Das Verkehrslexikon

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VGH München Beschluss vom 18.04.2011 - 11 C 10.3167 und 11 CS 10.3168 - Mehrfacher Betäubungsmittelgebrauch (Cannabis, Kokain, Amfetamin, Ecstasy)

VGH München v. 18.04.2011: Mehrfacher Betäubungsmittelgebrauch (Cannabis, Kokain, Amfetamin, Ecstasy) und Fahrerlaubnisentzug


Der VGH München (Beschluss vom 18.04.2011 - 11 C 10.3167 und 11 CS 10.3168) hat entschieden:
  1. Wer einräumt, mehrfach Kokain, Ecstasy, Speed und PEP konsumiert zu haben, hat damit den Tatbestand der Nummer 9.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-​Verordnung verwirklicht und seine Fahreignung verloren.

  2. Es erscheint dem Grunde nach vorstellbar, dass bestimmte Betäubungsmittel, wenn sie ärztlich verordnet und in Übereinstimmung mit der ärztlichen Verschreibung eingenommen werden, die Fahreignung unberührt lassen. Das kann z.B. dann der Fall sein, wenn aufgrund des Charakters des Betroffenen und einer begleitenden ärztlichen Überwachung gewährleistet ist, dass das verordnete Betäubungsmittel nur in einer Dosis eingenommen wird, bei der es auch auf längere Sicht zu keinen fahreignungsrelevanten körperlichen und psychischen Veränderungen kommt und bei der zusätzlich entweder die Fahrtüchtigkeit unbeeinträchtigt bleibt oder - wenn Auswirkungen der Betäubungsmitteleinnahme auf die Fahrtüchtigkeit zu besorgen sind - gewährleistet ist, dass der Patient zwischen der therapeutischen Einnahme des Betäubungsmittels und dem Führen von Fahrzeugen im Straßenverkehr trennt. Wer jedoch eine ihm von ärztlicher Seite verschriebene Amfetaminzubereitung missbräuchlich im Sinn der Nummer 9.4 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-​Verordnung eingenommen hat, verliert die Fahreignung. Missbrauch liegt dann vor, wenn von einem verordneten Arzneimittel in "übertherapeutischem" Umfang Gebrauch gemacht wird, d. h. die verordnete Dosis nicht eingehalten wird.

  3. Damit ein Betroffener eine unter dem Blickwinkel der Nummer 9.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-​Verordnung ungünstige Widerspruchsentscheidung vermeiden kann, muss er die Einhaltung einer behaupteten einjährigen Drogenabstinenz nachweisen. Das hat grundsätzlich durch mindestens vier und höchstens zwölf innerhalb eines Jahres durchzuführende Urinuntersuchungen zu geschehen, wobei das Untersuchungsmaterial, das unter ärztlicher Sichtkontrolle an kurzfristig und für die Antragstellerin unvorhersehbar anberaumten Terminen gewonnen worden sein muss, wegen ihres (früheren) polyvalenten Drogenkonsums auf Betäubungsmittelrückstände jedweder Art hin zu analysieren ist.

Siehe auch Amphetamine - Speed - Crystal - Meth - im Fahrerlaubnisrecht und Abstinenznachweis zur Wiederherstellung der Fahreignung nach Alkohol- und Drogenkonsum


Gründe:

I.

Die Antragstellerin wurde im Jahr 2004 durch einen Dritten beschuldigt, sie und ihr damaliger Lebensgefährte würden an jedem Wochenende so viel an Drogen konsumieren, "dass sie nicht mehr stehen und laufen könnten". Bei ihrer polizeilichen Einvernahme als Beschuldigte am 7. Dezember 2004 räumte die Antragstellerin ein, Haschisch - allerdings höchstens einmal im Monat - zu rauchen.

Am 19. März 2010 beschädigte sie zwischen 17.00 Uhr und 18.00 Uhr mit dem von ihr geführten Personenkraftwagen auf einem Parkplatz ein anderes Fahrzeug. Sie brachte daraufhin auf einem Zettel eine Notiz an, die nach eigener Darstellung der Antragstellerin neben einer Telefonnummer, unter der sie erreichbar sei, die sinngemäße Erklärung zum Inhalt gehabt habe, dass sie den Schaden verursacht habe. Diesen Zettel zerriss sie sodann und heftete den unbeschriebenen Teil an die Windschutzscheibe des beschädigten Fahrzeugs. Nachdem sie nach eigenem Bekunden noch "ein bisschen" am Unfallort gewartet habe, entfernte sie sich von dort.

Da eine unbeteiligte Person den Unfall beobachtet hatte, konnte die Antragstellerin als verantwortliche Fahrerin festgestellt werden. Als die Polizei um 19.30 Uhr des Tattages an ihrer Wohnung vorsprach, machte sie auf die Beamten einen benommenen Eindruck. Sie gab an, wegen eines ADHS-​Leidens Medikamente einnehmen zu müssen, und übergab den Beamten eine Flasche mit einer Flüssigkeit, die nach Aktenlage Amfetaminsulfat enthielt.

Bei ihrer polizeilichen Einvernahme als Beschuldigte am 21. März 2010 erklärte die Antragstellerin, wenn sie weggehe, konsumiere sie "höchstens ab und zu ein bisschen PEP". Als sie nach dem Vorfall am 19. März 2010 nach Hause gekommen sei, habe sie ihre Medizin eingenommen. Sie überließ der Landespolizei in der Folgezeit ein am 1. Februar 2010 ausgestelltes ärztliches Rezept, in dem ihr die Einnahme von DL-​Amfetaminsulfat (morgens 10 ml und mittags 5 ml) verordnet wurde. Außerdem ging der Polizei eine vom 22. März 2010 stammende Bescheinigung der Ärztin zu, von der dieses Rezept stammt. Darin wird ausgeführt, bei der Antragstellerin bestehe eine Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung, derentwegen sie mit DL-​Amfetaminsulfat behandelt werde. Das "ADS" erfordere unbedingt eine regelmäßige Medikamenteneinnahme, die nicht unterbrochen werden dürfe. Auch unter der Behandlung mit DL-​Amfetaminsulfat könne die Antragstellerin ohne Beeinträchtigung am Straßenverkehr teilnehmen.

In einer der Antragstellerin am 19. März 2010 um 20.35 Uhr entnommenen Blutprobe wurde Amfetamin in einer Konzentration von 305 ng/ml festgestellt. Das mit der Untersuchung der Probe beauftragte Institut für Rechtsmedizin im Universitätsklinikum Ulm führte in einem Gutachten vom 19. April 2010 aus, unter therapeutischer Anwendung würden Blutserumspiegel erreicht, die zwischen 50 ng/ml und 150 ng/ml lägen. Da bei regelmäßiger therapeutischer Amfetaminaufnahme Kumulationseffekte zu erwarten seien, könnten in solchen Fällen auch deutlich höhere Serumspiegel erreicht werden. Zusammenfassend gelangte das Institut für Rechtsmedizin zu dem Ergebnis, nach dem im Zeitpunkt der Gutachtenserstellung bestehenden Erkenntnisstand ließen sich die Voraussetzungen einer Straftat nach § 315 c StGB nicht dartun.

Mit Schreiben vom 9. Juni 2010 forderte das Landratsamt Ostallgäu die Antragstellerin auf, bis zum 9. August 2010 das Gutachten einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung vorzulegen, durch das folgende Fragen zu klären seien:
"Kann Frau R. trotz der Hinweise auf Drogeneinnahme/Drogenabhängigkeit/regelmäßige Einnahme von amphetaminhaltigen Medikamenten ein Kraftfahrzeug der Gruppe 1 (FE-​Klasse B) sicher führen? Ist insbesondere nicht zu erwarten, dass Frau R. weiterhin Betäubungsmittel nimmt. Ist insbesondere nicht zu erwarten, dass Frau R. ein Kraftfahrzeug unter dem unkontrollierten Einfluss von Arzneimitteln oder anderen psychoaktiven Stoffen führen wird?"
Zur Begründung verwies das Landratsamt auf die Vorkommnisse am 19. März 2010, auf das Ergebnis der Untersuchung des der Antragstellerin damals entnommenen Blutes, ferner auf die von ihr eingeräumte Einnahme von PEP, ihren früheren Cannabiskonsum sowie darauf, dass gegen sie ein einmonatiges Fahrverbot verhängt worden sei, weil sie im Jahr 2007 mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,04 ‰ gefahren sei. Aufgrund dieser Vorfälle bestünden Zweifel an ihrer Fahreignung.

Die Antragstellerin legte dem Landratsamt am 7. September 2010 ein am 2. September 2010 über sie erstelltes medizinisch-​psychologisches Fahreignungsgutachten vor. Bei der am 19. August 2010 durchgeführten Untersuchung durch die Begutachtungsstelle gab sie ausweislich der Darstellung im Gutachten an, von 2000 bis 2002 habe sie fast täglich Cannabis konsumiert. Nachdem sie den Cannabisgebrauch im Jahr 2002 wegen einer Schwangerschaft eingestellt habe, habe sie 2005 zweimal Kokain und zweimal Ecstasy eingenommen. Auch im Jahr 2009 habe ein zweimaliger Konsum von Ecstasy stattgefunden. Um beim Ausgehen Spaß zu haben, habe sie insgesamt zehnmal Amfetamin eingenommen. Früher habe sie ein- bis zweimal im Monat Ecstasy oder Speed konsumiert. Beim Ausgehen sei zu den Betäubungsmitteln Alkohol in Gestalt von zwei bis drei Jägermeistern sowie von Wodka-​Mischgetränken hinzugekommen; bisweilen habe auch ein umfangreicherer Alkoholkonsum stattgefunden. Wegen ihrer ADHS-​Erkrankung habe sie ab 2007 Amfetamin eingenommen. Dieser Konsum habe nach dem Unfall, nach anderer Angabe der Antragstellerin während der Untersuchung am 19. August 2010 im Mai 2010 sein Ende gefunden. Abweichend von der ihr verordneten Dosis in Höhe von 15 ml täglich habe sie, wenn sie sehr nervös gewesen sei, 17 bis 20 ml eingenommen. Der Vater ihres siebenjährigen Sohnes habe ihr wegen Drogenmissbrauchs und Alkoholkonsums das Sorgerecht streitig gemacht. Während der Auseinandersetzungen über das Sorgerecht habe sie sich mit einer Flasche Wein und einigen Schnäpsen zweimal richtig betrunken. 2007 habe sie "die Notbremse" gezogen und bis September 2009 keine Drogen mehr eingenommen. Im Jahr 2009 habe sie bei einer Geburtstagsfeier von einem Freund zwei Ecstasy-​Tabletten erhalten; auch an Silvester habe sie "etwas" konsumiert. Da es in letzter Zeit viel Streit mit ihrem Freund gegeben habe, habe sie, um eine Einschlafhilfe zu erhalten, etwas getrunken. Am vorvergangenen Wochenende habe sie auf einer Party in größerem Umfang Alkohol konsumiert. Künftig wolle sie "vielleicht" auch auf Partys kein Ecstasy mehr einnehmen, "vielleicht die Finger ganz weglassen".

Die Begutachtungsstelle gelangte zu dem Ergebnis, bei der Antragstellerin liege eine fortgeschrittene, polyvalente Drogenproblematik vor. Auch wenn die Konsummotive hinsichtlich der Betäubungsmittel als weniger problematisch zu bewerten seien, liege offenbar eine Tendenz zum Entlastungstrinken vor. Die Überdosierung des ärztlich verordneten Amfetamins lege den Verdacht nahe, dass die Antragstellerin mit dem ihr verordneten Präparat sorglos umgegangen sei und sie es eventuell als Ausweichmittel verwendet habe. Es könne derzeit nicht davon ausgegangen werden, dass die Antragstellerin ihren früheren Drogenmissbrauch als Problem erkannt habe. Die behauptete Distanzierung von Drogen seit Januar [2010] habe sie nicht hinreichend belegen können. Einsicht in die Notwendigkeit einer Abstinenz bestehe bei ihr nicht. Zusammenfassend hielt die Begutachtungsstelle u. a. fest, es sei zu erwarten, dass die Antragstellerin weiterhin Betäubungsmittel einnehmen werde; auch lasse es sich nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausschließen, dass sie unter dem unkontrollierten Einfluss von Arzneimitteln oder anderen psychoaktiven Substanzen ein Kraftfahrzeug führen werde. Der Antragstellerin wurde u. a. die Kontaktaufnahme zu einer Suchtberatungsstelle empfohlen; der zeitlich begrenzte Besuch einer Informations- und Motivationsgruppe reiche zur Aufarbeitung der bei ihr bestehenden Drogenproblematik nicht aus.

Durch Bescheid vom 16. September 2010 entzog das Landratsamt der Antragstellerin unter Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit die Fahrerlaubnis der Klassen B, L, M und S (Nummer 1 des Bescheidstenors) und gab ihr unter Zwangsgeldandrohung auf, ihren Führerschein bei der Behörde abzuliefern. Auf die Bescheidsgründe wird Bezug genommen.

Über den Widerspruch, den die Antragstellerin am 18. Oktober 2010 gegen diesen Bescheid eingelegt hat, wurde nach Aktenlage noch nicht entschieden.

Den Antrag, die aufschiebende Wirkung dieses Rechtsbehelfs hinsichtlich der Nummer 1 des Bescheids vom 16. September 2010 wiederherzustellen, lehnte das Verwaltungsgericht Augsburg durch Beschluss vom 7. Dezember 2010 unter Überbürdung der Verfahrenskosten auf die Antragstellerin ab (Nummern II und III des Beschlusstenors). Unter der Nummer I des Tenors des gleichen Beschlusses lehnte es das Verwaltungsgericht ab, der Antragstellerin für das Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO Prozesskostenhilfe zu bewilligen und ihr ihren Bevollmächtigten beizuordnen. Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, der Widerspruch erweise sich bei summarischer Prüfung als unbegründet. Aus den nachvollziehbaren und schlüssigen Ausführungen im Gutachten vom 2. September 2010 ergebe sich, dass die Antragstellerin aufgrund der Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinn der Nummer 9.1 sowie aufgrund der missbräuchlichen Einnahme psychoaktiv wirkender Arzneimittel und anderer psychoaktiv wirkender Stoffe im Sinn der Nummer 9.4 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-​Verordnung fahrungeeignet sei. Zwar sei die Anordnung, ein solches Gutachten beizubringen, gemäß § 3 Abs. 3 StVG zu Unrecht ergangen, da dem Landratsamt im Zeitpunkt der Gutachtensanforderung bekannt gewesen sei, dass gegen die Antragstellerin ein Strafverfahren u. a. wegen Gefährdung des Straßenverkehrs anhängig sei; wegen einer solchen Tat komme eine Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB in Betracht. Da die Antragstellerin das verlangte Gutachten beigebracht habe, könne jedoch nicht mehr davon gesprochen werden, die Behörde habe die darin enthaltenen Erkenntnisse zu Unrecht erlangt. Art. 3 Abs. 3 StVG stehe ferner der Entziehung der Fahrerlaubnis als solcher nicht entgegen, da die Missachtung dieser Bestimmung gemäß Art. 46 BayVwVfG unbeachtlich sei. Denn die Entziehung der Fahrerlaubnis beruhe auf den Feststellungen des verwertbaren Gutachtens vom 2. September 2010, nicht aber auf der Würdigung des Sachverhalts, der Gegenstand des Strafverfahrens sei. Da die Antragstellerin diesem Gutachten zufolge bei einer Verkehrsteilnahme als Kraftfahrerin ein erhebliches Sicherheitsrisiko darstelle, gebiete eine von den Erfolgsaussichten in der Hauptsache unabhängige Interessenabwägung ebenfalls eine Ablehnung des Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO. Vor diesem Hintergrund lägen auch die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht vor.

Mit der von ihr eingelegten Beschwerde beantragt die Antragstellerin, ihr unter Aufhebung der Nummer I des Beschlusses vom 7. Dezember 2010 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Bevollmächtigten zu bewilligen (Verfahren 11 C 10.3167). Außerdem beantragt sie, ihr - ebenfalls unter Beiordnung ihres Bevollmächtigten - Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Beschwerde gegen die Nummern II und III jenes Beschlusses zu bewilligen. Zur Begründung der Beschwerde trägt sie vor, das Verwaltungsgericht habe die Anordnung, ein Fahreignungsgutachten beizubringen, zutreffend als rechtswidrig bewertet. Zu widersprechen sei jedoch der Auffassung, die Rechtswidrigkeit dieser Anordnung stehe der Verwertung des Gutachtens nicht entgegen. Da die Aufforderung, ein Fahreignungsgutachten vorzulegen, nicht isoliert angefochten werden könne, habe die Antragstellerin keine andere Alternative als die besessen, sich der Untersuchung zu stellen, da ihr andernfalls die Fahrerlaubnis schon allein wegen Nichtbeibringung des verlangten Gutachtens entzogen worden wäre. Ein unter diesen Umständen übergebenes negatives Fahreignungsgutachten dürfe nicht als neue Tatsache in das Entziehungsverfahren eingeführt werden. Das verstoße zwar u. U. nicht gegen das Straßenverkehrsgesetz und die Fahrerlaubnis-​Verordnung, wohl aber gegen Art. 1 und Art. 2 GG sowie das Rechtsstaatsgebot. Aus den gleichen Gründen sei es auch nicht zulässig, den Verstoß gegen § 3 Abs. 3 StVG gemäß Art. 46 BayVwVfG als unbeachtlich anzusehen. Hinzu komme, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit im Bescheid vom 16. September 2010 nicht in der gebotenen Weise begründet worden sei, da die dortigen Ausführungen jeden Bezug zum konkreten Fall vermissen ließen.

Der Antragsgegner beantragt jeweils unter Bezugnahme auf den Beschluss vom 7. Dezember 2010, die Beschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe zurückzuweisen und den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein künftiges Beschwerdeverfahren abzulehnen.

Durch rechtskräftig gewordenes Urteil vom 22. März 2011 (Az. 3 Cs 329 Js 9077/10) erkannte das Amtsgericht Kaufbeuren gegen die Antragstellerin wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort auf eine Geldstrafe und verhängte gegen sie ein zweimonatiges Fahrverbot. Im Übrigen wurde sie freigesprochen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und den vom Verwaltungsgericht beigezogenen Vorgang des Landratsamts verwiesen.


II.

Die Verbindung der Verfahren 11 C 10.3167 und 11 CS 10.3168 beruht auf § 93 Satz 1 VwGO.

Sowohl der Beschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe für den erstinstanzlichen Rechtsstreit Au 7 S 10.1640 als auch dem Antrag, Prozesskostenhilfe für eine Beschwerde gegen die Nummern II und III des Beschlusses vom 7. Dezember 2010 zu bewilligen, kann nicht entsprochen werden. Denn das Rechtsschutzbegehren der Antragstellerin nach § 80 Abs. 5 VwGO besaß bereits in dem Zeitpunkt, in dem der im ersten Rechtszug gestellte Prozesskostenhilfeantrag spruchreif war, keine hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinn von § 114 Satz 1 ZPO i.V.m. § 166 VwGO. Allen derzeit erkennbaren Umständen nach wird ferner auch eine Beschwerde, die die Antragstellerin gegen die Nummern II und III des Beschlusses vom 7. Dezember 2010 künftig ggf. einreichen wird, zurückzuweisen sein.

1. Das Landratsamt hat die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit der Nummer 1 des Bescheids vom 16. September 2010 in einer den Erfordernissen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO - gerade noch - genügenden Weise begründet. Die diesbezüglichen Ausführungen in Abschnitt IV der Bescheidsgründe lassen zwar in der Tat jeden Bezug zum konkreten Fall vermissen. Bereits das Verwaltungsgericht hat jedoch in Abschnitt II.1 der Gründe des Beschlusses vom 7. Dezember 2010 zutreffend darauf hingewiesen, dass sich die Behörde - wie in Abschnitt IV der Gründe des verfahrensgegenständlichen Bescheids geschehen - nach der gefestigten Spruchpraxis des beschließenden Senats (vgl. z.B. BayVGH vom 27.10.2005 Az. 11 CS 05.1967 RdNr. 13) gerade dann, wenn immer wiederkehrenden Sachverhaltsgestaltungen eine typische Interessenlage zugrunde liegt, zur Rechtfertigung der Anordnung der sofortigen Vollziehung darauf beschränken darf, die für diese Fallgruppen typische Interessenlage aufzuzeigen und deutlich zu machen, dass nach ihrer Auffassung diese Interessenlage auch im konkreten Verfahren vorliegt. Das gilt insbesondere im Bereich des Sicherheitsrechts, zu dem auch die Fälle des Fahrerlaubnisentzugs wegen fehlender Fahreignung gehören. Denn es liegt auf der Hand, dass die Teilnahme eines als ungeeignet erachteten Kraftfahrers am Straßenverkehr zu erheblichen Gefahren für Leben, Gesundheit und Eigentum anderer Verkehrsteilnehmer führt und ein solcher Kraftfahrer deshalb zur Vermeidung der von ihm ausgehenden akuten Gefahr durch die Anordnung des Sofortvollzugs des Entziehungsbescheids schnellstmöglich von der weiteren Teilnahme am motorisierten Straßenverkehr auszuschließen ist.

2. Die Antragstellerin hat die Fahreignung zweifelsfrei deshalb verloren, weil sie ihrem Körper auch unabhängig von der Einnahme eines ihr ärztlich verordneten amfetaminhaltigen Medikaments Betäubungsmittel zugeführt hat. Denn sie hat selbst eingeräumt, außerdem Kokain, Ecstasy, Speed und PEP konsumiert zu haben; PEP ist eine unter Rauschgiftkonsumenten gebräuchliche Bezeichnung für Amfetamin (vgl. den Wikipedia-​Artikel "Amphetamin"). Sie hat damit den Tatbestand der Nummer 9.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-​Verordnung verwirklicht. Anhaltspunkte dafür, dass ein Sonderfall im Sinn der Vorbemerkung 3 zur Anlage 4 vorliegt, bestehen nicht.

Nur ergänzend ist vor diesem Hintergrund festzuhalten, dass die Antragstellerin die Fahreignung auch deshalb verloren hat, weil sie die ihr von ärztlicher Seite verschriebene Amfetaminzubereitung missbräuchlich im Sinn der Nummer 9.4 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-​Verordnung eingenommen hat. Wie sich aus der Aufnahme von Amfetamin in die Anlage III zum Betäubungsmittelgesetz und aus § 2 Abs. 1 Buchst. a Nr. 1 BtMVV ergibt, ist diese Droge grundsätzlich verschreibungsfähig. Es ist im Hinblick hierauf rechtlich geboten, den Konsum der Zubereitung (vgl. zum Zubereitungsgebot § 1 Abs. 1 Satz 1 BtMVV) eines verschreibungsfähigen - und dem Konsumenten tatsächlich von einer hierzu befugten Person (vgl. § 13 Abs. 1 Satz 1 BtMG, §§ 2 f. BtMVV) verschriebenen - Betäubungsmittels aus dem Anwendungsbereich der Nummer 9.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-​Verordnung auszuklammern und die Frage, ob die Einnahme eines solchen Stoffes zum Verlust der Fahreignung führt, allein anhand der Nummern 9.4 und 9.6 dieser Anlage zu beantworten. Denn es erscheint dem Grunde nach vorstellbar, dass bestimmte Betäubungsmittel, wenn sie ärztlich verordnet und in Übereinstimmung mit der ärztlichen Verschreibung eingenommen werden, die Fahreignung unberührt lassen. Das kann z.B. dann der Fall sein, wenn aufgrund des Charakters des Betroffenen und einer begleitenden ärztlichen Überwachung gewährleistet ist, dass das verordnete Betäubungsmittel nur in einer Dosis eingenommen wird, bei der es auch auf längere Sicht zu keinen fahreignungsrelevanten körperlichen und psychischen Veränderungen kommt und bei der zusätzlich entweder die Fahrtüchtigkeit unbeeinträchtigt bleibt oder - wenn Auswirkungen der Betäubungsmitteleinnahme auf die Fahrtüchtigkeit zu besorgen sind - gewährleistet ist, dass der Patient zwischen der therapeutischen Einnahme des Betäubungsmittels und dem Führen von Fahrzeugen im Straßenverkehr trennt.

Auch die Begutachtungs-​Leitlinien zur Kraftfahrereignung gehen davon aus, dass die ärztlich verordnete Einnahme eines verschreibungsfähigen Betäubungsmittels nicht in gleicher Weise den regelmäßigen Verlust der Fahreignung nach sich zieht, wie das beim Konsum von Betäubungsmitteln auch nach Auffassung der Verfasser dieser fachwissenschaftlichen Empfehlungen ansonsten der Fall ist. Denn die in Abschnitt 3.12.1 Absatz 1 Satz 1 der Begutachtungs-​Leitlinien enthaltene Aussage, wonach eine Person, die Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes einnimmt, nicht in der Lage ist, den Anforderungen an das Führen von Kraftfahrzeugen gerecht zu werden (diese Einschätzung hat sich der Verordnungsgeber in der Nummer 9.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-​Verordnung zu Eigen gemacht), gilt nach Abschnitt 3.12.1 Absatz 1 Satz 2 der Begutachtungs-​Leitlinien dann nicht, wenn die Substanz aus der bestimmungsgemäßen Einnahme eines für einen konkreten Krankheitsfall verschriebenen Arzneimittels herrührt.

Dass die Antragstellerin das ihr verschriebene Amfetamin missbräuchlich im Sinn der Nummer 9.4 der Anlage 4 eingenommen hat, folgt zum einen daraus, dass sie sich nach eigenem Bekunden nicht an die ärztlich verordnete Dosis von 10 mg morgens und 5 mg mittags gehalten hat. Denn Missbrauch im Sinn der Nummer 9.4 liegt dann vor, wenn von einem verordneten Arzneimittel in "übertherapeutischem" Umfang Gebrauch gemacht wird (so zu Recht Kalus in Hettenbach/Kalus/ Möller/Uhle, Drogen und Straßenverkehr, 2. Aufl. 2010, § 2, RdNr. 246). Bereits am 19. März 2010 hat die Antragstellerin angegeben, am Abend jenes Tages 7 ml der ärztlich verschriebenen Amfetaminzubereitung konsumiert zu haben. Da sie nach eigenem Bekunden am Morgen des 19. März 2010 die verordneten 10 ml dieses Präparats eingenommen hatte, hat sie sich damals weder an die von ärztlicher Seite vorgegebene Menge noch an den Anwendungszeitpunkt gehalten. Hierbei handelte es sich nicht um einen Einzelfall. Vielmehr hat die Antragstellerin am 19. August 2010 eingeräumt, dass es öfter zu einer Dosisüberschreitung in Gestalt einer Einnahme von 17 bis 20 ml des "Amfetaminsaftes" gekommen sei. Da sie damals selbst angegeben hat, dass sie bei hoher Dosierung dieses Präparats zu zittern beginne, kann nicht davon gesprochen werden, es handele sich hierbei um ein belangloses Abweichen von den ärztlicherseits vorgegebenen Einnahmemodalitäten.

Als missbräuchlich stellt sich der Konsum eines amfetaminhaltigen Präparats durch die Antragstellerin zum anderen deshalb dar, weil sie auch während der Zeit der Medikation mit Amfetaminsulfat - nach ihrer Darstellung jedenfalls in den Monaten von September 2009 bis zum Jahresende 2009 - parallel dazu andere Betäubungsmittel eingenommen hat. Da zu den gleichzeitig eingenommenen Drogen auch Speed und damit eine zumindest amfetaminähnliche bzw. sich im Körper in Amfetamin verwandelnde Substanz (vgl. Berr/Krause/Sachs, Drogen im Straßenverkehrsrecht, 2007, RdNr. 54; Hettenbach in Hettenbach/Kalus/Möller/Uhle, a.a.O., § 1, RdNr. 256) gehörte, muss davon ausgegangen werden, dass die Antragstellerin ihrem Körper auch unter diesem Blickwinkel Amfetamin über das ärztlich verordnete Maß hinaus zugeführt hat. Die Gefahr, dass die Einnahme des verschriebenen Amfetaminpräparats Folgen zeitigen konnte, die von ärztlicher Seite (und auch seitens der Antragstellerin) nicht vorhersehbar waren, hat die Antragstellerin ferner deshalb heraufbeschworen, weil sie nach eigenem Eingeständnis parallel zum Konsum von Amfetaminsulfat auch Ecstasy - und damit eine weitere, aufputschend wirkende Droge - gebraucht hat.

Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob bereits die der Antragstellerin verordnete Medikation mit Amfetaminsulfat als solche selbst bei bestimmungsgemäßer Einnahme dieses Präparats und ohne den Beigebrauch weiterer Betäubungsmittel den Verlust ihrer Fahreignung nach der Nummer 9.6.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-​Verordnung bewirkt hat. Das wäre entweder dann der Fall gewesen, wenn die Einnahme dieser Substanz ihre Fahrtüchtigkeit auf Dauer oder aber zeitweise eingeschränkt bzw. aufgehoben hätte, ohne dass gewährleistet war, dass sie während vorübergehender psychophysischer Leistungsbeeinträchtigungen, die mit dem therapeutischen Konsum von Amfetaminsulfat ggf. einhergingen, von der motorisierten Verkehrsteilnahme absah, oder wenn der jahrelange Gebrauch dieser Substanz bei ihr körperliche, intellektuelle oder psychische Veränderungen mit verkehrsrechtlicher Relevanz nach sich gezogen hätte (vgl. zur Möglichkeit des Verlusts der Fahreignung auch bei nicht missbräuchlicher Einnahme eines zu therapeutischen Zwecken verschriebenen Betäubungsmittels BayVGH vom 31.5.2007 Az. 11 C 06.2695 RdNrn. 18 und 23).

3. Obwohl der eingetretene Verlust der Fahreignung der Antragstellerin nach alledem feststeht, folgt daraus noch nicht zwangsläufig, dass der anhängige Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen werden muss. Denn es lässt sich - auch wenn die Wahrscheinlichkeit einer solchen Entwicklung angesichts der Drogenvorgeschichte und der Persönlichkeitsstruktur der Antragstellerin gering ist - nicht völlig ausschließen, dass sie bis zum Abschluss des Vorverfahrens den Nachweis der Wiedererlangung der Fahreignung führen könnte.

Hat eine Person die Fahreignung unbezweifelbar verloren, behauptet sie jedoch, dass es bei ihr zu einem Verhaltenswandel gekommen ist, der - falls er tatsächlich vorliegt - zur Wiedererlangung der Fahreignung führt, oder liegen unabhängig vom Vorbringen des Betroffenen dahingehende, hinreichend gewichtige Anhaltspunkte vor, so darf die Behörde die Fahrerlaubnis nach der gefestigten Spruchpraxis des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. grundlegend BayVGH vom 9.5.2005 BayVBl 2006, 18) nicht mehr entziehen, bis der Sachverhalt auch unter dem Gesichtspunkt einer etwaigen Wiedererlangung der Fahreignung aufgeklärt wurde. Anders verhält es sich, wenn es sich von vornherein ausschließen lässt, dass der Betroffene im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung bereits wieder fahrgeeignet sein kann (was insbesondere dann der Fall ist, wenn sich der Einwand der Wiedererlangung der Fahreignung auch ohne weitere Sachverhaltserforschung widerlegen lässt, oder wenn im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung eine zum Zweck der Wiedererlangung notwendig zurückzulegende Zeit der Drogenabstinenz noch keinesfalls abgelaufen sein kann).

Da die Antragstellerin die Fahreignung nach dem Vorgesagten zumindest nach den Nummern 9.1 und 9.4 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-​Verordnung verloren hat, muss sie jedenfalls beweisen, dass sie unter beiden Gesichtspunkten nicht mehr als fahrungeeignet anzusehen ist.

a) Die Wiedererlangung einer nach der Nummer 9.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-​Verordnung verloren gegangenen Fahreignung setzt voraus, dass der Betroffene im Regelfall mindestens ein Jahr lang nachweislich die Einnahme von Betäubungsmitteln unterlassen hat, und dass diese Abstinenz als dauerhaft angesehen werden kann, weil sie auf einem stabilen, tiefgreifenden Einstellungswandel gegenüber Betäubungsmitteln beruht (BayVGH vom 9.5.2005, a.a.O., S. 19). Die Antragstellerin hat am 19. August 2010 behauptet, letztmalig an Silvester 2009 ein Betäubungsmittel eingenommen zu haben, das ihr nicht ärztlich verordnet wurde. Da sich diese Darstellung nicht bereits aufgrund des vorhandenen Kenntnisstandes über das Verhalten der Antragstellerin widerlegen lässt, kann dieser ihrer Einlassung potenzielle rechtliche Erheblichkeit nicht abgesprochen werden. Denn die sog. "verfahrensrechtliche Einjahresfrist" (vgl. zur Bedeutung dieses Begriffs BayVGH vom 9.5.2005, a.a.O., S. 19) wäre auf der Grundlage ihres Vorbringens bereits heute (und erst recht im Zeitpunkt eines künftigen Widerspruchsbescheids) abgelaufen.

Damit die Antragstellerin eine ihr unter dem Blickwinkel der Nummer 9.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-​Verordnung ungünstige Widerspruchsentscheidung vermeiden kann, muss sie die Richtigkeit der behaupteten einjährigen Drogenabstinenz allerdings auch nachweisen. Das hat grundsätzlich durch mindestens vier und höchstens zwölf innerhalb eines Jahres durchzuführende Urinuntersuchungen zu geschehen, wobei das Untersuchungsmaterial, das unter ärztlicher Sichtkontrolle an kurzfristig und für die Antragstellerin unvorhersehbar anberaumten Terminen gewonnen worden sein muss, wegen ihres (früheren) polyvalenten Drogenkonsums auf Betäubungsmittelrückstände jedweder Art hin zu analysieren ist. Dergestalt aussagekräftige Drogenscreenings liegen gegenwärtig noch nicht vor. Auf die mangelnde Beweiseignung der beiden Drogenschnelltests, die die Antragstellerin im Abstand von nur vier Tagen bei einem Arzt ihrer Wahl hat durchführen lassen, wurde bereits auf Seite 15 des Gutachtens vom 2. September 2010 zutreffend hingewiesen. Aussagekräftig sind diese Schnelltests umso weniger, als nach Sachlage davon ausgegangen werden muss, dass die Antragstellerin sich die Zeitpunkte der Urinabgabe selbst aussuchen konnte und sie es deshalb in der Hand hatte, durch eine gezielte, ggf. lediglich wenige Tage umfassende Betäubungsmittelabstinenz ein unverdächtiges Ergebnis zu erzielen (vgl. zur nur kurzen Nachweisbarkeitsdauer von Betäubungsmitteln im Urin u. a. Schubert/Schneider/Eisenmenger/Stephan, Begutachtungs-​Leitlinien zur Kraftfahrereignung, 2. Aufl. 2005, S. 179, Tabelle 2). Das Drogenscreening, das die von ihr beauftragte Begutachtungsstelle für Fahreignung anhand von am 19. August 2010 gewonnenem Urin der Antragstellerin durchgeführt hat, ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs deshalb beweisungeeignet, weil der Kreatiningehalt des damals abgegebenen Harns 20 mg/dl betrug und deshalb mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden muss, dass die Antragstellerin die Harnprobe im Wege externer oder interner Verdünnung manipuliert hat. Denn der Kreatiningehalt von Urin bewegt sich bei Frauen üblicherweise zwischen 80 und 170 mg/dl (Schubert/Schneider/Eisenmenger/Stephan, a.a.O., S. 180, Tabelle 3). Jedenfalls dann, wenn er unter 20 mg/dl liegt, ist eine Urinprobe nach Auffassung der gleichen Autoren (Schubert/Schneider/Eisenmenger/Stephan, a.a.O., S. 180, Tabelle 3) unverwertbar. Da gerichtsbekannt ist, dass zahlreiche angesehene, auf rechtsmedizinischem Gebiet tätige Labore bereits dann von der Unverwertbarkeit einer Urinprobe ausgehen, deren Kreatiningehalt weniger als 30 mg/dl beträgt, und das Gutachten vom 2. September 2010 auf Seite 8 selbst darauf hinweist, dass der "Normbereich" des Kreatiningehalts von Urin erst jenseits von 20 mg/dl beginnt, kann die Analyse einer Urinprobe, deren Kreatiningehalt exakt bei 20 mg/dl lag, nicht als hinreichend aussagekräftig anerkannt werden. Der Umstand, dass das Gutachten vom 2. September 2010 auf Seite 7 unten in Widerspruch zu der auf der Folgeseite enthaltenen Aussage über den erst jenseits von 20 mg/dl beginnenden "Normbereich" des Kreatiningehalts von Urin von "normal konzentriertem" Harn spricht, vermag den insoweit bestehenden Manipulationsverdacht vor diesem Hintergrund nicht zu entkräften. Um den Nachweis der etwaigen Wiedererlangung der Fahreignung zu führen, hat die Antragstellerin deshalb einen gegenwärtig noch zur Gänze in der Zukunft liegenden, mit einwandfrei aussagekräftigen Abstinenznachweisen abzudeckenden Zwölfmonatszeitraum in vollem Umfang zurückzulegen.

Ob ihr dieser Nachweis gelingen wird, muss gegenwärtig als in jeder Hinsicht ungewiss gelten. Nicht nur ungesichert, sondern in Anbetracht der Drogenvorgeschichte und der Persönlichkeitsstruktur der Antragstellerin in hohem Grade zweifelhaft erscheint darüber hinaus, ob sie in der Lage sein wird, am Ende dieser "materiellrechtlichen Einjahresfrist" im Rahmen einer von einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung durchzuführenden psychologischen Exploration darzutun, dass die ggf. belegte zwölfmonatige Betäubungsmittelkarenz von Dauer sein wird, weil sie auf einem stabilen und tiefgreifenden Einstellungswandel gegenüber Betäubungsmitteln beruht. Gleichwohl erscheint es - gerade im Rahmen von Entscheidungen über die beantragte Gewährung von Prozesskostenhilfe - nicht angängig, bereits jetzt ein negatives Ergebnis beider Nachweisführungen zu unterstellen.

b) Als offen muss es ferner angesehen werden, ob die Antragstellerin bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens wird beweisen können, dass sie die unter dem Blickwinkel der Nummer 9.4 (sowie ggf. der Nummer 9.6.2) der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-​Verordnung verlorene Fahreignung wiedererlangt hat. Hierbei kann gegenwärtig dahinstehen, ob das in der Weise geschehen könnte, dass sie nachweist, sie werde künftig nur noch Amfetamin einnehmen, das ihr ärztlich verordnet wurde, und hierbei die ärztlich vorgegebenen Einnahmemodalitäten - insbesondere die Dosierung - strikt beachten (eine solche Nachweisführung würde, sollte sie gelingen, nur ausreichen, wenn der nicht missbräuchliche Konsum ärztlich verordneten Amfetamins nicht ebenfalls die Fahreignung entfallen lässt, weil die Voraussetzungen der Nummer 9.6.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-​Verordnung erfüllt sind). Denn die Antragstellerin hat sowohl am 19. August 2010 als auch in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Kaufbeuren am 22. März 2011 angegeben, nunmehr den Konsum ärztlich verordneten Amfetamins vollständig eingestellt zu haben. Die Fahrerlaubnisbehörde darf eine Person nach der Spruchpraxis des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. z.B. BayVGH vom 28.8.2006 Az. 11 C 05.2849 RdNrn. 21 ff.; vom 14.9.2006 Az. 11 CS 06.1475 u. a. RdNr. 48) an einer Abstinenzbehauptung auch dann festhalten, wenn der Betroffene von Rechts wegen u. U. andere Möglichkeiten besitzt, um die Wiedererlangung der Fahreignung darzutun.

Sollte die Antragstellerin den Nachweis führen, dass sie sich nunmehr auch des Konsums ärztlich verordneter Betäubungsmittel enthält, und ergäbe die am Ende des einjährigen Abstinenzzeitraums durchzuführende psychologische Begutachtung, dass sie auf Dauer auch keine psychoaktiv wirkenden Arzneimittel mehr einnehmen wird, würden die vorstehenden Darlegungen zur Wiedererlangung einer nach der Nummer 9.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-​Verordnung verloren gegangenen Fahreignung mit der Maßgabe entsprechend gelten, dass die "verfahrensrechtliche Einjahresfrist" (je nachdem, wann die Antragstellerin den Gebrauch des ihr verschriebenen Amfetaminsulfats tatsächlich eingestellt hat) insoweit erst am 20. März 2010 oder im Mai des gleichen Jahres begonnen hätte. Sollte das letztgenannte Datum zutreffen und über den Widerspruch der Antragstellerin noch im April des laufenden Jahres entschieden werden, käme ihrem Abstinenzeinwand insoweit nicht einmal verfahrensrechtliche Relevanz zu: Da sie in diesem Fall die unter dem Blickwinkel der Nummer 9.4 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-​Verordnung verloren gegangene Fahreignung bis Ende April 2011 nicht einmal potentiell wiedererlangt haben kann, verbliebe es bei dem Ergebnis, dass sie insoweit nach wie vor zwingend als fahrungeeignet anzusehen ist.

Da eine Person, die die Fahreignung aus mehreren Gründen verloren hat, nur dann wieder fahrgeeignet ist, wenn alle Gesichtspunkte entfallen sind, aus denen ihre Ungeeignetheit folgt, könnte der Widerspruch, falls über ihn noch im laufenden Monat entschieden wird und der Konsum ärztlich verschriebener, amfetaminhaltiger Präparate erst im Mai 2010 eingestellt wurde, ohne weitere Sachverhaltsaufklärung in rechtskonformer Weise zurückgewiesen werden. In diesem Fall träfe nicht nur die dem Beschluss vom 7. Dezember 2010 zugrunde liegende Annahme zu, dieser Hauptsacherechtsbehelf werde sich als unbegründet erweisen. Da durch den Erlass des Widerspruchsbescheids zugleich der maßgebliche Beurteilungszeitpunkt für ein etwaiges künftiges Klageverfahren festgeschrieben würde (vgl. z.B. BVerwG vom 27.9.1995 BVerwGE 99, 249/250), stünde auch im Rahmen einer von der Antragstellerin gegen die Nummern II und III des Beschlusses vom 7. Dezember 2010 künftig ggf. eingelegten Beschwerde fest, dass ein solches Rechtsmittel wegen offensichtlicher Rechtmäßigkeit des Ausgangs- und des Widerspruchsbescheids zurückzuweisen sein wird.

4. Ob der Antragsgegner angesichts der divergierenden Angaben der Antragstellerin über das Ende der Einnahme von Amfetaminsulfat noch im Laufe des April 2011 einen zweifelsfrei rechtmäßigen, abschlägigen Widerspruchsbescheid bekanntgeben kann, erscheint allerdings nicht gesichert. Sollte das Vorverfahren vor dem Ablauf der spätestens im Mai 2011 endenden verfahrensrechtlichen Einjahresfrist nicht mehr abgeschlossen werden können (und wäre deshalb der Ausgang dieses Rechtsbehelfsverfahrens auch insoweit offen, als die Frage der Wiedererlangung der Fahreignung der Antragstellerin unter dem Blickwinkel der Einnahme ärztlich verordneter Betäubungsmittel in Frage steht), so wäre über eine Beschwerde, die sie künftig gegen die Nummern II und III des Beschlusses vom 7. Dezember 2010 einlegen würde, auf der Grundlage einer Interessenabwägung zu befinden.

Diese Interessenabwägung musste bereits im ersten Rechtszug - und muss auch in der Beschwerdeinstanz - mit zweifelsfreier Deutlichkeit zu Ungunsten der Antragstellerin ausfallen. Insbesondere kann es als ausgeschlossen gelten, dass innerhalb der Einmonatsfrist, die ihr nach § 60 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2, Satz 3 VwGO für die Begründung einer künftigen Beschwerde gegen die Nummern II und III des Beschlusses vom 7. Dezember 2010 zur Verfügung stünde, neue Entwicklungen eintreten werden, aufgrund derer die durchzuführende Abwägung des Aufschubinteresses mit dem Vollzugsinteresse zu einem für die Antragstellerin günstigeren Ergebnis führen könnte, als das auf der Grundlage des gegenwärtigen Kenntnisstandes der Fall ist.

Gegen die Annahme, es könne verantwortet werden, der Antragstellerin trotz des nachweislich eingetretenen Verlusts ihrer Fahreignung und angesichts des ausstehenden Nachweises der Wiedererlangung dieser Eigenschaft die motorisierte Teilnahme am Straßenverkehr während des noch zur Gänze zurückzulegenden Abstinenzjahres zu gestatten, spricht zunächst, dass bei ihr nach den überzeugenden Darlegungen im Gutachten vom 2. September 2010 eine fortgeschrittene Drogenproblematik vorliegt. Die Antragstellerin hat den Drogengebrauch nach eigenem Bekunden bereits früh - nämlich im Alter von 15 Jahren - aufgenommen; angesichts der von ihr für die damalige Zeit eingeräumten, nahezu täglichen Cannabiseinnahme lag bei ihr schon in der Anfangsphase eine ungewöhnlich hohe Konsumintensität vor. In der Folgezeit hat sie sodann auch "harte" Betäubungsmittel unterschiedlicher Art - darunter auch solche mit hohem Suchtpotenzial wie Kokain - eingenommen. Erschwerend kommt hinzu, dass sie das Verlangen, sich zu berauschen, zumindest phasenweise auch durch den Konsum erheblicher Mengen Alkohols befriedigt hat. Ungünstig fällt unter prognostischem Blickwinkel ferner ins Gewicht, dass sie in der Vergangenheit nach eigenem Bekunden bereits zweimal - und zwar sogar jeweils für mehrere Jahre - Konsumpausen eingelegt, sie nach dem Ablauf dieser Zeitspannen den Drogengebrauch jedoch wieder aufgenommen hat. Bei der Beurteilung, ob ein ggf. erfolgreich zurückgelegtes "Abstinenzjahr" die Erwartung rechtfertigt, die Antragstellerin werde sich auf Dauer der Betäubungsmitteleinnahme enthalten, wird dieser wiederholte Rückfall in den Drogenkonsum nicht unberücksichtigt bleiben dürfen.

Unter dem Blickwinkel der Motivationslage der Antragstellerin und der Stabilität eines etwaigen Rauschmittelverzichts durch sie muss es ferner als besonders ungünstig gewertet werden, dass sie sich nicht einmal im Vorfeld der Untersuchung, die dem Gutachten vom 2. September 2010 vorausging, zu dem eindeutigen Entschluss durchgerungen hat, vom Drogenkonsum endgültig Abstand zu nehmen: Ihre damalige Einlassung, "vielleicht" wolle sie auch auf Partys kein Ecstasy mehr konsumieren und "vielleicht" die Finger ganz davon lassen, steht einer positiven Verhaltensprognose gegenwärtig zwingend entgegen. Verstärkend hinzu kommen die Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Antragstellerin: Ihre am 19. August 2010 gemachte Angabe, sie habe von 2002 bis 2005 kein Rauschgift eingenommen, steht in Widerspruch zu dem am 22. Dezember 2004 abgegebenen Geständnis eines damals praktizierten Haschischkonsums. Auch der zumindest dringende Verdacht, dass die Antragstellerin den am 19. August 2010 gewonnenen Urin intern oder extern verdünnt hat, steht einem günstigen Urteil über ihre Persönlichkeit und ihr künftiges Verhalten entgegen. Die gesteigerte Gefahr eines Rückfalls besteht bei der Antragstellerin auch deshalb, weil
- die Einnahme von Rauschmitteln bei ihr eingestandenermaßen auch dazu dient, psychisch belastende Situationen zu meistern;

- angesichts ihrer Lebensumstände (sie war am 19.8.2010 gerade dabei, sich von einem Freund zu trennen, mit dem sie damals in häuslicher Gemeinschaft gelebt hat) mit erhöhter Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen ist, dass sie erneut in seelisch belastende Situationen geraten wird;

- ihre ADHS-​Erkrankung bei ihr auch in Zukunft das Bedürfnis nach der Einnahme psychoaktiver Substanzen wachrufen könnte.
5. Die Informationen über die Antragstellerin, die sich aus dem Gutachten vom 2. September 2010 ergeben, dürfen im Verwaltungs-​, im Widerspruchs- und im gerichtlichen Verfahren auch insoweit verwertet werden, als sich das zu ihren Lasten auswirkt.

Das an sie gerichtete Verlangen, ein solches Gutachten vorzulegen, war allerdings rechtswidrig. Mit der Notwendigkeit, es müsse der Verlust der Fahreignung der Antragstellerin geklärt werden, konnte die Forderung, eine solche Ausarbeitung beizubringen, nicht begründet werden, da sich der Verlust der Fahreignung der Antragstellerin eindeutig bereits aus ihren eigenen Angaben bei der polizeilichen Vernehmung am 21. März 2010 in Verbindung mit der Nummer 9.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-​Verordnung ergab. Fordert die Behörde eine Fahreignungsbegutachtung, obwohl die Fahrungeeignetheit des Betroffenen unabhängig vom Ergebnis einer solchen Begutachtung schon feststeht, so ist das nicht nur deshalb rechtswidrig, weil der Adressat eines solchen Verlangens mit unnötigen Kosten belastet wird. Rechtswidrig ist eine solche Forderung auch deshalb, weil insbesondere eine medizinisch-​psychologische Begutachtung einen erheblichen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht darstellt (vgl. BVerfG vom 24.6.1993 BVerfGE 89, 69/83 f.), der in Fällen, in denen auch ohne Begutachtung außer Frage steht, dass der Betroffene die Fahreignung verloren hat und er sie bis zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt noch nicht wiedererlangt haben kann, nicht durch ein legitimes Erfordernis des Gemeinwohls gerechtfertigt wird. Dass das Verlangen nach Beibringung eines Fahreignungsgutachtens dann, wenn die (weiterhin bestehende) Fahrungeeignetheit des Betroffenen im Sinn von § 11 Abs. 7 FeV feststeht, nicht nur überflüssig, sondern - wegen Unnötigkeit - auch rechtswidrig ist, verdeutlicht ferner die Überlegung, dass das Landratsamt gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG, § 46 Abs. 1 FeV verpflichtet gewesen wäre, der Antragstellerin die Fahrerlaubnis selbst dann zu entziehen, wenn die Begutachtung (z.B. deshalb, weil die damit betrauten Ärzte oder Psychologen von unzutreffenden tatsächlichen oder rechtlichen Annahmen ausgegangen wären oder sie unvertretbare fachliche Wertungen vorgenommen hätten) ein für sie günstiges Ergebnis gezeitigt hätte.

Dahinstehen kann, ob das Verlangen nach Beibringung eines Fahreignungsgutachtens darauf hätte gestützt werden können, dass im Rahmen eines auf Entziehung der Fahrerlaubnis gerichteten Verwaltungsverfahrens gemäß Art. 24 Abs. 2 BayVwVfG dann, wenn hierfür ein hinreichender Anlass besteht, auch die dem Betroffenen günstigen Umstände (namentlich der Gesichtspunkt einer etwaigen, zwischenzeitlich eingetretenen Wiedererlangung der Fahreignung) geprüft werden müssen. Einen Sachverhalt, der auch nur entfernt als Anknüpfungspunkt für eine mögliche Wiedererlangung der Fahreignung in Betracht gekommen wäre, hat die Antragstellerin vor der medizinisch-​psychologischen Begutachtung allerdings nicht vorgetragen; auch aus den bis dahin angefallenen Akten ergaben sich nicht einmal entfernte dahingehende Anhaltspunkte. Wollte man - was der Senat ausdrücklich offen lässt - annehmen, die Behörde sei befugt, dem Gesichtspunkt einer etwaigen Wiedererlangung der Fahreignung auch bei unterbliebener Geltendmachung einer solchen Entwicklung durch den Betroffenen und bei fehlenden einschlägigen Anhaltspunkten von Amts wegen nachzugehen, so müsste die Gutachtensanforderung vom 9. Juni 2010 gleichwohl als rechtswidrig angesehen werden, weil die Frage, ob die Antragstellerin die Fahreignung wiedererlangt hatte, innerhalb der von der Behörde gesetzten Frist keinesfalls geklärt werden konnte. Denn Nachweise dafür, dass sie seit einem Jahr drogenfrei lebte, konnte sie, da hierfür u. a. eine ausreichende Zahl von das "Abstinenzjahr" abdeckenden Drogenscreenings erforderlich ist, weder bis zum 9. August 2010 noch innerhalb der bis zum 13. September 2010 verlängerten Beibringungsfrist vorlegen. Die Anforderung eines Fahreignungsgutachtens aber, die dem Adressaten etwas abverlangt, was er innerhalb der ihm gesetzten Frist keinesfalls erfüllen kann, ist rechtswidrig (vgl. u. a. BayVGH vom 14.9.2006, a.a.O., RdNr. 44).

Unerörtert bleiben kann vor diesem Hintergrund, ob sich die Rechtswidrigkeit der an die Antragstellerin gerichteten Forderung, ein Fahreignungsgutachten beizubringen, auch aus § 3 Abs. 3 StVG ergibt, wie das Verwaltungsgericht das angenommen hat, oder ob ein Verstoß gegen diese Vorschrift dann ausscheidet, wenn der Sachverhalt, der den Gegenstand eines anhängigen Strafverfahrens bildet, - wie hier der Fall - gleichsam nur einen "Mosaikstein" innerhalb einer Mehrzahl an Tatsachen bildet, derentwegen die Fahrerlaubnisbehörde Zweifel an der Fahreignung einer Person hegt.

Hat ein Kraftfahrer das von ihm geforderte Gutachten jedoch vorgelegt, hat sich dadurch die Anordnung in der Weise erledigt, dass nicht mehr davon gesprochen werden kann, die Behörde habe die auf diese Weise gewonnenen Erkenntnisse rechtswidrig erlangt. Vielmehr schafft das Gutachten eine neue Tatsache, der selbständige Bedeutung zukommt. Ein Verbot, diese Tatsache für die Entscheidung der Fahrerlaubnisbehörde zu verwerten, lässt sich aus den Regelungen der §§ 11 ff. FeV oder sonstigem innerstaatlichem Recht nicht ableiten. Einem Verwertungsverbot steht auch das Interesse der Allgemeinheit entgegen, vor Kraftfahrern geschützt zu werden, die sich aufgrund festgestellter Tatsachen als ungeeignet erwiesen haben (BVerwG vom 28.4.2010 Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 6 und vom 28.4.2010 Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 7; vgl. ferner BVerwG vom 18.3.1982 BVerwGE 65, 157/162 f.; vom 18.11.1983 Buchholz 442.16 § 15 StVZO Nr. 2; vom 19.3.1996 BayVBl 1997, 54).

Die in der Beschwerdebegründung aufgestellte Behauptung, die Berücksichtigung eines rechtswidrig angeforderten, gleichwohl aber vorgelegten Fahreignungsgutachtens verstoße gegen den Grundsatz der Menschenwürde, gegen eines der in Art. 2 GG verbürgten Grundrechte oder das Rechtsstaatsprinzip, hat die Antragstellerin nicht näher substantiiert. Insbesondere hat sie auf keine Stimmen in der Rechtsprechung oder im Schrifttum verwiesen, durch die ihr Standpunkt gestützt wird. Zwar ist sie zur Begründung einer Beschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe nicht verpflichtet. Auch dem Senat sind jedoch keine rechtlichen Gesichtspunkte ersichtlich, die geeignet wären, die vorstehend dargestellte, gefestigte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu erschüttern. Das gilt umso mehr, als nicht nur im deutschen, sondern auch im supranationalen Recht anerkannt ist, dass keineswegs jeder bei der Beweiserhebung unterlaufene Fehler auch ein Beweisverwertungsverbot nach sich zieht (vgl. die Ausführungen im jeweils letzten Absatz der Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 28.4.2010, a.a.O., und die dort referierten Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte). Da das in Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verbürgte Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit dem Einzelnen nicht nur ein subjektives Abwehrrecht verschafft, sondern die öffentliche Gewalt hierdurch auch verpflichtet wird, Gefahren abzuwehren, die den Trägern dieses Grundrechts von dritter Seite drohen (vgl. z.B. BVerfG vom 16.10.1977 BVerfGE 46, 160/164), spricht der in der Beschwerdebegründung enthaltene Hinweis auf Art. 2 GG eher für als gegen die Berücksichtigungsfähigkeit eines zwar rechtswidrig angeforderten, aber gleichwohl beigebrachten Gutachtens.

Soweit in der rechtspolitischen Diskussion die verfahrensrechtliche Position von Personen, die sich mit der behördlichen Forderung nach Beibringung eines Fahreignungsgutachtens konfrontiert sehen, als unbefriedigend angesehen wird (vgl. z.B. Henn, NJW 1993, 3169/3170; Gehrmann, NZV 1997, 10/12 f.; ders, NZV 2003, 10/12 f.; Jagow, NZV 2006, 27; Hillmann, DAR 2006, 128), beziehen sich diese Kritik und die hieran anknüpfenden Änderungsvorschläge auf die nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts nicht eröffnete Möglichkeit, bereits gegen ein derartiges Verlangen gerichtlichen Rechtsschutz zu erlangen. Die Auffassung, die Nichteröffnung des Rechtswegs gegen eine solche Verfahrenshandlung ziehe die Unverwertbarkeit eines rechtswidrig angeforderten, gleichwohl jedoch vorgelegten Fahreignungsgutachtens nach sich, wird - soweit dem Senat derzeit ersichtlich - in Rechtsprechung und Schrifttum nicht (in beachtlicher Weise) vertreten.

6. Ohne Auswirkungen auf die Richtigkeit des Beschlusses vom 7. Dezember 2010 und die fehlenden Erfolgsaussichten einer künftigen Beschwerde gegen die Nummern II und III jener Entscheidung ist es, dass das Amtsgericht Kaufbeuren die Antragstellerin am 22. März 2011 rechtskräftig von dem Vorwurf freigesprochen hat, durch die motorisierte Verkehrsteilnahme am 19. März 2010 ein Vergehen nach § 316 Abs. 2 StGB begangen zu haben. Da die Ausgangs- und die Widerspruchsbehörde die Frage der Fahreignung der Antragstellerin auf einer breiteren Tatsachengrundlage zu beurteilen haben, als das in dem gegen sie geführten Strafverfahren der Fall war (diese Verwaltungsbehörden haben namentlich auch den Gesichtspunkt des Verlusts - sowie ggf. der Wiedererlangung - der Fahreignung wegen des Konsums anderer Betäubungsmittel als des ärztlich verordneten Amfetaminsulfats zu beurteilen, dessentwegen sich die Antragstellerin des Verdachts der Trunkenheit im Verkehr ausgesetzt sah), würde das Urteil vom 22. März 2011 auch dann keine Bindungswirkung nach § 3 Abs. 4 StVG entfalten, wenn das Amtsgericht in den Gründen dieser Entscheidung ausdrücklich festhalten sollte, dass das Verhalten der Antragstellerin am 19. März 2010 nicht zum Verlust der Fahreignung geführt hat (vgl. zur fehlenden Bindungswirkung strafgerichtlicher Entscheidungen, die auf einer schmäleren Tatsachengrundlage als eine verwaltungsbehördliche Entziehung der Fahrerlaubnis beruhen, BVerwG vom 11.1.1988 Buchholz 442.10 § 4 StVG Nr. 78; vom 15.7.1988 Buchholz 442.10 § 4 StVG Nr. 83; vom 11.10.1989 Az. 7 B 150.89 , RdNr. 2; vom 1.4.1993 Buchholz 442.10 § 4 StVG Nr. 89; vom 17.2.1994 Buchholz 442.10 § 4 StVG Nr. 92; vom 19.3.1996 DÖV 1996, 878/879).

7. Dahinstehen kann, ob das Landratsamt dadurch gegen § 3 Abs. 3 Satz 1 StVG verstoßen hat, dass die Entziehung der Fahrerlaubnis auch auf die Einnahme eines amfetaminhaltigen Präparats durch die Antragstellerin am 19. März 2010 gestützt wurde. Da die Behörde nach § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG und nach § 46 Abs. 1 FeV bereits aufgrund des Konsums nicht ärztlich verordneter Betäubungsmittel durch die Antragstellerin zum Erlass einer solchen Maßnahme verpflichtet war, ist im Sinn von Art. 46 BayVwVfG offensichtlich, dass eine etwaige Nichtbeachtung der verfahrensrechtlichen Vorschrift des § 3 Abs. 3 Satz 1 StVG die getroffene Entscheidung nicht beeinflusst haben kann (vgl. zur Unbeachtlichkeit von Verstößen gegen § 3 Abs. 3 Satz 1 StVG in Fällen, in denen die Behörde im Ergebnis so wie geschehen entscheiden musste, BayVGH vom 14.2.2006 ZfS 2008, 116 f.; NdsOVG vom 11.12.2007 ZfS 2008, 114/116; OVG SA vom 25.8.2010 NJW 2010, 3465/3466; VG Meiningen vom 8.2.2011 Az. 2 K 3/11 Me RdNr. 28).

Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht, da sich bereits aus § 22 Abs. 1 Satz 1 GKG ergibt, dass die Antragstellerin die im Verfahren 11 C 10.3167 nach der Nummer 5502 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz angefallene Gebühr (sowie etwaige in diesem Rechtsstreit entstandene gerichtliche Auslagen) zu tragen hat, und außergerichtliche Kosten des Antragsgegners gemäß § 127 Abs. 4 ZPO i.V.m. § 166 VwGO nicht erstattet werden. Die Entbehrlichkeit einer Kostenentscheidung im Verfahren 11 CS 10.3168 ergibt sich daraus, dass das auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe gerichtete Verfahren gebührenfrei ist und etwaige insoweit angefallene gerichtliche Auslagen schon nach § 22 Abs. 1 Satz 1 GKG von der Antragstellerin zu tragen wären. Die fehlende Erstattungsfähigkeit außergerichtlicher Aufwendungen des Antragsgegners in diesem Rechtsstreit folgt aus § 118 Abs. 1 Satz 4 ZPO i.V.m. § 166 VwGO.