Das Verkehrslexikon

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OLG Saarbrücken Urteil vom 23.01.2014 - 4 U 387/12 - Radfahrerunfall an einer als Gefahrenstelle ausgeschilderten Schienenführung

OLG Saarbrücken v. 23.01.2014: Verkehrssicherung - Radfahrerunfall an einer als Gefahrenstelle ausgeschilderten Schienenführung


Das OLG Saarbrücken (Urteil vom 23.01.2014 - 4 U 387/12) hat entschieden:
Zweiradfahrern sind die sich aus Gleisen ergebenden Gefahren, nämlich geringere Haftfähigkeit der Reifen und hierdurch bedingte Rutschgefahr sowie die Gefahr, mit den Reifen in die Schienenspur zu geraten und der damit verbundene Verlust der Lenkfähigkeit, bekannt oder sie müssen ihnen bekannt sein. Daher haben Zweiradfahrer diese Gefahren hinzunehmen und sich auf diese einzustellen. Das gilt insbesondere dann, wenn auf die Möglichkeit einer Handlungsalternative - nämlich das Umfahren der Gefahrenstelle - durch eine vor der Unfallstelle vorhandene Beschilderung hingewiesen wird.


Siehe auch Sturz eines Zweiradfahrers ohne Kollisionsberührung und Verletzung der Verkehrssicherungspflicht gegenüber Radfahrern


Gründe:

I.

Der Kläger verlangt von den Beklagten Schmerzensgeld, Schadensersatz sowie die Feststellung der Ersatzpflicht für alle künftigen materiellen und immateriellen Schäden nach einem Sturz als Radfahrer am 24.12.2008.

Auf der in verlaufen die Gleise der und queren in Höhe des Rathauses die Fahrbahn.

Der Kläger hat behauptet, er habe am 24.12.2008 gegen 16.30 Uhr mit dem Fahrrad die ... in Fahrtrichtung befahren. Er sei zwischen den Gleisen der von kommend gefahren, da der rechts neben dem rechten Gleis befindliche Raum zum Bürgersteig zu eng gewesen sei, um dort überhaupt Fahrrad fahren zu können. An der Stelle, an der die Gleise von der linken auf die rechte Seite hinüberführten, habe er, der Kläger, geradeaus fahren wollen. Er habe dann das rechte Gleis überqueren wollen. Dabei sei er mit dem Vorderrad seines Fahrrads in das Gleis geraten und gestürzt. An der Unfallstelle seien im Dezember 2008 keine Warnschilder aufgestellt gewesen.

Er sei nach dem Unfall unmittelbar in das CTS Krankenhaus in eingeliefert und dort stationär behandelt worden. Nach zwei Tagen sei festgestellt worden, dass er einen Bruch der Hüftgelenkspfanne links davongetragen habe, der bis in den Beckenbereich hineingeführt habe. Außerdem habe er am Hüftkopf selbst eine Delle davongetragen. Deshalb sei es erforderlich gewesen, ihn operativ zu versorgen.

Nach Durchführung der Operation habe er zwei Wochen lang stationär behandelt werden müssen. Die weitere Behandlung sei sodann in den Universitätskliniken in Homburg erfolgt. Am 05.01.2009 sei ein erster operativer Eingriff durchgeführt worden. Circa eine Woche später sei wegen der Bildung eines Blutergusses erneut ein operativer Eingriff erfolgt. Am 28.01.2009 sei er aus der Universitätsklinik entlassen worden. Eine im Anschluss hieran durchgeführte Rehamaßnahme habe bis zum 25.02.2009 in der CTT Klinik in gedauert. Bis Mitte Juni 2009 sei er arbeitsunfähig gewesen.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ein Schmerzensgeld von 22.000,00 € sei angemessen.

Das beklagte Land hafte wegen einer Verkehrssicherungspflichtverletzung. Als Trägerin der Straßenbaulast habe es für einen hinreichend sicheren Zustand der Straße zu sorgen. Das beklagte Land hätte nur dann seiner Verkehrssicherungspflicht und Verkehrsregelungspflicht entsprochen, wenn es rechtzeitig vor den Gefahren gewarnt hätte. Das beklagte Land sei verpflichtet gewesen, den für die Beschilderung zuständigen Regionalverband als zuständige Straßenverkehrsbehörde auf die fehlerhafte Beschilderung der Örtlichkeit hinzuweisen.

Der Kläger hat weiter die Auffassung vertreten, der Beklagte zu 2) hafte, weil er gemäß § 6 Straßenverkehrszuständigkeitsgesetz Saarland (SaarStVZustG) für die Aufstellung einer ordnungsgemäßen Beschilderung zuständig sei und eine fehlerhafte bzw. unvollständige Beschilderung gewählt habe, die nicht auf die an der Unfallörtlichkeit herrschenden Gefahrensituation ordnungsgemäß hingewiesen habe.

Die Beklagte zu 3) hafte, weil sie die Schienenführung an der Unfallstelle nicht ordnungsgemäß abgesichert habe. Die Schienen seien in einer geöffneten Schienenführung verlegt worden, ohne dass Schutzmaßnahmen ergriffen worden seien, die das gefahrlose Überfahren der Schienen gewährleisteten. Unmittelbar neben den Schienen seien große Lücken verblieben, wodurch er, der Kläger, zu Fall gekommen sei. Der Verkehrsunfall hätte sich nicht ereignet, wenn die Beklagte zu 3) unmittelbar neben den Schienen beispielsweise Gummieinsätze oder andere geeignete Einsätze in die verbleibenden Lücken eingearbeitet hätte, so dass die Einsätze bündig mit der Straßenoberfläche abgeschlossen hätten.

Nachdem der Kläger zunächst nur Klage gegen das beklagte Land mit dem diesem am 13.09.2011 zugestellten Schriftsatz erhoben hatte, hat er mit Schriftsatz vom 12.12.2011 (dem Beklagten zu 2) und der Beklagten zu 3) jeweils am 17.12.2011 zugestellt) die Klage auf diese erweitert.

Der Kläger hat zuletzt beantragt,
  1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das pflichtgemäße Ermessen des erkennenden Gerichts gestellt wird, zu zahlen, und zwar nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 01.07.2009 seitens des beklagten Landes sowie nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung seitens sämtlicher Beklagter ab Zustellung des jeweiligen Klageschriftsatzes,

  2. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger jedweden künftigen materiellen und immateriellen Schaden zu bezahlen, der auf dem Verkehrsunfall vom 24.12.2008 in der in adäquat kausal zurückzuführen ist, soweit er nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen ist,

  3. die Beklagten weiterhin zu verurteilen, an den Kläger vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.391,11 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen.
Die Beklagen haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das beklagte Land hat die Auffassung vertreten, es hafte nicht für den Unfall. Es habe die Schienen weder verlegt noch verlegen lassen. Es sei auch nicht Betreiber der Hinsichtlich der von dem Kläger behaupteten fehlerhaften Beschilderung sei es nicht passivlegitimiert. Für die Beschilderung und Ausgestaltung sei es nicht zuständig, sondern der Regionalverband.

Der Beklagte zu 2) hat behauptet, die im Lichtbild 1) der vom Kläger vorgelegten Lichtbilder (Bl. 79 d. A.) zu erkennenden Hinweisschilder seien bereits 2007 aufgestellt worden. Im Jahre 2007 sei aus Richtung ... und aus Richtung ... kommend das Gefahrenzeichen 101 mit dem Zusatz „Gleise“ aufgestellt worden. Von Richtung kommend sei zudem noch eine Umleitungsempfehlung hinzugefügt worden.

Er, der Beklagte zu 2), sei nicht passivlegitimiert. Unabhängig davon sei ein haftungsbegründendes Fehlverhalten seinerseits nicht zu erkennen. Darüber hinaus sei das Mitverschulden des Klägers auf Grund seines unvorsichtigen Verhaltens und der Gesamtumstände so hoch zu bewerten, dass eine Mithaftung des Beklagten zu 2) gänzlich ausscheide. Vorsorglich werde Verjährung und Verwirkung eingewandt.

Die Beklagte zu 3) hat die Auffassung vertreten, von den neu verlegten Gleisen gehe keine Unfallgefahr aus. Sie entsprächen dem neuesten Stand der Technik. Sie seien öffentlich-​rechtlich genehmigt und auch abgenommen. Bereits 2007 seien die Hinweisschilder vorhanden gewesen.

Mit dem angefochtenen Urteil vom 15.06.2012 (Bl. 182 d. A.) hat das Landgericht Saarbrücken - nach informatorischer Anhörung des Klägers (Bl. 161 d. A.) sowie Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugen (Bl. 162 d. A.), Klaus (Bl. 164 d. A.), (Bl. 165 d. A.) und (Bl. 166 d. A.) - die Klage abgewiesen.

Der Senat nimmt gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen dieses Urteils Bezug.

Hiergegen hat der Kläger Berufung eingelegt.

Der Kläger ist der Auffassung, das beklagte Land und der Beklagte zu 2) hafteten aus § 839 Abs. 1 BGB i. V. m. Art. 34 GG, weil sie jeweils eine Verkehrssicherungspflichtverletzung begangen hätten. Die Beklagte zu 3) hafte aus § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht auf Grund der Art und Weise der Schienenführung (Bl. 257 d. A.).

Zwar beginne eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht erst dort, wo auch für den aufmerksamen Verkehrsteilnehmer eine Gefahrenlage überraschend eintrete und nicht rechtzeitig erkennbar und beherrschbar sei. Jedoch finde dies seine Grenze an dem, was dem Pflichtigen - auch in Ansehung der Bedeutung der Straße - nach objektiven Maßstäben zumutbar sei. Der Verkehrspflichtige müsse zwar die Straße nicht schlechthin gefahrlos und frei von allen Mängeln halten, jedoch im Allgemeinen solche Gefahren ausräumen, die auch für sorgfältige Verkehrsteilnehmer bei zweckgerichteter Benutzung der Straße nicht oder nicht frühzeitig erkennbar seien (Bl. 258 d. A.).

Das Landgericht habe die beigezogenen Rechtsstreite 4 O 406/08 und 4 O 148/08 des Landgerichts Saarbrücken nicht ausgewertet und dadurch das rechtliche Gehör des Klägers verletzt (Bl. 258 d. A.). Aus diesen Verfahren ergebe sich, dass die streitgegenständliche Straße in sehr stark befahren sei. Es handle sich um eine Hauptverkehrsstraße, deren Gefahrträchtigkeit dem beklagten Land zum Zeitpunkt des streitgegenständlichen Unfalls bekannt gewesen sei. Dies ergebe sich aus den beigezogenen Akten, die weitere Unfälle im Jahr 2007 und 2008 beträfen und deren Sachverhalte mit dem streitgegenständlichen nahezu identisch seien (im Einzelnen Bl. 259 d. A.). Insgesamt hätten sich 2007 an der fraglichen Stelle 12 Verkehrsunfälle und 2008 3 Verkehrsunfälle ereignet (Bl. 259 d. A.).

Daher habe für das beklagte Land und die Beklagte zu 3) wegen dieser Unfallhäufigkeit Anlass bestanden, die Gleisführung bzw. die vorhandene Beschilderung dergestalt zu verändern, dass weitere Unfälle definitiv ausgeschlossen gewesen wären. Zu den Zeitpunkten der Klageerhebungen in den Parallelrechtsstreiten am 05.03.2008 und am 22.09.2008 sei dem beklagten Land längerfristig bekannt gewesen, dass die fragliche Stelle einen Unfallschwerpunkt darstelle. Daher hätte das beklagte Land eine entsprechende Beschilderung wählen oder die Benutzung der Straße für Zweiradfahrer verbieten müssen und die Beklagte zu 3) hätte die Schienenführung so einrichten müssen, dass eine gefahrlose, nämlich lückenlose Überquerung der Schienen möglich gewesen wäre (Bl. 260 d. A.).

Der Kläger sei mit dem Vorderrad seines Fahrrads in die vorhandene Vertiefung neben dem Gleis geraten und dadurch gestürzt. Dies habe der Zeuge bestätigt. Dass der Kläger sich nicht an den genauen Ablauf erinnern könne, könne nicht zu seinen Lasten gehen, da der Zeuge in glaubwürdiger und absolut überzeugender Weise den Verlauf geschildert habe (im Einzelnen Bl. 261 d. A.).

Das Landgericht habe den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör auch dadurch verletzt, dass es die Akten des Landesverwaltungsamts nicht beigezogen und die darin befindliche Verkehrsunfallanzeige nicht verwertet habe. Daher werde die Beiziehung durch den Senat beantragt (Bl. 261 f d. A.).

Der Anzeige des Polizeibeamten vom 26.12.2008 (Bl. 268 d. A.) sei zu entnehmen, dass der Kläger in Höhe des Anwesens) mit dem Vorderrad seines Rads in die geraten und gestürzt sei, wobei er schwer verletzt worden sei. Zu Unrecht sei daher das Landgericht davon ausgegangen, dass nicht bewiesen sei, dass der Kläger in eine Vertiefung neben dem Gleis geraten und dadurch gestürzt sei (Bl. 262 d. A.).

Zu Unrecht habe das Landgericht nicht das vom Kläger beantragte Sachverständigengutachten eingeholt zum Beweis der Tatsache, dass sich der Unfall nicht ereignet hätte, wenn die Beklagte zu 3) unmittelbar neben den Schienen beispielsweise Gummieinsätze oder andere geeignete Einsätze in die verbleibenden Lücken eingearbeitet hätte, so dass diese bündig mit der Straßenoberfläche bzw. den Schienen selbst abgeschlossen hätten (Bl. 262 f d. A.). Auch dieser Beweisantrag werde wiederholt (Bl. 263 d. A.).

Ausweislich der zur Akte gereichten Fotografien sei das Gleis derart in den Boden eingelassen, dass es aus zwei Teilen bestehe, die an den jeweiligen Straßenbelag nach rechts und links angrenzten. In der Mitte befinde sich die Lücke, in die der Kläger mit seinem Rad hineingeraten und dadurch nach vorne gestürzt und zu Fall gekommen sei. Wäre ein Gummieinsatz oder eine ähnliche Einrichtung installiert gewesen, wäre die Lücke geschlossen gewesen, so dass es möglich gewesen wäre, mit Fahrrädern und sonstigen Zweirädern so über das Gleis zu fahren, dass kein vertiefter Zwischenraum verblieben wäre, an dem sich das Rad hätte verkeilen können mit der Folge, dass der Zweiradfahrer stürze (Bl. 263 d. A.).

Zur entsprechenden Umgestaltung des Gleises wären die Beklagten zu 1) und 3) auf Grund der Verkehrssicherungspflicht und der Beklagte zu 2) auf Grund seiner Verkehrsregelungspflicht auf Grund ihrer Kenntnis der Örtlichkeit verpflichtet gewesen (Bl. 264 d. A.).

Die Konzeption der Streckenführung selbst sei ebenfalls in fehlerhafter Weise erfolgt. Dies ergebe sich aus dem zur Akte gereichten Luftbildausdruck (Bl. 264 f d. A.). Es wäre ausreichend gewesen, wenn die doppelte Streckenführung in der Höhe des blauen Pfeils angefangen und am gelben Pfeil geendet hätte (vgl. Bl. 271 d. A.). Da Gegenverkehr bei der nicht vorkomme, seien zwei Schienen nicht erforderlich gewesen. Bei nur einer Schiene würden Verkehrsunfälle ausgeschlossen, da diese Schiene nicht von Verkehrsteilnehmern überfahren werden müsste. Auf Grund der doppelten Schienenführung müssten Zweiradfahrer dagegen den Bereich zwischen beiden Schienen als Fahrweg nutzen, weil sie rechts neben der Schiene in Höhe der Unfallstelle nicht fahren könnten, da der Platz nicht ausreiche (Bl. 265 d. A.). Im Zweifel hätten das beklagte Land und der Beklagte zu 2) die Straße sperren und/oder einen Fahrradweg einrichten müssen, um eine Berührung von Zweiradfahrern mit den Schienen zu vermeiden (Bl. 265 f d. A.).

Die erstinstanzliche Beweisaufnahme habe nicht ergeben, dass das streitgegenständliche Hinweisschild zum Unfallzeitpunkt an der fraglichen Stelle tatsächlich installiert gewesen sei. Hierzu habe der Zeuge aus eigener Anschauung nichts bekunden, sondern die Situation lediglich an Hand seiner Unterlagen nachvollziehen können. Dass das Gefahrenzeichen 101 mit Zusatzschild „Gleise“ und der Umleitungsempfehlung vor der Kreuzung zum Unfallzeitpunkt tatsächlich aufgestellt gewesen sei, lasse sich nicht aus den zur Akte gereichten Lichtbildern (Lichtbild 1 zum Schriftsatz vom 09.12.2011) entnehmen. Die Fotografien seien wohl unstreitig erst nach dem Unfallereignis gefertigt worden, so dass zwar der Verlauf der Schienenführung nachgewiesen werde, jedoch nicht, dass die Beschilderung bereits zum Unfallzeitpunkt in der fotografisch dokumentierten Form bestanden habe (Bl. 266 d. A.). Darüber hinaus seien die behelfsmäßig installierten Schilder wegen einer dort eingerichteten Baustelle zumindest vorübergehend entfernt worden (Bl. 267 d. A.).

Die Beschilderung sei überdies ohnehin nicht ausreichend gewesen (Bl. 266 d. A.).

Der Kläger beantragt,
das angefochtene Urteil abzuändern und
  1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts gestellt wird, zu zahlen, und zwar nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2009 seitens des beklagen Landes sowie nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung seitens sämtlicher Beklagten ab Zustellung des klageerweiternden Schriftsatzes vom 12.12.2011,

  2. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger jedweden künftigen materiellen und immateriellen Schaden zu bezahlen, der auf den Verkehrsunfall vom 24.12.2008 in der Straße in adäquat kausal zurückzuführen ist, soweit er nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen ist,

  3. die Beklagten weiterhin als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.391,11 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
1. Das beklagte Land bestreitet, dass sich an der fraglichen Örtlichkeit, an der der Kläger gestürzt sei, im Zeitraum 2007/2008 mehrere Unfälle ähnlicher Art ereignet hätten. Hiervon sei dem beklagten Land nichts bekannt. Es sei nicht von einem Unfallschwerpunkt auszugehen. Die Unfallörtlichkeit sei ausreichend beschildert gewesen. Der Zeuge habe bekundet, dass das Gefahrenzeichen 101 mit dem Zusatzschild „Gleise kreuzen“ aufgestellt gewesen sei. Die vom Kläger benannten Zeugen hätten entweder keine Schilder gesehen oder auf keine geachtet. Ein Zusatzschild „Unfallschwerpunkt“ sei der StVO unbekannt (Bl. 282 d. A.).

Das beklage Land habe somit alles getan, was vom Verkehrspflichtigen in der konkreten Situation habe erwartet werden können, und sogar mehr als notwendig. Die Gleise seien für den Kläger sehr gut sichtbar gewesen, der Schienenverlauf sei über viele Meter feststellbar und somit die Notwendigkeit erkennbar gewesen, zumindest über eines der Gleise fahren zu müssen. Der Kläger habe eingeräumt, vor dem Sturz zwischen 2 Gleisen gefahren zu sein, und habe sich daher selbst mit voller Absicht in die Gefahrensituation begeben. Der Kläger hätte die Möglichkeit gehabt, zu bremsen, abzusteigen und ein Stück zu Fuß zu gehen, statt den gefährlicheren Weg zu wählen und zwischen 2 Gleisen zu fahren. Der Kläger hätte wissen müssen, dass er irgendwann eines der Gleise wieder habe überqueren müssen, was ihm auf dem Hinweg problemlos möglich gewesen sei. Ob der Kläger unaufmerksam gewesen sei oder ihm ein Missgeschick passiert sei, entziehe sich der Kenntnis des beklagten Landes, liege aber auch nicht in dessen Verantwortungsbereich (Bl. 282 d. A.).

Das beklagte Land sei nicht für die konkrete Art und Weise der Schienenführung verantwortlich und müsse nicht nach vorangegangenen Unfällen reagieren, indem es die Gleise verlege und ihnen einen anderen Verlauf gebe. Das beklagte Land hafte nicht nach dem Haftpflichtgesetz wegen des Betriebs einer Schienenbahn. Es sei nicht Betriebsunternehmer, da es die Bahn nicht für eigene Rechnung betreibe und ihm nicht die Verfügung über den Bahnbetrieb zustehe. Adressat der Forderung nach Änderung der Schienenführung könne allenfalls die Beklagte zu 3) sein (Bl. 283 d. A.).

Das gelte auch für die vom Kläger geforderten Gummieinsätze, deren Verwendung ausgesprochen problematisch sei. Der Verkehrssicherungspflichtige sei jedenfalls nicht verpflichtet, die Straße frei von allen Mängeln zu erhalten. Der Benutzer der Straße sei vielmehr verpflichtet, diese zu hinzunehmen, wie sie sich ihm erkennbar darbiete. Es komme daher nicht darauf an, ob die Gleise oder der Schienenverlauf hätten optimiert werden können oder nicht (Bl. 283 d. A.).

Der Kläger, der sich freiwillig in die Gefahrensituation begeben habe, suche die Schuld an dem Unfall bei anderen und verkenne, dass er allein durch sein unvorsichtiges Verhalten seinen Sturz herbeigeführt habe. Das Alleinverschulden des Klägers sei derart gravierend, dass jedes erdenkliche Mitverschulden irgendwelcher bezüglich der Verkehrssicherungspflicht Verantwortlichen dem gegenüber absolut in den Hintergrund treten müsse (Bl. 283 d. A.).

2. Der Beklagte zu 2) ist der Auffassung, das angefochtene Urteil des Landgerichts sei zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, dass die Klage abzuweisen sei. Erheblicher Vortrag, aus dem sich etwas anderes ergebe, sei der Berufungsbegründung nicht zu entnehmen. Hilfsweise macht sich der Beklagte zu 2) die gegen die Berufung vorgebrachten Gründe der Beklagten zu 1) und 3) zu Eigen (Bl. 285 f d. A.).

3. Die Beklagte zu 3) ist der Auffassung, das Landgericht habe zutreffend festgestellt, dass die Schienenanlage und -verschwenkung in der in gut erkennbar gewesen seien, so dass sich jeder Verkehrsteilnehmer auf die mit der Gleisanlage verbundenen und bekannten Gefahren habe einstellen können. Dies stehe mit der herrschenden Rechtsprechung in Einklang (Bl. 279 d. A.).

Das Landgericht habe auch keine Fehler in der Beweiswürdigung begangen (Bl. 279 d. A.). Den genauen Unfallhergang habe der Kläger nicht darlegen können, da er eingeräumt habe, er wisse nicht, wie der Unfall genau abgelaufen sei. Jedenfalls gehe er davon aus, er sei mit dem Vorderrad in das Gleis gekommen. Der genaue Unfallhergang sei auch nicht bewiesen, so dass es auf den Beweisantrag des Klägers, ein Sachverständigengutachten einzuholen, nicht mehr ankomme. Neuen Vortrag habe der Kläger auch in der Berufungsinstanz nicht erbracht (Bl. 279 d. A.).

Von den verlegten Gleisen gehe keine Unfallgefahr aus. Sie entsprächen dem neuesten Stand der Technik, seien öffentlich-​rechtlich genehmigt und abgenommen. Ausweislich der Beweisaufnahme seien seit 2007 Hinweisschilder vorhanden, insbesondere sei vor der Unfallstelle das Gefahrenzeichen 101 mit dem Zusatzschild „Gleise“ aufgestellt gewesen. Ebenso sei vor der Unfallstelle eine Umleitungsempfehlung für Radfahrer aus Richtung aufgestellt gewesen. Anlass, die vorhandene Gleisführung zu verändern, habe daher für die Beklagte zu 3) nicht bestanden (Bl. 279 d. A.).

Im Unfallbereich handle es sich um eine umfangreiche, gut sichtbare Schienenanlage, auf die sich auch ein Zweiradfahrer bei Anwendung gehöriger Sorgfalt ohne Weiteres einstellen könne. Der Kläger sei sich auf Grund des von ihm selbst geschilderten Fahrverhaltens auch der Gefahr bewusst gewesen, so dass er bei gehöriger Sorgfalt den Unfall hätte vermeiden können (im Einzelnen Bl. 280 d. A.).

Die Beklagte zu 3) sei auch nicht verpflichtet gewesen, die vom Kläger aufgezeigten Spurrillensicherungen anzubringen. Diese seien für den normalen Regelbetrieb nicht nur nicht gebrauchstauglich, sondern auch gefährlich. Sie eigneten sich nur für geringen Verkehr mit Schienenfahrzeugen, etwa Industriebahnen. Bei dichtem Zugtakt wie bei der seien derartige Lösungen nicht geeignet und stellten eine erhebliche Gefahr für die Spurführung der Schienenfahrzeuge dar. Im Winter könne das System durch eindringende Feuchtigkeit, die dann gefriere, völlig versagen und zum Entgleisen der Schienenbahn führen. Daher sei das System bisher nicht eingesetzt worden und dürfe auch weiter nicht eingesetzt werden (Bl. 280 d. A.).

Hinsichtlich des Sachverhalts und des Parteivortrages im Einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Sitzungsniederschriften des Landgerichts vom 08.05.2012 (Bl. 160 d. A.) und des Senats vom 19.12.2013 (Bl. 298 d. A.) sowie auf das Urteil des Landgerichts vom 15.06.2012 (Bl. 182 d. A.) Bezug genommen.


II.

Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet.

Das Landgericht hat mit zutreffender Begründung ausgeführt, dass die Klage zulässig ist, dass der Kläger insbesondere auf Grund der von ihm erlittenen Verletzungen ein Feststellungsinteresse bezüglich zukünftiger Schäden hat (vgl. auch BGH, NJW 2001, 1431 (1432)).

Die Klage ist jedoch nicht begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagten zu 1) und 2) keinen Schadensersatzanspruch gemäß § 839 Abs. 1 BGB i. V. m. Art. 34 GG und gegen die Beklagte zu 3) keinen Schadensersatzanspruch gemäß § 823 Abs. 1 BGB oder gemäß § 1 Abs. 1 HaftPflG.

1. Der Kläger hat gegen die Beklagten zu 1) und 2) keinen Anspruch aus § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB i. V. m. Art. 34 Satz 1 GG i. V. m. § 9 Abs. 3a SaarlStrG, denn die Beklagten zu 1) und 2) haben ihre Verkehrssicherungspflicht nicht dadurch verletzt, dass sie zum Unfallzeitpunkt an der Unfallstelle keine ausreichenden Absicherungen vorgenommen oder die Schienenführung nicht geändert haben.

a) Die Verkehrssicherungspflicht der öffentlichen Hand bezüglich öffentlicher Wege und Plätze ist ihrem Wesen nach zwar keine Amtspflicht i. S. d. § 839 Abs. 1 BGB, sondern eine allgemeine zivilrechtliche Verkehrssicherungspflicht i. S. d. § 823 BGB. Als Haftungstatbestand kommt daher grundsätzlich § 823 BGB i. V. m. §§ 89, 31 BGB in Betracht (vgl. BGHZ 9, 373 (374 f); BGH, NJW 1968, 443; Geigel-​Wellner, Der Haftpflichtprozess, 26. Auflage, 14. Kap., Rdnr. 40; Kodal/Krämer-​Grote, Straßenrecht, 6. Auflage, Kap. 40, Rdnr. 6).

Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn das Land die Verkehrssicherungspflicht öffentlich-​rechtlich geregelt hat. In diesem Fall handelt es sich bei der Verkehrssicherungspflicht um eine hoheitliche Aufgabe, also um eine Amtspflicht i. S. d. § 839 Abs. 1 BGB (vgl. BGHZ 27, 278 (281 f); Geigel-​Wellner, aaO., 14. Kap., Rdnr. 40; Kodal/Krämer-​Grote, aaO., Kap. 40, Rdnr. 27).

Im Saarland ist eine entsprechende Regelung getroffen worden durch § 9 Abs. 3a SaarlStrG, der ausdrücklich anordnet, dass die Verkehrssicherung öffentlicher Straßen als Amtspflicht in hoheitlicher Tätigkeit wahrgenommen wird (vgl. Kodal/Krämer-​Grote, aaO., Kap. 40, Rdnr. 10).

b) Die in ist unstreitig Teil einer Bundesstraße, nämlich der B 268. Bei Bundesstraßen ist für die Verkehrssicherungspflicht gemäß § 6 SaarlStVZustG das Ministerium für Wirtschaft als oberste Landesbehörde zuständig und gemäß § 7 Abs. 1 SaarlStVZustG sind als Straßenverkehrsbehörden die Landkreise und der Regionalverband zuständig. Daher sind das beklagte Land und der Beklagte zu 2) Adressaten der Verkehrssicherungspflicht bezüglich der in Wie die Zuständigkeiten zwischen diesen im Einzelnen verteilt sind, bedarf allerdings keiner näheren Erörterung, da der Kläger weder bezüglich des beklagten Landes noch bezüglich des Beklagten zu 2) bewiesen hat, dass diese eine Verletzung ihrer Verkehrssicherungspflichten begangen haben.

Insbesondere kann es dahinstehen, ob gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 StVO i. V. m. § 6 StVZustG das beklagte Land oder der Beklagte zu 2) für die Aufstellung von Verkehrszeichen in der in zuständig ist. Denn jedenfalls waren, wie noch darzulegen sein wird, entsprechende, den Anforderungen genügende Schilder am Unfalltag vor der Unfallstelle aufgestellt.

c) Die hoheitlich ausgeübte Verkehrssicherungspflicht bezüglich öffentlicher Straßen entspricht dabei inhaltlich der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht gemäß § 823 BGB (BGHZ 60, 54 (58 ff); Geigel-​Wellner, aaO., 14. Kap., Rdnr. 42; Kodal/Krämer-​Grote, aaO., Kap. 40, Rdnr. 6). Diese Amtspflicht besteht zugunsten Dritter, nämlich der Straßennutzer (vgl. MünchKomm(BGB)-​Papier, 5. Auflage, § 839 BGB, Rdnr. 270).

d) Ihr Umfang wird von der Art und Häufigkeit der Benutzung des Verkehrsweges und seiner Bedeutung maßgebend bestimmt. Sie umfasst die notwendigen Maßnahmen zur Herbeiführung und Erhaltung eines für den Benutzer hinreichend sicheren Straßenzustandes (BGH, VersR 1979, 1055), wobei jedoch absolute Gefahrlosigkeit nicht gefordert werden kann. Diese kann in der Regel nicht erwartet werden und ist auch unter Einsatz zumutbarer Mittel nicht zu erreichen. Vielmehr sind die öffentlichen Verkehrswege grundsätzlich in dem Zustand hinzunehmen, wie sie sich dem Benutzer erkennbar darbieten, wobei sich der Benutzer den gegebenen Straßenverhältnissen anpassen muss (vgl. BGH, NJW 1980, 2194 (2195)).

Der Verkehrssicherungspflichtige muss daher in geeigneter und objektiv zumutbarer Weise alle, aber auch nur diejenigen Gefahren ausräumen und erforderlichenfalls vor ihnen warnen, die für den Benutzer, der die erforderliche Sorgfalt walten lässt, nicht erkennbar sind und auf die er sich nicht oder nicht rechtzeitig einzustellen vermag (vgl. BGH, VersR 1979, 1055; BGH, NJW 1979, 2043 (2044); BGH, VersR 1980, 946 (947); Senat, Urt. v. 21.07.1998 - 4 U 886/97 - 235 -, OLGR 1998, 404; Geigel-​Wellner, aaO., 14. Kap., Rdnr. 44). Die Verkehrssicherungspflicht dient nicht dazu, das allgemeine Lebensrisiko auf den Sicherungspflichtigen abzuwälzen (vgl. OLG Koblenz, OLGR 1998, 404 (405)). Eine haftungsbegründende Verkehrssicherungspflicht beginnt grundsätzlich erst dort, wo auch für den aufmerksamen Verkehrsteilnehmer eine Gefahrenlage überraschend eintritt und nicht rechtzeitig erkennbar ist (vgl. OLG Stuttgart, NZV 1990, 268; OLG Hamm, VersR 1983, 466; Senat, Urt. v. 21.07.1998 - 4 U 886/97 - 235 -, OLGR 1998, 404).

e) Im streitgegenständlichen Fall sind diese Voraussetzungen nicht gegeben:

aa) Das Landgericht hat zum einen zutreffend darauf hingewiesen, dass ausweislich der vom Kläger selbst vorgelegten Lichtbilder von der Unfallstelle, die auch den Schienenverlauf in der in zeigen (Bl. 79 ff d. A.) ersichtlich ist, dass die Gleisanlage sich vom übrigen Straßenbelag deutlich abhebt und der Schienenverlauf gut sichtbar ist.

Das Landgericht hat daher zutreffend bereits auf Grund des äußeren Erscheinungsbilds der Schienen darauf geschlossen, dass es für einen Radfahrer möglich ist, sich auf den Umstand, dass in dem Straßenbelag Schienen verlegt sind, sowie auf den genauen Verlauf der Schienen einzustellen und sein Fahrverhalten entsprechend anzupassen.

Das Landgericht hat auf nicht zu beanstandende Weise darauf abgestellt, dass ein Verkehrsteilnehmer nach der Rechtsprechung damit rechnen muss, dass Straßenbahngleise bedingt durch die Straßenführung in den Bereich einer Fahrbahn überwechseln. Dabei ist die Aufstellung von Warnschildern bei erkennbaren, sich aus der Beschaffenheit der Straße ergebenden Gefahren noch nicht einmal erforderlich (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 06.05.1980 - 9 U 216/79, VersR 1981, 389).

Dass der Kläger - etwa in Folge von Dunkelheit oder schlechter Witterung - hierzu am Unfalltag nicht in der Lage gewesen wäre, trägt er selbst nicht vor. Er behauptet insbesondere nicht, die Gleise nicht gesehen zu haben, sondern zwischen diese gefahren, beim Überqueren eines Gleises in dieses geraten und hierdurch zu Fall gekommen zu sein.

Der Kläger hätte sich daher schon allein wegen deren äußeren Erkennbarkeit auf die Gefahr einstellen müssen. Auch wenn aus seiner Fahrtrichtung gesehen rechts neben den Schienen kein hinreichender Raum für ein Befahren mit einem Fahrrad vorhanden war (vgl. etwa Lichtbild 6, Bl. 84 d. A.), hätten dem Kläger doch andere Handlungsalternativen zur Verfügung gestanden. Er hätte insbesondere entweder vom Fahrrad absteigen und dieses schieben oder aber die ... Straße verlassen und umfahren können.

Das Landgericht hat zutreffend darauf abgestellt, dass nach der Rechtsprechung Zweiradfahrern die sich aus Gleisen ergebenden Gefahren, nämlich geringere Haftfähigkeit der Reifen und hierdurch bedingte Rutschgefahr sowie die Gefahr, mit den Reifen in die Schienenspur zu geraten und der damit verbundene Verlust der Lenkfähigkeit, bekannt sind oder ihnen bekannt sein müssen. Daher haben Zweiradfahrer diese Gefahren hinzunehmen und sich auf diese einzustellen (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 06.05.1980 - 9 U 216/79, VersR 1981, 389).

bb) Genau auf die letztgenannte Handlungsalternative, nämlich das Umfahren der ... Straße, wurde der Kläger auch durch die vor der Unfallstelle vorhandene Beschilderung unzweifelhaft hingewiesen.

Nach dem Ergebnis der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme ist das Landgericht auf nicht zu beanstandende Weise zu der Überzeugung gelangt, dass zum Zeitpunkt des streitgegenständlichen Unfalls vor der Verschwenkung der Gleise und vor der Unfallstelle in Fahrtrichtung das Gefahrenzeichen 101 zu § 40 StVO mit dem Zusatzschild „Gleise“ und eine Umleitungsbeschilderung für Zweiradfahrer sowie in Fahrtrichtung ... das Gefahrenzeichen 101 zu § 40 StVO mit dem Zusatzschild „Gleise kreuzen“ aufgestellt waren.

aaa) Dies ergibt sich zum einen aus dem - vom Kläger selbst zur Akte gereichten - Lichtbild Nr. 1 (Bl. 79 d. A.). Darauf ist ganz oben das Warnzeichen 101 (Dreieck mit Ausrufezeichen) zu sehen. Darunter befindet sich das weiße Zusatzschild „Gleise“ und wiederum darunter ein gelbes Schild mit einem Fahrrad, einem Kraftrad und einem nach rechts abknickenden Pfeil, also das Zeichen 442, das eine Umleitung für bestimmte Verkehrsarten, hier also Zweiräder jeder Art, ausweist.

Mithin musste dem Kläger bei aufmerksamer Fahrweise hinreichend deutlich sein, dass es zur Vermeidung von Gefahren durch die Gleise der notwendig war, die zu verlassen und zu umfahren. Dass dies nicht möglich gewesen wäre, hat der Kläger nicht vorgetragen.

Die Beklagten weisen in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hin, dass ein andersartiges Zusatzschild, insbesondere im Hinblick auf einen Unfallschwerpunkt entweder nicht existiert oder jedenfalls nicht installiert werden musste, da die vorhandenen Schilder einen ausreichenden Warnhinweis enthalten.

bbb) Dass dieses Schild am Unfalltag vorhanden war, ergibt sich aus der Aussage des Zeugen, eines Verwaltungsangestellten beim Beklagten zu 2).

Dieser hat ausgesagt, dass in Fahrtrichtung am 25.07.2007 das Gefahrenzeichen 101 mit dem Zusatzschild „Gleise“ und in Fahrtrichtung am 07.11.2007 das Gefahrenschild 101 mit dem Zusatzschild „Gleise kreuzen“ aufgestellt worden sei. Danach seien die Schilder seines Wissen nicht mehr abgenommen oder abgedeckt worden (Bl. 164 d. A.). Der Zeuge hat darüber hinaus ausweislich des Protokolls (Bl. 164 d. A.) eine Kopie aus seinen Unterlagen gefertigt und zur Akte gereicht (hinten lose in der Akte liegend). Darin sind nicht nur Vermerke des Beklagten zu 2) sowie Lageskizzen enthalten, sondern auch Lichtbilder, die mit den vom Kläger zur Akte gereichten, insbesondere dem dortigen Lichtbild 1), identisch sind.

Das Landgericht hat die Aussage des Zeugen zutreffend als glaubhaft eingestuft, da der Zeuge detaillierte Angaben zur Aufstellung der Schilder gemacht und durch die Vorlage der Unterlagen belegt hat. Der Senat hat daher absolut keinen Zweifel daran, dass wie davor und danach auch zum Unfallzeitpunkt die bezeichnete Beschilderung vorhanden war.

Der Kläger kann sich in diesem Zusammenhang nicht darauf berufen, dass der Zeuge das Vorhandensein der Beschilderung zum Unfallzeitpunkt nicht aus eigener Anschauung bestätigen, sondern nur an Hand seiner Unterlagen nachvollziehen konnte. Dies ändert an der Überzeugung des Senats von der Wahrheit der Aussage nichts, da es bei Verwaltungsbediensteten einen normalen Fall darstellt, dass sie vorhandene feste Einrichtungen nicht rund um die Uhr beobachten, sondern an Hand der Akten auf deren Vorhandensein während bestimmter Zeiträume schließen.

Dafür, dass die Schilder zeitweise, etwa wegen einer Baustelle, entfernt worden waren, hat der - für die Verkehrssicherungspflichtverletzung darlegungs- und beweisbelastete - Kläger nichts Konkretes vorgetragen, insbesondere nicht dargelegt, von wann bis wann dies genau wegen welcher Baustelle der Fall gewesen sein soll. Auch dies erschüttert nicht die Überzeugung des Senats vom Vorhandensein der Schilder zum Unfallzeitpunkt. Dass die Lichtbilder erst nach dem Unfall gefertigt wurden, steht dem ebenfalls nicht entgegen. Dies schließt nicht aus, dass die Schilder auch am Unfalltag vorhanden waren.

Das auf Lichtbild 3 und 4 (Bl. 81 u. 82 d. A.) erkennbare, mit einer Plastikhülle verdeckte Schild ist nicht mit dem auf Lichtbild 1 (Bl. 79 d. A.) dargestellten vorgenannten Warnschild identisch, da es sich ersichtlich an einer anderen Stelle des Straßenverlaufs befindet.

ccc) Weiter hat das Landgericht zutreffend ausgeführt, dass dem die Aussagen der übrigen Zeugen nicht entgegen stehen.

- Der Zeuge fuhr zum Unfallzeitpunkt nach seinen Angaben mit seinem Rad hinter dem Kläger. Er hat angegeben, zum Unfallzeitpunkt keine Schilder gesehen zu haben, jedoch auch auf Schilder nicht geachtet zu haben. Er kenne aber die Unfallstelle und wisse, dass die Schienen (für Radfahrer) gefährlich seien (Bl. 163 d. A.).

- Der Zeuge hat ebenfalls bekundet, er wisse nicht, ob das Gefahrzeichen 101 schon vor dem Unfall aufgestellt gewesen sei. Es sei ihm jedenfalls nicht aufgefallen. Er habe sich das Schild erst nach dem Unfall angesehen, allerdings vor dem Unfall bereits durch Gespräche im Bekanntenkreis erfahren, dass das Schild dort aufgestellt worden sei (Bl. 165 d. A.).

- Der Zeuge hat bekundet, er könne sich nicht an ein Hinweisschild erinnern. Er meine, dass er das Gefahrenzeichen 101, wenn dieses schon zum Unfallzeitpunkt aufgestellt gewesen wäre, bemerkt hätte (Bl. 166 d. A.).

Hieraus hat das Landgericht zutreffend gefolgert, dass die Zeugen und keine sicheren Angaben dazu machen konnten, ob die dargestellte Beschilderung zum Unfallzeitpunkt vorhanden waren. Sie hatten schlichtweg keine Erinnerung hieran, weil sie insbesondere nicht darauf geachtet haben. Demgegenüber konnte der Zeuge, wie bereits dargelegt, auf Grund seiner Unterlagen sichere Angaben zum Zeitpunkt der Aufstellung der Schilder sowie dazu, dass diese vor dem Unfall weder entfernt noch abgedeckt worden waren, machen.

ddd) Diese Einschätzung wird auch durch die eigenen Angaben des Klägers bei seiner persönlichen Anhörung durch das Landgericht bestätigt.

Der Kläger hat erklärt, der Unfall habe sich ungefähr 100 m hinter der auf dem Lichtbild 5 (Bl. 83 d. A.) abgebildeten Kreuzung ereignet (Bl. 161 d. A.). Auch der Zeuge hat erklärt, dass sich der Unfall nach dem Passieren der Kreuzung ereignet habe (Bl. 163 d. A.). Ausweislich des Lichtbilds 1 (Bl. 79 d. A.) war aber genau diese Kreuzung mit der oben dargestellten Beschilderung versehen.

cc) Die dargestellte Beschilderung war geeignet und ausreichend, um Radfahrer vor den durch die Gleise der verursachten Gefahren hinreichend zu warnen und sie zu entsprechendem Verhalten zu veranlassen.

aaa) Die Gleisführung bzw. die Konzeption der Streckenführung als solche mussten nicht geändert werden. Insbesondere waren eine Abänderung bzw. ein Rückbau hin zu einer einzigen Schiene, die nicht überfahren werden müsste, nicht erforderlich und es war auch nicht die Einrichtung eines Fahrradwegs veranlasst. Wegen der guten Erkennbarkeit der zweigleisigen Streckenführung in Verbindung mit der Beschilderung waren nämlich Gefahren in Folge der Schienen für jeden Zweiradfahrer hinreichend erkennbar, so dass er sich - bei Anwendung der Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten - hierauf einstellen und das Rad schieben oder den Streckenabschnitt umfahren konnte. Absolute Sicherheit mussten die Beklagten nicht herbeiführen.

Erst Recht bestand kein Anlass, die ... Straße in voll oder nur für Zweiradfahrer zu sperren.

bbb) Des Weiteren war es aus demselben Grund auch nicht erforderlich, die Lücke zwischen Gleisen und Straßenbelag durch Einbau eines Gummieinsatzes oder einer ähnlichen Einrichtung zu schließen, um ein Einsinken des Rades in diesen Zwischenraum zu verhindern.

In diesem Zusammenhang haben die Beklagten, insbesondere die Beklagte zu 3), darauf hingewiesen, dass eine solche Maßnahme angesichts des Verkehrstaktes der nicht geeignet sei und keine Handlungsmöglichkeit darstelle, da hiervon erhebliche Gefahren für die Spurführung der Schienenfahrzeuge ausgingen. Insbesondere im Winter könne das System durch eindringende Feuchtigkeit, die dann gefriere, völlig versagen und zum Entgleisen der Schienenbahn führen. Ob dies zutrifft oder nicht, braucht der Senat angesichts der obigen Ausführungen nicht abschließend zu entscheiden.

Auch ist nicht die Einholung des bezüglich der Eignung von Gummieinsätzen oder sonstigen Einsätzen zur Unfallvermeidung vom Kläger beantragten Sachverständigengutachtens erforderlich. Insoweit hat das Landgericht zutreffend darauf abgestellt, dass insoweit keine ausreichenden Anknüpfungstatsachen vorliegen. Der Kläger hat zwar in allgemeiner Form vorgetragen, er sei in die verbleibende Lücke zwischen Gleis und Fahrbahn geraten, wodurch er gestürzt und verletzt worden sei. Jedoch ist dieser - bestrittene - Unfallhergang mit der für die Einholung eines entsprechenden Sachverständigengutachtens erforderlichen Konkretisierung nicht nachgewiesen.

Der Kläger selbst hat nämlich bei seiner Anhörung durch das Landgericht erklärt, er könne sich nicht mehr genau an den Ablauf erinnern (Bl. 161 d. A.). Auch der hinter dem Kläger fahrende Zeuge hat nur ganz allgemein erklärt, der Kläger sei bei dem Überqueren der Schienen mit dem Rad in eine Schiene gekommen und gestürzt (Bl. 163 d. A.). Auch der Zeuge konnte aber bezüglich des Unfallmechanismus im Einzelnen nichts ausführen.

Daher hat ein Gutachten bezüglich der Verhinderbarkeit des streitgegenständlichen konkreten Unfalls keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Es braucht daher auch kein Gutachten bezüglich der allgemeinen Eignung entsprechender Einsätze im Hinblick auf von ihnen für den Schienenverkehr ausgehende Gefahren eingeholt zu werden.

dd) Etwas anderes ergibt sich ferner nicht auf Grund der beigezogenen Parallelrechtsstreite 4 O 406/08 und 4 O 148/08 des Landgerichts Saarbrücken (vgl. Beiakte). Abgesehen davon, dass in beiden Fällen die Klagen verunfallter Motorradfahrer rechtskräftig abgewiesen wurden, ergibt sich hieraus allenfalls ein Nachweis des Umstands, dass die in stark befahren wird und es dort öfter zu Unfällen unter Zweiradbeteiligung kommt. Ob dies in der vom Kläger behaupteten konkreten Häufigkeit der Fall ist, kann insoweit dahinstehen. Jedoch folgt aus der Verkehrsdichte an der Unfallstelle nicht, dass die Beklagten über die getroffenen völlig ausreichenden Maßnahmen hinaus etwas unternehmen müssten, um ihrer Verkehrssicherungspflicht Genüge zu tun.

ee) Auch ergibt sich nichts anderes auf Grund der in der beigezogenen Ermittlungsakte 9 Js 541/09 der StA Saarbrücken befindlichen - und damit ihrerseits beigezogenen - Verwaltungsakte des Landesverwaltungsamts - Zentrale Bußgeldbehörde und der Verkehrsunfallanzeige des Polizeibeamten. Aus diesen Unterlagen ergibt sich allenfalls, dass (möglicherweise) der Kläger an der Unfallstelle mit dem Vorderrad in die Saarbahnschienen geraten und gestürzt ist. Jedoch ergeben sich hieraus keine Hinweise auf eine mögliche Verkehrssicherungspflichtverletzung der Beklagten, so dass diese selbst dann nicht haften, wenn man zu Gunsten des Klägers unterstellt, dass sich der Unfall genau so zugetragen hat.

2. Selbst wenn eine Haftung des beklagten Landes und des Beklagten zu 2) in Betracht käme, würde den Kläger nach den vorstehenden Ausführungen ein so erhebliches Mitverschulden gemäß § 254 Abs. 1 BGB treffen, dass dahinter eine Haftung der Beklagten vollständig zurücktreten würde.

3. Der Kläger hat schließlich auch keinen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zu 3).

a) Die Beklagte zu 3) haftet nicht nach § 1 Abs. 1 HaftPflG.

Zwar stellt die eine Schienenbahn i. S. der Vorschrift dar.

Jedoch wurde der Kläger nicht durch den Betrieb der verletzt.

Dies setzt voraus, dass ein kausaler Zusammenhang mit wirklich ablaufenden Beförderungsvorgängen besteht (vgl. RGZ 55, 229; Filthaut, Haftpflichtgesetz, 8. Auflage, § 1 HaftPflG, Rdn. 76). Ist der Unfall allein auf den Zustand einer Betriebsanlage - hier der Gleise - zurückzuführen und nicht auch auf eine Betriebsfunktion, reicht dies zur Begründung einer Haftung nach § 1 HaftPflG nicht aus (vgl. OLG Hamm, NZV 1998, 154; Filthaut, aaO., § 1 HaftPflG, Rdn. 76). Beim bloßen Überqueren von Gleisen ist eine Haftung nur gegeben, wenn der Unfall dadurch zu Stande gekommen ist, weil ein Betriebsvorgang mitgewirkt hat. Überquert etwa ein Fußgänger die Gleise, so ist dies dann der Fall, wenn er durch das Herannahen des Zuges zum eiligen Überschreiten veranlasst wurde (vgl. OLG Frankfurt, JW 1928, 3192; Filthaut, aaO., § 1 HaftPflG, Rdn. 78 m. w. N.).

Letzteres ist vorliegend nicht der Fall, da der Kläger unstreitig nicht wegen einer herannahenden die Gleise mit dem Fahrrad zu überqueren versucht hat. Daher haftet die Beklagte zu 3) nicht in größeren Umfang als jemand, der nicht Betriebsunternehmer einer Schienenbahn ist, auf Grund von Unebenheiten der Straßenoberfläche - hier durch Schienen - haftet. Insbesondere gilt nicht die Gefährdungshaftung des § 1 HaftPflG.

b) Einem Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB stehen dieselben Gründe entgegen wie einem Anspruch gegen das beklagte Land und den Beklagten zu 2), weil die Verkehrssicherungspflicht der öffentlichen Hand, wie oben dargelegt, mit der privatrechtlichen Verkehrssicherungspflicht von den Voraussetzungen her identisch ist, so dass die Beklagte zu 3) nicht zu weitergehenden Sicherungsmaßnahmen als die beiden übrigen Beklagten verpflichtet war.

c) Auch insoweit würde das Mitverschulden des Klägers gemäß § 254 Abs. 1 BGB derart schwer wiegen, dass eine Haftung der Beklagten zu 3) dahinter völlig zurücktreten würde.


III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. § 713 ZPO ist nicht anwendbar, da die Voraussetzungen, unter denen ein Rechtsmittel gegen das Urteil stattfindet, nicht für jede der Parteien unzweifelhaft nicht gegeben sind. Dies folgt daraus, dass zwar die Revision nicht zugelassen ist, jedoch gemäß § 26 Nr. 8 EGZPO n. F. die Nichtzulassungsbeschwerde nicht für jede der Parteien unzulässig ist, da die Beschwer des Beklagten im Berufungsverfahren 26.400,00 €, mithin mehr als 20.000,00 € beträgt.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO n. F. nicht gegeben sind. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO n. F.) noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO n. F.).