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Landgericht Köln Urteil vom 06.01.2015 - 11 S 411/12 - Fiktive Schadensabrechnung und Stundenverrechnungssätze

LG Köln v. 06.01.2015: Fiktive Schadensabrechnung und Stundenverrechnungssätze


Das Landgericht Köln (Urteil vom 06.01.2015 - 11 S 411/12) hat entschieden:
  1. Bei fiktiver Schadensabrechnung kann der Geschädigte eines Verkehrsunfalls unter Umständen auch noch im Rechtsstreit auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer Referenzwerkstatt verwiesen werden.

  2. Der Vorlage eines konkreten Reparaturangebots der Referenzwerkstatt bedarf es nicht, wenn im Prüfbericht eine Vergleichsrechnung anhand des vom Geschädigten eingeholten Sachverständigengutachtens und dem dort vorgeschlagenen Reparaturweg unter Zugrundelegung der in der Referenzwerkstatt geltenden Stundenverrechnungssätze vorgenommen wird.

Siehe auch Stundenverrechnungssätze einer Fachwerkstatt und Abstrakte bzw. sog. fiktive Schadensabrechnung - Abrechnung auf Gutachtenbasis


Tatbestand:

Von der Darstellung des Tatbestandes wird abgesehen, §§ 313 a Abs. 1 Satz 1, 540 Abs. 2 ZPO.


Entscheidungsgründe:

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Es ist vorliegend eine zulässige Verweisung auf eine markengebundene Fachwerkstatt gegeben, so dass die Klägerin keine weiteren Reparaturkosten von der Beklagten verlangen kann.

Nach dem der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 14.3.2013 (Az. VI ZR 320/12) entschieden hat, dass der Schädiger den Geschädigten bei einer fiktiven Abrechnung unter Umständen sogar noch im Rechtsstreit auf günstigere Reparaturmöglichkeiten in einer Referenzwerkstatt verweisen kann, was er auch im hiesigen Revisionsverfahren bestätigt hat (Urteil vom 15.07.2014, Az. VI ZR 313/13), liegt zeitlich durch das Schreiben der Beklagten vom 30.12.2011 eine zulässige Verweisung vor.

Die Verweisung auf die im Prüfbericht benannten Fachwerkstätten ist auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Sofern mit der Berufung geltend gemacht wird, die Firma B. GmbH biete der Beklagten Sonderkonditionen an, die von einem selbstzahlenden Kunden so nicht zu erlangen seien, so ist dieser Vortrag nicht hinreichend substantiiert, um zu dieser Frage Beweis zu erheben. Die Klägerin hat zwar Umstände vorgetragen, aus denen sich das Vorliegen von Sonderkonditionen ergeben könnte, u.a. die im Internet und an der Werkstatt offengelegte Kooperation mit verschiedenen Versicherungsunternehmen, u.a. der Beklagten, sowie die in dem als Anlage K 9 (BI. 61) vorgelegten Zeitungsartikel beschriebene Kooperation zwischen Versicherungen und einem Netz von Fachwerkstätten. Diese Anhaltspunkte genügen vorliegend jedoch·nicht, um dem Vortrag der Beklagten, es handele sich bei den im Prüfbericht verwendeten Stundenverrechnungssätzen um die üblichen Tarife, die auch jedem Kunden, der die Werkstatt als Selbstzahler beauftrage, im Dezember 2011 angeboten worden seien, zu widerlegen. Diesem Vorbringen ist die Klägerseite nicht mit der erforderlichen Substanz entgegengetreten, indem sie beispielsweise dargelegt hat, dass sie bei dem Versuch, die Stundenverrechnungssätze der Firma B. GmbH zu ermitteln, gescheitert sei oder gar höhere Stundenverrechnungssätze genannt erhalten hat. Es ist dem ·Klägervortrag nicht zu entnehmen, dass sie sich überhaupt bemüht hat, Stundenverrechnungssätze der im Prüfbericht aufgeführten Fachwerkstätten zu erfragen. ·Sofern die Klägerin der Auffassung ist, solcher Vortrag sei ihr nicht zuzumuten und hierdurch würde ihr eine zu hohe Darlegungslast auferlegt, so folgt die Kammer dem nicht. Zwar obliegt grundsätzlich dem Schädiger bzw. der hinter ihm stehenden Haftpflichtversicherung der Nachweis, dass bei ihrer Abrechnung die üblichen Preise der Verweisungswerkstätten zugrunde gelegt worden sind (vgl. BGH, Urteil vom 22.06.2010, Az. VI ZR 337/09, juris). Jedoch genügt ein einfaches Bestreiten vorliegend nicht, um den Vortrag der Beklagtenseite zu erschüttern, sondern der Klägerin hätte es oblegen, hierzu konkrete Anhaltspunkte vorzutragen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 23.02.2010, Az. VI ZR 91/09, juris), d.h. dem konkreten Vortrag der Beklagtenseite mit konkreten Tatsachen entgegenzutreten. Sofern von Klägerseite geltend gemacht wird, ein Schild mit Versicherungsnamen an der Wand der Reparaturwerkstatt impliziere eine Sonderverbindung, so folgt hieraus nicht ohne weiteres, dass einem Selbstzahler nicht dieselben Stundenverrechnungssätze angeboten werden, wie sie vorliegend in dem Prüfbericht dargelegt wurden.

Ferner kann die Klägerin auch nicht mit dem Einwand durchdringen, Verbringungskosten seien vorliegend ersatzfähig, da solche bei den genannten Fachwerkstätten lediglich bei fiktiver Abrechnung nicht anfielen. Die Beklagte hat klargestellt, dass bei der Firma B. GmbH keinerlei Verbringungskosten anfallen, da der Betrieb über eine eigene Lackiererei verfügt. Dem ist die Klägerin nicht mit der erforderlichen Substanz entgegengetreten.

Schließlich kann die Klägerin sich auch nicht darauf .berufen, dass für eine ordnungsgemäße Verweisung die Vorlage eines konkreten Kostenvoranschlags oder eines Reparaturberichts erforderlich gewesen wäre. Der von der Beklagten vorgelegte Prüfbericht weist die in Frage kommenden Referenzwerkstätten aus und nimmt eine Vergleichsrechnung anhand des von Klägerseite eingeholten Schadensgutachtens vor, also mit dem von dem Gutachter X vorgeschlagenen Reparaturweg unter Zugrundelegung·der in den Werkstätten geltenden Stundenverrechnungssätze. Die Vorlage eines konkreten Reparaturangebots einer der Referenzwerkstätten ist angesichts dessen nicht erforderlich, da nicht erkennbar ist, dass beispielsweise der Reparaturweg nicht eingehalten wurde oder sonstige Änderungen vorgenommen wurden.

Mangels Hauptforderung besteht auch kein Anspruch auf Freistellung von vorgerichtlich angefallenen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 139,23 €

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 91, 97 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Berufungsstreitwert: 893,60 €.







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