Das Verkehrslexikon
OLG Hamburg Beschluss vom 02.07.2015 - 2 RB 102/14 - 3 Ss OWi 181/14 - Überladung und Verfallsanordnung
OLG Hamburg v. 02.07.2015: Überladung im öffentlichen Straßenverkehr und Verfallsanordnung
Das OLG Hamburg (Beschluss vom 02.07.2015 - 2 RB 102/14 - 3 Ss OWi 181/14) hat entschieden:
- Voraussetzung einer Ordnungswidrigkeit nach den § 24 StVG, §§ 49 Abs. 1 Nr. 22, 23 Abs. 1 Satz 1 StVO, §§ 34 Abs. 3, 5 und 6, 69a Abs. 3 Nr. 4 StVZO ist, dass das i.S.d. genannten Vorschriften überladene Fahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr überladen gefahren worden ist. Dies ist durch das Amtsgericht festzustellen, ebenso Örtlichkeit und Dauer der Fahrt sowie die Art der bei Fahrten verwendeten Fahrzeuge.
- Ein Geständnis, mit welchem pauschal die Richtigkeit mehrerer hundert differenzierter Einzeldaten bestätigt worden ist, muss nach der Natur der Sache, hier in Gestalt menschlicher Wahrnehmungs- und Merkfähigkeiten, i.d.R. Zweifeln begegnen.
- Für die nach § 29a Abs. 2 OWiG gebotene Ermessensausübung sind insbesondere Feststellungen - nebst zugehöriger Beweiswürdigung - dazu erforderlich, ob im vorliegenden Fall von vorsätzlichen oder fahrlässigen Verstößen gegen die Beladungsvorschriften der StVZO auszugehen ist.
Siehe auch Überladung - Ladegewicht - Zuladung und xxx
Gründe:
I.
Mit Verfallsanordnung vom 18. Februar 2014 hat die Freie und Hansestadt Hamburg, Behörde für Inneres und Sport, Einwohnerzentralamt wegen in der Zeit vom 2. September 2013 bis 21. Oktober 2013 überladen durchgeführter 119 Fahrten nach den §§ 29a Abs. 4 OWiG, 34 Abs. 3, 69 a StVZO, 24 StVG den Verfall eines Geldbetrages in Höhe von 16.529,93 Euro angeordnet.
Auf den nach am 25. Februar 2014 erfolgter Zustellung der Verfallsanordnung an die Verteidigerin der Verfallsbetroffenen Dr. M., für die sich eine schriftliche Vollmacht der Verfallsbetroffenen bei den Akten befand, am 26. Februar 2014 eingegangenen Einspruch der Verfallsbetroffenen hat, nachdem die Verwaltungsbehörde der Verfallsanordnung nicht abgeholfen hatte, das Amtsgericht Hamburg in der Hauptverhandlung vom 9. September 2014 gegen die Verfallsbetroffene den Verfall eines Geldbetrages von 9.000 Euro unter Bewilligung einer Ratenzahlung in Höhe monatlicher Raten von jeweils 300 Euro, beginnend am 15. Januar 2015, und Vorsehen einer Verfallklausel erkannt.
Gegen dieses Urteil hat die Verfallsbetroffene mit am 15. September 2014 eingegangenem Verteidigerschriftsatz Rechtsbeschwerde eingelegt, die nach Übersendung der schriftlichen Urteilsgründe mit am 12. November 2014 beim Amtsgericht eingegangenem weiteren Verteidigerschriftsatz mit dem Antrag auf Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache zu neuer Verhandlung sowie Entscheidung und der ausgeführten allgemeinen Sachrüge begründet worden ist.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat auf Aufhebung des amtsgerichtlichen Urteils mit den Feststellungen und Zurückverweisung der Sache an dieselbe Abteilung des Amtsgerichts Hamburg angetragen.
II.
Der Senat entscheidet in der Besetzung mit drei Richtern, weil eine Nebenfolge vermögensrechtlicher Art im Wert von mehr als 5.000 Euro festgesetzt worden ist (§ 80a Abs. 2 S. 1 OWiG).
Die Dreierbesetzung gilt einheitlich selbst dann, wenn wegen unzulänglicher Feststellungen unklar ist, ob mehrere in der Summe 5.000 Euro übersteigende Geldbußen wegen einer oder mehrerer Taten im prozessualen Sinn verhängt worden sind (vgl. Senat in NStZ-RR 1999, 57; Seitz in Göhler § 80a Rn. 3 m.w.N.). Entsprechendes gilt mit Rücksicht auf Nebenfolgen vermögensrechtlicher Art (vgl. Senat, Beschluss vom 2. Januar 2014, Az. 2 - 43/13 [RB]; Seitz, a.a.O.).
Vorliegend hat das Amtsgericht, obwohl es seinem Urteil ausweislich der Urteilsgründe 119 einzelne Überladungsfahrten zu Grunde gelegt hat, ohne Weiteres auf einen einheitlichen Verfallsbetrag erkannt, ohne Ausführungen dazu zu machen, ob die der Verfallsanordnung zu Grunde liegenden Fahrten eine einheitliche prozessuale Tat oder mehrerer einzelne prozessuale Taten darstellen. Der Senat geht bei dieser Konstellation von einer Anwendbarkeit des § 80a Abs. 2 S. 1 OWiG aus und entscheidet in der Besetzung mit drei Richtern.
III.
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und hat in der Sache - vorläufigen - Erfolg.
1. Die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde folgt aus den §§ 87 Abs. 3 S. 2, Abs. 5, Abs. 6, 79 Abs. 3 S. 1 OWiG, 341, 344, 345 StPO). Das Amtsgericht hat eine einheitliche Nebenfolge im Wert von mehr als 250 Euro festgesetzt.
Eine ausdrückliche Angabe der von dem erkannten Verfallsbetrag von insgesamt 9.000 Euro auf die dem amtsgerichtlichen Urteil zu Grunde gelegten 119 Überladungsfahrten jeweils entfallenden Einzelwerte, die rechnerisch sämtlich jeweils unterhalb des Zulässigkeitsgrenzwertes von 250 Euro nach § 87 Abs. 5, Abs. 6 OWiG liegen könnten, da bei gleichmäßiger Verteilung des Gesamtverfallsbetrages auf 119 Überladungsfahrten auf jede einzelne ein Verfallsbetrags von nur rund 75 Euro entfallen würde, enthält das Urteil nicht. Das Amtsgericht hat die Einzelfälle in den Urteilsgründen in Tabellenform dargestellt, wobei in der letzten Spalte unter „Erlangtes aus überladener Fahrt ohne MwSt.“ in 118 Fällen ein jeweils zwischen 133,52 Euro und 150,65 Euro liegender Geldbetrag und in einem der Fälle ein Betrag von „0,00 €“ angegeben ist. Über die in der Tabelle enthaltenen Angaben hinausgehende Ausführungen zu der Bemessung einzelner Verfallsbeträge enthält das Urteil nicht.
Schon deshalb ist es im Hinblick auf die Wertgrenze nach § 87 Abs. 5, Abs. 6 OWiG hier unausweichlich, auf der Ebene der Prüfung der Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde von dem Gesamtverfallsbetrag auszugehen.
Im Übrigen entspricht dies auch dem Grundsatz, dass nach zutreffender Auffassung die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde nicht von der Beantwortung der sachlich-rechtlichen Beurteilung abhängig sein sollte, ob das Tatgericht die Frage von Tateinheit oder Tatmehrheit richtig entschieden hat (Seitz, a.a.O., § 79 Rn. 23 m.w.N.).
2. Das Urteil hält der rechtsbeschwerderechtlichen Überprüfung auf Grund der erhobenen Sachrüge nicht stand. Es ist in mehrfacher Hinsicht nicht frei von Rechtsfehlern. Bereits die vom Amtsgericht zur Sache getroffenen Feststellungen weisen erhebliche Lücken auf. Die amtsgerichtlichen Beweiswürdigungserwägungen und der Rechtsfolgenausspruch sind ebenfalls nicht frei von tragenden Rechtsfehlern.
a) Die vom Amtsgericht zur Sache getroffenen Feststellungen halten dem nach § 29a Abs. 4 OWiG auch für den selbständigen Verfall geltenden Prüfungsmaßstab des § 29a Abs. 2 OWiG nicht stand.
Nach § 29a Abs. 2 OWiG muss aus einer mit Geldbuße bedrohten Handlung eines anderen Täters der Verfallsbetroffene etwas erlangt haben.
aa) Das Amtsgericht hat in seinem Feststellungsabschnitt zu Ziffer II. der Urteilsgründe zunächst Folgendes ausgeführt:
„Mit Verfallsanordnung der Freien und Hansestadt Hamburg … vom 18. Februar 2014 ist gegen die Verfallsbetroffene … der Verfall eines Geldbetrages von € 16.529,93 angeordnet worden. Ausweislich der Feststellungen der Verfallsanordnung wurden durch Fahrer und mit Fahrzeugen der Verfallsbetroffenen zwischen dem 2. September 2013 und dem 21. Oktober 2013 119 überladene Schüttguttransporte durchgeführt, Ordnungswidrigkeit der Fahrer nach §§ 34 Abs. 3, 69a Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO), 24 Straßenverkehrsgesetz (StVG). Durch die Fahrten hat die Verfallsbetroffene € 16.529,93 erlangt.
Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen die Fahrer bzw. den Geschäftsführer der Verfallsbetroffenen wurden nicht eingeleitet bzw. eingestellt.
Die 119 Transporte, die jeweilige Überladung und die von der Verfallsbetroffenen für die Transporte jeweils erlangten Entgelte ergeben sich aus der nachfolgenden Aufstellung:“.
Es folgt die bereits genannte Tabelle mit unter einem Überschriftenblock insgesamt 119 Zeilen, in denen in insgesamt elf Spalten nach den zugehörigen Überschriften jeweils „Datum“, „Uhrzeit“, „Wägescheinnummer“, „Fahrzeugkennzeichen“, „zGM“, „Tara“, „Netto“, „Brutto“, „Übertonnage -60kg“, „Preis pro Tonne“ und „Erlangtes aus überladener Fahrt ohne MwSt.“ angegeben sind.
bb) Damit fehlt es an tragfähiger Feststellung der mit Geldbuße bedrohten Handlungen.
Ob sich den Urteilsfeststellungen angesichts der Formulierung der amtsgerichtlichen Feststellungen im Sinne eines Verweises auf entsprechende „Feststellungen der Verfallsanordnung“ („Ausweislich der Feststellungen der Verfallsanordnung wurden durch Fahrer und mit Fahrzeugen der Verfallsbetroffenen zwischen dem 02. September 2013 und dem 21. Oktober 2013 119 überladene Schüttguttransporte durchgeführt, …“) überhaupt als eigene Feststellung des Amtsgerichts jedenfalls noch entnehmen lässt, dass Fahrer mit Fahrzeugen der Verfallsbetroffenen die in der Tabelle im einzelnen aufgeführten 119 überladenen Schüttguttransporte durchgeführt haben, kann hier dahin stehen, da es an Feststellungen zu weiteren wesentlichen Einzelheiten fehlt.
Aus der sodann in dem Urteil enthaltenen Tabelle ergeben sich nämlich zu den einzelnen Fahrten und den dabei verwendeten Fahrzeugen jeweils lediglich ein Datum, eine Uhrzeit und ein Fahrzeugkennzeichen. Sowohl die der Tabelle vorangestellten allgemeinen Ausführungen als auch die in der Tabelle enthaltenen Angaben erbringen indes Weiteres weder zu Örtlichkeit, Strecke und Dauer der Fahrten noch dazu, welche Fahrzeuge nach Art bzw. Typ dabei verwendet worden sind.
(1) Es fehlt damit bereits an Feststellungen dazu, ob bzw. dass die Fahrten im öffentlichen Straßenverkehr durchgeführt worden sind.
Voraussetzung einer Ordnungswidrigkeit nach den §§ 24 StVG, 49 Abs. 1 Nr. 22, 23 Abs. 1 S. 1 StVO, 34 Abs. 3, 5 u. 6, 69a Abs. 3 Nr. 4 StVZO ist, dass das im Sinne der genannten Vorschriften überladene Fahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr überladen gefahren worden ist, denn, wie sich aus der Beschreibung des AnwendungsbeR.s der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung in § 16 Abs. 1 StVZO ergibt, regelt diese die Zulassung von Fahrzeugen zum öffentlichen Straßenverkehr. Deshalb gilt sie auch hinsichtlich der Vorschriften über die Beladung von Fahrzeugen lediglich für deren Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr und nicht für einen Betrieb auf privatem Grund.
Dazu hat das Amtsgericht indes weder ausdrücklich noch dem Sinn nach Feststellungen getroffen. Solche Feststellungen lassen sich insbesondere nicht aus den in der in die Urteilsgründe eingefügten Tabelle enthaltenen Angaben entnehmen. Daraus ergeben sich weder Örtlichkeiten der vorgenommenen Fahrten noch auch nur eine bestimmte Dauer, aus der möglicherweise dahingehende Rückschlüsse gezogen werden könnten, dass entsprechend lange Fahrten sich nicht mehr allein auf privatem Grund und Boden abgespielt haben könnten. Festgestellt sind nämlich lediglich jeweils ein Datum und eine Uhrzeit, ohne Angabe, ob es sich bei der Uhrzeit etwa um die Zeit des Beginns oder des Endes der Fahrt oder den Zeitpunkt, in dem die Fahrzeuge gewogen worden sind, handelt. Eine Angabe der Dauer der Fahrten fehlt ebenso wie eine Angabe zu den betreffenden Örtlichkeiten. Auch aus der Angabe der Fahrzeugkennzeichen lässt sich nicht ohne weiteres schließen, dass die dem amtsgerichtlichen Urteil zu Grunde gelegten Fahrten im öffentlichen Straßenverkehr stattgefunden haben, da auch mit grundsätzlich für den öffentlichen Straßenverkehr zugelassenen und mit einem Kennzeichen versehenen Fahrzeugen Fahrten allein auf privatem Grund durchgeführt werden können.
Dass ausweislich der amtsgerichtlichen Beweiswürdigungserwägungen der Geschäftsführer der Verfallsbetroffenen in der Hauptverhandlung „die in der Verfallsanordnung getroffenen Feststellungen zu den überladenen Transporten und den dafür jeweils vereinnahmten Entgelten ausdrücklich als zutreffend anerkannt“ hat, vermag die aufgezeigte Feststellungslücke nicht zu schließen, da sich daraus eine Durchführung der Fahrten im öffentlichen Straßenverkehr ebenfalls nicht ergibt.
(2) Außerdem fehlt es an amtsgerichtlichen Feststellungen zur Art der bei den dem amtsgerichtlichen Urteil zu Grunde liegenden Fahrten verwendeten Fahrzeuge, ohne die der Senat die in der in die amtsgerichtlichen Urteilsgründe eingefügten Tabelle enthaltenen Angaben zu der jeweiligen „zGM“, womit nach dem Zusammenhang mit den in den Spalten „Tara“, „Netto“, „Brutto“ und „Übertonnage-60 kg“ enthaltenen Angaben ersichtlich das zulässige Gesamtgewicht gemeint sein soll, welches in der Tabelle für alle Fälle jeweils mit „40“ - gemeint: Tonnen - angegeben ist, nicht überprüfen kann (vgl. Senat, Beschluss vom 2. Januar 2014, Az. 2 - 43/13 [RB]).
b) Zu den amtsgerichtlichen Beweiswürdigungserwägungen weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass diese den an eine Darlegung der tragenden Beweiserwägungen eines Gerichts zu stellenden Anforderungen (dazu allgemein vgl. Meyer-Goßner/Schmitt § 261 Rn. 2 ff) ebenfalls nicht genügen.
Hinsichtlich der nach den Beweiswürdigungserwägungen „in die Hauptverhandlung eingeführten Urkunden“ fehlt es an jeglicher Angabe dazu, um welche Urkunden es sich dabei handelt und was sich aus den Urkunden zur Überzeugung des Amtsgerichts ergeben soll. Damit ist dem Senat als Rechtsbeschwerdegericht jegliche Überprüfung unmöglich gemacht, ob die Beweiswürdigungserwägungen des Amtsgerichts und damit auch die daraus gewonnenen Feststellungen insoweit auf einer tragfähigen Grundlage beruhen.
Entsprechendes gilt für die in den amtsgerichtlichen Beweiswürdigungserwägungen angeführten Angaben des Geschäftsführers der Verfallsbetroffenen, zu deren Inhalt in den Urteilsgründen lediglich mitgeteilt worden ist: „Insbesondere wurden die in der Verfallsanordnung getroffenen Feststellungen zu den überladenen Transporten und den dafür jeweils vereinnahmten Entgelten ausdrücklich als zutreffend anerkannt.
Zum einen kann auch im Rahmen der Wiedergabe der Einlassung einer Betroffenen bzw. deren Geschäftsführers nicht auf Aktenbestandteile verwiesen werden. Eine Bezugnahme auf Aktenbestandteile ist vielmehr gemäß §§ 46 Abs. 1 OWiG, 267 Abs. 1 S. 3 StPO lediglich für bei den Akten befindliche Abbildungen (zum Begriff der Abbildung im Sinne des § 267 Abs. 1 S. 3 StPO vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, § 267 Rn. 9 m.w.N.) und auch insoweit nur „wegen der Einzelheiten“, nicht also pauschal ohne jegliche Beschreibung des wesentlichen „Aussageinhalts“ der Abbildung (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., Rn. 10 m.w.N.), zulässig.
Zum anderen ist bei der Stützung eines Beweisergebnisses auf geständige Angaben einer Betroffenen bzw. - wie hier - deren vertretungsberechtigten Geschäftsführers zu beachten, dass ein verurteilendes Erkenntnis nicht auf Angaben gestützt werden darf, von deren Richtigkeit das Gericht nicht überzeugt ist (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., § 261 Rn. 2 m.w.N.), und ein Geständnis, mit welchem pauschal die Richtigkeit mehrerer hundert differenzierter Einzeldaten bestätigt worden ist, nach der Natur der Sache hier in Gestalt menschlicher Wahrnehmungs- und Merkfähigkeiten in der Regel Zweifeln begegnen muss. Deshalb sind nach zu verschiedenen Ordnungswidrigkeitstatbeständen entwickelter Rechtsprechung selbst bei sehr viel einfacher gelagerten Sachverhalten Geständnisse jedenfalls in wesentlichen Einzelpunkten zu überprüfen (beispielsweise zur Überzeugungsbildung auf Grund geständiger Einlassung Betroffener bei Geschwindigkeitsüberschreitungen im Straßenverkehr vgl. Burmann in Burmann/ Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, § 3 StVO Rn. 86 m.w.N.; wobei insoweit nach König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, § 3 StVO Rn. 57 m.w.N. sogar die Umstände des [behördlichen] Messvorganges und die Richtigkeit der [behördlichen] Messung von einem Betroffenen nicht zugestanden werden können). An einer Darlegung solcher Überprüfungstatsachen dazu, wie der Geschäftsführer der Verfallsbetroffenen von den einzelnen Vorgängen und Daten Kenntnis erlangt hat und auf welcher Grundlage er eine Kenntnis bzw. Erinnerung von den mehreren hundert differenzierten Einzeldaten glaubhaft bekunden kann, fehlt es hier vollständig. Erst Recht gilt das für die Richtigkeit der in der in den Urteilsgründen enthaltenen Tabelle angegebenen Messergebnisse, hinsichtlich derer es an jeglicher Angabe dazu fehlt, worauf diese beruhen.
c) Der Rechtsfolgenausspruch ist ebenfalls nicht frei von tragenden Rechtsfehlern.
Allerdings ist das Amtsgericht im Ansatz zutreffend für die Bestimmung des Wertes des Erlangten im Sinne des § 29 a Abs. 2 OWiG von dem so genannten Bruttoprinzip ausgegangen, nach dem als Erlangtes der Wert der (vollen) Gegenleistung für die Transporte (abzüglich lediglich der Mehrwertsteuer) zu Grunde zu legen ist (BGHR StGB § 73 Abs. 3 Bruttoprinzip 1; BGH in wistra 2011, 101, 102; Senat, a.a.O.).
Die vom Amtsgericht vorgenommene, nach § 29 a Abs. 2 OWiG gebotene Ermessensausübung („kann“) bei der Rechtsfolgenentscheidung erweist sich indes wegen lückenhafter Feststellungen zu den Entscheidungsgrundlagen als rechtsfehlerbehaftet.
Für die Ausübung des Ermessens, ob eine Anordnung getroffen werden soll und in welcher Höhe gegebenenfalls der Verfall eines Geldbetrages angeordnet wird, sind allgemeine Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte sowie die Umstände des Einzelfalls maßgebend. Als in die Entscheidung einzustellende Aspekte kommen insbesondere die Bedeutung und die Folgen der Tat, der Umfang des Erlangten, die Gefahr einer Wiederholung durch andere, das Bedürfnis nach Befriedung der Rechtsordnung, die Auswirkungen des Verfalls für den Betroffenen, der zur Aufklärung des Sachverhalts erforderliche Aufwand sowie der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in Betracht, wobei unter dem letztgenannten Gesichtspunkt von einer Verfallsanordnung abgesehen werden soll, wenn diese den wirtschaftlichen Zusammenbruch des Adressaten oder sonst eine unbillige Härte zur Folge hätte (vgl. Gürtler in Göhler § 29a Rn. 24, 26).
Nach diesen Maßstäben fehlt es hier bereits an Feststellungen - nebst zugehöriger Beweiswürdigung - dazu, ob im vorliegenden Fall von vorsätzlichen oder fahrlässigen Verstößen gegen die Beladungsvorschriften der StVZO auszugehen ist. Das amtsgerichtliche Urteil verhält sich in keiner Weise dazu, ob und gegebenenfalls woran sowie in welchem Maße die angenommenen Überladungen für die Verfallsbetroffene bzw. die Fahrer jeweils erkennbar waren bzw. ob etwa im Betrieb der Verfallsbetroffenen sogar eine Anordnung zu möglichst weitgehender Beladung der Fahrzeuge auch unter Inkaufnahme von Überladungen bestand oder vielmehr Vorkehrungen zur Vermeidung von Überladungen getroffen worden waren sowie gegebenenfalls welche Maßnahmen wann getroffen worden sind.
Außerdem fehlt es, neben dem bereits beanstandeten Fehlen jeglicher Feststellungen dazu, dass die Überladungsfahrten im öffentlichen Straßenverkehr stattgefunden haben, im Hinblick auf die auf Rechtsfolgenseite zu treffenden Ermessensentscheidung an Feststellungen etwa dazu, in welchem Umfang Überladungsfahrten im öffentlichen Straßenverkehr stattgefunden und damit zur Gefährdung des Straßenverkehrs und zu übermäßiger Abnutzung der Fahrbahnen beigetragen haben.
IV.
Das Urteil ist nach allem mit den Feststellungen aufzuheben. Da neue Tatsachenfeststellungen zu treffen sind, verweist der Senat die Sache zurück. Vom Regelfall der Zurückverweisung an dieselbe Abteilung des Amtsgerichts, deren Entscheidung aufgehoben wird, gemäß § 79 Abs. 6, 2. Mod. OWiG (dazu Seitz, a.a.O., § 79 Rnd. 48 m.w.N.) abzuweichen, besteht hier kein Anlass.
Da das angefochtene Urteil vollen Umfangs mit den Feststellungen aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Hamburg zurückverwiesen wird, kann dahin stehen, dass vorliegend nach Aktenlage die Frist zur Begründung der form- und fristgerecht eingelegten Rechtsbeschwerde nach §§ 79 Abs. 3 S. 1 OWiG, 345 Abs. 1 StPO nicht in Lauf gesetzt worden ist, weil mit der richterlichen Zustellungsverfügung nicht bestimmt worden ist, an welche von hier mehreren Verteidigerinnen das schriftliche Urteil zugestellt werden soll, sondern diese Entscheidung damit unzulässig der ausführenden Geschäftsstelle überlassen worden ist (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt § 36 Rn. 4 m.w.N.).
V.
Das Amtsgericht wird bei der neuen Hauptverhandlung Gelegenheit haben, zu klären, ob anstatt bisher angenommener insgesamt 119 Überladungsfahrten mit daraus Erlangtem von lediglich 118 solcher Fahrten auszugehen ist oder auch für die Überladungsfahrt vom 25. September 2013, 16:22 Uhr, mit dem Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen … hinsichtlich derer nach den aufgehobenen Urteilsfeststellungen als „Erlangtes aus überladener Fahrt ohne MwSt.“ ein Betrag von „0,00 €“ festgestellt worden ist, ein Entgelt gezahlt worden ist und somit ein diesbezüglicher Verfall ausgesprochen werden kann.