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Finanzgericht Dessau-Roßlau Urteil vom 12.11.2013 - 4 K 993/10 - Einstufung eines VW-Transporters als Personenwagen oder Lastkraftwagen
FG Dessau-Roßlau v. 12.11.2013: Zur Einstufung eines VW-Transporters als Personenwagen oder Lastkraftwagen bei der Kfz-Steuer
Das Finanzgericht Dessau-Roßlau (Urteil vom 12.11.2013 - 4 K 993/10) hat entschieden:
- Bei einem Kleinbus VW-Transporter T4, bei dem die zur Personenbeförderung dienende Bodenfläche größer ist als die Hälfte der gesamten Nutzfläche des Fahrzeugs, handelt es sich kraftfahrzeugsteuerrechtlich um einen Personenkraftwagen.
- Die Entfernung einer oder beider Sitzbänke zur Erhöhung der Zulademöglichkeit bewirkt nicht, dass das Fahrzeug deshalb als Lastkraftwagen (Lkw) einzuordnen wäre. Erst wenn die Befestigungsvorrichtungen auf Dauer unbrauchbar gemacht werden, könnte auf eine überwiegende Nutzung des Fahrzeugs zur Lastenbeförderung geschlossen werden.
- Dass die Sicherheitsgurte nicht an der Karosserie, sondern an den Sitzen befestigt sind, ist für die kraftfahrzeugsteuerliche Einordnung eines Fahrzeugs unerheblich, solange es den geltenden straßenverkehrsrechtlichen Zulassungsbestimmungen entspricht.
- Auch dass das Fahrzeug neben der Heckklappe nur über zwei Türen und eine Schiebetür verfügt, widerspricht nicht der Einordnung des Fahrzeugs als Pkw.
Siehe auch Einordnung als Pkw oder Lkw bei der Kfz-Steuer und Kraftfahrzeugsteuer - Kfz -Steuer
Tatbestand:
Der Beklagte erließ am 21. November 2005 einen Bescheid über Kraftfahrzeugsteuer, in dem er die Steuer für das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen ... für die Zeit vom 1. Mai 2005 bis 22. Februar 2006 auf 736,00 € und für die Zeit ab dem 23. Februar 2006 auf jährlich 901,00 € festsetzte. Bei dem Fahrzeug handelt es sich um einen „PKW geschlossen“ 70XOB Kleinbus mit der Handelsbezeichnung VW-Transporter T4. Bei seiner Erstzulassung am 22. Januar 1991 verfügte das Fahrzeug neben dem Fahrersitz über 7 Sitzplätze. Zur Begründung der Steuerfestsetzung wurde in dem angefochtenen Bescheid ausgeführt, dass sich die Besteuerungsgrundlagen für das Fahrzeug mit der Aufhebung des § 23 Abs. 6a Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) zum 1. Mai 2005 geändert hätten. Die Besteuerung richte sich ab diesem Stichtag ausschließlich nach objektiven Beschaffenheitskriterien, insbesondere nach Bauart, Einrichtung und äußerem Erscheinungsbild des Fahrzeugs. Bei hiernach vorrangig zur Personenbeförderung ausgelegten und gebauten Fahrzeugen (z. B. Geländewagen, Großraum-Limousinen, Kleinbusse, Pickups) sei die Steuer nach dem Hubraum und den Schadstoffemissionen zu bemessen.
Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 20. Dezember 2005 Einspruch ein. Zur Begründung führte er unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Finanzgerichts Köln vom 28. November 2005 (6 V 3715/05, EFG 2006, 444) aus, dass sein Fahrzeug die Kriterien für die Eingruppierung in die Klasse AF – anderes Fahrzeug – erfülle. Daher habe die Besteuerung weiterhin nach Gewicht zu erfolgen. Die geltenden EU-Richtlinien seien aufgrund der gesetzlichen Vorgabe des § 2 Abs. 2 Kraftfahrzeugsteuergesetz (KraftStG) zu beachten. § 2 Abs. 2 Satz 1 KraftStG verweise auf die verkehrsrechtlichen Vorschriften. Zu den maßgeblichen Vorschriften gehöre auch die EU-Richtlinie 2001/116/EG vom 20. Dezember 2001 (Abl. EG Nr. L 18 S. 1) i.V.m. der Richtlinie 70/156/EWG vom 6. Februar 1970 (Abl. EG Nr. L 42 S. 1), welche die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Betriebserlaubnis für Kraftfahrzeuge zum Gegenstand habe. In dem Anhang II der Richtlinien würden die Begriffsbestimmungen für Fahrzeugklassen und Fahrzeugtypen vorgenommen. Danach sei sein Fahrzeug – ausweislich des Gliederungspunktes C – als sogenanntes Mehrzweckfahrzeug der Klasse M 1 AF einzuordnen. Ein solches Mehrzweckfahrzeug werde jedoch dann nicht als solches der Klasse M 1 (Personenkraftwagen) angesehen, wenn es außer dem Fahrersitz nicht mehr als sechs Sitzplätze habe und außerdem die Voraussetzungen der Formel: P - (M + N x 68) > N x 68 erfülle. Dabei sei P das technisch zulässige Gesamtmasse in kg, M die Masse in fahrbereitem Zustand in kg und N die Zahl der Sitzplätze außer dem Fahrersitz. Diese Voraussetzungen seien im Streitfall gegeben, da bei Anwendung dieser Formel auf sein Fahrzeug P=438 und damit größer 4 x 68 (=272) sei.
Der Beklagte führte hierzu mit Schreiben vom 8. Februar 2006 aus, dass das Fahrzeug lt. Fahrzeugpapieren über acht Sitze verfüge, so dass bereits die erste Voraussetzung der Richtlinie nicht vorliege. Auch wenn die Formel der Richtlinie erfüllt sei (P=739 sei größer als 7 x 68 [476]), sei eine verkehrsrechtliche Einstufung des Fahrzeuges zur Güterbeförderung nicht möglich, weil beide Kriterien zugleich erfüllt sein müssten. Es bleibe bei der Einstufung M 1 (Personenkraftwagen).
Dagegen wandte der Kläger am 23. Februar 2006 ein, dass sein Fahrzeug immer nur über 7 Sitze (inkl. Fahrer) verfügt habe. Telefonisch erläuterte er, dass die Reduzierung auf 7 Sitzplätze noch von der Zulassungsstelle bestätigt werden müsse. Anschließend schickte er eine entsprechende Bescheinigung der Kraftfahrzeugzulassungsstelle.
Anschließend ließen die Beteiligten das Einspruchsverfahren ruhen bis zur Entscheidung des Bundesfinanzhofes über bei ihm anhängige vergleichbare Verfahren.
Am 30. März 2006 erließ der Beklagte einen Änderungsbescheid, der aufgrund einer zu berücksichtigenden günstigeren Schadstoffklasse erging. Die Steuer wurde für die Zeit vom 1. Mai 2005 bis 9. Februar 2006 auf 704,00 € und für die Zeit ab 10. Februar 2006 auf 798,00 € herabgesetzt. Das Fahrzeug des Klägers wurde jedoch weiterhin als Personenkraftwagen klassifiziert. Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 4. April 2006 erneut Einspruch ein, weil das Fahrzeug bereits vor dem 1. Mai 2005 als schadstoffarm eingestuft worden sei. Daraufhin wurde die Kfz-Steuer ab dem 1. Mai 2005 mit erneutem Änderungsbescheid vom 28. April 2006 auf jährlich 798,00 € festgesetzt. In den Erläuterungen zu diesem Bescheid wurde ausgeführt, dass dem Antrag in vollem Umfang entsprochen worden sei und somit der Einspruch vom 4. April 2006 als erledigt angesehen werde, obwohl es weiterhin bei der Eingruppierung des Fahrzeuges als Personenkraftwagen verblieb.
Mit Bescheid vom 8. Mai 2007 änderte der Beklagte die Kraftfahrzeugsteuerfestsetzung erneut, und zwar gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 KraftStG zur Berücksichtigung eines gesetzlich vorgeschriebenen Tarifwechsels. Die Steuer wurde für die Zeit vom 1. Mai 2006 bis 31. März 2007 auf 733,00 €, für die Zeit vom 1. bis 30. April 2007 auf 68,00 € und für die Zeit ab 1. Mai 2007 auf 827,00 € festgesetzt.
Nachdem der Bundesfinanzhof über die bei ihm anhängigen vergleichbaren Verfahren entschieden hatte, wies der Beklagte den Einspruch des Klägers mit Einspruchsentscheidung vom 18. Juni 2010 ab. Das Fahrzeug des Klägers unterliege gemäß § 8 Nr. 1 KraftStG der emissionsbezogenen Hubraumbesteuerung, weil es kraftfahrzeugsteuerrechtlich ein Personenkraftwagen sei. Diese steuerliche Einstufung ergebe sich aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 1. Oktober 2008 (Aktenzeichen II R 63/07), das vom Bundesverfassungsgericht bestätigt worden sei.
Wegen des Wegfalls des Zuschlags nach § 9a KraftStG ab 1. April 2010 änderte der Beklagte die Kraftfahrzeugsteuerfestsetzung mit weiterem Bescheid vom 23. Juni 2010 erneut und setzte die Steuer für die Zeit vom 1. Mai 2010 bis 31. März 2011 auf 759,00 €, für die Zeit vom 1. bis 30. April 2011 auf 65,00 € und für die Zeit ab 1. Mai 2011 auf 798,00 € fest. Das Ende der Steuerpflicht wurde durch Bescheid vom 14. Dezember 2011 auf den 29. November 2011 festgesetzt.
Dagegen hat der Kläger im vorliegenden Verfahren Klage erhoben. Zur Begründung trägt er ergänzend vor, objektiv betrachtet habe das Fahrzeug in der 1. und 2. Reihe insgesamt nur vier Sitze mit Fahrer gehabt, "weil sie nur vier Personen seien". Es habe keine Gurtbefestigungen an der Karosserie gegeben, diese seien vielmehr an den Sitzen befestigt gewesen. Diese seien ohne Werkzeug mit einem Handgriff aus ihrer Befestigung zu lösen und herauszunehmen gewesen. Dann sei es ein Transporter mit 4 m² Laderaum gewesen. Außerdem habe das Fahrzeug neben der Heckklappe nur über zwei Türen und eine Schiebetür verfügt. Auch dies spreche gegen die Annahme eines reinen PKW, der nach den Richtlinien des Königsberger Ladungssicherungskreises e.V. (KLSK) zwei oder vier Türen haben müsse.
Das Fahrzeug sei 4,80 m lang, 2,00 m hoch und 1,85 m breit gewesen. Die Gesamtgrundfläche habe 5,71 m². Sowohl mit zwei als auch mit vier Sitzen sei der Fahrgastraum mit 1,12 m² und 1,97 m² kleiner als die Ladefläche mit 3,79 m² bzw. 4,59 m².
Im Übrigen beruft sich der Kläger auf das Urteil des BFH vom 24. Februar 2010 (II R 6/08, BStBl II 2010, 994) und auf die DIN 70010 (Systematik der Straßenfahrzeuge), wonach das streitige Fahrzeug nicht als PKW besteuert werden dürfe, weil die Nutzlast des Fahrzeugs mit 1.215 kg mehr als 800 kg betrage und weil es als "anderes Fahrzeug" bzw. als "Mehrzweckfahrzeug" anzusehen sei.
Der Kläger beantragt,
die Kraftfahrzeugsteuer für das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen ... abweichend von dem Bescheid vom 21. November 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18. Juni 2010 sowie abweichend von den Bescheiden vom 23. Juni 2010 und 14. Dezember 2011 mit der Maßgabe festzusetzen, dass auch in der Zeit nach dem 30. April 2005 die Besteuerung weiterhin nach dem zulässigen Gesamtgewicht des Fahrzeugs zu erfolgen hat.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hält an seiner im Verwaltungsverfahren vertretenen Rechtsauffassung fest. Er trägt ergänzend vor, die Abgrenzung zwischen Lastkraftwagen und Personenkraftwagen sei nach der objektiven Beschaffenheit des Fahrzeugs vorzunehmen. Dabei seien folgende Merkmale von besonderer Bedeutung: die Zahl der Sitzplätze, die verkehrsrechtlich zulässige Zuladung, die Größe der Ladefläche, die Ausstattung mit Sitzbefestigungspunkten und Sicherheitsgurten, die Verblechung der Seitenfenster, die Beschaffenheit der Karosserie, die Motorisierung sowie die Höchstgeschwindigkeit des Fahrzeugs und bei Serienfahrzeugen die Konzeption des Herstellers.
Konzeptionell sei das streitige Fahrzeug ein Kleinbus, der vorrangig zur Personenbeförderung bestimmt sei. Es sei rundum verglast und verfüge über Befestigungsvorrichtungen nebst Gurtbefestigungspunkten für sieben Personen. Durch die in drei Reihen angebrachten Sitzbänke des Fahrzeugs sei die zur Personenbeförderung dienende Fläche größer als seine Ladefläche. Weder Nutzlast, Motorisierung noch die erreichbare Höchstgeschwindigkeit von 139 km/h seien lastkraftwagen-typisch.
Die Entfernung einer oder beider Sitzbänke zur Erhöhung der Zulademöglichkeit bewirke nicht, dass das Fahrzeug deshalb als LKW einzuordnen sei. Dadurch werde die Eignung zur Personenbeförderung lediglich eingeschränkt, aber nicht aufgehoben. Solange das Fahrzeug über Befestigungsvorrichtungen für Sitzbänke und Gurtbefestigungen verfüge, könne es jederzeit durch den Einbau einer oder beider Sitzbänke vorwiegend zur Personenbeförderung genutzt werden. Erst wenn die Befestigungsvorrichtungen auf Dauer unbrauchbar gemacht werden würden – was im Streitfall offensichtlich nicht geschehen sei -, könne auf eine überwiegende Nutzung des Fahrzeugs zur Lastenbeförderung geschlossen werden.
Dem Gericht haben zwei Bände Steuerakten vorgelegen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage hat keinen Erfolg.
Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).
Die im Streitfall maßgebende Rechtsfrage, nämlich die steuerrechtliche Einstufung eines Kraftfahrzeugs als Personen- oder Lastkraftwagen, ist durch eine Vielzahl von Entscheidungen der Finanzgerichte und des Bundesfinanzhofs weitestgehend geklärt.
Das geltende Kraftfahrzeugsteuergesetz enthält keine eigenständigen Definitionen der Begriffe "Personenkraftwagen" und "Lastkraftwagen". Nach den gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 KraftStG "jeweils geltenden verkehrsrechtlichen Vorschriften" sind "Personenkraftwagen" im Sinne des § 8 Nr. 1 KraftStG Kraftfahrzeuge, die nach ihrer Bauart und Ausstattung zur Beförderung von nicht mehr als neun Personen (einschl. Führer) geeignet und bestimmt sind (§ 4 Abs. 4 Nr. 1 des Personenbeförderungsgesetzes -PBefG-). Ein Lastkraftwagen ist hingegen ein Kraftfahrzeug, das nach Bauart und Einrichtung nicht zur Beförderung von Personen, sondern zur Beförderung von Gütern bestimmt ist (§ 4 Abs. 4 Nr. 3 PBefG). Dessen Besteuerung erfolgt gemäß § 8 Nr. 2 KraftStG als "anderes Fahrzeug" nach dem verkehrsrechtlich zulässigen Gesamtgewicht (BFH-Urteil vom 01.10.2008 - II R 63/07, BStBl II 2009, 20).
Die verkehrsrechtliche Einstufung als Personen- oder Lastkraftwagen ist kraftfahrzeugsteuerrechtlich jedoch nicht bindend (BFH-Urteil vom 30.09.1981 - II R 56/78, BStBl II 1982, 82). Verbindlich für das Finanzamt sind die Feststellungen der Zulassungsbehörde nach § 2 Abs. 2 Sätze 2 und 3 KraftStG nur für die Einstufung eines Fahrzeugs in Emissionsklassen und für die Beurteilung von Besteuerungsgrundlagen "technischer Art“.
Da die verkehrsbehördliche Zulassung als Personen- oder Lastkraftwagen insoweit also keinen Grundlagenbescheid im Sinne des § 171 Abs. 10 der Abgabenordnung -AO- darstellt, ist die Finanzbehörde nach § 88 AO und § 6 Kraftfahrzeugsteuer-Durchführungsverordnung -KraftStDV- berechtigt, eigenverantwortlich zu prüfen, ob die verkehrsrechtliche Einstufung durch die Zulassungsbehörde kraftfahrzeugsteuerrechtlich zutreffend ist. Auch der Fahrzeugklassifikation des Herstellers und der darauf beruhenden verkehrsrechtlich orientierten Beurteilung durch das Kraftfahrtbundesamt kommt keine kraftfahrzeugsteuerrechtliche Bindungswirkung zu (BFH-Urteil vom 08.02.2001 - VII R 73/00, BStBl II 2001, 368).
Als für die Einstufung relevante Merkmale zu berücksichtigen sind z. B. die Zahl der Sitzplätze, die verkehrsrechtlich zulässige Zuladung, die Größe der Ladefläche, die Ausstattung mit Sitzbefestigungspunkten und Sicherheitsgurten, die Verblechung der Seitenfenster, die Beschaffenheit der Karosserie und des Fahrgestells, die Motorisierung und die damit erreichbare Höchstgeschwindigkeit, das äußere Erscheinungsbild und bei Serienfahrzeugen die Konzeption des Herstellers (BFH-Urteile vom 26.11.1991 - VII R 88/90, BFH/NV 1992, 414, vom 26.06.1997 - VII R 12/97, BFH/NV 1997, 810, vom 05.05.1998 - VII R 104/97, BStBl II 1998, 489, und vom 01.08.2000 - VII R 26/99, BStBl II 2001, 72).
Zu den Merkmalen, denen bei der Zuordnung eines Fahrzeugs zum Typ des Personen- oder Lastkraftwagens besonderes Gewicht beizumessen ist, gehören insbesondere die Größe der Ladefläche des Fahrzeugs und die verkehrsrechtlich zulässige Zuladung, weil diese Merkmale von besonderer Bedeutung dafür sind, ob die Möglichkeit einer Benutzung des Fahrzeugs zur Lastenbeförderung gegenüber seiner Eignung zur Personenbeförderung Vorrang hat. Im Interesse praktikabler Zuordnungsmaßstäbe und der um der Rechtssicherheit willen geforderten Vorhersehbarkeit kraftfahrzeugsteuerrechtlicher Zuordnungen hält es der Bundesfinanzhof für gerechtfertigt, typisierend davon auszugehen, dass Fahrzeuge nicht vorwiegend der Lastenbeförderung zu dienen geeignet und bestimmt sind, wenn ihre Ladefläche oder ihr Laderaum nicht mehr als die Hälfte der gesamten Nutzfläche ausmacht (BFH-Urteile vom 01.08.2000 - VII R 26/99, BStBl II 2001, 72, und vom 08.02.2001 - VII R 73/00, BStBl II 2001, 368).
Die in § 4 Abs. 4 Nr. 1 PBefG enthaltene Begriffsbestimmung des Personenkraftwagen wird durch die Richtlinie 70/156/EWG - in der Fassung der Richtlinie 2001/116/EG - zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Betriebserlaubnis für Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger an den technischen Fortschritt nicht in Frage gestellt. Das EU-Gemeinschaftsrecht enthält nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs keine verbindlichen Festlegungen hinsichtlich der Einteilung von Kraftfahrzeugen für Zwecke der Erhebung von Kraftfahrzeugsteuer (Beschluss vom 21.08.2006 - VII B 333/05, BStBl II 2006, 721; Urteile vom 09.04.2008 - II R 62/07, BStBl II 2008, 691, und vom 01.10.2008 - II R 63/07, BStBl II 2009, 20). Der gemeinschaftsrechtlichen Einteilung der für die Personenbeförderung ausgelegten und gebauten Kraftfahrzeuge in die Klassen M1 bis M3 sowie der weiteren Differenzierung und entsprechenden Codierung nach den jeweiligen Aufbauarten (Limousine, Schrägheck-, Kombi- oder Cabrio-Limousine, Coupé oder Mehrzweckfahrzeug) kann für die zutreffende Besteuerung eines Kraftfahrzeugs nach dem Kraftfahrzeugsteuergesetz nichts entnommen werden (BFH-Beschluss vom 26.10.2006 - VII B 135/06, BFH/NV 2007, 770).
In Anwendung dieser vorstehend aufgezeigten höchstrichterlichen Rechtsprechung handelt es sich bei dem streitgegenständlichen Kleinbus VW-Transporter T4 kraftfahrzeugsteuerrechtlich um einen Personenkraftwagen.
Aus eigener Kenntnis der Mitglieder des erkennenden Senats von dem Typ des streitigen Fahrzeugs ist bei einem VW-Kleinbus mit sieben eingetragenen Sitzplätzen die Ladefläche kleiner ist als die zur Personenbeförderung dienende Fläche und macht somit weniger als die Hälfte der gesamten Nutzfläche des Fahrzeugs aus, zumal als "Ladefläche" nur die zum Beladen zur Verfügung stehende Bodenfläche und nicht der darüber (z.B. über den Radkästen) befindliche Raum anzusehen ist (BFH-Beschluss vom 13.04.2007 - IX B 14/07, BFH/NV 2007, 1352).
Da bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug somit die zur Personenbeförderung dienende Bodenfläche größer ist als die Hälfte der gesamten Nutzfläche des Fahrzeugs, ist ein VW-Transporter T4 in der hier gegebenen Ausstattungsvariante als Kleinbus schon allein deshalb als vorrangig zur Personenbeförderung ausgelegt und gebaut anzusehen. Auf weitere für die Einstufung als Personen- oder Lastkraftwagen sprechende Merkmale kommt es danach nicht mehr entscheidungserheblich an (vgl. BFH-Urteil vom 01.10.2008 - II R 63/07, BStBl II 2009, 20).
Demgegenüber kann sich der Kläger nicht darauf berufen, das Fahrzeug habe nur vier Sitze mit Fahrer gehabt, weil seine Familie nur aus vier Personen bestehe. Denn die Entfernung einer oder beider Sitzbänke zur Erhöhung der Zulademöglichkeit bewirkt – wie der Beklagte zutreffend ausgeführt hat – nicht, dass das Fahrzeug deshalb als Lastkraftwagen einzuordnen wäre. Dadurch wird die Eignung zur Personenbeförderung lediglich eingeschränkt, aber nicht aufgehoben. Solange das Fahrzeug über Befestigungsvorrichtungen für Sitzbänke und Gurtbefestigungen verfügt, kann es jederzeit durch den Einbau einer oder beider Sitzbänke wieder vorwiegend zur Personenbeförderung genutzt werden. Erst wenn die Befestigungsvorrichtungen auf Dauer unbrauchbar gemacht werden – was im Streitfall offensichtlich nicht geschehen ist –, könnte auf eine überwiegende Nutzung des Fahrzeugs zur Lastenbeförderung geschlossen werden.
Dass die Sicherheitsgurte nicht an der Karosserie, sondern an den Sitzen befestigt sind, ist für die kraftfahrzeugsteuerliche Einordnung eines Fahrzeugs unerheblich, solange es den geltenden straßenverkehrsrechtlichen Zulassungsbestimmungen entspricht. Dass die hinteren Sitzbänke ohne Werkzeug mit einem Handgriff aus ihrer Befestigung zu lösen und herauszunehmen waren, spricht ebenfalls nicht gegen die Eignung des Fahrzeugs zum Personentransport, weil die Sitzbänke aus diesem Grund auch genauso schnell und einfach wieder eingebaut werden können. Auch dass das Fahrzeug neben der Heckklappe nur über zwei Türen und eine Schiebetür verfügt, widerspricht entgegen der Meinung des Klägers nicht der Einordnung des Fahrzeugs als Personenkraftwagen. Es mag zutreffen, dass der KLSK in seinen Richtlinien für eine Personenbeförderung mehr Türen empfiehlt, als das streitige Fahrzeug hat. Aber auch vier oder fünfsitzige Fahrzeuge mit nur zwei Türen können Pkw sein.
Im Übrigen beruft sich der Kläger ohne Erfolg auf das Urteil des BFH vom 24. Februar 2010 (II R 6/08). Denn in dieser Entscheidung hält der BFH an seiner bisherigen Rechtsprechung ausdrücklich fest, wonach bei Fahrzeugen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 2.800 kg und einer Nutzlast von mehr als 800 kg die Abgrenzung zwischen Personenkraftwagen und Lastkraftwagen weiterhin – wie vorstehend geschehen – nach der objektiven Beschaffenheit des Fahrzeugs und den von der Rechtsprechung dazu entwickelten Kriterien erfolgt. Nach dieser Rechtsprechung ist auch die vom Kläger zitierte DIN 70010 für die streitige Abgrenzungsfrage unerheblich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.