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Landgericht Mönchengladbach Urteil vom 04.05.2015 - 1 O 289/13 - Nachweis des Geschädigten bzgl. seiner Besitzer- oder Eigentümerstellung

LG Mönchengladbach v. 04.05.2015: Nachweis des Geschädigten bzgl. seiner Besitzer- oder Eigentümerstellung


Das Landgericht Mönchengladbach (Urteil vom 04.05.2015 - 1 O 289/13) hat entschieden:
  1. Ein Schadensersatzanspruch wegen Fahrzeugbeschädigung scheidet aus, wenn der Kläger weder seinen Besitz noch sein Eigentum an dem Fahrzeug, z.B. durch Vorlage eines Kaufvertrages, nachweist. Insofern ergibt sich aus der Haltereigenschaft nicht, dass der Kläger auch Eigentümer des Fahrzeuges ist.

  2. Das behauptete Unfallgeschehen kann nicht durch Sachverständigenbeweis dahingehend angetreten werden, dass die geltend gemachten Schadenspositionen auf dem streitgegenständlichen Unfallereignis beruhen, wenn verschiedene Anknüpfungstatsachen, die für eine Begutachtung durch einen Sachverständigen hinsichtlich des Unfallgeschehens erforderlich sind, nicht feststehen.

Siehe auch Aktivlegitimation - Anspruchs- und Klagebefugnis - Eigentumsvermutung und Der Sachverständigenbeweis im Zivilverfahren


Tatbestand:

Der Kläger macht gegenüber den Beklagten Schadensersatzansprüche aus einem angeblichen Verkehrsunfallereignis, das am 19. April 2013 auf der Reyerhütter Straße in Höhe der Hausnummer 7-​21 in Mönchengladbach stattgefunden haben soll, geltend. Der Kläger selbst war bei diesem Geschehen nicht zugegen. Die Beklagte zu 2. wendet u.a. ein, das Unfallgeschehen habe so gar nicht stattgefunden; allenfalls handele es sich um gestelltes Unfallgeschehen.

Für das angeblich unfallgeschädigte Fahrzeug des Typs Maserati mit dem amtlichen Kennzeichen ... macht der Kläger einen Sachschaden in Höhe von netto 7.278,93 €, Kosten für ein eingeholtes Sachverständigengutachten zu den Schäden in Höhe von 404,01 €, eine Kostenpauschale in Höhe von 30,00 € sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 661,16 € geltend.

Das in Rede stehende Fahrzeug des Fabrikats Maserati wurde erstmals am 25. Juni 2003 zugelassen. Zum Zeitpunkt der Besichtigung am 22. April 2013 durch den vorgerichtlich durch den Kläger eingeschalteten Sachverständigen wies das Fahrzeug eine Laufleistung von 117.375 km auf. Das dem Beklagten zu 1. gehörende und bei der Beklagten zu 2. haftpflichtversicherte Fahrzeug, mit dem der angebliche Verkehrsunfall verursacht worden sein soll, war ein Pkw Renault Clio mit dem amtlichen Kennzeichen ... Das genannte Fahrzeug wies das Baujahr 1999 auf. Bei Ankauf des Fahrzeuges durch den Beklagten zu 1. wies dieses Fahrzeug eine Laufleistung von etwa 160.000 bis 170.000 km auf; der Beklagte zu 1. zahlte hierfür 650,00 €. Die Anmeldung des Fahrzeugs auf den Beklagten zu 1. erfolgte am 10. April 2013; das Kennzeichen wurde im Oktober 2013 entstempelt. Ein Schaden an diesem Fahrzeug, der auf das in Rede stehende Unfallereignis zurückzuführen sein könnte, ist nicht erfasst.

Der Kläger behauptet, er sei durch Ankauf Eigentümer des in Rede stehenden Maseratis geworden. Tatsächlich sei es am 19. April 2013 an der eingangs geschilderten Stelle zu dem geltend gemachten Unfallgeschehen gekommen. Zu diesem Zeitpunkt sei das Fahrzeug des Klägers ordnungsgemäß parallel zur Fahrbahn der Reyerhütter Straße in Höhe der Hausnummer 7-​21 in Mönchengladbach geparkt gewesen; der Beklagte zu 1. sei mit dem bereits bezeichneten Pkw Renault Clio aus Richtung Korschenbroicher Straße gekommen und am parkenden Fahrzeug des Klägers vorbeigefahren. Dabei habe der Beklagte zu 1. heißen Kaffee auf seinen Oberschenkel verschüttet und deshalb das Lenkrad verrissen und sei daraufhin in das geparkte Fahrzeug des Klägers gefahren, das aufgrund dieses Ereignisses an der linken Seite beschädigt worden sei. Das Unfallgeschehen sei nicht gestellt gewesen; den Beklagten zu 1. habe er vorher nicht gekannt. An dem Maserati seien auch keine unreparierten Vorschäden vorhanden gewesen.

Der Kläger beantragt,
  1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger die durch den streitgegenständlichen Verkehrsunfall entstandenen Reparaturkosten gemäß Sachverständigengutachten in Höhe von 7.278,93 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24. Mai 2013 zu zahlen,

  2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger die durch den streitgegenständlichen Verkehrsunfall entstandenen Sachverständigengebühren in Höhe von 404,01 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24. Mai 2013 zu zahlen,

  3. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger die durch den streitgegenständlichen Verkehrsunfall entstandene Auslagenpauschale in Höhe von 13,00 € zu zahlen,

  4. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, den Kläger von einer Forderung seines Prozessbevollmächtigten in Höhe von 661,16 € gemäß Schreiben vom 7. Mai 2013 anlässlich des Verkehrsunfalls vom 19. April 2014 freizustellen.
Die Beklagte zu 2. beantragt für sich und als Streithelferin des Beklagten zu 1.,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte zu 2. bestreitet sowohl Eigentum als auch Besitz des Klägers an dem in Rede stehenden Maserati. Sie bestreitet weiterhin, dass das geschilderte Unfallgeschehen überhaupt so stattgefunden habe; allenfalls handele es sich um ein gestelltes Unfallereignis. Zudem hätten an dem in Rede stehenden Maserati unreparierte Vorschäden Vorgelegen, zu denen der Kläger keinerlei Angaben gemacht habe, so dass auch der Umfang der angeblich unfallbedingten Beschädigungen unklar sei.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.


Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet.

I.

Dem Kläger steht gegenüber den Beklagten ein Anspruch auf Schadenersatz unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt, insbesondere nicht gemäß den §§ 7 Abs. 1, 17, 18 StVG, § 823 BGB, § 3 Nr. 1, Nr. 2 PflVG zu.

1. Ein Anspruch des Klägers scheitert hier bereits daran, dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Kläger Eigentümer (oder Besitzer) des angeblich geschädigten Fahrzeuges Maserati zum Unfallzeitpunkt bzw. überhaupt gewesen ist.

a) Der Kläger selbst trägt nicht vor, zu irgendeinem Zeitpunkt Besitzer des in Rede stehenden Fahrzeuges gewesen zu sein. Wer das Fahrzeug genutzt hat, ist unklar. Wer das Fahrzeug vor dem angeblichen Unfallgeschehen an dem angeblichen Unfallort abgeparkt haben soll, bleibt ebenfalls offen. Der Kläger war auch nicht zum angeblichen Unfallzeitpunkt zugegen. Ob der Kläger zu irgendeinem Zeitpunkt Fahrer des in Rede stehenden Fahrzeuges Maserati war, ergibt sich aus seinem Vortrag nicht. Die Beklagte zu 2. hat den Besitz des Klägers an dem in Rede stehenden Fahrzeug ausdrücklich bestritten. Vor diesem Hintergrund kommt der Kläger nicht in den Genuss der Eigentumsvermutung gemäß § 100g BGB.

b) Soweit der Kläger hierzu (lediglich) vorträgt, er sei Eigentümer des in Rede stehenden Fahrzeuges, da er dieses aufgrund Kaufvertrages erworben habe, ist sein Sachvortrag gleichfalls durch die Beklagte substantiiert bestritten worden. Der Kläger trägt insoweit schon nicht vor, wann und wie sich der Ankauf vollzogen haben soll. Unabhängig davon hat der Kläger keinen tauglichen Beweis für den Eigentumserwerb angeboten bzw. vorgelegt. Der Kläger beruft sich insoweit ausschließlich auf die Vorlage des angeblich existenten Kaufvertrages. Dieser ist bisher nicht vorgelegt worden, obwohl das Gericht den Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 23. März 2015 auf dieses Problem hingewiesen hat. Die Kammer hat in diesem Zusammenhang ausdrücklich darauf hingewiesen, dass nach dem Vortrag des Klägers weder von Besitz noch von Eigentum ausgegangen werden könne und allein deswegen Klageabweisung drohe; innerhalb der auf diesen Hinweis gesetzten Frist von 3 Wochen, beginnend ab dem 23. März 2015, hat der Kläger weder ergänzend vorgetragen noch den nach wie vor fehlenden angeblich existenten Kaufvertrag für das in Rede stehende Fahrzeug vorgelegt.

c) Aus der sich aus den übrigen Unterlagen ergebenden Haltereigenschaft des Klägers ergibt sich sein Eigentum an dem in Rede stehenden Fahrzeug ebenfalls nicht.

2. Unabhängig davon hat der Kläger, obwohl auch insoweit darlegungs- und beweispflichtig, keinen tauglichen Beweis für das Unfallgeschehen an sich angeboten, obgleich beklagtenseits sowohl bestritten wurde, dass das in Rede stehende Unfallereignis überhaupt stattgefunden hat, als auch bestritten wurde, dass die nun geltend gemachten Schäden von dem hier in Rede stehenden Unfallereignis herrühren könnten.

Zeugenbeweis hat der Kläger nicht angeboten. Soweit er Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens angetreten hat, bezieht sich dies zum einen in erster Linie darauf, dass das von ihm geschilderte Unfallgeschehen hier aus technischer Sicht plausibel sein solle (vgl. Schriftsatz vom 13.01.2014, dort Seite 2/Bl. 91 d.A.). Im Übrigen hat er Sachverständigenbeweis dafür angeboten, dass die geltend gemachten Schadenspositionen auf dem streitgegenständlichen Unfallereignis beruhten. Dieses Beweisanerbieten ist zum Beleg des Unfallgeschehens überhaupt jedoch hier nicht geeignet. Der Kläger hat selbst dargelegt, dass verschiedene Anknüpfungstatsachen, die für eine Begutachtung durch einen Sachverständigen hinsichtlich des Unfallgeschehens selbst erforderlich wären, hier nicht feststehen. So hat der Kläger selbst auf konkrete Eigenarten des angeblichen Unfallgegner-​Fahrzeuges, des Renault Clio, hingewiesen, die ungeklärt seien. Das sieht die Kammer genauso. Tatsächlich könnte ein Sachverständiger angesichts des völligen Fehlens einer Dokumentation eines an dem Renault Clio möglicherweise bestehenden, eventuell passenden Schadensbildes und der völligen Unkenntnis von Zustand und baulichen individuellen Merkmalen des Fahrzeuges des Beklagten zu 1. keine belastbaren Feststellungen zu einem Unfallhergang und einer Verursachung der nun geltend gemachten Schäden gerade durch das Fahrzeug des Beklagten zu 1. tätigen. Ob es also tatsächlich einen Anstoß des Fahrzeuges des Beklagten zu 1. mit demjenigen des Klägers zu dem behaupteten Zeitpunkt an dem vorgetragenen Ort gegeben hat, bleibt damit offen. Dies geht zu Lasten des Klägers.

Auf diesen Umstand hat das Gericht ebenfalls im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 23. März 2015 hingewiesen, ohne dass in der daraufhin gesetzten Frist ergänzender Vortrag bzw. ergänzendes Beweisanerbieten, wie beispielsweise durch die Parteivernehmung des Beklagten zu 1., erfolgt wäre.

3. Damit kann insgesamt offen bleiben, ob hier - was allerdings nach vorläufiger Bewertung des Gerichts äußerst naheliegt - tatsächlich ein gestelltes Unfallgeschehen (wenn man das Unfallgeschehen als solches zum behaupteten Zeitpunkt am behaupteten Ort einmal unterstellt) vorliegt. Bereits nach den getroffenen Feststellungen sprechen alle Umstände des angeblichen Geschehens, ein Unfallgeschehen im Übrigen unterstellt, für das Vorliegen eines gestellten Unfalles (hochwertiges Fahrzeug auf der Seite des Geschädigten mit hoher Laufleistung; unklare Eigentums- bzw. Besitzverhältnisse; Reparatur auf Gutachtenbasis; verhältnismäßig hoher Schaden bei im Übrigen gefahrlosem Unfallgeschehen für alle Beteiligten; eindeutige Haftungslage; Fehlen von objektiven Beweismitteln, insbesondere von unbeteiligten Zeugen; nahezu wertloses Fahrzeug auf Unfallgegnerseite, das nur wenige Tage vor dem Unfallgeschehen angemeldet und für das der Versicherungsschutz kurze Zeit nach dem angeblichen Unfallereignis wieder aufgehoben wurde).

Gleichfalls offen blieben kann die Frage, ob an dem in Rede stehenden Fahrzeug tatsachlich möglicherweise sich überdeckende unreparierte Vorschäden Vorlagen, zu denen der Kläger unvollständige Angaben gemacht hat.

4. Da dem Kläger der Anspruch in der Hauptsache nicht zusteht, fällt er auch mit den geltend gemachten Nebenforderungen (Zinsen sowie Freistellung von Rechtsanwaltsgebühren) aus.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 101 ZPO; die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.

Streitwert: 7.712,94 €