Das Verkehrslexikon
Verwaltungsgericht Freiburg Urteil vom 06.07.2005 - 1 K 1505/04 - Ermessen bei Festsetzung privilegierter Bewohnerparkplätze
VG Freiburg v. 06.07.2005: Zum Ermessen bei Festsetzung privilegierter Bewohnerparkplätze
Das Verwaltungsgericht Freiburg (Urteil vom 06.07.2005 - 1 K 1505/04) hat entschieden:
- Die verkehrsrechtliche Festsetzung privilegierter Bewohnerparkplätze erfolgt durch rechtlich selbständigen Verwaltungsakt. Ob die Straßenverkehrsbehörde bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen der §§ 6 Abs 1 Nr 14 iVm § 45 Abs 1b S 1 Nr 2a StVO von ihrer Ermächtigung zur Festsetzung privilegierter Bewohnerparkplätze Gebrauch macht liegt in ihrem Ermessen. Der Begriff des "Bewohners städtischer Quartiere", der auch Personen umfasst, die (-anders als bisher "Anwohner" -) mehr als nur zwei bis maximal drei Straßen vom Bewohnerparkplatz entfernt wohnen, stellt lediglich eine Obergrenze für die mögliche aber nicht verpflichtende Ausweisung von Bewohnerparkzonen dar, verbietet hingegen nicht die nach wie vor zulässige Ausweisung lediglich kleinräumiger, auf eine einzige Straße bezogener Bewohnerparkzonen.
- Die Erteilung des zugehörigen Bewohnerparkausweises erfolgt auf einer zweiten Stufe durch ebenfalls im Ermessen stehenden, selbständigen Verwaltungsakt. Übersteigt die Zahl der potentiell privilegierten Bewohner die Zahl der ausgewiesenen Bewohnerparkplätze, so kann die Straßenbehörde nach Ermessen den Kreis der Bewohner einschränken, denen sie einen Bewohnerparkausweis erteilt. Sachgerecht ist dabei die Differenzierung danach, wer von der Parkraumnot am stärksten betroffen ist (zB Ausschluss von Inhabern schon vorhandener eigener Stellplätze, von Zweitwohnungsinhabern, oder von Mitgliedern privater Car-Sharing-Organisationen) oder wer am nächsten in fußläufiger Entfernung von seiner Wohnung zum festgesetzten Bewohnerparkplatz wohnt.
- Übersteigt die Zahl der Bewohner mit Parkausweis die Zahl der festgesetzten Bewohnerparkplätze um mehr als das Dreifache, dürfte wohl die Grenze überschritten sein, ab der sinnvollerweise von einer echten "Privilegierung" von Innenstadtbewohnern zur Verhinderung der Stadtumlandflucht nicht mehr die Rede sein kann, wie sie der Zweck der gesetzlichen/verordnungsrechtlichen Ermächtigung erfordert.
Siehe auch Bewohnerparkzonen und Carsharing
Tatbestand:
Der Kläger begehrt mit seiner Klage von der Beklagten die Erteilung eines Bewohnerparkausweises.
Er ist Eigentümer des Wohn- und Geschäftshauses ...gasse 1/1 in der Altstadt in ..., die einen Durchmesser von lediglich ca.750m aufweist. In diesem Haus wohnt er mit seiner Frau und seinen beiden Kleinkindern und betreibt dort auch seine Anwaltskanzlei. In ca.300 m Entfernung hat er in der Tiefgarage der Tonhalle einen Stellplatz für monatlich 47 € gemietet.
Das Haus des Klägers liegt an der Ecke ...gasse/ ...gasse. Die ...gasse ist als Fußgängerzone ausgewiesen. Ein Einfahren mit dem PKW - auch nur zum kurzen Be- oder Entladen - ist dort nicht zulässig. In der ...gasse, die ca.290 m lang ist, ist auf der gesamten Länge kein uneingeschränktes Parken möglich, da die Beklagte hier entweder ein eingeschränktes oder an besonders engen Stellen ein absolutes Haltverbot festgesetzt hat. Auf eine Länge von ca.90 m hat die Beklagte aber durch entsprechende verkehrsrechtliche Beschilderung das Parken für „Bewohner mit Parkausweis“ (Zeichen 314.2) zugelassen, so dass hier je nach Fahrzeuglänge etwa 12 privilegierte Fahrzeuge geparkt werden können. Diese Bewohnerparkplätze liegen alle auf der westlichen Straßenseite der ...gasse etwa im nördlichen Drittel der ...gasse und beginnen etwa zwanzig Meter südlich der Einmündung der ...gasse in die ...gasse. Das südliche Ende der ...gasse ist auf etwa zwanzig Meter Länge als Fußgängerzone ausgewiesen. Außer der ...gasse münden noch zwei weiter Gassen von Osten her in die ...gasse: Die ...gasse und die ...gasse, in denen ein Parken jeweils nicht zulässig ist, weil hier von der Beklagten ein absolutes Haltverbot festgesetzt wurde.
Im übrigen Altstadtbereich sind noch insgesamt 9 andere solcher kleinräumigen Bewohnerparkzonen festgesetzt worden.
Die Bewohnerparkzone in der ...gasse war vom Technischen Ausschuss der Beklagten am 9.6.1988 aufgrund einer Beschlussvorlage vom 21.5.1988 noch unter Geltung des § 45 StVO (in der bis 31.12.2001 gültigen Fassung) ursprünglich als „Anwohnerparkzone“ festgesetzt worden. Die Praxis hinsichtlich der Vergabe der Anwohnerausweise wurde dahin festgelegt, dass Anwohner „nur diejenigen seien, die in den in Betracht kommenden Straßen tatsächlich amtlich gemeldet wohnen“ (so die Beschlussvorlage vom 21.5.1988).
Nach der Änderung des § 45 StVO durch die 35.ÄnderungsVO v.14.12.2001 (BGBl. I 3783) beriet die Verkehrskommission der Beklagten (besetzt mit Vertretern der Polizeidirektion, der Feuerwehr und des Bauamts), inwiefern im Hinblick auf den neuen § 45 Abs.1b) Nr.2a) StVO Änderungen oder Neuausweisungen von Sonderparkzonen vorzunehmen seien, da die neue Vorschrift nunmehr die „Kennzeichnung von Parkmöglichkeiten für die Bewohner städtischer Quartiere“ ermöglichte, also den „Anwohner“-begriff gegen den weiteren Begriff der „Bewohner“ ausgetauscht hatte. Sie holte dazu Stellungnahmen des Regierungspräsidiums und des Städtetages ein und kam zum Ergebnis, keine Änderung der Sonderparkzonenfestsetzung vorzunehmen, sondern lediglich die Beschilderung zu ändern, so dass nunmehr Parken nur für „Bewohner mit Parkausweis“ statt bisher für „Anwohner mit Parkausweis“ erlaubt wurde. Eine Änderung der Vergabepraxis der Bewohnerparkausweise wurde allerdings hinsichtlich der Bewohner der ... und ...-Straße beschlossen. Diesen sollte nunmehr bei bestehendem Bedarf hinsichtlich der Nutzung der Bewohnerparkzone in der ...straße ebenfalls ein Ausweis ausgestellt werden, weil die dortigen Sonderparkplätze nur spärlich genutzt würden. Damit wurden diese in den Kreis der berechtigten Bewohner bezüglich dieser Zone aufgenommen (Ergebnisprotokoll v.26.09.2003).
Aktuell hat die Beklagte 20 Bewohnerparkausweise vergeben, die zur Nutzung der ca.12 Bewohnerparkplätze in der ...gasse berechtigen. Die Vergabepraxis sieht nach den Angaben der Beklagten in der mündlichen Verhandlung so aus, dass auch Bewohnern von Häusern, die an die ...gasse und zugleich an die parallel dazu verlaufende, als Fußgängerzone ausgewiesene ... Straße grenzen, selbst dann, wenn diese Häuser postalisch und melderechtlich der ... Straße zugeordnet sind, in den Fällen ein Parkausweis erteilt wird, in denen diese Häuser einen Eingang zur ...gasse hin aufweisen.
Am 01.03.2004 beantragte der Kläger, ihm einen Bewohnerparkausweis zu erteilen. Nach Ziff. X Rdnr.35 der bundeseinheitlichen Verwaltungsvorschrift zu § 45 StVO sei ein Bewohnerparkausweis dem zu erteilen, der melderechtlich in dem „Bereich“ registriert sei und dort tatsächlich wohne. Das sei bei ihm der Fall, da er in der ...gasse und damit zweifelsohne in dem Bereich des städtischen Quartiers wohne, zu dem die ...gasse zähle.
Mit dem hier angegriffenen Bescheid vom 24.03.2004 lehnte die Beklagte die Erteilung eines Bewohnerparkausweises an den Kläger mit der Begründung ab, die ...gasse als Fußgängersonderweg sei nicht in den Bereich der Bewohnerparkzone einbezogen. Die Abgrenzung nach dem melderechtlichen Wohnsitz sei sachgerecht und klar und beuge hier auch einer weiteren Ausdehnung des Berechtigtenkreises vor, der nur den Parkdruck erhöhe, da sich dann noch mehr Personen die gleichbleibende Zahl der Sonderparkplätze teilen müssten. Für Bewohner von Eckhäusern sei dies verständlicherweise eine Regelung, die von diesen als unbillig empfunden werde, was aber bei jedem Grenzfall unvermeidlich sei. Durch eine Verwässerung der klaren Abgrenzungsregelung nach der Meldeadresse könne dem jedenfalls nicht begegnet werden.
Die vom Kläger zugleich beantragte Ausdehnung der Bewohnerparkzone ...gasse auch auf die ...gasse bzw. die Erweiterung des Berechtigtenkreises durch Aufnahme der ...gassenbewohner in den zu privilegierten Nutzung der Sonderparkplätze in der ...gasse lehnte die Verkehrskommission der Beklagten mit Beschluss vom 2.4.2004 ab, da dadurch nur noch der Parkdruck verschärft werde, weil schon jetzt mehr Bewohner der ...gasse einen Berechtigungsausweis hätten als dort Plätze vorhanden seien.
Gegen den ablehnenden Bescheid erhob der Kläger, nunmehr vertreten durch einen Fachanwalt für Verwaltungsrecht, am 2.4.2004 Widerspruch , den er im wesentlichen damit begründete, nach der Novellierung des § 45 sei eine kleinräumige Ausweisung von Sonderzonen nicht mehr zulässig. Der Verordnungszweck gebiete vielmehr, den Bewohnern städtischer Quartiere das fußläufige Erreichen von Stellplätzen in der Nähe ihrer Wohnung zu ermöglichen. Von daher hätte die Beklagte nicht einfach die alten Anwohnerparkzonen unverändert nun als Bewohnerparkzone ausweisen dürfen, sondern diese Zonen zu einem einheitlichen Bereich „... Altstadt“ zusammenfassen und so allen Bewohnern das bevorrechtigte Parken ermöglichen müssen. Der Kläger sei dann auch privilegiert, da er zweifelsohne in den Kreis der zu privilegierenden Bewohner des städtischen Quartiers Altstadt falle.
Das Regierungspräsidium ... wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 18.6.2004als unbegründet zurück. Eine Ausdehnung der bisherigen Anwohnerparkzonen zu einer großen Bewohnerparkzone sei nicht geboten, sondern durch die Neuregelung nur als Möglichkeit ins Ermessen der Behörde gestellt. Hier aber sei es ermessensfehlerfrei, wenn die Beklagte wegen des Parkdrucks an den kleinräumigen Parkzonenfestsetzungen festgehalten habe. Im übrigen sei es sachgerecht, an die melderechtliche Zuordnung zum festgesetzten Bereich anzuknüpfen. Insoweit habe sich durch die Änderung von „Anwohner“- in „Bewohner“parkzone auch rechtlich nichts anderes ergeben. Auch die Anwohner hätten nach früherer Rechtslage melderechtlich im Bereich der Sonderzone gemeldet sein müssen.
Dagegen erhob der Kläger am 12.7.2004 Klage beim Verwaltungsgericht.
Soweit die Beklagte argumentiere, er sei nicht in dem Bereich gemeldet, verkenne sie den Begriff „Bereich“, der das städtische Quartier meine. Schon nach der alten Rechtslage habe das Bundesverwaltungsgericht zum Anwohnerbegriff entschieden, dass dieser eine enge räumliche Verbindung zwischen Wohnung und Parkplatz verlange, was einen Nahbereich voraussetze, der in aller Regel nicht mehr als zwei bis drei Straßen umfasse. Schon nach alter Rechtslage sei er also sogar Anwohner der ...gasse gewesen, so dass er erst recht unter den weitergehenden Begriff des Bewohners des Bereichs fallen müsse.
Mit dem erhöhten Parkdruck könne die Beklagte nicht argumentieren. Vielmehr stehe es ihr frei, diesen durch eine Vergabepraxis nach sachgerechten Kriterien einzugrenzen (z.B. Reduzierung des privilegierten Bewohnerkreises auf Familien mit Kindern, Alte, Gehbehinderte oder Anwohner mit Geschäft und Praxis bzw. im übrigen nach Losverfahren). Für ihn sei es mit Kleinkindern jedenfalls unzumutbar, immer erst dreihundert Meter zum angemieteten Stellplatz laufen zu müssen, der ihm außerdem höhere Kosten als die lediglich einmalige Gebühr von 30 € für den Bewohnerparkausweis verursache.
Es sei auch willkürlich und verletzte Art.3 GG nur die melderechtlich in der Straße der Sonderparkzone Gemeldeten zu privilegieren, die direkt um die Ecke wohnenden Bewohner des städtischen Quartiers, die genauso privilegierungswürdig seien, hingegen außen vor zu lassen.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 24.3.2004 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums ... vom 18.6.2004 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm den beantragten Bewohnerparkausweis für die Bewohnerparkzone „...gasse“ zu erteilen und die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht, ein Ermessenfehler liege hinsichtlich der Parkzonenausweisung und der Ablehnung der Erteilung eines Bewohnerparkausweises nicht vor. Im übrigen habe der Kläger ja in fußläufiger Entfernung von 300m einen privaten Stellplatz gemietet. Außerdem stünden in der 20 m entfernten ...straße sowie im 100 m entfernten ... öffentliche Parkplätze zur Verfügung.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Behördenakten (je ein Heft Akten der Ausgangsbehörde und Widerspruchsbehörde) sowie auf die Gerichtsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist nur in dem im Tenor genannten Umfang begründet, im Übrigen jedoch unbegründet und insoweit abzuweisen. Die angegriffenen Bescheide sind wegen Ermessensfehlerhaftigkeit rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Er hat jedoch keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung des begehrten Bewohnerparkausweises, sondern lediglich Anspruch auf ermessensfehlerfreie Neubescheidung seines entsprechenden Antrags unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (§ 113 Abs. 1 S. 1 u. Abs. 5 S. 2 VwGO).
Nach § 6 Abs. 1 Nr. 14 StVG i.V.m. § 45 Abs. 1b Satz 1 Ziff. 2a StVO kann die Straßenverkehrsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde Parkmöglichkeiten für Bewohner städtischer Quartiere mit erheblichem Parkraummangel durch Anordnung der Freistellung der Berechtigten von angeordneten Parkraumbewirtschaftungsmaßnahmen anordnen. Es steht dabei in freiem Ermessen der Verkehrsbehörde, ob sie von dieser Berechtigung Gebrauch macht oder nicht. Einen Anspruch von Bewohnern städtischer Quartiere auf Parkraum begründet die Vorschrift nicht. Die verkehrsrechtliche Festsetzung erfolgt durch selbständigen, eigenständig anfechtbaren Verwaltungsakt. Hat die Straßenverkehrsbehörde wie im vorliegenden Fall von dieser Ermächtigung Gebrauch gemacht und durch Verwaltungsakt bevorrechtigte Bewohnerparkplätze verkehrsrechtlich festgesetzt, so erfolgt dann die Erteilung der zugehörigen Bewohnerparkausweise auf einer zweiten Stufe durch einen ebenfalls im Ermessen der Straßenverkehrsbehörde stehenden weiteren selbständigen Verwaltungsakt (zu dieser Zweistufigkeit der juristischen Konstruktion ausführlich: OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 27.11.2001 - A 10728/01= juris und OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 18.03.1996 - 25 A 3355/95 = NWVBl. 1996, 429=DÖV 1997, 748).
Voraussetzung für einen Anspruch auf Erteilung eines Anwohnerparkausweises ist demnach die verkehrsrechtliche Festsetzung der Bewohnerparkzone. Ist diese durch verkehrsrechtliche Anordnung bestandskräftig festgesetzt, so können ihre Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen auch in einem Verwaltungsstreitverfahren über die Erteilung eines Anwohnerparkausweises nicht mehr inzident überprüft werden. (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 18.03.1996 a.a.O.). Das bedeutet im vorliegenden Fall, dass der Kläger hier nicht mehr geltend machen kann, die Beklagte habe die Bewohnerparkzone in der ...gasse zu kleinräumig, nämlich unter Verstoß gegen die gesetzliche und verordnungsrechtliche Ermächtigungsgrundlage nicht auf das gesamte städtische Quartier der ... Altstadt ausgedehnt festgesetzt und damit auch den Kläger als Bewohner dieses städtischen Quartiers nicht in den Kreis der potenziell Privilegierten einbezogen. Hätte er dies geltend machen wollen, so hätte er nach der Ablehnung der von ihm seinerzeit auch beantragten Ausdehnung der Bewohnerparkzone ...gasse auf ein größeres, auch die ...gasse umfassendes Gebiet durch den Beschluss der Verkehrskommission der Beklagten vom 02.04.2004 einen ausdrücklich darauf abzielenden Antrag bzw. Verpflichtungswiderspruch erheben müssen. Das hat er hier jedoch gerade nicht getan. Vielmehr hat er lediglich Verpflichtungswiderspruch und Verpflichtungsklage hinsichtlich der Ablehnung der Erteilung eines Bewohnerparkausweises für die in der ...gasse festgesetzte Bewohnerparkzone erhoben.
Nur am Rande sei in diesem Zusammenhang der Klarstellung halber bemerkt, dass auch die novellierte Fassung des § 45 Abs. 1b Ziff. 2a StVO, mit der die Straßenverkehrsbehörde ermächtigt wurde, statt „Anwohner“parkzonen nunmehr „Bewohner“parkzonen für die Bewohner städtischer Quartiere auszuweisen, nicht etwa bedeutet, die Straßenverkehrsbehörde müsse ganze städtische Quartiere nunmehr großräumig als Parkzonen ausweisen, wenn sie von dieser Ermächtigung Gebrauch machen will. Vielmehr stellt diese Regelung wie auch schon zuvor die Regelung über die Anwohnerparkzonen lediglich eine Begrenzung der Ausweisung solcher Zonen nach oben hin dar und eröffnet die Möglichkeit, die durch den engeren Anwohnerbegriff ursprünglich nur auf die Ausweisung von zwei bis maximal drei Straßen begrenzte Festsetzung von Anwohnerparkzonen nunmehr auf deutlich mehr Straßen umfassende ganze städtische Quartiere und deren Bewohner bis zu maximal 1000 m Ausdehnung zu erweitern. Nach wie vor bedeutet dies aber nicht, dass damit nur ganz kleinräumige, nur eine einzige Straße umfassende Parkzonenfestsetzung begrifflich oder nach Sinn und Zweck der Ermächtigungsgrundlage unzulässig wären. Das ergibt sich schon aus der amtlichen Gesetzesbegründung zur Novellierung des § 6 Abs. 1 Nr. 14 StVG (Bundestagsdrucksache 14/4304), die bezugnehmend auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Mai 1998 (3 C 11/97 = BVerwGE 107, 38=NJW 1998, 2840) ausdrücklich von einer Verschiebung der „Obergrenze“ der Ausdehnung des räumlichen Bereichs von Bewohnerparkzonen spricht. Das ergibt sich zusätzlich aber auch aus der Verwaltungsvorschrift X, Ziff. 3 und Ziff. 4 zu § 45 StVO, die von „maximalen Obergrenzen“, im Übrigen aber unter Ziff. 4 auch ausdrücklich von „kleinräumigen“ Bereichsfestsetzungen spricht, in denen die ortsangemessene Ausdehnung wesentlich unterschritten wird und in denen eine prozentuale Freihaltung von mindestens 50 % der Parkplätze für auswärtigen Verkehr tagsüber ausnahmsweise nicht geboten ist.
Hat nun die Straßenverkehrsbehörde wie im vorliegenden Fall bestandskräftig eine sehr kleinräumige Ausweisung von Bewohnerparkplätzen (hier für lediglich 12 Fahrzeuge in der ...gasse) getroffen, so sind im Grundsatz alle Bewohner des städtischen Quartiers, in dem diese Bewohnerparkplätze ausgewiesen sind, zum Kreis der potenziell Privilegierten zu zählen. Das heißt, es sind nach Aufgabe des engen Anwohnerbegriffs durch den Verordnungsgeber potenziell sogar solche Personen privilegiert, die weiter als lediglich zwei oder drei Straßen entfernt von dem Bewohnerparkplatz wohnen, da auch sie noch dem Begriff nach als „Bewohner“ anzusehen sind (vgl. im Einzelnen zum Begriff des Anwohners als eines maximal zwei bis drei Straßen vom privilegierten Parkplatz entfernt Wohnenden: BVerwG, Urt. v. 28.05.1998 - 3 C 11/97=NJW 1998, 2840). Stehen diesem sehr großen Kreis von potenziell Privilegierten aber wie im vorliegenden Fall nur sehr wenige privilegierte Parkplätze gegenüber, so hat die Straßenverkehrsbehörde in einer sachgerechten, willkürfreien und dem Sinn und Zweck der gesetzlichen und verordnungsrechtlichen Ermächtigungsgrundlage entsprechenden Weise den Kreis derjenigen Bewohner nach ihrem Ermessen zu begrenzen, die tatsächlich durch Erteilung von Bewohnerparkausweisen in den Genuss einer privilegierten Nutzungsmöglichkeit hinsichtlich der ausgewiesenen Parkplätze kommen sollen. Mit anderen Worten, wenn der Parkraumbedarf der Wohnbevölkerung im betroffenen Gebiet so groß ist, dass er auch durch eine überwiegende Reservierung der öffentlichen Parkflächen für diesen Personenkreis nicht gedeckt werden kann, kann es zur Steigerung der Attraktivität innerstädtischer Wohngebiete geboten sein, bei der Vergabe der Parkausweise nicht alle Bewohner zu begünstigen, sondern nur diejenigen, die von der Parkraumnot am Stärksten betroffen sind. In diesem Sinne kann es z. B. eine sachgerechte Ermessensausübung darstellen, wenn die Verkehrsbehörde solchen Personen keine Parkausweise erteilt, die auf einem eigenen Grundstück notwendig vorzuhaltende Stellplätze besitzen (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 27.11.2001 - 7 A 10728/01=juris) oder die nur mit einer Nebenwohnung in diesem Bereich gemeldet sind (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 18.03.1996 - 25 A 3355/95 = DÜV 1997, 743) oder die Mitglieder einer nicht nur gewerblichen, sondern privaten Car-Sharing-Organisation sind (OVG Bremen, Urt. v. 21.05.2003 - 1 B 1.02=juris). Für ermessensfehlerfrei wird es in der Rechtsprechung insoweit auch gehalten, bei der Begrenzung des Kreises der Parkberechtigten danach zu differenzieren, ob es sich lediglich um mit Zweitwohnsitz gemeldete Studenten oder dauerhaft ansässige Angehörige der örtlichen Wohnbevölkerung handele, da letztere ungleich stärker auf privilegierte Parkplätze angewiesen seien als erste und im Übrigen auch weniger auf die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel verwiesen werden könnten als erstere (vgl. VG Köln, Urt. v. 03.04.1987 - 4 K 2128/86=NVwZ 1988, 669).
Eine Begrenzung der Ermessensausübung ergibt sich in diesem Zusammenhang auch aus dem Sinn und Zweck der Ermächtigungsnorm (§ 40 VwVfG), der darin besteht, die Parkraumsituation innerstädtischer Wohngebiete zu verbessern, um durch die ausdrückliche und ausnahmsweise Privilegierung der dortigen Wohnbevölkerung den städtebaulich nicht zu erwünschten Folgen der Stadtumlandauswanderung entgegenzuwirken, das Wohnumfeld zu verbessern und damit die Erhaltung und Modernisierung dieser Wohngebiete zu fördern, indem den Bewohnern dieser Wohngebiete ermöglicht wird, leichter einen Parkplatz zu finden, wenn sie mit dem Wagen nach Hause kommen (Bundestagsdrucksache 8/3150, S. 9), wobei es darauf ankommt in „fußläufiger Entfernung in der Nähe ihrer Wohnung“ einen Parkplatz finden zu können. Daraus ergibt sich eine gewisse Obergrenze für die Zahl der privilegierten Bewohner, denen das Recht eingeräumt wird, eine geringere Anzahl von bevorrechtigten Parkplätzen, die nicht für alle Privilegierten ausreicht, in konkurrierender Weise zu nutzen. Würde der Kreis der Privilegierten so weit gefasst, dass sich gewissermaßen das Verhältnis der Zahl der Privilegierten zur Anzahl der vorgehaltenen Sonderparkplätze so weit verdünnt, dass von einem „Privileg“ keine Rede mehr sein kann, so wäre dies vom Ermächtigungszweck nicht mehr gedeckt. Würden etwa 100 Bewohner um lediglich 10 Anwohnerparkplätze konkurrieren, so könnte eine solche 10prozentige Chance, einen Parkplatz erhalten, kaum noch als wirklich nennenswertes Privileg im Sinne der gesetzlichen Ermächtigung bezeichnet werden, das den Zweck, das Wohngebiet in der Innenstadt attraktiver zu machen, noch erfüllen könnte.
Von daher stellt es im vorliegenden Fall im Rahmen der Ermessensausübung der Beklagten bei der Bestimmung des Kreises der bevorrechtigten Bewohner zwar durchaus ein sachgerechtes Kriterium dar, darauf abzustellen, ob diese ihren Hauseingang und damit auch ihre melderechtliche Registrierung in der ...gasse haben oder nicht. Der Ermessensfehler, auf den hin die Entscheidung der Beklagten vom Verwaltungsgericht überprüft werden kann (§ 40 VwVfG i.V.m. § 114 VwGO) liegt im vorliegenden Fall jedoch darin, dass es die Beklagte hier dabei hat bewenden lassen, auf einzig dieses Kriterium abzustellen, ohne dabei auch die gemessen am Gleichheitsgrundsatz problematischen Auswirkungen zu bedenken, die sich im konkreten Einzelfall, wie hier etwa im Fall des Klägers, aus dieser strikten und ausnahmslosen bzw. nicht durch zusätzliche Sonderkriterien weiter aus-differenzierten Vergabepraxis ergeben. Privilegiert werden nämlich ausschließlich die Anwohner der ...gasse und zwar dieser Straße auf ihre gesamte Länge, so dass auch Anwohner privilegiert werden, die deutlich weiter von den ausgewiesenen Bewohnerparkplätzen entfernt wohnen als der Kläger. In den Genuss des Privilegs kommen sogar alle am südlichen Ende der ...gasse und damit gegebenenfalls bis zu etwa 200 m von den ausgewiesenen Bewohnerparkplätzen entfernt wohnende Anwohner der ...gasse, während der Kläger, der mit seinem Eckhaus wie alle anderen Anwohner auch unmittelbar als Straßenangrenzer an die ...gasse grenzt, von der Privilegierung ausgeschlossen bleibt, obwohl er in einer Entfernung von nur ca. 60 m zu dem nächstgelegenen Bewohnerparkplatz wohnt und somit diesen Plätzen, was die fußläufige Entfernung angeht, deutlich näher steht. Parkplätze in fußläufiger Erreichbarkeit von der Wohnung für Bewohner von Innenstädten mit Parkraummangel zu schaffen ist aber gerade der entscheidende Sinn und Zweck der gesetzlichen bzw. verordnungsrechtlichen Ermächtigungsgrundlage.
Hinzu kommt, dass das bloße Kriterium der rein formalen und im Einzelfall eher von Zufälligkeiten abhängigen melderechtlichen Adresse und Postanschrift, wie es die Beklagte im vorliegenden Fall hinsichtlich des insoweit in der ...gasse gemeldeten Klägers angewandt hat, zu einem sachwidrigen Ergebnis führen kann. Dass die Beklagte mit ihrer eigenen Vergabepraxis dieses Kriterium in anderen Fällen nicht so streng handhabt, zeigt schon der Umstand, dass auch Anwohnern der ...gasse Bewohnerparkausweise erteilt werden, deren Wohnhäuser melderechtlich und postalisch der ... Straße zugeordnet sind, die aber einen Zugang zur ...gasse auf der rückwärtigen Seite aufweisen. Auch hinsichtlich der Bewohnerparkzone in der ...straße erteilt die Beklagte selbst Bewohnern benachbarter Straßen (... und ...-Straße) Bewohnerparkausweise, obwohl diese nicht in der ...straße postalisch und melderechtlich registriert sind, was ebenfalls zeigt, dass die Vergabepraxis in diesem Fall nicht zwingend der ursprünglich vom Technischen Ausschuss 1988 festgelegten Vergabe von Parkausweisen nur an solche Bewohner entspricht, die in der Straße, in der die Bewohnerparkplätze liegen, auch melderechtlich registriert sind und tatsächlich wohnen. Soweit aber nach der bezüglich der ...gasse geübten Vergabepraxis auf das Vorhandensein des Zugangs zur ...gasse abgestellt wird, bleibt hier außer Betracht, dass der um die Ecke herum in der ...gasse gelegene Hauseingang des Klägers diesem, was eine Anfahrbarkeit mit einem Fahrzeug angeht, gar keinen Vorteil bringt, da die ...gasse selbst - anders als die ...gasse - als Fußgängerzone ausgewiesen und damit bezüglich des Fahrzeugverkehrs vollständig entwidmet ist.
Nach allem wird die Beklagte im Rahmen der Neubescheidung des Antrags des Klägers Überlegungen dazu anzustellen haben, ob nicht der Kreis der privilegierten Bewohner nach dem Kriterium der Entfernung ihrer Wohnung zu den ausgewiesenen Stellplätzen und danach zu bestimmen ist, ob ihr Wohnhaus direkt an die ...gasse angrenzt, ungeachtet dessen, ob sich eventuell bei manchen der Eckhäuser an seitlich einmündenden anderen Straßen der Hauszugang nun zufällig in dieser Seitenstraße befindet oder auf die ...gasse führt.
Jedenfalls dort, wo die Seitenstraßen entweder als Fußgängerzone ausgewiesen oder in Folge eines festgesetzten absoluten Halteverbots für das Parken nicht nutzbar sind, wäre zu erwägen, auch die Bewohner von Eckhäusern mit Zugängen zu solchen zum Parken nicht nutzbaren Seitenstraßen in den Kreis der privilegierten Bewohner aufzunehmen und dafür in einem Radius von den privilegierten Stellplätzen weiter entfernt wohnende Bewohner aus dem privilegierten Anwohnerkreis herauszunehmen.
Dabei darf der Gedanke eine Rolle spielen, ob sich in Folge einer solchen Änderung der Vergabepraxis die Zahl der potenziell Nutzungsberechtigten derart deutlich und signifikant erhöht, dass von einer Privilegierung kaum noch die Rede sein kann. Das wird wohl bei einer Zahl von Bewohnern, die nur doppelt so groß ist, wie die Zahl der vorhandenen Bewohnerparkplätze noch ebenso wenig der Fall sein, wie bei einer dreifach so großen Zahl. Würde sich hier also die Zahl der Privilegierten auf maximal 36 erhöhen, so wäre wohl in etwa eine Grenze erreicht, ab der dann von einem Privilegierungseffekt sinnvollerweise kaum noch die Rede sein könnte.
Zu berücksichtigen ist auch, dass die Bewohnerparkausweise ohnehin nur jährlich vergeben werden, so dass die Beklagte ohne Weiteres auf eine sich anderweit entwickelnde Nachfrage oder Änderung der Parkdrucksituation auch in zeitlich ausreichenden Abständen durch Korrektur der Vergabepraxis, die sie unter Kontrolle halten muss, reagieren kann.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 S. 1 und § 162 Abs. 2 S. 2 VwGO. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten durch den Kläger im Vorverfahren war notwendig. Denn auch einem Rechtsanwalt ist grundsätzlich nicht zuzumuten, eine eigene Rechtssache persönlich zu vertreten, wenn sich ein vernünftiger Bürger auf gleichem Bildungsniveau und Erfahrungsniveau bei gegebener Sach- und Rechtslage im allgemeinen eines Rechtsanwalts bedienen würde. Insoweit kommt es auf die speziellen Rechtskenntnisse des Anwalts nicht an (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.10.1980 - 8 C 10/80, BVerwGE 61, 100=DVBl. 1981, 680 und BVerwG, Urt. v. 26.11.1985 - 8 C 115/83=VBlBW 1986, 257 sowie im Anschluss daran VG Oldenburg, Beschl. v. 18.07.1994 - 5 A 726/91 = NVwZ-RR 1995, 62, die darauf abstellen, dass es auch einem Rechtsanwalt nicht stets oder in aller Regel zuzumuten ist, eine eigene Rechtssache persönlich zu vertreten, da die Zumutbarkeit, auf die es in diesem Zusammenhang entscheiden ankomme, nicht allein eine Frage mehr oder minder spezieller Rechtskenntnisse sei, sondern unter anderem auch eine mit der Kompliziertheit des Falles zunehmenden Befangenheit).