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Finanzgericht Münster Urteil vom 13.06.2013 - 13 K 3612/09 Kfz - Kraftfahrzeugsteuerliche Einordnung eines "Hummer HMC 4" als PKW

FG Münster v. 13.06.2013: Zur kraftfahrzeugsteuerlichen Einordnung eines "Hummer HMC 4" als PKW


Das Finanzgericht Münster (Urteil vom 13.06.2013 - 13 K 3612/09 Kfz) hat entschieden:
Trotz einer Zulassung eines Hummer HMC 4 als "Lkw offener Kasten" in 2008 kann das Fahrzeug bei der Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer als Personenkraftwagen nach § 8 Nr. 1 KraftStG in Verbindung mit § 9 Abs. 1 KraftStG zu behandeln sein. Der Einstufung des Kraftfahrzeugs durch die Verkehrsbehörde oder der zuvor für die Besteuerung zuständigen Stelle als Lkw kommt keine Bindungswirkung für den hier streitigen Zeitraum zu. Der geringe Komfort des Hummer HMC 4 führt nicht zu einer Bewertung als LKW.


Siehe auch Einordnung als Pkw oder Lkw bei der Kfz-Steuer und Kraftfahrzeugsteuer - Kfz -Steuer


Tatbestand:

Streitig ist die kraftfahrzeugsteuerrechtliche Behandlung des Fahrzeugs der Klägerin. Die Klägerin ist Halterin eines Hummer HMC 4 mit dem amtlichen Kennzeichen AAA-​BB 001. Dieser Fahrzeugtyp basiert auf dem Hummer M998. Dieser wurde im Auftrag der US-​Streitkräfte als „High Mobility Mulitpurpose Wheeled Vehicle“ (HMMWV) entwickelt und in wenigstens 15 verschiedenen Aufbauvarianten hergestellt. Das Fahrzeug der Klägerin war ihren Angaben nach ursprünglich mit einem Planenverdeck ausgestattet. Es ist jedoch bereits vor dem Erwerb durch sie mit einer vernieteten Trennwand zur Ladefläche, einem beladungsfähigen Metalldach und festen Türen versehen worden. Damit entstand eine von der Ladefläche abgeschlossene Kabine sowie eine offene Ladefläche im Heck des Wagens.

Das Fahrzeug wurde am 14.02.2008 als „Lkw offener Kasten“ auf die Klägerin zugelassen. Ausweislich der Zulassungsbescheinigung Teil I verfügt das mit einem Dieselmotor versehene Fahrzeug über vier Sitzplätze. Die zulässige Gesamtmasse ist mit 3.500 kg, die Leermasse mit 2.590 kg angegeben. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt 105 km/h.

Mit Bescheid vom 10.03.2008 setzte der Beklagte die Kraftfahrzeugsteuer für die Zeit ab dem 14.02.2008 auf jährlich ... € fest. Hierbei legte er die Aufbauart „Lkw - offener Kasten“ zugrunde. Mit Änderungsbescheid vom 15.12.2008 behandelte er das Fahrzeug der Klin. als Personenkraftwagen (Pkw) und nahm die Besteuerung nach dem Volumen des Hubraums sowie nach dem Emmissionsverhalten des Fahrzeugs vor. Der Beklagte setzte die jährliche Kfz-​Steuer ab dem 14.02.2008 auf jährlich ... € fest.

Die Klägerin legte gegen den Kfz-​Steuerbescheid vom 15.12.2008 Einspruch ein. Zur Begründung führte sie aus: Es handele sich um ein reines Transportfahrzeug mit Ladefläche und werde auch als ein solches genutzt. Es sei daher als für den Gütertransport gedacht anzusehen. Dies folge auch daraus, dass von der gesamten Nutzfläche von 4,9 m² lediglich 2 m² der Personenbeförderung dienten. Die der Beförderung von Gütern dienende Fläche sei daher größer als die für die Personenbeförderung zur Verfügung stehende Fläche. Insoweit sei insbesondere eine ebene Fläche im Innenraum, die bei offenen Fahrzeugen des Typs zur Ladefläche im rückwärtigen Bereich durchgängig sei, nicht zur Ladefläche hinzuzuzählen.

Mit Einspruchsentscheidung vom 30.09.2009 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus: Das Fahrzeug weise im Wesentlichen die Merkmale eines Pkw auf. So verfüge es über vier vollwertig ausgestattete Sitzplätze und vier Türen. Alle Sitzplätze seien mit Sicherheitsgurten ausgestattet. Auch sei das Fahrzeug rundum verglast. Die offene Lademulde sei vom Fahrgastraum abgetrennt. Der Mittelteil im Fahrgastraum könne steuerrechtlich nicht als Ladefläche angesehen werden, weil er sich nicht zur Beförderung von Gütern eigne. Dies folge daraus, dass keine Absicherungsmöglichkeit der Ladung gegenüber den Fahrgästen gegeben sei. Auch sei die Ladefläche nur mit 1,478 m² anzunehmen, während die Bodenfläche des Fahrgastraums 4,4 m² ausmache. Damit sei die der Personenbeförderung dienende Bodenfläche größer als die Hälfte der gesamten Nutzfläche. Weiterhin spreche die geringe Zuladungsmöglichkeit gegen das Vorliegen eines PKW.

Mit ihrer Klage vom 07.10.2009 wendet sich die Klägerin weiterhin gegen die Besteuerung ihres Fahrzeugs als Pkw. Zur Begründung führt sie aus: Es handele sich bei dem Fahrzeug um eine Version, die bereits im Original im Irakkrieg gefahren worden und über Australien und Österreich ins Bundesgebiet eingeführt worden sei. Sie verweist insoweit auf einen alten Fahrzeugbrief, aus dem hervorgeht, dass der bisherige Fahrzeugbrief Nr. ... in Verlust geraten und im Bundesverkehrsblatt Nr. ... vom ... aufgeboten worden war. Die Eintragungen in Spalte A (unter anderem Bezeichnung des Fahrzeuges als „Lkw offener Kasten“) seien dem gesondert erstellten Gutachten nach § 21 StVO des TÜV ..., Prüfstelle ... vom ... entnommen.

Das Fahrzeug sei vom Hersteller als Lkw konzipiert und dementsprechend auch kraftfahrzeugsteuerrechtlich als solcher zu besteuern. Die von dem Beklagten durchgeführten Messungen seien unzutreffend. Der Mittelteil des Fahrzeuges zwischen den rechten und linken Sitzen sei als Ladefläche zu behandeln. Diese über dem Mitteltunnel befindliche Fläche sei nicht zur Personenbeförderung bestimmt und geeignet. Vielmehr diene sie zum Transport von Gütern. Das Fahrzeug verfüge über eine Gesamtfläche von 4,9 m², wovon 2 m² der Personenbeförderung dienten. Dieses Verhältnis spreche eindeutig für die Einstufung als Lkw. Außerdem sei auch zu berücksichtigen, dass die Dachfläche zum Transport geeignet und genutzt würde. Ebenso könnten die breiten Radkästen mit Hilfe von geeigneten Sicherungsmaßnahmen beladen werden. Gleiches gelte für den Mitteltunnel.

Auch sei das Fahrzeug ursprünglich nicht mit einem Stahldach versehen gewesen und auch ohne die Trennwand, die jetzt zwischen der Ladefläche und der hinteren Sitzreihe eingebaut sei, gefertigt worden.

Auch sei zu berücksichtigen, dass das gesamte Fahrzeug so konstruiert sei, dass der Schwerpunkt niedrig liege. Es könne im Gelände 41 Grad Böschungswinkel und 60 Grad Steigung überwinden. Um eine besonders hohe Bodenfreiheit zu erzielen, sei die Vorderachskonstruktion der des Mercedes Unimog nachempfunden worden. Das Fahrzeug sei grundsätzlich auch wattfähig. Hummer dieses Typs könnten bis zu einem Meter tiefes Wasser durchfahren. Das vorliegende Fahrzeug werde demnächst noch umgerüstet, weil die Auspuffanlage momentan noch nicht darauf ausgelegt sei.

Für einen LKW spreche auch, dass sich die Türen bis nahezu 180 Grad öffnen ließen, um ein einfacheres Be- und Entladen zu ermöglichen. Auch sei der Motor, der von der Geräuschentwicklung her keinerlei Ähnlichkeit mit einem gängigen Pkw-​Motor habe, durch eine Klappe vor dem Mitteltunnel vom Innenraum aus zugänglich. Die Zuladung betrage entgegen der Ansicht des Beklagten 2318 kg.

Darüber hinaus sei das Fahrzeug bereits vor der Zulassung auf die Klägerin als Lkw behandelt worden. Die ursprünglich vorgenommene verkehrsrechtliche Einstufung als Lkw sei solange bindend, wie keine technischen oder sonstigen Veränderungen an dem Fahrzeug vorgenommen würden. Auch müsse berücksichtigt werden, dass nach Kennt​nis der Klägerin andere Finanzämter Fahrzeuge des gleichen Typs als Lkw behandeln würden. Außerdem sei die rückwirkende Änderung des Kfz-​Steuerbescheides unzulässig.

Während des Klageverfahrens erging unter dem 28.12.2010 wegen der Tarifänderung ein weiterer Änderungsbescheid, der gemäß § 68 FGO zum Gegenstand des finanzgerichtlichen Verfahrens geworden ist.

Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 30.09.2009 die Kfz-​Steuerbescheide vom 15.12.2008 und vom 28.12.2010 mit der Maßgabe zu ändern, dass das Fahrzeug als Lkw besteuert wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er vertritt die Auffassung, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug unter Berücksichtigung der Gesamtumstände um einen Pkw handele. Bei der kraftfahrzeugsteuerrechtlichen Behandlung bestehe keine Bindung an die verkehrsrechtliche Einstufung des Fahrzeugs. Im vorliegenden Fall spreche insbesondere das Verhältnis der zur Personenbeförderung dienenden Fläche des Fahrzeuginnenraums von 4,4 m² zu der Ladefläche von 1,478 m² dafür, dass das Fahrzeug vorwiegend zur Personenbeförderung geeignet und bestimmt sei. Darüber hinaus spreche die geringe Zuladung von 18,58 % gegen eine überwiegende Bestimmung zur Güterbeförderung.

Der Berichterstatter hat am 19.02.2013 den Sach- und Streitstand mit den Beteiligten erörtert. Dabei wurden einverständlich folgende Maße des Fahrzeuges festgestellt:
- Breite der Ladefläche zwischen den Radkästen: 1,32 m
- Breite der Radkästen: 0,41 m
- Länge der Ladefläche von der Rückwand bis zur hochgeklappten Abdeckklappe: 1,11 m
- Breite des Fahrzeuginnenraums bei geschlossenen Türen: 1,95 m
- Länge des Fahrgastraumes von der Rückwand bis zum Bremspedal 1,94 m
- Breite des „Mitteltunnels“ 0,81 m
- Abstand der die Oberfläche des Tunnels zum Boden des Fußraums 0,42m
- Länge des Mitteltunnels bis zur ersten vorderen Senkrechten unterhalb der Windschutzscheibe 1,81 m
- Länge des Mitteltunnels bis zum Beginn der am Ende des Mitteltunnels befindenden Abdeckplatte 1,61 m.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Verlaufes der Erörterungstermins wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Steuerakten des Beklagten.

Der Senat hat am 13.06.2013 mündlich verhandelt. Auf die Sitzungsniederschrift wird verwiesen.


Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die angegriffenen Kraftfahrzeugsteuerbescheide sowie die Einspruchsentscheidung sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Der Beklagte hat das Fahrzeug der Klägerin zu Recht als Pkw nach § 8 Nr. 1 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes in der bis zum 31.12.2012 geltenden Fassung (KraftStG) in Verbindung mit § 9 Abs. 1 KraftStG besteuert.

Das KraftStG enthält keine ausdrückliche Definition des Begriffs „PKW“. § 2 Abs. 2 Satz 1 KraftStG verweist lediglich auf die "jeweils geltenden verkehrsrechtlichen Vorschriften", wenn nichts anderes bestimmt ist. Die verkehrsrechtlichen Vorschriften enthalten ebenfalls keine ausdrücklichen Bestimmungen des Begriffs des PKW (Entscheidungen des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 21.08.2006 VII B 333/05, BFHE 213, 281, BStBl II 2006, 721; vom 28.11.2006 VII R 11/06, BFHE 215, 568, BStBl II 2007, 338; vom 23.02.2007 IX B 222/06, BFH/NV 2007, 1351, und vom 01.10.2008 II R 63/07, BFHE 222, 100, BStBl II 2009, 20, jeweils m.w.N.). Der höchstrichterlichen Rechtsprechung liegt ein eigenständiger kraftfahrzeugsteuerrechtlicher PKW-​Begriff zugrunde. Danach ist ein PKW ein Fahrzeug mit vier oder mehr Rädern, das nach seiner Bauart und Einrichtung zur Personenbeförderung geeignet und bestimmt ist (BFH-​Beschlüsse in BFHE 213, 281, BStBl II 2006, 721, und vom 30.10.2008 II B 60/08, nicht veröffentlicht; BFH-​Urteil vom 24.02.2010 II R 6/08, BFHE 228, 437, BStBl II 2010, 994).

Die Abgrenzung zwischen LKW und PKW ist nach der objektiven Beschaffenheit des Fahrzeugs vorzunehmen. Als für die Einstufung bedeutsame Merkmale sind von der Rechtsprechung z.B. die Zahl der Sitzplätze, die verkehrsrechtlich zulässige Zuladung, die Größe der Ladefläche, die Ausstattung mit Sitzbefestigungspunkten und Sicherheitsgurten, die Verblechung der Seitenfenster, die Beschaffenheit der Karosserie und des Fahrgestells, die Motorisierung und die damit erreichbare Höchstgeschwindigkeit, das äußere Erscheinungsbild und bei Serienfahrzeugen die Konzeption des Herstellers anerkannt worden (vgl. hierzu BFH-​Beschluss in BFH/NV 2007, 1351, und BFH-​Urteil in BFHE 222, 100, BStBl II 2009, 20).

Der Eignung und Bestimmung zur Personenbeförderung steht es grundsätzlich nicht entgegen, dass Fahrzeuge neben der Beförderung von Personen auch dem Transport von Gepäck oder anderer Güter im privaten oder gewerblichen Bereich dienen oder zu dienen bestimmt sind, wie dies z.B. bei Kombinationskraftwagen der Fall ist. Bestandteil des Regelungsplans des historischen Gesetzgebers war es nämlich, unter bestimmten Voraussetzungen auch solche Kraftfahrzeuge als PKW zu bezeichnen, die nach ihrer Bauart und Einrichtung geeignet und bestimmt sind, nicht nur Personen (einschließlich ihres üblichen Gepäcks) zu befördern, sondern einem weiteren Hauptzweck zu dienen (BFH-​Urteile vom 22.06.20.1983 II R 64/82, BFHE 138, 493, BStBl II 1983, 747, und in BFHE 228, 437, BStBl II 2010, 994).

Es ist daher anhand von Bauart und Einrichtung des Fahrzeugs zu beurteilen, ob ein LKW oder ein PKW vorliegt. Hierzu ist unter Berücksichtigung aller Merkmale die objektive Beschaffenheit des jeweiligen Fahrzeugs zu bewerten. Kein Merkmal kann dabei als alleinentscheidend angesehen werden; dies schließt nicht aus, dass einzelne Merkmale ein besonderes Gewicht haben und eine Zuordnung als PKW oder LKW nahelegen können (BFH-​Beschluss in BFHE 213, 281, BStBl II 2006, 721, m.w.N.).

Bei Fahrzeugen mit geschlossener Fahrgastkabine und offener Ladefläche, sogenannten Pickup-​Fahrzeugen, kommt nach ständiger Rechtsprechung neben den anderen technischen Merkmalen der Größe der Ladefläche eine besondere, wenn auch nicht allein ausschlaggebende Bedeutung zu. Nach der Größe der Ladefläche lässt sich nämlich beurteilen, ob die Möglichkeit einer Nutzung des Fahrzeugs zur Lastenbeförderung gegenüber seiner Eignung zur Personenbeförderung Vorrang hat. Im Interesse praktikabler Zuordnungsmaßstäbe und der um der Rechtssicherheit willen geforderten Vorhersehbarkeit kraftfahrzeugsteuerrechtlicher Zuordnungen hat die Rechtsprechung es für gerechtfertigt erachtet, typisierend davon auszugehen, dass Fahrzeuge nicht vorwiegend der Lastenbeförderung zu dienen geeignet und bestimmt sind, wenn ihre Ladefläche oder ihr Laderaum nicht mehr als die Hälfte der gesamten Nutzfläche ausmacht (BFH-​Urteil vom 01.08.2000 VII R 26/99, BFHE 194, 257, BStBl II 2001, 72; BFH-​Beschlüsse vom 07.11. 2006 VII B 79/06, BFH/NV 2007, 778; vom 26.10.2006 VII B 125/06, BFH/NV 2007, 767; vom 10.02.2010 II B 96/09, BFH/NV 2010, 952).

Diese Rechtsprechung führt jedoch nicht dazu, dass in den Fällen, in denen die Ladefläche größer als die für die Personenbeförderung vorgesehene Fläche ist, umgekehrt typisierend von der Eigenschaft des Fahrzeugs als LKW auszugehen ist. In diesen Fällen erfolgt die Abgrenzung vielmehr nach den allgemeinen Kriterien. Dabei ist die Größe der Ladefläche und ihr Verhältnis zur Fläche für die Personenbeförderung nur ein Gesichtspunkt im Rahmen der Gesamtabwägung, dem allerdings umso größere Bedeutung zukommt, je deutlicher die Ladefläche die Fläche für die Personenbeförderung überwiegt. Überwiegt die Ladefläche die zur Personenbeförderung indes nur unwesentlich, spricht dies eher dafür, dass das Fahrzeug nicht vorwiegend der Lastenbeförderung zu dienen geeignet und bestimmt ist. In die Berechnung der Ladefläche sind alle Flächen einzubeziehen, die geeignet sind, eine Ladung zu transportieren. Dazu gehören regelmäßig auch Ausbeulungen in den Laderaum, z.B. für Radkästen, die aufgrund ihres Abstandes zum oberen Rand der Ladekante und bei gegebener Belastbarkeit noch als Ladefläche (z.B. für Schüttgut oder für flache Gegenstände) genutzt werden können (BFH-​Urteil vom 29.08.2012 II R 7/1, BFHE 239, 159, BStBl II 2013, 93).

Gemessen an dieser Maßstäben, kann das Fahrzeug der Klägerin nicht als LKW eingeordnet werden:

Das vorliegende Fahrzeug ist nach seiner Konzeption als ein taktisches Militärfahrzeug anzusehen. Mit ihm können Lasten und/oder Personen in und zu Einsatzgebieten transportiert werden. Das Fahrzeug lässt in seiner Grundkonstruktion eine Verwendung als reines Lastfahrzeug ebenso zu, wie als Mannschaftswagen für acht Personen. Mit Sonderaufbauten ist auch eine Verwendung als Waffenträger oder als Panzerfahrzeug möglich. Es ist, wie die Grundbezeichnung der militärischen Version schon besagt, als High Mobility Multipurpose Wheeled Vehicle, also universell verwendbares Radfahrzeug, konstruiert worden.

Bei der von der Klägerin verwendeten Version handelt es sich um eine Version mit 4 Sitzen, Ladefläche und einem - nach unwidersprochenen Angaben der Klägerin - fest eingefügten, geschlossenen Aufbau. Das Fahrzeug entspricht somit im Grundsatz der Karosserieform eines Pickup-​Fahrzeuges. Daher sind für die von der Klägerin verwendete Variante des Hummer die von der Rechtsprechung entwickelten - oben dargestellten - Grundsätze zur Abgrenzung von Lkw und Pkw anwendbar.

Nach diesen handelt es sich bei dem Fahrzeug der Klägerin um einen PKW. Dafür spricht zunächst maßgeblich, dass die Ladefläche kleiner ist als die der Personenbeförderung zuzurechnende Ladefläche. Nach den vom Gericht festgestellten Maßen weist die Ladefläche inklusive der Radkästen eine Grundfläche von 2,14 m x 1,11 m, also 2,38 m2 auf. Die Fläche der Personenkabine beträgt 1,94 m x 1,95 m, also 3,78 m2.

Diese Werte sind auch ohne weitere Korrektur gegenüberzustellen. Dabei lässt das Gericht zu Gunsten der Klägerin offen, ob im vorliegenden Einzelfall die Radkästen mit zur Ladefläche gezählt werden können. Dagegen spricht, dass sie selbst nicht mehr von einem Rand umgeben sind, also selber die Begrenzung der Ladefläche bilden. Sie können also nur mit zusätzlichen Sicherungsmaßnahme beladen werden, eine Beladung mit Schüttgütern dürfte nur mit zusätzlichen Anbauten möglich sein.

Dies kann jedoch dahinstehen. Denn selbst der damit maximal anzunehmenden Ladefläche von 2,38 m2 steht eine um 1,4 m2 größere, der Personenbeförderung dienende Fläche von 3,78 m2 gegenüber. Diese ist nicht - wie die Klägerin meint – um die Fläche des sogen. Mitteltunnels zu korrigieren. Dieser nimmt mit einer Breite von 0,81 m und einer Länge von 1,81 m (wenn man nur die Länge bis zum Beginn der sich am Ende des Mitteltunnels befindenden Abdeckplatte rechnet: 1,61 m) eine Fläche von 1,466 m² (bzw. 1,30 m²) ein. Dieser Mitteltunnel ist Bestandteil des Innenraums. Die Oberfläche des Mitteltunnels stellt sich im klägerischen Fahrzeug als eine ebene, glatte Fläche dar. Im militärischen Bereich kann sie zum Aufbau militärischer Ausrüstung wie z. B. einer Funkanlage, als Standplatz eines Schützen für ein eventuelles Bordgeschütz oder zur Ablage von Ausrüstungsgegenständen der Mitfahrer verwendet werden. Beides setzt aber dauerhafte Ein- oder Umbauten voraus. Solche sind im Fahrzeug der Klägerin nicht installiert; Vorrichtungen zum Lastentransport sind nicht vorhanden. Schwere Güter können darauf nicht abgelegt werden, ohne dass sie während der Fahrt Passagiere oder Fahrer gefährden würden. Mit ihrer Höhe von 42 cm über dem Bodenblech bietet sich der Mitteltunnel den Mitreisenden - in dem ansonsten unkomfortabel gestalteten Innenraum - auch als Armablage an und schafft seitliche Bewegungsfreiheit für Fahrer- und Beifahrer. In der von der Klägerin verwendeten Version des Fahrzeuges erweist sich der Mitteltunnel daher als funktionaler Bestandteil des Passagierraums, der auch nicht quotal als Ladefläche zu berücksichtigen ist.

Die Ladefläche ist auch nicht – wie die Klägerin meint – um die Dachfläche der Personenkabine zu vergrößern. Zwar kann diese faktisch durchaus beladen werden. Dauerhafte Umbauten hierzu sind jedoch nicht erfolgt. Sie dient vorzugsweise der Abdeckung des Fahrgastraums.

Gegenüber dem Überwiegen der Personenbeförderungsfläche über die Ladefläche fallen die von der Klägerin vorgetragenen Umstände, die ihrer Ansicht nach für einen LKW sprechen, nicht entscheidend ins Gewicht.

Mit der Konstruktion der Vorderachse, der Geländegängigkeit und der Wattfähigkeit spricht die Klägerin konstruktive Merkmale an, die das Fahrzeug für Einsätze in unwegsamem Gelände qualifizieren. Dies sagt jedoch nichts über die Abgrenzung von PKW und LKW aus.

Für die Auslegung des Fahrzeuges zum Lastentransport spricht - neben dem Vorhandensein einer Ladefläche - zwar die spartanische Innenausstattung des Fahrzeuges i.V.m. dem außerordentlich geringen Fahrkomfort im Hinblick auf Sitzposition und Geräuschentwicklung. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass es sich bei dem Fahrzeug um ein im Auftrag der Streitkräfte entwickeltes Militärfahrzeug handelt, welches letztlich dazu dient, seine Funktion insbesondere auch im Falle eines Kampfeinsatzes zu erfüllen. Solches Kriegsgerät ist bereits seiner Natur nach regelmäßig wenig komfortabel ausgestattet. Vielmehr stehen hier Zweckmäßigkeit und Effizienz im Vordergrund. Bei von vornherein zu militärischen Zwecken konstruierten Fahrzeugen sagt geringer Komfort im Innenraum daher wenig über die Fahrzeugart aus. Vielmehr sind auch Militärfahrzeuge, die zur Personenbeförderung verwendet werden, in der Regel wenig komfortabel. Der geringe Komfort des klägerischen Fahrzeugs vermag daher nicht zu einer Bewertung als Lkw zu führen.

Letztlich spricht auch nicht die von der Klägerin behauptete Zuladungskapazität für dessen Eigenschaft als Lkw. Das Fahrzeug weist nach Angaben der Klägerin ein Leergewicht von 2364 kg auf. Nach Angaben der Klägerin ist es mit weiteren 2318 kg zu beladen. Dies würde zu einer Zulassungskapazität von 49,5 % des Gesamtgewichts führen und damit für eine Klassifizierung als Lkw sprechen. Allerdings ist sowohl im Fahrzeugbrief als auch in der Zulassungsbescheinigung Teil I das zulässige Gesamtgewicht des Fahrzeugs mit 3.500 kg bei einem Leergewicht von 2.590 kg angegeben. Diese Angaben sind nach § 2 Abs. 2 Satz 1 KraftStG für steuerliche Zwecke verbindlich (ebenso Strodthoff, Kommentar zum KraftStG § 2 Rdn. 3). Damit ist bis zu einer Veränderung dieser Eintragung durch Auf-​oder Ablastung von einer Zulassungskapazität des Fahrzeugs von 910 kg, also 26 % des zulässigen Gesamtgewichts auszugehen. Dieser Wert kann nur als gering angesehen werden.

Eine andere steuerliche Behandlung des Fahrzeuges ergibt sich auch nicht aus der zum 01.01.2013 in Kraft getretenen Novellierung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes, nachfolgend KraftStG n. F. (Artikel 2 des Gesetzes vom 05.12. 2012, BGBl. I S. 2431). Zwar sind danach für die Einordnung eines Fahrzeugs als PKW oder LKW gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 „KraftStG n. F“. die Feststellungen der Zulassungsbehörden verbindlich. Führen die Feststellungen der Zulassungsbehörden hinsichtlich der Fahrzeugklassen und Aufbauarten jedoch zu einer niedrigeren Steuer als unter Berücksichtigung des § 2 Abs. 2a in der am 01.07 2010 geltenden Fassung, ist nach § 18 Abs. 12 KraftStG n. F. aber weiterhin der Tarif des § 9 Abs. 1 Nr. 2 KraftStG anzuwenden. Dies ist hier der Fall: Bei Anwendung neuen Rechts ergäbe sich für das klägerische Fahrzeug ein Steuersatz nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 KraftStG n. F. von 12,78 je 200 Kilogramm Gesamtgewicht oder einen Teil davon von dem Gesamtgewicht. Dies führte zu einer niedrigeren Steuer als der nach § 2 Abs. 2a KraftStG vom Beklagten für das Fahrzeug des Klägers rechnerisch zutreffend festgesetzten. Daher wäre nach 18 Abs. 12 KraftStG n. F. die Besteuerung mit dem Tarif des § 9 Abs. 1 Nr. 2 KraftStG vorzunehmen.

Da sich bei Anwendung der zum 01.01.2013 in Kraft getretenen Neuregelung im Streitfall keine Änderung ergeben würde, kann offen bleiben, ob diese überhaupt auf zurückliegende Besteuerungszeiträume anwendbar ist (verneinend: Sächsisches FG, Urteil vom 01.03.2013 6 K 670/12, zitiert bei juris).

Der Beklagte konnte die höhere Steuer auch nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 KraftStG zur Beseitigung der fehlerhaften Besteuerung als Lkw neu festsetzen. Nach dieser Vorschrift ist die Steuer zur Beseitigung des Fehlers neu festzusetzen, wenn eine Steuerfestsetzung fehlerhaft ist. Die Voraussetzungen für eine neue Steuerfestsetzung liegen im Streitfall vor. Denn die ursprüngliche Steuerfestsetzung nach dem verkehrsrechtlich zulässigen Gesamtgewicht war, wie sich aus dem bisher Ausgeführten ergibt, fehlerhaft.

Die Klägerin kann sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen. Soweit verfahrensrechtlich eine Änderung des Kraftfahrzeugsteuerfestsetzung zulässig war, konnte diese auch von dem Beklagten vorgenommen werden, nachdem er von der fehlerhaften Besteuerung Kenntnis erlangt hat. Der Einstufung des Kraftfahrzeugs durch die Verkehrsbehörde oder der zuvor für die Besteuerung zuständigen Stelle als Lkw kommt keine Bindungswirkung für den hier streitigen Zeitraum zu (vgl. BFH-​Beschlüsse vom 18.03.2008 II B 102/07, BFH/NV 2008, 1206 m. w. N.).

Die Klägerin kann sich auch nicht auf eine behauptete abweichende Behandlung des Fahrzeugtyps durch andere Finanzämter berufen. Diese Beurteilung wäre unzutreffend und wurde für die Klägerin keinen Anspruch auf Gleichbehandlung begründen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Revisionszulassungsgründe des § 115 Abs. 2 FGO vorliegen.