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Bundesverwaltungsgericht Urteil vom 11.09.2007 - 10 C 8/07 - Substantiierter Beweisantrag und fachärztliches Attest
BVerwG v. 11.09.2007: Substantiierter Beweisantrag und fachärztliches Attest
Das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 11.09.2007 - 10 C 8/07) hat entschieden:
- Zur Substantiierung eines Sachverständigenbeweisantrags, der das Vorliegen einer behandlungsbedürftigen posttraumatischen Belastungsstörung zum Gegenstand hat, gehört regelmäßig die Vorlage eines gewissen Mindestanforderungen genügenden fachärztlichen Attests, aus dem sich nachvollziehbar ergeben muss, auf welcher Grundlage der Arzt zu seiner Diagnose gelangt ist und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt.
- Nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19. August 2007 (BGBl I 2007, 1970) ist das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bei Asylbewerbern auch für die ausländerrechtliche Ermessensentscheidung zuständig, ob nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen der Vorschrift von der Abschiebung abgesehen werden soll.
- Verpflichtet das Verwaltungsgericht das Bundesamt zur Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich eines bestimmten Staates, so ist auch die Bezeichnung des betreffenden Staates als Zielstaat in der Abschiebungsandrohung rechtswidrig.
Siehe auch Der Sachverständigenbeweis im Vewaltungsstreitigkeiten und Der Sachverständigenbeweis in den verschiedenen Verfahrensarten
Tatbestand:
Die Kläger begehren die Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in Bezug auf Aserbaidschan.
Der 1963 geborene Kläger zu 1 und seine 1967 geborene Ehefrau, die Klägerin zu 2, sind aserbaidschanische Staatsangehörige. Sie reisten im Januar 2000 mit ihren Kindern in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragten Asyl. Diese Anträge lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (jetzt: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) - Bundesamt - mit Bescheid vom 19. März 2001 ab. Zugleich stellte es fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG und Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorliegen, und drohte den Klägern und ihren Kindern die Abschiebung nach Aserbaidschan an.
Auf deren Klage hat das Verwaltungsgericht die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des ablehnenden Bescheides zu der Feststellung verpflichtet, dass bezüglich der Kläger und ihrer Kinder die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Kläger unterlägen als Abkömmling einer armenischen Volkszugehörigen bzw. als Ehegatte eines solchen Abkömmlings in Aserbaidschan einer mittelbaren Gruppenverfolgung.
In dem vom Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten - Bundesbeauftragter - betriebenen Berufungsverfahren hat der Prozessbevollmächtigte der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 23. Februar 2005 eine Bescheinigung der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie F. vom 17. Februar 2005 vorgelegt, wonach die von der Klägerin zu 2 gemachten Angaben für das Vorhandensein einer posttraumatischen Belastungsstörung - im Folgenden: PTBS - sprächen. Im Nachgang zur mündlichen Verhandlung hat dieselbe Fachärztin dem Berufungsgericht unter dem 11. März 2005 ein - ausführlicheres - Attest übersandt, in dem es bezüglich des Klägers zu 1 nach Schilderung der Krankheitsvorgeschichte und der Befunderhebung heißt, in diagnostischer Hinsicht sei bei den psychischen Problemen des Patienten eindeutig von einer PTBS auszugehen. Nachdem die Beteiligten sich mit einer Entscheidung ohne weitere mündliche Verhandlung einverstanden erklärt hatten, hat der Prozessbevollmächtigte der Kläger mit Schriftsatz vom 13. April 2005 die Einholung eines psychologischen Gutachtens darüber beantragt, dass der Kläger zu 1 an einer PTBS leidet und durch diese Erkrankung eine nahe liegende und konkrete Suizidgefahr für den Kläger zu 1 sowie eine erweiterte Suizidgefahr besteht. Er hat ferner beantragt, durch Anfrage beim Auswärtigen Amt zu klären, ob in Aserbaidschan die Therapie einer PTBS für zurückgeführte Asylbewerber zu "erschwinglichen Preisen" möglich ist. Das sei nach einer ihm vorliegenden Auskunft nicht der Fall. Deswegen bestehe für den Kläger zu 1 ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG.
Das Thüringer Oberverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 19. Mai 2005 die verwaltungsgerichtliche Entscheidung abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Es hat einen Anspruch der Kläger auf Feststellung eines Abschiebungsverbots für Flüchtlinge nach dem nunmehr maßgeblichen § 60 Abs. 1 AufenthG ebenso verneint wie den hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf Feststellung eines ausländerrechtlichen Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2, 3, 5 und 7 AufenthG. Zu dem von den Klägern beanspruchten Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 AufenthG im Hinblick auf die geltend gemachte PTBS hat es in der Begründung ausgeführt, die vorgetragenen gesundheitlichen Probleme ließen eine Gefahr für Leib und Leben im Sinne dieser Vorschrift nicht erkennen. Die vorgelegten Bescheinigungen der Fachärztin F. seien nicht geeignet, das Vorliegen der behaupteten gesundheitlichen Störungen bei den Klägern glaubhaft zu machen. In der Bescheinigung vom 17. Februar 2005 werde zwar eine Erkrankung der Klägerin zu 2 an PTBS behauptet, dem Schreiben fehle aber jede Konkretisierung des Krankheitsbildes. Die lapidare Aneinanderreihung der geschilderten Symptome könne nicht Grundlage für die Feststellung von Abschiebungshindernissen sein. Auch die Bescheinigung vom 11. März 2005 werde den an die ärztliche Diagnose einer PTBS zu stellenden Anforderungen nicht gerecht. Auf der Basis eines unsubstantiierten und nicht nachvollziehbar spekulativen Lebenssachverhaltes komme die Fachärztin zu dem Ergebnis, dass die Kläger an einer PTBS litten und im Falle einer ablehnenden Entscheidung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit suizidalen Handlungen zu rechnen sei. Es fehle an der Darlegung konkreter Schlüsselerlebnisse im Einzelnen und an einer Untersuchung und Analyse der Glaubhaftigkeit der Angaben der Kläger. Auch die weitere medizinische Diagnose einer PTBS genüge nicht den Forschungskriterien des ICD-10 (International Classification of Diseases, World Health Organisation 1992), die das Berufungsgericht anschließend im Einzelnen wiedergibt. Weiter führt es aus, mit Blick auf die erhebliche Gefahr von Simulationen seien an die ärztlichen Feststellungen einer PTBS und insbesondere an die hiermit mitunter einhergehende Suizidalität erhebliche Anforderungen zu stellen. Über die schlichte Behauptung hinaus, dass die Kläger im Falle eines Unterliegens im Verfahren mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit versuchen würden, sich das Leben zu nehmen, würden keine konkreten Anhaltspunkte mitgeteilt, die diesen Geschehenslauf nachvollziehbar als wahrscheinlich erscheinen ließen. Ungeachtet dessen verknüpfe die Fachärztin die von ihr angenommene Suizidalität der Kläger allein mit deren Unterliegen im gerichtlichen Verfahren. Eine solche Gefahr sei ersichtlich nicht zielstaatsbezogen. Selbst wenn man das Vorliegen einer PTBS bei den Klägern annehmen wolle, sei nicht erkennbar, inwieweit dies zur Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 AufenthG führen solle. Der Gefährdungsgrad, der tatbestandlich in dieser Vorschrift vorausgesetzt werde, wäre durch die mit einer PTBS typischerweise einhergehenden Symptome nicht erreicht. Vor diesem Hintergrund habe der Senat auch mangels Erheblichkeit keine Veranlassung, den schriftlichen Beweisanregungen im Hinblick auf die Erkrankung des Klägers zu 1 weiter nachzugehen. Die erlassene Abschiebungsandrohung sei ebenfalls rechtmäßig. Die Bezeichnung Aserbaidschans als Zielstaat einer Abschiebung sei nicht zu beanstanden.
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts mit Beschluss vom 28. März 2006 - BVerwG 1 B 91.05 - die Revision in Bezug auf die Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 AufenthG und die Bezeichnung Aserbaidschans als Zielstaat in der Abschiebungsandrohung für beide Kläger zugelassen.
Mit ihren Revisionen rügen die Kläger eine Verletzung von Verfahrensrecht. Sie machen - wie schon mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde - geltend, das Oberverwaltungsgericht habe es unterlassen, ein psychologisches Gutachten zu der Frage einzuholen, dass sowohl der Kläger zu 1 als auch die Klägerin zu 2 an einer posttraumatischen Belastungsstörung litten und durch diese Erkrankung eine nahe liegende und konkrete Suizidgefahr für den Kläger zu 1 sowie eine erweiterte für die Klägerin zu 2 und ihre Kinder bestehe. Ferner habe es unterlassen, die ebenfalls entscheidungserhebliche Frage der Behandelbarkeit einer PTBS in Aserbaidschan und in Berg-Karabach durch Anfrage beim Auswärtigen Amt oder anderen fachlich geeigneten Stellen zu klären. Angesichts der von den Klägern vorgelegten fachärztlichen Atteste und des schriftlichen Beweisantrags hätten sich dem Gericht die genannten Aufklärungsmaßnahmen aufdrängen müssen. Dies gelte umso mehr, als die Kläger allein aus finanziellen Gründen ein psychologisches Sachverständigengutachten nicht selbst beibringen könnten. Dass die Suizidgefahr bei dem Kläger zu 1 real sei, werde auch dadurch bestätigt, dass dieser im April 2006 tatsächlich einen Suizidversuch unternommen und sich in diesem Zusammenhang etwa fünf Wochen in einem psychiatrischen Krankenhaus in stationärer Behandlung befunden habe. Die gebotene Beweiserhebung hätte ergeben, dass die Kläger unter PTBS litten, die weder in Aserbaidschan noch in Berg-Karabach fachgerecht behandelt werden könne. Liege aber ein Abschiebungshindernis wegen konkreter Gefahr für Leib und Leben nach § 60 Abs. 7 AufenthG hinsichtlich Aserbaidschans vor, sei auch die Androhung der Abschiebung in diesen Staat gemäß § 59 Abs. 3 AufenthG rechtswidrig und deshalb aufzuheben.
Der Bundesbeauftragte und die Beklagte treten den Revisionen entgegen. Der Bundesbeauftragte trägt im Wesentlichen vor, die Bezeichnung eines bestimmten Zielstaats (hier: Aserbaidschan) in der Abschiebungsandrohung des Bundesamtes werde auch nach der durch das Zuwanderungsgesetz geänderten Rechtslage nicht dadurch rechtswidrig, dass im gerichtlichen Verfahren festgestellt werde, dass dem Betroffenen in diesem Staat Gefahren im Sinne des § 60 Abs. 7 AufenthG drohten. Wenn es in § 59 Abs. 3 Satz 2 AufenthG heiße, dass der Staat zu bezeichnen sei, in den der Ausländer "nicht abgeschoben werden darf", nehme diese Formulierung ersichtlich Bezug auf die in § 60 Abs. 1 bis 5 AufenthG geregelten zwingenden Abschiebungsverbote, nicht aber auf die Soll-Bestimmung in § 60 Abs. 7 AufenthG.
Die Beklagte hält die Verfahrensrügen der Kläger für unbegründet, da die von ihnen vorgelegten fachärztlichen Bescheinigungen für die Darlegung einer PTBS nicht ausreichten. Hinsichtlich der Auswirkungen einer positiven gerichtlichen Entscheidung zu § 60 Abs. 7 AufenthG auf die Zielstaatsbezeichnung in der Abschiebungsandrohung hält sie die Rechtslage nach Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes für unklar. Sie verweist allerdings darauf, dass das Bundesamt im Hinblick auf § 25 Abs. 3 AufenthG in der Praxis vom Erlass einer Abschiebungsandrohung absehe, wenn ein Zielstaat, in dem keine § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG entsprechenden Gefahren drohten, nicht benannt werden könne.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte trotz Ausbleibens des Beteiligten in der mündlichen Verhandlung über die Revisionen verhandeln und entscheiden, weil in der Ladung darauf hingewiesen worden ist (§ 102 Abs. 2 VwGO).
Die zulässige Revision des Klägers zu 1 ist mit der Rüge eines Verfahrensmangels begründet (1.). Das Berufungsurteil beruht auf der Verletzung von Bundesrecht, soweit es einen Anspruch des Klägers zu 1 auf Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Aserbaidschans verneint und die Androhung der Abschiebung des Klägers zu 1 nach Aserbaidschan als rechtmäßig bestätigt hat (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Da der Senat mangels ausreichender Feststellungen im Berufungsurteil in der Sache selbst nicht abschließend entscheiden kann, ist das Verfahren insoweit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Die Revision der Klägerin zu 2 hat dagegen keinen Erfolg, weil die von ihr erhobene Verfahrensrüge nicht durchgreift (2.).
1. Der Kläger zu 1 beanstandet mit seiner allein auf Verfahrensrügen gestützten Revision der Sache nach zu Recht, dass die Ablehnung seines schriftsätzlichen Beweisantrags vom 13. April 2005 durch das Berufungsgericht im Prozessrecht keine Stütze findet und deshalb seinen Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt (§ 108 Abs. 2 VwGO, § 138 Nr. 3 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG). Zugleich liegt, wie der Kläger zu 1 zu Recht rügt, in der Unterlassung der Beweiserhebung auch eine Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO). Auf diesen Verfahrensmängeln kann die Entscheidung des Berufungsgerichts zu § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich des Klägers zu 1 beruhen, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass eine Beweiserhebung zu einem für ihn günstigeren Ergebnis geführt hätte (a). Die Verfahrensmängel wirken sich auch auf die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Bezeichnung Aserbaidschans als Zielstaat in der Abschiebungsandrohung gegenüber dem Kläger zu 1 aus. Denn falls dieser einen Anspruch auf eine positive Feststellung zu § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Aserbaidschans hätte, wäre nach § 59 Abs. 3 AufenthG die Bezeichnung dieses Staats als Zielstaat in der Abschiebungsandrohung rechtswidrig (b).
a) Wie der seinerzeit zuständige 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Zulassungsbeschluss vom 28. März 2006 - BVerwG 1 B 91.05 - (NVwZ 2007, 346) bereits ausgeführt hat, durfte das Berufungsgericht den nach Übergang in das schriftliche Verfahren gemäß § 101 Abs. 2 VwGO gestellten Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Erkrankung des Klägers zu 1 an einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) nicht mit der Begründung ablehnen, dass der Kläger zu 1 diese Erkrankung "nicht glaubhaft gemacht" habe. Denn eine Pflicht zur Glaubhaftmachung, etwa im Sinne von § 294 ZPO, besteht für die Beteiligten in dem vom Untersuchungsgrundsatz beherrschten Verwaltungsprozess regelmäßig ebenso wenig wie eine Beweisführungspflicht (vgl. Beschlüsse vom 29. April 2005 - BVerwG 1 B 119.04 - und vom 19. Oktober 2001 - BVerwG 1 B 24.01 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 342 und 317, jeweils unter Hinweis auf das Urteil vom 29. Juni 1999 - BVerwG 9 C 36.98 - BVerwGE 109, 174).
Auch wenn man die Ausführungen des Berufungsgerichts zur mangelnden "Glaubhaftmachung" der behaupteten psychischen Erkrankung bei dem Kläger zu 1 in dem Sinne verstehen wollte, dass das Berufungsgericht den Beweisantrag als einen aufs Geradewohl oder ins Blaue hinein gestellten oder nicht hinreichend substantiierten Beweisantrag angesehen hat, würde dies die Ablehnung der Beweiserhebung nicht tragen. Dass die Behauptung der Erkrankung des Klägers zu 1 an einer PTBS mit einhergehender Suizidgefahr ohne greifbare Anhaltspunkte willkürlich aufgestellt oder aus der Luft gegriffen wäre (vgl. etwa Beschluss vom 5. März 2002 - BVerwG 1 B 194.01 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 320 und Beschluss vom 30. Januar 2002 - BVerwG 1 B 326.01 - Buchholz 310 § 98 VwGO Nr. 69), kann angesichts des vorgelegten fachärztlichen Attests vom 11. März 2005 nicht angenommen werden. Der Beweisantrag kann angesichts dieses Attests auch nicht als unsubstantiiert angesehen werden.
Allerdings gehört zur Substantiierung eines Sachverständigenbeweisantrags, der das Vorliegen einer behandlungsbedürftigen PTBS zum Gegenstand hat, angesichts der Unschärfen des Krankheitsbildes sowie seiner vielfältigen Symptome regelmäßig die Vorlage eines gewissen Mindestanforderungen genügenden fachärztlichen Attests. Aus diesem muss sich nachvollziehbar ergeben, auf welcher Grundlage der Facharzt seine Diagnose gestellt hat und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Dazu gehören etwa Angaben darüber, seit wann und wie häufig sich der Patient in ärztlicher Behandlung befunden hat und ob die von ihm geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden. Des Weiteren sollte das Attest Aufschluss über die Schwere der Krankheit, deren Behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie) geben. Wird das Vorliegen einer PTBS auf traumatisierende Erlebnisse im Heimatland gestützt und werden die Symptome erst längere Zeit nach der Ausreise aus dem Heimatland vorgetragen, so ist in der Regel auch eine Begründung dafür erforderlich, warum die Erkrankung nicht früher geltend gemacht worden ist. Diese Anforderungen an die Substantiierung ergeben sich aus der Pflicht des Beteiligten, an der Erforschung des Sachverhalts mitzuwirken (§ 86 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwGO), die in besonderem Maße für Umstände gilt, die in die eigene Sphäre des Beteiligten fallen (vgl. Beschluss vom 16. Februar 1995 - BVerwG 1 B 205.93 - Buchholz 451.20 § 14 GewO Nr. 6).
Das vom Kläger zu 1 vorgelegte ärztliche Attest vom 11. März 2005, das sich trotz der Erwähnung der Klägerin zu 2 im Betreff erkennbar auf den Kläger zu 1 bezieht, genügt diesen Anforderungen. Es enthält neben einer Darstellung der Krankheitsvorgeschichte auf der Grundlage der Angaben des Klägers zu 1 eine - wenn auch knappe - Schilderung der eigenen Befunderhebung und eine eindeutige Diagnose einer PTBS durch die Fachärztin sowie Angaben zur derzeitigen medikamentösen Behandlung. Bei der Krankheitsgeschichte wird auch auf die Gründe eingegangen, warum der Kläger zu 1 sich erst vier Jahre nach der Flucht aus seiner Heimat in fachärztliche Behandlung begeben hat. Damit erfüllt dieses Attest unter den hier gegebenen sonstigen Umständen des Falles - anders als das für die Klägerin zu 2 ausgestellte Attest derselben Fachärztin (vgl. unten 2.) - die an die Substantiierung eines solchen Beweisantrags zu stellenden Anforderungen. Die Beibringung einer detaillierteren, an den Forschungskriterien F 43.1 des ICD-10 (International Classification of Diseases, World Health Organisation 1992) orientierten gutachtlichen fachärztlichen Stellungnahme, wie sie das Berufungsgericht der Sache nach verlangt, mag zwar für die Überzeugungsbildung des Gerichts hilfreich sein, ist aber nicht Voraussetzung für einen substantiierten Beweisantrag. Denn damit würden die Anforderungen an die Darlegungspflicht der Beteiligten überspannt. Wenn das Berufungsgericht die Einholung einer derart ausführlichen gutachtlichen Stellungnahme des behandelnden Arztes für erforderlich hält, ist der Beteiligte zwar gehalten, den Arzt von seiner Schweigepflicht zu entbinden und sich gegebenenfalls weiterer Untersuchungen zu unterziehen, er ist aber nicht gehalten, von sich aus und auf seine Kosten eine solche gutachtliche Stellungnahme vorzulegen. Dies würde im Ergebnis auf eine Art Beweisführungspflicht hinauslaufen, die in der Regel mit den verwaltungsprozessualen Grundsätzen nicht vereinbar ist (vgl. aber zu einer gesetzlich vorgesehenen Ausnahme Beschluss vom 2. November 1999 - BVerwG 8 B 213.99 - Buchholz 428 § 18 VermG Nr. 9).
Die vom Berufungsgericht angeführte weitere Begründung für die Ablehnung des Beweisantrags ist - wie bereits im Beschluss vom 28. März 2006 - BVerwG 1 B 91.05 - ausgeführt, ebenfalls nicht tragfähig. Wenn das Gericht den Beweisantrag nicht für erheblich hält, weil auch bei Unterstellung der behaupteten Erkrankung die damit einhergehenden Symptome nicht den Gefährdungsgrad erreichten, der tatbestandlich in § 60 Abs. 7 AufenthG vorausgesetzt sei, nimmt es im Ergebnis eine eigene medizinische Bewertung von Schwere und Ausmaß der Erkrankung vor, ohne die hierfür erforderliche eigene Sachkunde zu besitzen und darzulegen (vgl. Beschluss vom 25. Juni 2004 - BVerwG 1 B 234.03 - Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 283 m.w.N.). Das Berufungsgericht konnte mangels eigener Sachkunde die Gefahr der möglichen Verschlimmerung einer Erkrankung des Klägers zu 1 bei einer Rückkehr nach Aserbaidschan, insbesondere auch die in dem Attest ebenfalls angeführte Suizidgefahr, nicht ohne weitere Aufklärung durch Einholung fachärztlicher Stellungnahmen oder Gutachten beurteilen und verneinen.
b) Die festgestellten Verfahrensmängel bei der Prüfung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zugunsten des Klägers zu 1 im Hinblick auf Aserbaidschan führten auch zur Aufhebung der Entscheidung des Berufungsgerichts und Zurückverweisung des Verfahrens hinsichtlich der Bezeichnung Aserbaidschans als Zielstaat in der Abschiebungsandrohung gegenüber dem Kläger zu 1. Sofern nämlich das Berufungsgericht nach der erforderlichen weiteren Aufklärung ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG bei dem Kläger zu 1 bejahen sollte, wäre auch die in der Abschiebungsandrohung enthaltene Zielstaatsbezeichnung nach § 59 Abs. 3 AufenthG rechtswidrig und deshalb aufzuheben.
Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung der Abschiebungsandrohung ist die neue, seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19. August 2007 (BGBl I 2007, 1970) - im Folgenden: Richtlinienumsetzungsgesetz - am 28. August 2007 geltende Rechtslage. Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind Rechtsänderungen, die nach der Berufungsentscheidung eintreten, vom Revisionsgericht dann zu berücksichtigen, wenn sie das Berufungsgericht, wenn es jetzt entschiede, zu beachten hätte. Da es sich vorliegend um eine asylverfahrensrechtliche Streitigkeit handelt, bei der das Berufungsgericht nach § 77 Abs. 1 AsylVfG regelmäßig auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung abzustellen hat, müsste es, wenn es jetzt entschiede, die neue Rechtslage zugrunde legen.
Nach § 34 Abs. 1 AsylVfG i.V.m. § 59 Abs. 3 Satz 2 AufenthG, der durch das Richtlinienumsetzungsgesetz selbst nicht geändert worden ist, ist in der Abschiebungsandrohung des Bundesamtes der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Daraus folgt, dass in diesen Fällen auch die (positive) Bezeichnung des fraglichen Staates als Zielstaat in der Abschiebungsandrohung rechtswidrig ist, und zwar, wie Satz 3 der Vorschrift zeigt, auch dann, "wenn das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots feststellt". Dann bleibt zwar die Abschiebungsandrohung nach Satz 3 der Vorschrift im Übrigen unberührt, die Zielstaatsbezeichnung ist aber als rechtswidrig aufzuheben. Wann ein Ausländer im Sinne von § 59 Abs. 3 Satz 2 AufenthG nicht in einen bestimmten Zielstaat abgeschoben werden darf, ist den Bestimmungen über die zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbote in § 60 Abs. 2 bis 5 und 7 AufenthG zu entnehmen. Bei Asylbewerbern ist die Ausländerbehörde insoweit an die Entscheidung des Bundesamtes oder des Verwaltungsgerichts über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 bis 5 oder Abs. 7 AufenthG gebunden (§ 42 Satz 1 AsylVfG). Bei den sogenannten zwingenden Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2 bis 5 und dem neuen Absatz 7 Satz 2 AufenthG führt eine positive Entscheidung über das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen eines Abschiebungsverbots hinsichtlich eines Staates unproblematisch zur Rechtwidrigkeit der Bezeichnung dieses Staates als Zielstaat in der Abschiebungsandrohung, weil bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen eine Abschiebung in den betreffenden Staat ausnahmslos ausgeschlossen ist. Bei dem hier streitigen Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG liegt dies nicht ohne weiteres auf der Hand, weil nach der gesetzlichen Konzeption die Abschiebung nicht immer schon dann zwingend ausgeschlossen ist, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind, sondern gemäß der Soll-Regelung in dieser Vorschrift hierfür zusätzlich eine - wenn auch auf atypische Fälle beschränkte - Ermessensentscheidung über das Absehen von der Abschiebung erforderlich ist.
Nach der alten, vor Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes geltenden Rechtslage war für diese Ermessensentscheidung auch bei Asylbewerbern nicht das Bundesamt, sondern die Ausländerbehörde zuständig. Dies ergab sich insbesondere aus § 41 AsylVfG a.F., wonach die Abschiebung in den Fällen, in denen das Bundesamt oder das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungshindernisses nach § 53 Abs. 6 AuslG (Vorgängervorschrift zu § 60 Abs. 7 AufenthG) festgestellt hatte, gesetzlich für drei Monate ausgesetzt war und die Ausländerbehörde über den Widerruf der Aussetzung oder über die Erteilung einer Duldung nach Ablauf der drei Monate zu entscheiden hatte. Das Bundesamt hatte danach im Rahmen der ihm durch das Asylverfahrensgesetz übertragenen Zuständigkeit für ausländerrechtliche Maßnahmen und Entscheidungen (§ 5 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 24 Abs. 2 AsylVfG a.F.) nur über das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 AuslG zu entscheiden, während die Ausübung des Ermessens nach dieser Vorschrift ("von der Abschiebung kann abgesehen werden") der Ausländerbehörde oblag (so auch Begründung des Gesetzentwurfs zu § 41 AsylVfG, BTDrucks 12/2062 S. 34). Daraus ergab sich die Notwendigkeit, für den Fall einer Ermessensausübung der Ausländerbehörde zugunsten einer Abschiebung des Ausländers vorsorglich die Abschiebungsandrohung des Bundesamtes in Bezug auf den betreffenden Zielstaat aufrechtzuerhalten, auch wenn das Bundesamt oder das Verwaltungsgericht das Vorliegen der Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG bejaht hatte. Dementsprechend war nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die auf asylverfahrensrechtlicher Grundlage verfügte Abschiebungsandrohung in einen bestimmten Zielstaat nach § 34 AsylVfG i.V.m. § 50 AuslG (jetzt § 59 AufenthG) nicht deshalb rechtswidrig, weil das Vorliegen der Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 AuslG vom Bundesamt oder im anschließenden gerichtlichen Verfahren festgestellt worden war (vgl. Urteile vom 15. April 1997 - BVerwG 9 C 19.96 - BVerwGE 104, 260 <265> und vom 5. Februar 2004 - BVerwG 1 C 7.03 - Buchholz 402.240 § 50 AuslG Nr. 15 = NVwZ-RR 2004, 534). Folgerichtig war auch das Klagebegehren auf Verpflichtung des Bundesamtes zur Feststellung der Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 AuslG bei der typischen Asylklage regelmäßig als letztes, nur hilfsweise - für den Fall der Erfolglosigkeit der vorrangigen Schutzbegehren - geltend gemachtes Begehren zu verstehen, da es bei sachdienlicher Auslegung nicht wie im Fall der zwingenden Abschiebungshindernisse nach § 53 Abs. 1 bis 4 AuslG auch auf die Aufhebung der Zielstaatsbezeichnung in der Abschiebungsandrohung gerichtet war (stRspr, grundlegend Urteil vom 15. April 1997 - BVerwG 9 C 19.96 - a.a.O.).
Ob sich an dieser Beurteilung durch die ab 1. Januar 2005 geltenden Neuregelungen im Zuwanderungsgesetz etwas geändert hat, kann hier offen bleiben. Allerdings ist durch das Zuwanderungsgesetz § 41 AsylVfG a.F. ersatzlos gestrichen worden, weil im Hinblick auf die jetzt im Falle der Aussetzung der Abschiebung nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG mögliche Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG die bisher in § 41 AsylVfG getroffene Verfahrensregelung entbehrlich sei (BTDrucks 15/420 S. 110); ferner ist die "Kann-Regelung" des § 53 Abs. 6 AuslG durch § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in eine "Soll-Regelung" umgewandelt worden. Außerdem ist in der Nachfolgevorschrift zu § 50 Abs. 3 AuslG, dem jetzigen § 59 Abs. 3 AufenthG, das Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG bei der Regelung der Zielstaatsbezeichnung nicht mehr ausdrücklich ausgespart. Andererseits enthält auch der neue § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG kein zwingendes Abschiebungsverbot, da er nach wie vor ein - wenn auch auf atypische Fälle beschränktes - behördliches Ermessen eröffnet, den Ausländer trotz Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen der Vorschrift in den betreffenden Staat abzuschieben. Auch an der nur auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG bezogenen Zuständigkeit des Bundesamtes (§ 24 Abs. 2 AsylVfG) und demzufolge an der Zuständigkeit der Ausländerbehörde für die verbleibende Ermessensentscheidung hat das Zuwanderungsgesetz nichts geändert (vgl. Urteil vom 22. November 2005 - BVerwG 1 C 18.04 - BVerwGE 124, 326 Rn.12, ebenso Beschluss vom 21. Dezember 2005 - BVerwG 1 B 9.05 - Buchholz 402.242 § 60 Abs. 2ff AufenthG Nr. 5). Die in der Rechtsprechung und im Schrifttum umstrittene Frage, ob gleichwohl aus den Neuregelungen im Zuwanderungsgesetz geschlossen werden konnte, dass allgemein oder jedenfalls unter bestimmten Umständen die Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG durch das Bundesamt oder die entsprechende Verpflichtung durch gerichtliche Entscheidung zur Rechtswidrigkeit der Bezeichnung des betreffenden Staates als Zielstaat in der Abschiebungsandrohung führt, braucht hier indes nicht abschließend geklärt zu werden (vgl. zu dieser Frage etwa VG Freiburg, Urteil vom 15. Juni 2005 - A 1 K 11832.03 - juris Rn. 43 ff., Hailbronner, AuslR, Stand April 2006, § 59 AufenthG Rn. 26; Funke-Kaiser, in: GK-AsylVfG, § 34 Rn. 90).
Jedenfalls nach dem Inkrafttreten des Richtlinienumsetzungsgesetzes am 28. August 2007 ist nämlich davon auszugehen, dass nunmehr bei Asylbewerbern das Bundesamt auch für die ausländerrechtliche Ermessensentscheidung zuständig ist, ob nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen der Vorschrift von der Abschiebung abgesehen werden soll. Dies folgt vor allem aus der Neufassung des § 24 Abs. 2 AsylVfG, der die ausnahmsweise Zuständigkeit des Bundesamtes für ausländerrechtliche Entscheidungen nach § 60 Abs. 2 bis 5 und 7 AufenthG regelt (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG). Nach der Neufassung obliegt dem Bundesamt nach Stellung eines Asylantrags die Entscheidung, "ob ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2 bis 5 oder Abs. 7 des Aufenthaltsgesetzes vorliegt". Diese Formulierung ist an die Stelle des bisherigen Halbsatzes, "ob die Voraussetzungen für die Aussetzung der Abschiebung nach § 60 Abs. 2 bis 7 des Aufenthaltsgesetzes vorliegen", getreten (vgl. auch die entsprechenden Änderungen in § 32 Satz 1 AsylVfG und § 25 Abs. 3 Satz 1 AufenthG). Auch wenn die Neufassung in der Begründung des Gesetzentwurfs nur als redaktionelle Änderung bezeichnet wird (BTDrucks 16/5065 S. 216 Zu Nummer 16 Zu Buchstabe b) und es an anderen Stellen des Gesetzes noch bei den alten Formulierungen geblieben ist (etwa in § 31 Abs. 3 Satz 1, § 39 Abs. 2, § 40 Abs. 1 Satz 2, § 42 Satz 1 AsylVfG), ist sie in Verbindung mit den oben erwähnten, bereits durch das Zuwanderungsgesetz eingeführten Änderungen als Ausdruck des gesetzgeberischen Willens zu werten, dem Bundesamt die Zuständigkeit zur abschließenden Entscheidung über das vollständige Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zuzuweisen (vgl. Funke-Kaiser, a.a.O., der allerdings eine solche Zuständigkeitsverlagerung schon ab 1. Januar 2005 annimmt).
Gegen diese Übertragung einer ausländerrechtlichen Ermessensentscheidung auf eine Bundesoberbehörde durch Bundesgesetz bestehen im Hinblick auf die kompetenzrechtlichen Regelungen des Grundgesetzes auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Da der Bund das Gesetzgebungsrecht auf dem Gebiet des Aufenthalts- und Niederlassungsrechts der Ausländer (Art. 74 Abs. 1 Nr. 4 GG) hat, "wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht" (Art. 72 Abs. 2 GG), und ihm ferner das Gesetzgebungsrecht auf dem Gebiet der Angelegenheiten der Flüchtlinge und Vertriebenen (Art. 74 Abs. 1 Nr. 6 GG) - uneingeschränkt - zusteht, ist er insoweit nach Art. 87 Abs. 3 GG u.a. zur Errichtung von Bundesoberbehörden und damit auch zur Begründung von Verwaltungsbefugnissen für bestehende Bundesoberbehörden ermächtigt.
Umfasst danach die Feststellung des Bundesamtes zum Vorliegen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht nur die tatbestandlichen Voraussetzungen, sondern nunmehr auch die durch die Soll-Regelung beschränkte Ermessensentscheidung über die Rechtsfolge, so ergibt sich daraus zwangsläufig, dass der Ausländer in den betreffenden Staat, auf den sich die Feststellung bezieht, nicht abgeschoben werden darf. Die Bezeichnung dieses Staates als Zielstaat der Abschiebung ist damit nach § 59 Abs. 3 AufenthG rechtswidrig. An der vom Verwaltungsgericht vertretenen anderslautenden Auffassung zur alten Rechtslage (vgl. die oben unter Rn. 21 zitierten Urteile) kann unter Geltung der neuen Rechtslage daher nicht mehr festgehalten werden.
Im Übrigen führt die Zuständigkeitsverlagerung von der Ausländerbehörde auf das Bundesamt in der Regel nicht zu einer wesentlichen Änderung des Prüfungsumfangs im Rahmen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Denn bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen des Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist wegen der Soll-Bestimmung regelmäßig ein Absehen von der Abschiebung in den betreffenden Staat geboten. Nur wenn ausnahmsweise Anhaltspunkte für das Vorliegen eines atypischen Falles bestehen, werden die Gerichte zu prüfen haben, ob dieser tatsächlich vorliegt und werden gegebenenfalls das Bundesamt - wenn dessen Ermessen nicht auf Null reduziert ist - nur zur Neubescheidung verpflichten können.
2. Die von der Klägerin zu 2 mit ihrer Revision erhobene Verfahrensrüge hat dagegen keinen Erfolg. Der von ihr allein geltend gemachte Verstoß gegen die gerichtliche Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) liegt nicht vor. Insoweit hält der Senat an der im Zulassungsbeschluss vom 28. März 2006 - BVerwG 1 B 91.05 (a.a.O.) - vertretenen Auffassung nach erneuter Überprüfung der Rüge im Revisionsverfahren nicht mehr fest.
Die Klägerin zu 2 sieht einen Aufklärungsmangel darin, dass das Berufungsgericht es in ihrem Fall - ebenso wie bei dem Kläger zu 1 - unterlassen habe, ein psychologisches Gutachten über das Vorliegen einer PTBS einzuholen und die Frage der Behandlungsmöglichkeiten ihrer Erkrankung in Aserbaidschan oder Berg-Karabach durch Anfrage beim Auswärtigen Amt oder anderen fachlich geeigneten Stellen zu klären. Sie macht geltend, diese Aufklärung hätte sich dem Berufungsgericht angesichts der vorgelegten aussagefähigen ärztlichen Berichte der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie F., der Erörterung der Erkrankung in der Berufungsverhandlung und des Beweisantrags in dem Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 13. April 2005 aufdrängen müssen.
Dieses Vorbringen der Klägerin zu 2 ist ausweislich der Akten zum Teil schon in tatsächlicher Hinsicht nicht zutreffend. Denn entgegen ihrer Darstellung bezieht sich der Beweisantrag in dem Schriftsatz vom 13. April 2005 erkennbar nur auf die Erkrankung des Klägers zu 1. Aus welchen Gründen sich dem Berufungsgericht die vermisste Beweiserhebung bezüglich der Klägerin zu 2 hätte aufdrängen müssen, obwohl sie - anwaltlich durch denselben Prozessbevollmächtigten wie der Kläger zu 1 vertreten - weder in der mündlichen Verhandlung am 23. Februar 2005 noch in dem sich anschließenden schriftlichen Verfahren einen entsprechenden Beweisantrag gestellt hat, lässt sich weder dem Vorbringen der Klägerin zu 2 entnehmen noch ist es sonst ersichtlich.
Insbesondere musste sich dem Berufungsgericht unter diesen Umständen nicht bereits wegen des in der Berufungsverhandlung überreichten fachärztlichen Attests vom 17. Februar 2005 die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens zum Vorliegen einer PTBS bei der Klägerin zu 2 von Amts wegen aufdrängen. Denn der Inhalt dieses an den damaligen Prozessbevollmächtigten der Kläger gerichteten Schreibens der Fachärztin genügte nicht den Anforderungen, die an die substantiierte Darlegung einer solchen Erkrankung zu stellen sind. Es bot daher auch keinen Anlass zu einer gerichtlichen Beweiserhebung.
Wie bereits zur Revision des Klägers zu 1 im Rahmen der Anforderungen an einen substantiierten Beweisantrag ausgeführt (vgl. oben Rn. 15), ist es angesichts der Unschärfen des Krankheitsbildes dieser psychischen Erkrankung zur Substantiierung eines entsprechenden Vorbringens regelmäßig erforderlich, dass der Betroffene ein gewissen Mindestanforderungen genügendes fachärztlichen Attest vorlegt. Dieses muss zwar nicht eine an den Forschungskriterien F 43.1 des ICD-10 orientierte umfangreiche gutachtliche Stellungnahme sein, wie sie das Berufungsgericht verlangt; aus dem Attest muss sich aber nachvollziehbar ergeben, auf welcher Grundlage der Facharzt seine Diagnose gestellt hat und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. (vgl. wiederum oben Rn. 15).
Das Attest vom 17. Februar 2005 - weitere Atteste hat die Klägerin zu 2 für ihre Person bis heute nicht vorgelegt - ist schon deshalb insoweit nicht ausreichend, weil es weder Angaben über eine eigene ärztliche Exploration und Befunderhebung enthält noch eine nachvollziehbar begründete eigene Diagnose stellt. Es beschränkt sich im Wesentlichen auf die Wiedergabe der - offenbar nicht weiter überprüften - Angaben der Klägerin zu 2, die diese in der bisher einmaligen Vorstellung bei der Fachärztin am 26. Januar 2005 gemacht hat, und bescheinigt ohne nähere Erläuterung, dass "die von ihr gemachten Angaben" "für das Vorhandensein einer posttraumatischen Belastungsstörung" sprächen. Auf den zeitlichen Abstand zwischen den von der Klägerin zu 2 behaupteten "aggressiven Erfahrungen" im Kriegsgebiet und den erst 2005 geltend gemachten Symptomen geht das Attest überhaupt nicht ein. Ein Vergleich mit dem vom Kläger zu 1 vorgelegten Attest der gleichen Fachärztin vom 11. März 2005 zeigt insgesamt eine deutliche Distanzierung der Fachärztin von den "auf Wunsch der ... Patientin" mitgeteilten "Diagnosen" im Fall der Klägerin zu 2. Angesichts der Tatsache, dass der Prozessbevollmächtigte der Kläger im weiteren Verlauf des Verfahrens weder auf die Erkrankung der Klägerin zu 2 noch auf das fragliche Attest eingegangen ist, sich aber ausführlich und unter Beweisantritt zur PTBS des Klägers zu 1 und einem daraus folgenden Abschiebungsverbot geäußert hat, musste sich dem Berufungsgericht eine Beweiserhebung zum Vorliegen einer PTBS bei der Klägerin zu 2 nicht aufdrängen.
Sonstige Verfahrensrügen sind von der Klägerin zu 2 nicht erhoben worden. Ihre Revision bleibt deshalb erfolglos.