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Verwaltungsgericht Hamburg Beschluss vom 27.08.2014 - 5 E 3534/14 - Vorläufiger Rechtsschutz für Uber
VG Hamburg v. 27.08.2014: Vorläufiger Rechtsschutz für Uber in Hamburg
Das Verwaltungsgericht Hamburg (Beschluss vom 27.08.2014 - 5 E 3534/14) hat entschieden:
Gegenüber dem mit Sofortvollzug ausgestatteten Betätigungsverbot für das Uber-Beförderungsmodell besteht vorläufiger Rechtsschutz. Das Personenbeförderungsgesetz, für dessen Durchführung die Hamburger BWVI als Verkehrsgewerbeaufsicht nach der insoweit maßgeblichen Zuständigkeitsanordnung des Hamburger Senats der Firma Uber sachlich zuständig ist, enthält keine spezielle Rechtsgrundlage, die die Untersagung eines ohne Genehmigung betriebenen Personenbeförderungsverkehrs besonders regelt.
Siehe auch Personenbeförderung - Fahrgastbeförderung und Das Uber-Geschäftsmodell - die APPs "uber black" und "uber pop"
Gründe:
I.
Die Antragstellerinnen begehren einstweiligen Rechtsschutz gegen eine Verfügung, mit der ihnen die Antragsgegnerin untersagt hat, Beförderungswünsche von Fahrgästen über ihre App zu vermitteln sowie im Internet oder sonstigen Medien für die App zu werben.
Die Antragstellerin zu 1) ist eine Gesellschaft, die u.a. eine mobile Software - Applikation (...) betreibt, die darauf ausgerichtet ist, Fahrer und Personen, die Fahrtwünsche haben zusammenzubringen. Fahrer müssen sich bei Uber anmelden, wobei vorausgesetzt wird, dass sie mindestens 21 Jahre alt sein müssen, einen Führerschein und eineinwandfreies Führungszeugnis haben. Sie erklären sich in einem „Join and Support - Vertrag“ bereit, zu Zeiten, die jeweils in einem Wochenplan festgelegt werden, für Beförderungsdienste zur Verfügung zu stehen. Im Gegenzug erhalten sie eine nach Stunden berechnete sog. Unterstützungsgebühr, die sich allerdings um die erzielten Beförderungsentgelte (abzüglich einer sog. Vermittlungsgebühr) verringert. Aus den Nutzungsbedingungen geht hervor, dass sich Personen mit Fahrtwünschen bei ... anmelden und persönliche Informationen, ihre Mobiltelefon - Nr. sowie ihre Kreditkartendaten zur Verfügung stellen müssen. Für sie wird ein persönliches Konto eingerichtet. Die Nutzung der App erfolgt dann in der Weise,dass eine Anfrage für eine gewünschte Beförderung mit den Standortinformationen über den von Uber betriebenen Server an registrierte Fahrer geleitet wird. Akzeptiert der Fahrer die Anfrage (wo bei die oben genannte Unterstützungsgebühr an eine Annahmequote von 90 % pro Woche gebunden ist), werden Informationen über ihn an den Anfragenden gesendet. In den Nutzungsbedingungen heißt es, dass Uber keine Transport-/Beförderungsdienstleistungen anbiete und nicht Beförderer sei. Für die Transportleistung werden über die App Preise genannt. Sie setzen sich zusammen aus einem Grundpreis, einem Preis pro Minute und einem Preis pro Kilometer. Nach dem Ende des Transports wird die Kreditkarte des Kunden mit der entsprechenden Zahlung belastet.
Die Antragstellerin zu 2) ist mit der Werbung für die Tätigkeit der Antragstellerin zu 1) betraut. Darüber hinaus ist sie für die deutschsprachige Presseberichterstattung und die Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland zu ständig. Im Handelsregisterauszug ist ihr Geschäftsgegenstand mit „Dienstleistungen, einschließlich der Unterstützung verbundener Unternehmen bei der Erbringung solcher Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Erbringung solcher Dienstleitungen ...“ angegeben.
Seit dem 25. Juni 2014 ist die Antragstellerin zu 1) in Hamburg tätig.
Mit Schreiben vom 20. Juni 2014 gab die Antragsgegnerin, vertreten durch die Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation (Rechtsamt, Verkehrsgewerbeaufsicht; im Folgenden: „die BWVI als Verkehrsgewerbeaufsicht“), der Antragstellerin zu 2) Gelegenheit, binnen einer Woche zum beabsichtigten Erlass einer Untersagungsverfügung wegen ungenehmigter Personenbeförderung Stellung zu nehmen. Sie führte im Wesentlichen aus,dass aufgrund des Internetauftritts davon auszugehen sei, dass die Durchführung der über die Vermittlungsplattform „...“ vermittelten Fahrtwünsche von Fahrgästen an private Fahrer nach dem Personenbeförderungsgesetz genehmigungspflichtig sei, da es sich unentgeltliche Fahrten handele.
Mit Schreiben vom 17. Juli 2014 führte die Antragstellerin zu 2) aus, dass sie falsche Adressatin für das Anhörungsschreiben sei, da sie nur mit der Werbung betraut sei, nicht jedoch mit den Vermittlungstätigkeiten. Diese übe die Uber (die Antragstellerin zu 1)) aus, die nicht angehört worden sei. Es sei eine zu kurze Frist für die Stellungnahme gesetzt worden. Auf der Grundlage des Personenbeförderungsgesetzes könne keine Untersagung verfügt werden, da die Antragstellerinnen keine Personenbeförderung durchführen würden, sondern lediglich Ride - Sharing - Dienste vermittelten, die durch ihre Nutzer angeboten würden. Auf die Vermittlung der Fahrten sei das Personenbeförderungsgesetz nicht anwendbar, weil es sich um genehmigungsfreie private Mitfahrten i.S.d. § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Personenbeförderungsgesetz handele. Die Antragstellerin zu 2) führe nicht einmal Vermittlungstätigkeiten aus. Sie könne auch nicht als Zweckveranlasser angesehen werden, da eine Untersagung als intensiver Eingriff in die Berufsfreiheit besonders hoher Rechtfertigung bedürfe. Es handele sich jedoch allein um eine neue Form der Personenbeförderung angesichts der Möglichkeiten, die der technologische Fortschritt biete, indem Nutzer des Ride - Sharing miteinander verbunden würden. Zudem diene dies dem auf nationaler und europäischer Ebene verfassungsrechtlich bzw. grundrechtlich geschützten Ziel des Umweltschutzes und fördere die „Share Economy“. Im Vordergrund des Gemeinwohlinteresses stünden heute Ressourcen schonende „Share Economy“ und innovative Geschäftsmodelle, nicht aber der Schutz traditioneller Beförderungsanbieter. Wie sich aus Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts ergebe, sei Schutz eines Unternehmens oder Gewerbezweigs vor der Konkurrenz kein legitimer Zweck, insbesondere kein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut. Die Regelungen des Personenbeförderungsgesetzes müssten daher verfassungskonform ausgelegt werden. Hinsichtlich der Antragstellerin zu 1) würde eine Untersagungsverfügung auch die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit verletzen. Schließlich bestünden keine Gründe, die sofortige Vollziehung anzuordnen, da eine Untersagung offensichtlich rechtswidrig sei, ein besonderes öffentliches Vollzugsinteresse fehle und für die Antragstellerinnen schwere, nicht wieder gut zu machende Schäden entstünden. Bei einer Anordnung der sofortigen Vollziehung hätten die Antragstellerinnen keine Möglichkeit, den schwer wiegenden Eingriff einer eingehenden rechtlichen Prüfung zu unterziehen, da im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur eine summarische Überprüfung stattfinde. Auf diese Weise erhielten sie keinen effektiven Rechtsschutz. Zudem entstünden Existenz bedrohende Folgen dadurch, dass Kunden zu Wettbewerbern wechseln würden und die wirtschaftliche Existenz der Antragstellerinnen bedroht sei.
Mit Bescheid vom 21. Juli 2014, gerichtet an die Antragstellerinnen, beide vertreten durch Herrn ... untersagte die Antragsgegnerin (vertreten durch die BWVI als Verkehrsgewerbeaufsicht) den Antragstellerinnen unter Anordnung der sofortigen Vollziehung, Beförderungswünsche von Fahrgästen über die App „xxx“ oder in sonstiger Weise an Fahrer zu vermitteln, soweit diese mit der Erfüllung der Beförderungswünsche entgeltliche oder geschäftsmäßige Personenbeförderung durchführten, ohne im Besitz der nach dem Personenbeförderungsgesetz erforderlichen Genehmigung zu sein, und im Internet oder sonstigen Medien oder in anderer Weise öffentlich dafür zu werben, sich als Fahrer dem Vermittlungssystem der App ... oder einem sonstigen Vermittlungssystem anzuschließen und entgeltliche oder geschäftsmäßige Personenbeförderung durchzuführen, auch ohne im Besitz einer Genehmigung nach dem Personenbeförderungsgesetz zur entgeltlichen oder geschäftsmäßigen Personenbeförderung zu sein. Außerdem setzte die Antragsgegnerin (vertreten durch die BWVI als Verkehrsgewerbeaufsicht) für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld über 1.000,-- EUR fest.
Zur Begründung der Untersagungsverfügung führte sie im Wesentlichen aus, dass der Bescheid an beide Unternehmen gerichtet worden sei, da sie bei dem beanstandeten Verhalten abgestimmt zusammenwirkten. Auch werde dadurch einem Hin- und Herschieben der Verantwortlichkeiten zwischen beiden Unternehmen von vornherein entgegen gewirkt. Der Bescheid sei an den Geschäftsführer der Antragstellerin zu 2) und Managingdirektor der Antragstellerin zu 1) als gesetzlichem Vertreter der juristischen Personen zugestellt worden.
Sie gehe davon aus, dass die Antragstellerinnen entgeltlich oder geschäftsmäßig Personen mit Kraftfahrzeugen beförderten, ohne dass sie im Besitz einer hierfür erforderlichen Genehmigung nach dem Personenbeförderungsgesetz seien oder eine Ausnahme nach dem Personenbeförderungsgesetz eingreife. Es gebe zahlreiche Hinweise darauf, dass die Antragstellerinnen systematisch Beförderungswünsche von Fahrgästen an Autofahrer über Uber vermitteln würden, die sich bei den Unternehmen hierfür hätten registrieren lassen, und zwar ohne dass die Fahrer eine Genehmigung zur Personenbeförderung hätten.
Aufgrund des Internetauftritts der Antragstellerinnen sei davon auszugehen, dass es sich um entgeltliche Fahrten handele, da ein Grundtarif von einem Euro, sowie ein Streckentarif von einem Euro je Kilometer und von 0,25 EUR pro Minute der Inanspruchnahme berechnet würden. Es lägen Nachweise über durchgeführte Fahrten vor, wobei die Fahrer nicht im Besitz einer Genehmigung nach dem Personenbeförderungsgesetz gewesen seien. Zudem würde dafür geworben, dass man als Fahrer für Uber in Hamburg über 100,00 EUR am Tag erhalten könne. Die angegebenen Entgelte würden deutlich über den Betriebskosten liegen, so dass keine Ausnahme i.S.d. § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Personenbeförderungsgesetz eingreife.
Die Frist für eine Stellungnahme sei nicht unangemessen kurz gewesen, da die rechtlichen Probleme den Antragstellerinnen bereits aus Auseinandersetzungen in anderen deutschen Städten vertraut sein dürften. Es sei dringlich gewesen, eine Entscheidung herbeizuführen, da die Antragstellerinnen beständig schwere personenbeförderungsrechtliche Ordnungswidrigkeiten begehen würden. Angesichts dessen hätte sogar ganz auf eine Anhörung verzichtet werden können (§ 28 Abs. 2 Nr. 1 HmbVwVfG). Die Antragsgegnerin habe keine Möglichkeit, aufgrund der eingetretenen technologischen Veränderungen anzunehmen, dass das Personenbeförderungsgesetz nicht anzuwenden sei, weil sie verpflichtet sei, die geltenden Gesetze solange anzuwenden, wie sie in Kraft seien. Auf die Dienstleistungsfreiheit könne sich die Antragstellerin zu 1) nicht mit Erfolg berufen, da für sie deutsches Recht, mithin das Personenbeförderungsgesetz gelte und günstigere europäische Regelungen in diesem Bereich nicht bestünden. Die Antragstellerinnen seien als Zweckveranlasserinnen der von den Fahrern durchgeführten ungenehmigten Personenbeförderungen anzusehen.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei notwendig, weil die systematische und massenhafte Durchführung von ungenehmigten Personenbeförderungen nicht geduldet werden könne, auch nicht für die Dauer eines etwaigen Widerspruchsverfahrens. Bei einem Unfall eines „Uber“ Fahrers könne der Haftpflichtversicherer des Fahrzeugs jegliche Zahlung verweigern mit der Begründung, er hafte nicht für Schäden beim ungenehmigten Einsatz des Fahrzeugs zur gewerblichen Personenbeförderung. Im Übrigen gebiete die Pflicht der Antragsgegnerin zur Wahrung der Ordnung des Verkehrsmarktes, die ordnungsgemäß handelnden Hamburger Personenbeförderungsunternehmen effektiv vor illegaler Konkurrenz durch ungenehmigten Verkehr zu schützen, gerade wenn dieser massenhaft und in der Absicht betrieben werde, das Taxengewerbe zu verdrängen. Demgegenüber müssten die wirtschaftlichen Interessen der Antragstellerinnen zurückstehen.
Gegen den am 23. Juli 2014 zugestellten Bescheid haben die Antragstellerinnen am gleichen Tag Widerspruch erhoben. Am 24. Juli 2014 haben die Antragstellerinnen um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Sie tragen ergänzend vor, der Bescheid sei nach § 44 Abs. 1 HmbVwVfG nichtig, weil die Antragsgegnerin den räumlichen Geltungsbereich der Untersagungsverfügung nicht eingeschränkt habe. Es werde offensichtlich bewusst der Eindruck erweckt, dass sich die Untersagung auf das gesamte Bundesgebiet erstrecken solle. Eine Kompetenz für eine solche Regelung habe die Antragsgegnerin nicht. Darüber hin aus fehle es an einer Rechtsgrundlage für die Verfügung. Eine solche benenne die Antragsgegnerin nicht, sondern ziehe lediglich pauschal die Vorschriften des Personenbeförderungsgesetzes heran. Hierauf könne eine Untersagungsverfügung jedoch nicht gestützt werden, da das Personenbeförderungsgesetz die Tätigkeit der Antragstellerinnen nicht erfasse. Sie würden keine Personenbeförderung betreiben, sondern lediglich Ride - Sharing Dienste vermitteln, die durch ihre Nutzer angeboten würden. Die Vermittlung von Beförderungsaufträgen falle nicht unter die Regelungen des Personenbeförderungsgesetzes. Der Bestimmtheitsgrundsatz und der Gesetzesvorbehalt würden es verbieten, die Untersagung der Tätigkeit auf die Figur des Zweckveranlassers i.V.m. den Vorschriften des Personenbeförderungsgesetzes zu stützen. Wie das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung zu Mitfahrzentralen hervorgehoben habe, sei eine ausdrückliche Ermächtigungsgrundlage erforderlich, die sich unmittelbar mit der entsprechenden Vermittlungstätigkeit auseinandersetze und den Anforderungen des Art. 12 Abs. 1 GG genüge.
Die Verfügung sei auch deshalb rechtswidrig, weil die Antragstellerin zu 2) bisher nicht, wie es erforderlich gewesen wäre, angehört worden sei. Es sei nicht möglich, zwei juristischen Personen ein Anhörungsschreiben durch nur ein Schriftstück zuzustellen, sondern jeder von ihnen müsse eine Ausfertigung förmlich zugestellt bekommen. Dabei sei es ohne Belang, ob juristischen Personen denselben Geschäftsführer hätten. Abgesehen davon sei die Anhörungsfrist zu kurz gewesen und habe sich die Antragsgegnerin nicht ernsthaft mit den vorgebrachten Argumenten auseinandergesetzt. Wie sich aus verschiedenen Zeitungsartikeln ergebe, habe sich die Antragsgegnerin bereits auf eine Untersagung festgelegt, ohne dass die Antragstellerinnen tatsächlich die Möglichkeit erhalten hätten, ihre Überlegungen zur Geltung zu bringen.
Darüber hinaus sei die Verfügung materiell rechtswidrig, weil die Antragstellerinnen nicht gegen Vorschriften des Personenbeförderungsgesetzes verstoßen würden. Auch die Fahrer würden keinen Verstoß gegen das Personenbeförderungsgesetz begehen, so dass die Antragstellerinnen nicht zur Durchführung ungenehmigter Personenbeförderung anstiften würden. Das vermittelte „Ride - Sharing“ falle unter die Ausnahmevorschrift des § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Personenbeförderungsgesetz. Wenn den Nutzern dieses Angebots die Entrichtung einer Servicepauschale vorgeschlagen werde, handele es sich nicht um ein Entgelt i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 1 Personenbeförderungsgesetz. Es sei nämlich dem Nutzer freigestellt, ob er für die Fahrt einen Betrag zahlen wolle. Er könne den Servicevertrag widerrufen und ihn seinen Wünschen entsprechend anpassen. Da nicht gegen Regelungen des Personenbeförderungsgesetzes verstoßen werde, liege keine Störung der öffentlichen Sicherheit vor, so dass die Antragstellerinnen nicht als Zweckveranlasser in Anspruch genommen werden könnten. Die fehlende Rechtsgrundlage für die Untersagungsverfügung könne nicht durch die Rechtsfigur des Zweckveranlassers ersetzt werden. Im Übrigen wäre die Untersagungsverfügung aber auch unverhältnismäßig, da die Antragsgegnerin die von ihr herangezogenen Gesichtspunkte unzutreffend gewichtet habe.
Die Untersagungsverfügung verfolge zudem keinen legitimen Zweck, da nicht zu erkennen sei, weshalb die bei einem Ride - Sharing zahlenden Mitfahrer eines besonderen Schutzes bedürften. Nicht zahlende Fahrgäste seien aus dem Schutz des Personenbeförderungsgesetzes ausgeklammert und es sei nicht ersichtlich, dass das Zahlen einer Servicepauschale einen Bezug zur Frage der Sicherheit habe. Vielmehr würde die Gefahr reduziert, dass ein unzuverlässiger privater Fahrer tätig werde, da durch ein in die App integriertes Bewertungssystem ein Austausch und damit auch eine Kontrolle der Fahrer möglich sei. Die Untersagungsverfügung solle vor allem dazu dienen, das Taxigewerbe vor Konkurrenz zu schützen. Der Schutz eines Unternehmens oder Gewerbezweigs vor Konkurrenz sei nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aber kein legitimer Zweck, insbesondere kein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut. Daher könne die Vermittlungstätigkeit der Antragstellerinnen als technische Fortentwicklung der Tätigkeit einer Mitfahrzentrale zum Zweck des Konkurrenzschutzes nicht verboten werden. Zu berücksichtigen sei überdies, dass das Personenbeförderungsgesetz 1961 in Kraft getreten sei und den technologischen Fortschritt neuer Formen der Personenbeförderung nicht habe berücksichtigen können. Mit ihrem Geschäftsmodell würden die Antragstellerinnen dazu beitragen, die Forderungen der Europäischen Kommission umzusetzen, nach innovativen und ehrgeizigen Lösungen für den Nahverkehr zu suchen.
Die Untersagung verletze die Antragstellerin zu 1) in ihrer Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit. Denn gerade weil es keine speziellen europäischen Regelungen gebe, könne sie sich auf die europäischen Grundfreiheiten als Primärrecht berufen. Dieser Eingriff sei nicht gerechtfertigt, da er weder einem legitimen Ziel diene, noch verhältnismäßig sei.
Ferner sei die Anordnung der sofortigen Vollziehung nicht in einer nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügenden Weise hinreichend konkret und auf den Einzelfall bezogen begründet worden sei. Sie komme einem Berufsverbot gleich, für das ein hinreichender Rechtsschutz in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht bestehe. Die komplexen Fragestellungen müssten einem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Überdies fehle ein besonderes öffentliches Interesse am Sofortvollzug, das das Aussetzungsinteresse der Antragstellerinnen überwiege. Öffentliche Belange würden durch die Vermittlungstätigkeit nicht gefährdet, was sich auch darin zeige, dass täglich privat organisierte Mitfahrten in Deutschland stattfänden. Eine auf Vermittlung solcher Fahrten ausgerichtete Tätigkeit gefährde mithin gleichfalls nicht das Allgemeinwohl. Für den Fall, dass die Haftpflichtversicherung der Fahrer nicht eingreife, halte die Antragstellerin zu 1) eine besondere Versicherung vor, die die Schäden übernehme. Eigentlich gehe es vielmehr darum, dass Taxigewerbe vor der „illegalen Konkurrenz“ zu schützen.
Die Antragstellerinnen beantragen,
- die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen Ziffer I. des Bescheides der Antragsgegnerin vom 21. Juli 2014 wiederherzustellen
- die auf schiebende Wirkung des Widerspruchs gegen Ziffer III. des Bescheides der Antragsgegnerin vom 21. Juli 2014 anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie trägt ergänzend im Wesentlichen vor, dass die BWVI als Verkehrsgewerbeaufsicht sachlich zuständig sei, die Untersagungsverfügung zu erlassen, da ihr als Aufsichtsbehörde nach den §§ 54, 54a Personenbeförderungsgesetz auch Aufgaben der Gefahrenabwehr übertragen worden seien. Bei der Verfügung handele es sich um eine Maßnahme der Gefahrenabwehr i.S.d. § 3 Abs. 1 SOG, da sie dazu dienen solle, massenhafte, organisierte Begehung schwerer personenbeförderungsrechtlicher Ordnungswidrigkeiten, namentlich ungenehmigte Personenbeförderung, zu verhindern. Die Untersagungsverfügung sei zutreffend an die Antragstellerinnen gerichtet worden, die zwar keine unmittelbaren Handlungsstörer seien, aber Zweckveranlasser. Als solche seien sie anzusehen, weil sie Autobesitzer dazu anwerben würden, in eigenem Namen entgeltliche Personenbeförderung zu betreiben, auch ohne im Besitz einer Genehmigung nach dem Personenbeförderungsgesetz zu sein. Sie würden hierfür die entsprechenden technischen Einrichtungen zur Verfügung stellen, damit Autobesitzer und Fahrgäste zusammenfinden. Die Untersagung sei gegenüber beiden Antragstellerinnen erforderlich, da nach dem im Handelsregister für die Antragstellerin zu 2) niedergelegten Geschäftsgegenstand auch die Unterstützung bei der Vermittlung von Fahraufträgen über mobile Endgeräte und Internet zum Aufgabenbereich der Antragstellerin zu 2) gehöre. Es bestehe daher durchaus die Gefahr, dass Verantwortlichkeiten zwischen beiden Unternehmen hin- und hergeschoben würden und die Antragstellerin zu 2) nicht ausschließlich werbend tätig sei. Überdies sei der Geschäftsleiter der Antragstellerin zu 1) identisch mit dem Geschäftsführer der Antragstellerin zu 2).
Die Anhörung der Antragstellerinnen sei ausreichend gewesen, weil die Antragsgegnerin nicht verpflichtet gewesen sei, vorab mitzuteilen, welche Entscheidung sie aufgrund des von ihr ermittelten Sachverhalts zu treffen beabsichtige. Zudem hätten sich die Antragstellerinnen in ihrer Stellungnahme zu dem Bereich der Werbung selbst geäußert. Die Anhörungsfrist sei ausreichend gewesen, da die rechtliche Problematik den Antragstellerinnen aus Auseinandersetzungen in anderen deutschen Städten bekannt gewesen sei. Im Übrigen hätte die Antragsgegnerin wegen Eilbedürftigkeit von einer Anhörung absehen können. Da die Anhörung keiner bestimmten Form bedürfe, habe es keine Auswirkungen, dass das Anhörungsschreiben der Antragstellerin zu 1) nicht zugestellt worden sei. Dass es sie erreicht habe, stehe außer Zweifel, da sie sich in ihrer Stellungnahme hierzu geäußert habe. Die Untersagungsverfügung sei gleichfalls ordnungsgemäß zugestellt worden.
Als sie am 21. Juli 2014 erlassen worden sei, sei Herr ... noch Geschäftsführer der Antragstellerin zu 2) gewesen. Die Veränderung in der Geschäftsführung sei erst danach am 21. Juli 2014 um 15.25 Uhr ins Handelsregister eingetragen worden. Die Verfügung sei zutreffend an die Antragstellerinnen zugestellt worden, weil eine schriftliche Vollmacht des Bevollmächtigten nicht vorgelegen habe. Nur wenn dies der Fall sei, sei eine Zustellung an den Bevollmächtigten zu richten. Letztlich komme es hierauf aber nicht an, weil die Antragstellerinnen die Verfügung nachweislich erhalten hätten. Die örtliche Zuständigkeit der Antragsgegnerin, die Regelung zu treffen, folge nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 und 4 HmbVwVfG daraus, dass die Tätigkeit der Antragstellerin in Hamburg ausgeübt werden solle. Entscheidend sei danach nicht, wo die Antragstellerinnen ihre Sitze hätten oder der Server stehe. Da die Fahrtwunschvermittlung und die Werbung in Hamburg erfolgten, stellten sich vielmehr die Wirkungen ihres Handelns hier ein. Entgegen der Darstellung der Antragstellerinnen habe die Antragsgegnerin kein Berufsverbot verfügt, da sie nur der illegalen Personenbeförderung einen Vorschub leisten und hierfür keine Werbung betreiben sollten. Es bleibe ihnen unbenommen, Beförderungsaufträge an Autobesitzer zu vermitteln, solange diese den Anforderungen des Personenbeförderungsrechts genügen würden. Insoweit sei auch eine Werbung unbedenklich. Die von den Antragstellerinnen angebotenen Personenbeförderungen dürften nur von Autobesitzern durchgeführt werden, die Inhaber einer Genehmigung nach dem Personenbeförderungsgesetz seien. Die Antragstellerinnen würden keine Mitfahrzentrale betreiben, da sich über Uber Autobesitzer im Hamburger Stadtgebiet zur Verfügung halten würden, um mittels der App Aufträge für Fahrten anzunehmen, deren Zeitpunkt, Ziel, Zweck und Ablauf die Fahrgäste bestimmen würden. Hierbei handele es sich um eine entgeltliche Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen, die nach §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 Personenbeförderungsgesetz genehmigungspflichtig sei. Die Ausnahme von dieser Regel, liege hier nicht vor, da die bei Uber festgelegten Sätze die Betriebskosten übersteigen würden.
Wenn die Antragstellerinnen nunmehr angäben, es läge ein Gefälligkeitsverhältnis vor, stehe dies im Widerspruch zu den von der Antragstellerin zu 1) für Deutschland herausgegebenen Benutzungsbedingungen.
Es bestehe auch keine Möglichkeit, das neuartige Geschäftsmodell der Antragstellerinnen in verfassungskonformer Auslegung des Personenbeförderungsgesetzes als nicht genehmigungspflichtig anzusehen. Eine grundsätzlich dem Personenbeförderungsgesetz unterliegende, dort aber in dieser Form nicht vertypte Personenbeförderung sei nicht genehmigungsfrei, sondern unzulässig und nicht genehmigungsfähig.
Die Anordnung des Sofortvollzugs sei i.S.d. § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO hinreichend begründet worden, weil konkrete Gefahren genannt worden seien, nämlich Gefahren, die von unversicherten Kraftfahrzeugen für die Fahrgäste und die Allgemeinheit der Verkehrsteilnehmer ausgehen würden, sowie die Notwendigkeit eines wirksamen Schutzes der ordnungsgemäß handelnden Personenbeförderungsunternehmer vor illegaler Konkurrenz. Sie sei auch materiell nicht zu beanstanden, weil ihr zentraler Grund darin liege, dass Autobesitzer, die Fahraufträge entgegennehmen und ausführen, ohne im Besitz einer Genehmigung nach dem Personenbeförderungsgesetz zu sein, den Haftpflichtversicherungsschutz verlieren. Daraus entstünde eine Gefahr für die Fahrgäste und die Allgemeinheit der Verkehrsteilnehmer, die durch die Zusatzversicherung nicht ausgeräumt werde.
Schließlich werde die Bevollmächtigung als unwirksam gerügt, da die Vollmacht von einer Person unterschrieben sei, die weder Geschäftsführer der Antragstellerin zu 2) sei noch Prokura besitze.
Die Antragstellerinnen führen hierzu aus, dass der Unterzeichner der Vollmacht alleinvertretungsberechtigter Managing Director der Antragstellerin zu 1) und durch die Geschäftsführer der Antragstellerin zu 2) zur Erteilung der Prozessvollmacht bevollmächtigt worden sei.
Die Sachakten der Antragsgegnerin haben dem Gericht bei seiner Entscheidung vorgelegen.
II.
Der Antrag hat in der Sache Erfolg. Denn die nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Abwägung des privaten Interesses der Antragstellerinnen, von der Vollziehung der angefochtenen Untersagungsverfügung bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens verschont zu bleiben, mit dem öffentlichen Interesse an einer raschen Durchsetzung dieser Verfügung, fällt zu Gunsten der Antragstellerinnen aus. Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage erweisen sich die gegenüber den Antragstellerinnen verfügten Untersagungen (dazu 1.) sowie die Zwangsgeldfestsetzung (dazu 2.) aus formellen Gründen als rechtswidrig. An der Vollziehung eines formell rechtswidrigen Verwaltungsakts kann aber kein öffentliches Interesse bestehen.
1. Die Untersagungsverfügung der Antragsgegnerin vom 21. Juli 2014 erweist sich wegen fehlender sachlicher Zuständigkeit der BWVI als Verkehrsgewerbeaufsicht als formell rechtswidrig. Es bestehen bereits Zweifel, ob der Bescheid der Antragsgegnerin wirksam geworden ist. Denn die Antragsgegnerin hat die Zustellung nur einer und nicht, wie es erforderlich gewesen sein dürfte (vgl. Sadler, VwVG VwZG, 8. Aufl. 2011, § 2 VwZG Rn. 27; VGH Kassel, Urt. v. 25.3.2009, 6 A 2130/08, juris Rn. 31 m.w.N.), zweier Ausfertigungen des Bescheides an die Antragstellerinnen veranlasst. Ob insoweit eine Heilung möglich ist und eingetreten wäre, erscheint fraglich (vgl. hierzu VGH Kassel, a.a.O. Rn. 34; Sadler, a.a.O., § 8 VwZG Rn. 28). Diese Fragen lässt das Gericht allerdings offen, weil sich der Bescheid auch dann als formell rechtswidrig erweist, wenn unterstellt wird, dass er wirksam bekanntgegeben worden ist. Zwar dürften die von der Antragstellerin zu 1) vermittelten Fahrer nach dem Sachverhalt, wie er sich aus den Akten entnehmen lässt, illegal handeln, da sie ohne entsprechende Genehmigung Personenbeförderung im Sinne des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) betreiben dürften. Diese illegale Betätigung dürfte den Antragstellerinnen auch zuzurechnen sein. Es fehlt jedoch eine Rechtsgrundlage, die die hier tätig gewordene Behörde der Antragsgegnerin (d.h. die BWVI als Verkehrsgewerbeaufsicht) ermächtigt, die Untersagung der Vermittlung von Beförderungswünschen und die öffentliche Werbung hierfür, wie sie sich aus den Ziffern I1. und I 2. des Bescheides vom 21. Juli 2014 ergeben, gegenüber den Antragstellerinnen zu verfügen.
Das Personenbeförderungsgesetz, für dessen Durchführung die BWVI als Verkehrsgewerbeaufsicht nach der insoweit maßgeblichen Zuständigkeitsanordnung des Senats der Antragsgegnerin (siehe unten) sachlich zuständig ist, enthält keine spezielle Rechtsgrundlage, die die Untersagung eines ohne Genehmigung betriebenen Personenbeförderungsverkehrs besonders regelt. Als Rechtsgrundlage hierfür können auch die allgemeinen Regelungen in §§ 54, 54a PBefG nicht herangezogen werden. Nach § 54 Abs. 1 S. 1 PBefG unterliegt der (Beförderungs) Unternehmer hinsichtlich der Erfüllung der Vorschriften dieses Gesetzes der Aufsicht der Genehmigungsbehörde, die zur Durchführung der Aufsicht und zur Vorbereitung ihrer Entscheidungen die erforderlichen Ermittlungen anstellen kann (§ 54a Abs. 1 S. 1 PBefG). Daraus ergibt sich, dass § 54 Abs. 1 S. 1 PBefG nach seinem eindeutigen Wortlaut Unternehmer, die Leistungen im Sinne des Personenbeförderungsgesetzes erbringen, der Aufsicht unterwirft und diese Aufgabe der Genehmigungsbehörde zuweist. Mit dieser Aufsicht sind die Befugnisse des § 54a PBefG verbunden. Ein weitergehender Regelungsgehalt kommt den Vorschriften hingegen nicht zu (OVG Weimar, Beschl. v. 6.6.2002, 2 EO 80/01, VRS 103, 476, 478f.; Fielitz/Grätz, Personenbeförderungsgesetz, 67. EL Dezember 2013, § 54 Rn. 2a; Heinze, Personenbeförderungsgesetz, 2007, § 54 Rn. 2). Die Regelungen der §§ 54, 54a PBefG können auch nicht (als Spezial regelung gegenüber entsprechenden allgemeinen Ermächtigungsnormen der Gewerbeordnung) so verstanden werden, dass die Befugnis zur Aufsicht und zum Erlass von Entscheidungen bereits auch die Ermächtigung umfasst, Untersagungsverfügungen zu erlassen. Denn derartige Untersagungsverfügungen stellen einen sehr weitgehenden Eingriff in Rechtspositionen dar, die grundrechtlich geschützt sind. Je intensiver jedoch in eine Rechtsposition eingegriffen wird, desto bestimmter müssen die Voraussetzungen dafür in der Eingriffsnorm festgelegt werden (OVG Weimar, Beschl. v. 6.6.2002, a.a.O. m.w.N.; Bauer, PBefG, 2010, § 54 Rn.3; Bidinger, Personenbeförderungsrecht, 1/03, Stand September 2003, § 54 Rn. 40; Fielitz/Grätz, a.a.O., § 54 Rn. 2a). Das folgt aus dem Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit, der verlangt, dass der Einzelne die Rechtslage erkennen und sein Verhalten daran ausrichten kann (vgl. zum gesetzlichen Verbot BVerfG, Entscheidung v. 7.4.1964, 1 BvL 12/63, Rn. 27ff., juris). Diesen Erfordernissen würden die §§ 54, 54a PBefG nicht gerecht, wollte man sie auch als Ermächtigungsnorm für Gewerbeuntersagungsverfügungen ansehen.
Die BWVI als Verkehrsgewerbeaufsicht kann ihre Untersagungsverfügung ferner nicht auf die ordnungsrechtliche Generalklausel stützen, mithin hierfür § 3 Abs. 1 S. 1 SOG i.V.m. §§ 54 Abs. 1 S. 1, 54a Abs. 1 S. 1 PBefG heranziehen. Ihr werden zwar durch §§ 54, 54a PBefG auch Aufgaben der Gefahrenabwehr übertragen, so dass sie insoweit als Sonderordnungsbehörde anzusehen ist (Bidinger, a.a.O., § 54 Rn. 39; Bauer, a.a.O. § 54 Rn. 2; OVG Münster, Beschl. v. 17.10.1986, 13 B 1282/86, VRS 72, 398). Im Rahmen ihres Geschäftsbereichs kann sie dann nach § 3 Abs. 1 SOG zum Schutz der Allgemeinheit oder des Einzelnen die erforderlichen Maßnahmen treffen, um bevorstehende Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren oder Störungen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zu beseitigen (vgl. Bidinger, a.a.O., § 54 Rn. 39 m.w.N.; Bauer, a.a.O., § 54 Rn. 3; Heinze, a.a.O., § 54 Rn. 2). Das setzt allerdings voraus, dass diese Regelungen überhaupt herangezogen werden können und nicht vorrangige und abschließende Spezialregelungen bestehen, die es ausschließen, die Verfügung auf § 3 Abs. 1 S. 1 SOG i.V.m. §§ 54 Abs. 1 S. 1, 54a Abs. 1 S. 1 PBefG zu stützen (Pielow, Gewerbeordnung, 2009, § 15 Rn. 20; Tettinger/Wank/Ennuschat, GewO, 8. Aufl. 2011, § 15 R n.38f. und § 1 Rn. 91).
Im vorliegenden Fall bestehen aber mit § 15 Abs. 2 S. 1 GewO und mit § 35 Abs. 1 S. 1 GewO derartige vorrangige und abschließende Spezialregelungen, so dass es der BWVI als Verkehrsgewerbeaufsicht verwehrt ist, §§ 54, 54a PBefG i.V.m. § 3 Abs. 1 SOG als Rechtsgrundlage für ihre Untersagungsverfügung heranzuziehen: Durch die Untersagung an die Antragstellerin zu 1), Beförderungswünsche an Fahrer zu vermitteln, die nicht die nach dem Personenbeförderungsgesetz erforderliche Genehmigung besitzen, und an die Antragstellerin zu 2), hierfür zu werben, greift die Antragsgegnerin in gewerberechtliche Positionen der Antragstellerinnen ein. Denn mit diesen Tätigkeiten üben die Antragstellerinnen Gewerbe aus, die (auch) in den Anwendungsbereich der Gewerbeordnung fallen.
Nach § 15 Abs. 2 S. 1 GewO kann die Fortsetzung eines Gewerbes von der zuständigen Behörde verhindert werden, wenn ein Gewerbe, zu dessen Ausübung eine Genehmigung erforderlich ist, ohne diese Zulassung betrieben wird. Diese Vorschrift ist auch dann anwendbar, wenn ein Gewerbe spezialgesetzlich normiert ist, wie dies bei der entgeltlichen oder geschäftsmäßigen Personenbeförderung der Fall ist, in dem Spezialgesetz aber eine dem § 15 Abs. 2 S. 1 GewO entsprechende Vorschrift fehlt (VGH Mannheim, Urt. v. 1.12.1992, 14 S 2038/91, juris Rn. 15 m.w.N.; Friauf, Kommentar zur Gewerbeordnung, 278. EL Mai 2014, § 15 Rn. 58; Landmann/Rohmer, GewO, 65. EL September 2013, § 15 Rn. 10 m.w.N..; Pielow, a.a.O., § 15 Rn.13). Denn auch wenn in das Personenbeförderungsgesetz kein ausdrücklicher Verweis aufgenommen worden ist, wonach ergänzend auf die Gewerbeordnung abzustellen ist, sind deren Regelungen heranzuziehen (Pielow, a.a.O., § 15 Rn. 13). § 15 Abs. 2 S. 1 GewO ist als Ausdruck des allgemeinen Grundsatzes im Gewerberecht anzusehen, dass ein ohne die vorgeschriebene Genehmigung begonnener Betrieb geschlossen werden kann (Friauf, a.a.O., § 15 Rn. 58.; Landmann/Rohmer, a.a.O., § 15 Rn. 10, jew. mit zahlr. Nw.). Nach dem Sachverhalt, wie er sich aus den Sachakten ergibt und dem, was die Beteiligten vorgetragen haben, gibt es gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass beide Antragstellerinnen ohne die erforderliche Genehmigung ihre Gewerbe ausüben, auch wenn für eine hinreichend sichere rechtliche Einschätzung der Umstände eine eingehendere Kenntnis über die genauen Einzelheiten in der Ausgestaltung der vertraglichen Beziehungen und der tatsächlichen Abläufe erforderlich sein dürfte. Selbst wenn allerdings insoweit noch nicht alle Einzelheiten bekannt sind, um einschätzen zu können, ob die Antragstellerinnen als (Beförderungs-) Unternehmer im Sinne des Personenbeförderungsgesetzes anzusehen sind und damit einer Genehmigung bedürfen (§ 2 Abs. 1 PBefG), hindert dies nicht, bereits jetzt davon auszugehen, dass eine Untersagungsverfügung ihre Rechtsgrundlage in der Gewerbeordnung findet. Denn für den Fall, dass die Antragstellerinnen Unternehmer im Sinne des Personenbeförderungsgesetzes sind, wäre als Rechtsgrundlage § 15 Abs. 2 S. 1 PBefG heranzuziehen. Andernfalls, wenn mithin die Antragstellerinnen keiner personenbeförderungsrechtlichen Genehmigung bedürften, weil sie nicht als Unternehmer im Sinne des Personenbeförderungsgesetzes anzusehen wären, wäre als Rechtsgrundlage für eine Untersagungsverfügung § 35 Abs. 1 S. 1 GewO heranzuziehen, da sie sich in diesem Fall zumindest an einer personenbeförderungsrechtlich unerlaubten Beförderung beteiligen dürften, die die Fahrer durchführen.
Für eine Untersagung der gewerblichen Betätigung der Antragstellerinnen auf der rechtlichen Grundlage der genannten Ermächtigungsnormen der Gewerbeordnung ist die hier tätig gewordene Behörde der Antragsgegnerin (d.h. die BWVI als Verkehrsgewerbeaufsicht) allerdings sachlich nicht zuständig. Eine spezielle gesetzliche Regelung, die ihr insoweit die sachliche Zuständigkeit zuweist, fehlt. In der Gewerbeordnung gibt es keine Bestimmung, wonach für derartige Untersagungsverfügungen generell die nach dem Personenbeförderungsgesetz zuständige Behörde zuständig wäre. Auch das Personenbeförderungsgesetz enthält keine Vorschrift, wonach die Genehmigungsbehörde zusätzlich für Regelungen zuständig ist, die ihre Grundlage in der Gewerbeordnung finden. Damit richtet sich die sachliche Zuständigkeit nach den landesrechtlichen Regelungen für das Gewerberecht und nicht nach den landesrechtlichen Regelungen für das Personenbeförderungsgesetz (OVG Weimar, Beschl. v. 6.6.2002, a.a.O, S. 476, 479; Pielow, a.a.O. § 15 Rn. 13.1). Das bedeutet, dass nach § 155 Abs. 2 GewO die Landesregierungen die für die Ausführung dieses Gesetzes zuständigen Behörden bestimmen. Das ist durch die vom hierfür zuständigen Senat der Antragsgegnerin erlassene Anordnung zur Durchführung der Gewerbeordnung und gewerberechtlicher Nebenvorschriften vom 5. Juni 2007 (Amtl. Anz. S. 1386, 1386), die insoweit durch die Anordnung zur Änderung von Zuständigkeitsanordnungen aus Anlass der Neustrukturierung der Behörden 2011 (Amtl. Anz. S. 2157, 2168) nicht verändert worden ist, geschehen. Danach sind zuständig für die Durchführung der Gewerbeordnung die Bezirksämter.
Eine sachliche Zuständigkeit der BWVI als Verkehrsgewerbeaufsicht für den Erlass der Untersagungsverfügungen lässt sich aus der Anordnung über Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Personenbeförderungsrechts vom 16. Dezember 1993 in der Fassung vom 20. September 2011 (Amtl. Anz. S. 2157, 2180)hingegen nicht herleiten. Danach ist zuständig für die Durchführung des Personenbeförderungsgesetzes, insbesondere als Genehmigungsbehörde und als Aufsichtsbehörde, die (hier tätig gewordene) Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation. Bei einer auf § 15 Abs. 2 S. 1 GewO gestützten Verfügung geht es indes, wie das Gesetz verdeutlicht, dem die Rechtsgrundlage entnommen worden ist, um die Durchführung der Gewerbeordnung und nicht des Personenbeförderungsgesetzes (vgl. OVG Weimar, Beschl. v. 6.6.2002, a.a.O., S. 476, 479). Angesichts der nach dem Wortlaut der Zuständigkeitsanordnungen getroffenen eindeutigen Abgrenzung zwischen der Durchführung der Gewerbeordnung und der Durchführung des Personenbeförderungsgesetzes scheidet es aus, eine Verfügung allein deshalb als Durchführung des Personenbeförderungsgesetzes anzusehen, weil sie dazu dienen soll, ungenehmigte Personenbeförderung im Sinne des Personenbeförderungsgesetzes zu unterbinden. Zudem kann nicht angenommen werden, dass eine sachliche Zuständigkeit der Antragsgegnerin für Untersagungsverfügungen der vorliegenden Art durch die Formulierung „insbesondere“ in der Zuständigkeitsanordnung für das Personenbeförderungsgesetz zum Ausdruck gebracht werden sollte. Hiermit dürften Zuständigkeiten der Antragsgegnerin im Bereich des Personenbeförderungsgesetzes gemeint sein, in denen die Antragsgegnerin nicht ausschließlich als Genehmigungs- bzw. Aufsichtsbehörde bezeichnet wird, z.B. in §§ 29 Ab s. 1, 45a und 61 Abs. 3 PBefG. Dabei mag es durchaus als sinnvoll erscheinen, eine sachliche Zuständigkeit der BWVI als Verkehrsgewerbeaufsicht auch für Untersagungsverfügungen im Bereich des Personenbeförderungsgesetzes zu begründen, die auf eine gewerberechtliche Rechtsgrund lage gestützt werden (so entsprechend auch OVG Weimar, Beschl. v. 6.6.2002, a.a.O. S. 476, 480; OVG Münster, Beschl. v. 17.10.1986, a.a.O., S. 398, 399; vgl. Bauer, a.a.O., § 54 Rn. 4). Denn hierfür dürfte die Sachnähe der Materie zu dem der BWVI als Verkehrsgewerbeaufsicht zugewiesenen Zuständigkeitsbereich sprechen, wie auch die besondere Sachkunde der BWVI als Verkehrsgewerbeaufsicht im Bereich des Personenbeförderungsrechts. Auch Praktikabilitätsüberlegungen und Gründe des Verwaltungsvollzugs dürften für eine Zuständigkeit der BWVI als Verkehrsgewerbeaufsicht anzuführen sein. Diese Erwägungen können aber die sachliche Zuständigkeit der BWVI als Verkehrsgewerbeaufsicht abweichend vom Wortlaut der durch den Senat festgelegten Zuständigkeitsanordnungen nicht begründen. Schon aufgrund der hohen Eingriffsintensität einer Untersagungsverfügung scheidet die Annahme einer konkludenten Zuständigkeitsregelung aus Gründen der Sachnähe oder Praktikabilität aus (Bauer, a.a.O., § 54 Rn. 4; a.A. OVG Münster, Beschl. v. 17.10.1986, a.a.O., S. 398, 399 zu einer Untersagungsverfügung auf der Grundlage der polizeirechtlichen Generalklausel). Darüber hinaus wird eine Zuständigkeit kraft Sachzusammenhangs nach allgemeiner, zutreffender Ansicht nur dann angenommen, wenn eine ausdrücklich zugewiesene Materie verständigerweise nicht verwaltet werden kann, ohne dass zugleich eine nicht ausdrücklich zugewiesene Materie mitverwaltet wird (vgl. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 18. Aufl. 2011 § 22 Rn. 9 unter Hinweis auf BVerfG, Beschl. v. 10.2.1972, BVerfGE 41, 291, 312; OVG Münster, Beschl. v. 17.10.1986, a.a.O., S. 398, 399). Das ist hier aber nicht der Fall. Im Übrigen bliebe es der Antragsgegnerin (genauer: ihrem hierfür zuständigen Senat) unbenommen, eine entsprechende Änderung dieser Zuständigkeitsanordnungen zu erlassen (vgl. Pielow, a.a.O., § 15 Rn. 13.2; Bauer, a.a.O., § 54 Rn. 4).
Der Verfahrensfehler durch die Entscheidung der BWVI als Verkehrsgewerbeaufsicht als im vorliegenden Fall sachlich nicht zuständiger Behörde ist auch nicht als geheilt anzusehen. Denn die in § 45 Abs. 1 HmbVwVfG vorgesehene Heilung von Verfahrensfehlern betrifft nicht die Vorschriften über die sachliche Zuständigkeit (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl. 2011, § 45 Rn. 10; BVerwG, Urt. v. 16.7.1968, 1 C 81.67, juris Rn. 20). Der Ausschluss eines Aufhebungsanspruchs, wie ihn § 46 HmbVwVfG regelt, scheidet gleichfalls aus, da diese Regelung nicht für die sachliche Zuständigkeit gilt (Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 46 Rn. 23).
2. Da sich Ziffer I. des Bescheides der Antragsgegnerin als formell rechtswidrig erweist, ist auch die Festsetzung des zu dessen Durchsetzung verhängten Zwangsgelds als formell rechtswidrig anzusehen.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG. Dabei orientiert sich das Gericht an den Ziffern 1.1.3, 1.5 und 54.2.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 31. Mai/1. Juni 2012 und am 18. Juli 2013 beschlossenen Änderungen (abrufbar unter www.bverwg.de) und legt für jede Antragstellerin mangels näherer Anhaltspunkte den Mindeststreitwert für eine Gewerbeuntersagung in einem Hauptsacheverfahren von 15.000,-- EUR zugrunde. Dieser Betrag war im Eilverfahren zu halbieren.