedoch in entsprechender Anwendung von § 80 Abs. 5 Satz 4 VwGO mit der an den Antragsgegner gerichteten Auflage zu verbinden, dem Antragsteller innerhalb Monatsfrist auf der Grundlage des Satzes 2 der Vorbemerkung 3 zur Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung die Vorlage eines medizinisch-psychologischen Fahreignungsgutachtens aufzugeben.
Die Schutzpflicht, die allen Trägern staatlicher Gewalt für die Rechtsgüter "Leben" und "körperliche Unversehrtheit" obliegt, erlaubt es nicht, einem Betäubungsmittelabhängigen die motorisierte Teilnahme am Straßenverkehr zu ermöglichen, der auf eine nach eigenem Bekunden bereits seit der Mitte der neunziger Jahre andauernde Drogenkarriere zurückblicken kann und der, nachdem er sich zeitweilig vom Betäubungsmittelkonsum gelöst haben will, dergestalt rückfällig geworden ist, dass er - anfangs überdies ohne äußeren Anlass - einen exzessiven Medikamentenmissbrauch betrieben hat, ehe nicht seine Fahrgeeignetheit positiv erwiesen ist. Der Wunsch des Betroffenen, eine bestimmte Erwerbstätigkeit auszuüben und den (angeblichen) Ansehensverlust zu vermeiden, der aus seiner Sicht mit dem Nichtbesitz einer Fahrerlaubnis einhergeht, hat nach der Wertordnung des Grundgesetzes hinter dem Erfordernis der Gefahrenabwehr offensichtlich zurückzustehen. Eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung auf der Grundlage einer reinen Interessenabwägung scheidet in einer Fallgestaltung der inmitten stehenden Art umso mehr aus, als nach dem Vorgesagten nur eine geringe statistische Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass der Antragsteller fahrgeeignet sein könnte, und nicht ersichtlich ist, dass er nicht auch einem Beruf nachgehen kann, der nicht den Besitz einer Fahrerlaubnis voraussetzt.
Die Einschätzung von Dr. B., der Antragsteller sei fahrgeeignet, vermag die gerichtliche Interessenabwägung schon deshalb nicht ausschlaggebend zu beeinflussen, weil der behandelnde Arzt wegen des bei ihm anzunehmenden Interessenkonflikts nach § 11 Abs. 2 Satz 5 FeV in aller Regel nicht dazu berufen ist, sich zur Frage der Fahreignung einer Person zu äußern. Bei der Würdigung der Erklärungen von Dr. B. darf zudem nicht außer Betracht bleiben, dass wegen der Ermöglichung einer Urinabgabe ohne unmittelbare ärztliche Sichtkontrolle Zweifel daran bestehen, ob die Art und Weise der Durchführung der Methadonsubstitution durch ihn in jeder Hinsicht den Vorgaben der Rechtsordnung (vgl. dazu namentlich § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Buchst. c, Satz 2 BtMVV) und den anerkannten Grundsätzen der Heilkunde entspricht. Auch muss berücksichtigt werden, dass die in den Attesten vom 24. Januar 2012 und vom 27. Februar 2012 geäußerte Auffassung dieses Arztes hinsichtlich der Fahreignung des Antragstellers nicht näher begründet wurde, so dass sie sich jedweder Nachprüfung durch das Gericht entzieht. Wenn Dr. B. im Attest vom 27. Februar 2012 ein Urteil über die Qualität der beruflichen Leistungen des Antragstellers abgab, obwohl er hierüber weder umfassend noch aus eigener Anschauung unterrichtet sein konnte, so zeigt das deutlich, dass sich dieser Arzt nicht von dem Bestreben leiten ließ, den Entscheidungsträgern in der öffentlichen Verwaltung strikt sachbezogene, nach bestem Wissen und Gewissen aufgrund eigener Wahrnehmung und eigener Fachkunde gewonnene Informationen zur Verfügung zu stellen, sondern dass er den Antragsteller dabei unterstützen wollte, im Besitz der Fahrerlaubnis zu bleiben. Wenn Dr. B. im Attest vom 27. Februar 2012 eine medizinisch-psychologische Fahreignungsbegutachtung für angezeigt erachtete, so relativierte er damit die Verlässlichkeit seiner eigenen Einschätzung zu Recht selbst.
5. Die an den Antragsteller zu richtende Aufforderung, ein Fahreignungsgutachten beizubringen, ist so auszugestalten, dass die von ihm zu beauftragende Begutachtungsstelle für Fahreignung - nötigenfalls unter konsiliarischer Hinzuziehung von ihr auszuwählender Fachärzte für Psychiatrie - alle im letzten Absatz des Abschnitts 3.12.1 der Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahrereignung erwähnten Erfordernisse, von denen dort die Bejahung der Fahreignung einer mit Methadon substituierten Person abhängig gemacht wird, zu überprüfen und sich im Gutachten zum Vorliegen oder Nichtvorliegen dieser Gesichtspunkte zu äußern hat. Gleiches gilt für die Gesamtheit der Beurteilungskriterien D 1.3 N bis D 1.6 N (einschließlich der zugehörigen Indikatoren, soweit sie im konkreten Fall einschlägig sind) unter Berücksichtigung der Besonderheiten, die bei in Substitutionsbehandlung befindlichen Personen zu beachten sind. Sollte sich ergeben, dass sich ein fehlender Beigebrauch anderer psychoaktiver Substanzen nicht mehr für die gesamte Zeit der Methadonsubstitution ermitteln lässt, hat die abschließende psychologische Begutachtung erst stattzufinden, nachdem der erforderliche Einjahreszeitraum durch ergänzende, seitens der Begutachtungsstelle zu veranlassende Alkohol- und Drogentests abgedeckt wurde. Darüber hinaus hat sich das beizubringende Gutachten dazu zu äußern, ob die von Dr. B. durchgeführte Substitutionsbehandlung in Einklang mit den sich aus § 5 und § 5 a BtMVV ergebenden Erfordernissen vorgenommen wurde (vgl. zu dem Gesichtspunkt, dass die Fahreignung eines Substitutionspatienten nur bei einer lege artis durchgeführten Substitutionstherapie bejaht werden darf, Tretter, a.a.O., S. 11). Der Antragsteller hat der Begutachtungsstelle zu diesem Zweck die von Dr. B. gemäß § 5 Abs. 10 BtMVV zu führende Dokumentation zur Verfügung zu stellen und Dr. B. gegenüber der Begutachtungsstelle sowie von ihr ggf. eingeschalteten Konsiliarärzten von der Schweigepflicht zu entbinden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Der Umstand, dass die Zurückweisung der Beschwerde mit einer an den Antragsgegner gerichteten Auflage verknüpft wurde, rechtfertigt nicht einmal eine teilweise Freistellung des Antragstellers von der Pflicht, die Verfahrenskosten zu tragen, da ihm weiterhin eine motorisierte Verkehrsteilnahme verwehrt bleibt, die Befolgung der zu erwartenden Gutachtensanforderung für ihn mit erheblichen Belastungen einhergeht, und die statistische Wahrscheinlichkeit eines ihm günstigen Ausgangs nicht hoch ist. Zudem bestand erst seit etwa Mitte Mai 2012 für den Antragsgegner überhaupt Anlass, ein Fahreignungsgutachten nach dem Satz 2 der Vorbemerkung 3 zur Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung einzuholen, da die Fahreignung einer mit Methadon substituierten Person nach dem Abschnitt 3.12.1 der Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahrereignung in der Regel frühestens nach einjähriger Dauer einer solchen Behandlung bejaht werden kann.
Die Streitwertfestsetzung rechtfertigt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. § 52 Abs. 1 und 2 GKG und den Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327). In einem Hauptsacheverfahren wären für die Fahrerlaubnisklassen A, B und C1, wie sie der Antragsteller bis zum Wirksamwerden des Bescheids vom 21. März 2012 innehatte, nach den Abschnitten II.46.1, II.46.3 und II.46.5 des Streitwertkatalogs jeweils 5.000,00 € anzusetzen gewesen (vgl. zur gebotenen Berücksichtigung der Klasse B neben der Klasse C1 grundlegend und unter Aufgabe der früheren, gegenläufigen Streitwertbemessung BayVGH vom 23.11.2010 BayVBl 2011, 38/39). Obwohl in der Nummer 1 des Bescheids vom 21. März 2012 nur von einer "Entziehung der Fahrerlaubnis der Klassen A und C1E (inkl. Einschlussklassen)" die Rede ist, und die Klasse C1 gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 FeV die Klasse B gerade nicht einschließt, sondern ihr Besitz oder gleichzeitiger Erwerb nach § 9 Satz 1 FeV Voraussetzung für die Zuerkennung der Klasse C1 ist, steht außer Frage, dass dem Antragsteller auch die Fahrerlaubnis der Klasse BE entzogen wurde. Dass ihm das Landratsamt die Berechtigung, fahrerlaubnispflichtige Kraftfahrzeuge im Straßenverkehr zu führen, auch nicht teilweise belassen wollte, ergibt sich in zweifelsfreier Deutlichkeit u. a. aus den Ausführungen im drittletzten Absatz auf Seite 2 und im vierten bis siebten Absatz auf Seite 3 der Bescheidsgründe. Der sich deshalb errechnende Betrag von 15.000,00 € ist im Hinblick auf die Klasse E gemäß dem Abschnitt II.46.8 des Streitwertkatalogs einmalig um 2.500,00 € zu erhöhen. Die Gesamtsumme von 17.500,00 € ist nach der Empfehlung in Abschnitt II.1.5 Satz 1 des Streitwertkatalogs in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren. Die Befugnis des Verwaltungsgerichtshofs, die Streitwertfestsetzung der Vorinstanz von Amts wegen zu ändern, ergibt sich aus § 63 Abs. 3 GKG.