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Amtsgericht Landstuhl Urteil vom 08.06.2015 - 2 OWi 4286 Js 300/15 - Anforderungen an die Sicherung der Ladung von Schüttgut
AG Landstuhl v. 08.06.2015: Zu den Anforderungen an die Sicherung der Ladung von Schüttgut
Das Amtsgericht Landstuhl (Urteil vom 08.06.2015 - 2 OWi 4286 Js 300/15) hat entschieden:
Wird für den Transport von Schüttgut zwar das Ladegut durch Plattwalzen der sich beim Beladen bildenden Kegelspitze gegen Verrutschen gesichert, das Ladegut jedoch nicht ordnungsgemäß mit einer Plane abgedeckt, liegt ein fahrlässiger Verstoß gegen § 22 Abs. 1 StVO vor.
Siehe auch Fahrzeugladung - sicheres Beladen - Ladungssicherung und Ladungssicherung - Ladungsverluste - Verlust von Fahrzeugteilen
Gründe:
I.
Der Betroffene wurde vom persönlichen Erscheinen entbunden und hat durch seinen vertretungsberechtigten und durch entsprechende Vollmacht legitimierten Verteidiger Angaben nur zur Sache gemacht.
Der Betroffene hat eine Voreintragung im FAER wegen Verstoßes gegen § 22 StVO aufzuweisen, wobei die Rechtskraft auf den 27.03.2013 datiert, was eine Berücksichtigung zum Nachteil des Betroffenen in der hiesigen Hauptverhandlung vom 08.05.2015 ausschließt, § 29 StVG.
II.
Nach Durchführung der Hauptverhandlung konnte das Gericht feststellen, dass der im Bußgeldbescheid vom 29.10.2014 dem Betroffenen gemachte Vorwurf, die von ihm am 30.09.2014 um 14:46 Uhr auf der BAB6, Fahrtrichtung Saarbrücken in Höhe Waldmohr mit dem LKW, Kennzeichen ... transportierte Ladung Schotter nicht ordnungsgemäß mit einer vorhandenen Plane abgedeckt und so gegen Herabfallen besonders gesichert zu haben, im Wesentlichen zutrifft. Der Betroffene hatte älteren Recycling-Schotter, bestehend aus Sand, Splittsteinen bis hin zu größeren Steinen, geladen, die Körnung betrug 0-56mm. Der Schotter war kegelförmig aufgeschüttet und in der Mitte plattgedrückt worden, wobei nur die Kegelspitze über die Bordwand hinausragte. Bei Verteilung der Kegelspitze wäre ein Überragen der Ladebordwand nicht gegeben gewesen.
III.
Die getroffenen Feststellungen beruhen auf den Einlassungen des Betroffenen, welche dieser durch seinen vertretungsberechtigten Verteidiger gemacht hat, zudem auf der durchgeführten Beweisaufnahme. Die den Verstoß aufnehmenden Zeugen, die Polizeibeamten ... und ..., haben den Verstoß dokumentiert, aber keine genaue, insbesondere manuelle Untersuchung des Schotters vorgenommen. Insofern konnten die oben festgestellten Angaben des Beklagten zum Zustand des Schotters und zur Körnung nicht widerlegt werden. Ob eine Trocknung der oberen Schichten auf der Fahrtstrecke von Ramstein bis Waldmohr stattgefunden haben könnte, war nicht feststellbar. Der Betroffene hatte behauptet, der Schotter sei noch feucht gewesen, als er ihn mit dem Radlader aufgeladen hatte.
IV.
Der Betroffene hat sich aufgrund der getroffenen Feststellungen eines Verstoßes gegen §§ 49, 22 Abs. 1 StVO zu verantworten. Das Gericht geht hier von fahrlässiger Begehensweise aus. Hinweise auf ein vorsätzliches Verhalten sind nicht gegeben, insbesondere weil sich der Betroffene über den Feuchtigkeitsgrad des Schotters Gedanken gemacht hatte und auch selbst mit dem Radlader den zuerst spitzen Kegel plattgedrückt hat, um die Ladung entsprechend zu verteilen.
Ein weiterer Verstoß wegen möglichen Verrutschens der Ladung lag nicht vor. Der hierzu seitens des Gerichts geladene Sachverständige ..., dessen Sachkunde u.a. für Verkehrsunfallrekonstruktionen, Messverfahren und Verhalten von beladenen und unbeladenen Fahrzeugen dem Gericht aus zahlreichen Verfahren bekannt ist, hat in seinem mündlichen Gutachten ausgeführt, dass die Ansicht der aufnehmenden Beamten, die über die Bordwand ragende geplättete Kegelspitze stelle ein Rutschrisiko dar, technisch falsch ist. Solange das Ladevolumen des LKW nicht überschritten ist, d.h. lediglich der Kegel aber nicht die Gesamtladung über die Bordwand hinausragt, was hier schon ausweislich der in Augenschein genommenen Lichtbildes Nr. 2 in der Akte Bl. 6, auf das gemäß § 267 Abs. 1 S. 3 StPO i.V.m. § 71 OWiG verwiesen wird, ersichtlich ist, ist die hier vorgenommene Art der Aufschüttung des Schotters in den LKW unkritisch, zumal das Fahrzeug auch für den Transport von Schüttgut geeignet war, so der Sachverständige. Insbesondere wurde der Kegel abgeflacht, sodass eine Beeinträchtigung des Fahrverhaltens durch Verschieben der Ladung während der Fahrt nicht zu erwarten war. Zudem dient die Plane auch nicht der Gefahr vor dem Verschieben der Lademasse.
V.
Die BKatV sieht als Regelfolge für den festgestellten Verstoß ein Bußgeld von 70 EUR vor, Ziffer 102.1 BKat. An diese Vorgabe ist das Gericht nicht gebunden, es ist lediglich ein Rahmen für die Ermessensentscheidung des Gerichts. Aufgrund der hier gegebenen Umstände hält das Gericht ein Abweichen nach unten für geboten. Denn es liegt hier kein Standardfall vor.
Zum einen sind die Anforderungen an die Sicherung der Ladung von Schüttgut uneinheitlich (vgl. NK-GVR/Krumm, 1. Aufl., 2014, § 22 StVO, Rn. 10 ff.). Sämtliche Vorschläge wie eine überhohe Bordwand, Planen, Glätten, Festigen oder Befeuchten sind mögliche Sicherungsmaßnahmen, die keine letztgültige Festlegung für den Einzelfall beinhalten (vgl. auch BayObLG, NZV 2003, 540). Auch die Empfehlungen der VDI-Richtlinie 2700, die den anerkannten Stand der Technik abbildet, aber keine Rechtsnorm darstellt, und die das Gericht durch den Sachverständigen im Termin einsehen konnte, spricht in Ziffer 3.9.3 nur davon, dass eine Plane eine von mehreren möglichen Sicherungsmaßnahmen darstellt, ebenso aber z.B. auch die ausreichende Feuchtigkeit von Schüttgut, die hier durch den Betroffenen behauptet und als denkbare Maßnahme durch den Sachverständigen genannt, aber für den vorliegenden Fall nicht objektiv bestätigt wurde.
Nachdem auch durch die aufnehmenden Polizeibeamten aber keinerlei nähere Feststellungen zum Trocknungsgrad vorgenommen wurden, offenbar in Unkenntnis der möglichen Sicherungsmaßnahme Befeuchtung, kann das Gericht hier auch nur davon ausgehen, dass dieser eine grenzwertige, aber dennoch potentiell taugliche Absicherung der Ladung durch vorhandene Restfeuchtigkeit versucht haben könnte. Ob diese tatsächlich eine Sicherung im Sinne des § 22 StVO erbracht hat, kann nicht nachgewiesen werden, was gegen den Betroffenen als Vorwurf verbleibt. Denn der Sachverständige konnte keine sicheren Angaben zur Trocknung der Ladung machen, ebenso wenig aber auch zur vollständigen Absicherung der Ladung durch den Betroffenen.
Diese Konstellation weicht allerdings so sehr vom Standardfall des § 22 Abs. 1 StVO ab, bei dem üblicherweise gar keine Sicherungsmaßnahmen überhaupt bedacht werden, dass ein Absenken der Geldbuße unter die eintragungspflichtige Grenze zu befürworten war.
Das so festgesetzte Bußgeld ist für den Betroffenen wirtschaftlich tragbar, § 17 Abs. 3 OWiG.
VI.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 71 OWiG, 465 StPO.